Ruhe bewahren
6 Tipps, wie Sie in stressigen Situationen einen kühlen Kopf behalten

"Waaaaaaaaaaah!" Sich aufzuregen, ist menschlich – oft aber Energieverschwendung. Wie Sie in stressigen Situationen nicht explodieren, sondern Ruhe bewahren: die besten Anti-Ärger-Tipps.

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Die Ruhe bewahren, obwohl man ausrasten möchte? Das klappt leicht – mit speziellen Anti-Ärger-Tipps.
© knallgün / photocase.de

Es gibt bei jedem diese „Knöpfe“, die andere nur einmal drücken müssen – und schon geht man an die Decke. Man flucht, schimpft, pöbelt, sagt Dinge, die man mit kühlem Kopf nie sagen würde. Trigger oder Stressoren nennen Psychologen diese Knöpfe. Das sind Situationen, Menschen oder Aussagen, die uns ausrasten lassen – obwohl es, objektiv betrachtet, gar nicht nötig wäre. Eine menschliche Reaktion, aber selten eine zielführende.

Gerade als Führungskraft ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren, aus mehreren Gründen:

  • Wer ausflippt, lässt sich von seinen Emotionen leiten – und die sind bei Geschäften schlechte Ratgeber: Wer in Rage ist, sagt häufig Dinge, die eine Menge Schaden anrichten können.
  • Chefs, die schnell auf die Palme gehen, schüchtern ihre Mitarbeiter ein. Mitarbeiter, die Angst vor ihrem Chef haben, sind blockiert und liefern eventuell schlechtere Arbeit ab.

Seinen Ärger zu zügeln, heißt allerdings nicht, dass man zu einem emotionslosen Grinse-Roboter wird, der alles hinnimmt. Es geht um einen gesunden, zielführenden Umgang mit Stresssituationen. Aber ist das nicht alles eine Frage des Charakters? Oder kann man lernen, gelassen zu reagieren?

Ruhe bewahren – lässt sich das überhaupt lernen?

Gelassenheit ist nicht einfach eine Eigenschaft, mit der man auf die Welt kommt. Wie wir auf Streit und Konflikte reagieren, hat auch damit zu tun, wie wir erzogen wurden und welche Erfahrungen uns prägten. Darum pöbeln die einen, wenn sie in der Schlange vor der Supermarktkasse warten müssen, während andere geduldig ausharren, bis sie dran sind.

Die Situation ist die gleiche, die Reaktionen sind unterschiedlich. Warum? Weil unser Hirn neue Informationen mit gespeicherten Gedächtnisinhalten vergleiche und aktuelle Situationen vor diesem Hintergrund bewerte, erklärt Gert Kaluza in seinem Buch „Gelassen und sicher im Stress – Stress erkennen, verstehen, bewältigen“ (Springer, 22,99 Euro). Dabei spielen bisherige Erfahrungen, Wünsche, Ängste und die aktuelle Stimmung eine Rolle.

Allerdings ist es laut Kaluza nicht einfach auseinanderzuhalten, ob der Stress von außen kommt oder durch die persönliche Bewertung der Situation entsteht. Ist die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter zum Beispiel wirklich so begriffsstutzig, oder reagiere ich so ungehalten, weil er oder sie mich an einen ehemaligen Mitschüler erinnert, den ich nicht mochte? Ist der Kunde wirklich so ein nörgelnder Pedant, oder erkenne ich nur meinen ewig kritisierenden Vater in ihm wieder und fühle mich so hilflos, wie damals als Kind?

Die Expertin
Melanie Klaes ist Wirtschaftspsychologin bei der Agentur für Freundlichkeit in Köln. Sie berät Unternehmen und ist Trainerin für Gesundheitsförderung und Stressbewältigung.

Oft sind es also eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster, die uns auf die Palme bringen. „Viele stressverschärfende Gedanken haben wir schon hunderte Male gedacht. Sie sind tief in unsere Seele und in unser Gehirn eingegraben und lassen sich nicht so einfach über Bord werfen“, so Kaluza.

Der Psychologe ist dennoch überzeugt, dass im Prinzip jeder lernen kann, Ruhe zu bewahren, denn im Gehirn lassen sich neue Lösungsmuster verankern. Wie aber geht das? Es gibt Anti-Ärger-Tricