Entscheidungen überschlafen
Hilft es wirklich, vor Entscheidungen einmal drüber zu schlafen?

"Schlaf erstmal drüber" - diesen Tipp hat jeder schon mal bekommen. Aber hilft das wirklich? Das sagt die Wissenschaft.

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Über Entscheidungen schlafen, hilft - ob diese alte Weisheit stimmt, darüber streiten sich die Forscher.
Über Entscheidungen schlafen, hilft - ob diese alte Weisheit stimmt, darüber streiten sich die Forscher.
© knallgrün / photocase.de

Der Rat ist altbekannt: Wichtige Entscheidungen sollte man nicht überstürzen. „Schlaf mal eine Nacht darüber!“ heißt es dann. Aber hilft das wirklich? Trifft man am nächsten Morgen bessere Entscheidungen?

Gerade für Unternehmer ist die Frage nicht irrelevant. Denn wer wichtige Entscheidungen vertagt, könnte von Geschäftspartnern und Mitarbeitern auch als schwach wahrgenommen werden. Daher gilt es abzuwägen: Bringt die zusätzliche Bedenkzeit tatsächlich so viel, dass es sich lohnt, andere auf die Entscheidung warten zu lassen?

Was genau an der Binsenweisheit „Schlaf mal drüber“ dran ist, untersuchen Forscher, Mediziner und Sozialpsychologen schon seit vielen Jahren.

Schlafen hilft, neue Lösungen zu finden

In einem ist sich die Forschung einig: Durch Schlaf verändern sich Entscheidungen. Denn nachts verarbeitet das Gehirn intensiv das Erlebte, trennt Negatives von Positivem. Aber: Macht das die Entscheidungen wirklich besser? Ja, sagt der niederländische Sozialpsychologe Ap Dijksterhuis. Die zentrale Botschaft seiner Studie ist, dass intensives, bewusstes Nachdenken nicht immer helfe, die beste Entscheidung zu treffen – Entspannung dagegen schon.

Der Grund: Auch wenn wir intensiv versuchen, zu einem sinnvollen Entschluss zu kommen – in Wahrheit kann das Gehirn nur wenige der eingegangenen Informationen verarbeiten. Der Forscher sagt daher: Je komplexer das Problem sei, umso besser sei es, dieses Problem auch den unbewussten Denkprozessen anzuvertrauen – genauer gesagt: dem Schlaf. Wenn es dabei gelinge, die unbewusst verfügbaren Informationen für die anstehende Entscheidung zu nutzen, könnten diese besser als bewusst getroffene Entscheidungen sein.

Schlaf macht außerdem kreativ und hilft, Lösungen zu finden, die man vorher vielleicht nicht gesehen hat. Denn: Die besten Ideen kommen häufig, wenn das Gehirn nicht viel zu tun hat. Dann kann es Gelerntes und Erlebtes besonders gut neu verknüpfen kann. Das liegt daran, dass bestimmte Hirnregionen erst aktiv werden, wenn wir nicht nachdenken. Die Wissenschaft bezeichnete diese Regionen als Default Mode Network.

Nein, drüber Schlafen hilft nicht

Drei amerikanische Forscherinnen, die aktuell zu der Frage arbeiten, sind sich dagegen nicht so sicher, ob Schlaf wirklich ein guter Berater ist. Die Wissenschaftlerinnen stellten ihren Probanden zwei Laptoptaschen zur Auswahl, die diese kaufen konnten, und erklärten ihnen Vor- und Nachteile. Eine Gruppe von Leuten bekam die Informationen morgens, eine andere abends, kurz vor dem Schlafengehen. Beide Gruppen mussten sich zwölf Stunden später entscheiden, welche Tasche sie wollten. Danach wurden sie gefragt, wie zufrieden sie mit ihrer Entscheidung waren.

Das Ergebnis: Die Leute, die vor der Entscheidung geschlafen haben, waren unglücklicher mit ihrer Wahl. Die Forscher hatten dafür auch eine Erklärung: Die „Schlafgruppe“ konnte sich nämlich an mehr der positiven Tascheneigenschaften erinnern als die Gruppe, die nicht geschlafen hatte. Die negativen Eigenschaften hatten sie dagegen eher vergessen. Und das führte die Probanden offenbar in ein Dilemma: Sie mussten sich für eine von zwei guten Taschen entscheiden – und dachten dann mehr als die Kontrollgruppe darüber nach, auf welche guten Eigenschaften sie nun verzichten mussten, weil sie sich für die andere Tasche entschieden haben. Daher fühlten sie sich mit ihrer Entscheidung unwohl. Ob die Probanden sich ganz objektiv für die bessere oder schlechtere Tasche entschieden haben, hat die Studie hingegen nicht ermittelt.

Schlafmangel ist schlecht für Entscheidungen

Rebecca Spencer, die Studienleiterin, widerspricht allerdings nicht der Annahme, dass es besser ist, Entscheidungen ausgeruht zu treffen. „Ein Mangel an Schlaf hat alle möglichen negativen Effekte“, sagte die Wissenschaftlerin dem Harvard Business Review. Man könne nicht mehr so sehr auf Details achten und reagiere langsamer. Außerdem reagiere man sehr viel emotionaler auf negative Nachrichten. Schlaf sorge dagegen dafür, dass die Informationen in eine andere Hirnregion gelangten, die eine nüchternere Betrachtung ermögliche.

Die Einschätzung Spencers wird durch zahlreiche Studien gedeckt. Die australischen Forscher Drew Dawson and Kathryn Reid haben zum Beispiel nach 28 Stunden Schlafentzug die Reaktionszeiten ihrer Probanden gemessen. Am Computer mussten sie Linien nachfahren lassen, um ihre Motorik zu testen. Das Ergebnis: 28 Stunden Schlafentzug entsprechen etwa 0,9 Promille. Wer vor wichtigen Entscheidungen steht, sollte diese deshalb tatsächlich nicht am Ende eines anstrengenden und entscheidungsreichen Tages treffen.

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Der Rat ist altbekannt: Wichtige Entscheidungen sollte man nicht überstürzen. "Schlaf mal eine Nacht darüber!" heißt es dann. Aber hilft das wirklich? Trifft man am nächsten Morgen bessere Entscheidungen? Gerade für Unternehmer ist die Frage nicht irrelevant. Denn wer wichtige Entscheidungen vertagt, könnte von Geschäftspartnern und Mitarbeitern auch als schwach wahrgenommen werden. Daher gilt es abzuwägen: Bringt die zusätzliche Bedenkzeit tatsächlich so viel, dass es sich lohnt, andere auf die Entscheidung warten zu lassen? Was genau an der Binsenweisheit "Schlaf mal drüber" dran ist, untersuchen Forscher, Mediziner und Sozialpsychologen schon seit vielen Jahren. Schlafen hilft, neue Lösungen zu finden In einem ist sich die Forschung einig: Durch Schlaf verändern sich Entscheidungen. Denn nachts verarbeitet das Gehirn intensiv das Erlebte, trennt Negatives von Positivem. Aber: Macht das die Entscheidungen wirklich besser? Ja, sagt der niederländische Sozialpsychologe Ap Dijksterhuis. Die zentrale Botschaft seiner Studie ist, dass intensives, bewusstes Nachdenken nicht immer helfe, die beste Entscheidung zu treffen - Entspannung dagegen schon. Der Grund: Auch wenn wir intensiv versuchen, zu einem sinnvollen Entschluss zu kommen - in Wahrheit kann das Gehirn nur wenige der eingegangenen Informationen verarbeiten. Der Forscher sagt daher: Je komplexer das Problem sei, umso besser sei es, dieses Problem auch den unbewussten Denkprozessen anzuvertrauen - genauer gesagt: dem Schlaf. Wenn es dabei gelinge, die unbewusst verfügbaren Informationen für die anstehende Entscheidung zu nutzen, könnten diese besser als bewusst getroffene Entscheidungen sein. Schlaf macht außerdem kreativ und hilft, Lösungen zu finden, die man vorher vielleicht nicht gesehen hat. Denn: Die besten Ideen kommen häufig, wenn das Gehirn nicht viel zu tun hat. Dann kann es Gelerntes und Erlebtes besonders gut neu verknüpfen kann. Das liegt daran, dass bestimmte Hirnregionen erst aktiv werden, wenn wir nicht nachdenken. Die Wissenschaft bezeichnete diese Regionen als Default Mode Network. Nein, drüber Schlafen hilft nicht Drei amerikanische Forscherinnen, die aktuell zu der Frage arbeiten, sind sich dagegen nicht so sicher, ob Schlaf wirklich ein guter Berater ist. Die Wissenschaftlerinnen stellten ihren Probanden zwei Laptoptaschen zur Auswahl, die diese kaufen konnten, und erklärten ihnen Vor- und Nachteile. Eine Gruppe von Leuten bekam die Informationen morgens, eine andere abends, kurz vor dem Schlafengehen. Beide Gruppen mussten sich zwölf Stunden später entscheiden, welche Tasche sie wollten. Danach wurden sie gefragt, wie zufrieden sie mit ihrer Entscheidung waren. Das Ergebnis: Die Leute, die vor der Entscheidung geschlafen haben, waren unglücklicher mit ihrer Wahl. Die Forscher hatten dafür auch eine Erklärung: Die "Schlafgruppe" konnte sich nämlich an mehr der positiven Tascheneigenschaften erinnern als die Gruppe, die nicht geschlafen hatte. Die negativen Eigenschaften hatten sie dagegen eher vergessen. Und das führte die Probanden offenbar in ein Dilemma: Sie mussten sich für eine von zwei guten Taschen entscheiden - und dachten dann mehr als die Kontrollgruppe darüber nach, auf welche guten Eigenschaften sie nun verzichten mussten, weil sie sich für die andere Tasche entschieden haben. Daher fühlten sie sich mit ihrer Entscheidung unwohl. Ob die Probanden sich ganz objektiv für die bessere oder schlechtere Tasche entschieden haben, hat die Studie hingegen nicht ermittelt. Schlafmangel ist schlecht für Entscheidungen Rebecca Spencer, die Studienleiterin, widerspricht allerdings nicht der Annahme, dass es besser ist, Entscheidungen ausgeruht zu treffen. "Ein Mangel an Schlaf hat alle möglichen negativen Effekte", sagte die Wissenschaftlerin dem Harvard Business Review. Man könne nicht mehr so sehr auf Details achten und reagiere langsamer. Außerdem reagiere man sehr viel emotionaler auf negative Nachrichten. Schlaf sorge dagegen dafür, dass die Informationen in eine andere Hirnregion gelangten, die eine nüchternere Betrachtung ermögliche. Die Einschätzung Spencers wird durch zahlreiche Studien gedeckt. Die australischen Forscher Drew Dawson and Kathryn Reid haben zum Beispiel nach 28 Stunden Schlafentzug die Reaktionszeiten ihrer Probanden gemessen. Am Computer mussten sie Linien nachfahren lassen, um ihre Motorik zu testen. Das Ergebnis: 28 Stunden Schlafentzug entsprechen etwa 0,9 Promille. Wer vor wichtigen Entscheidungen steht, sollte diese deshalb tatsächlich nicht am Ende eines anstrengenden und entscheidungsreichen Tages treffen.
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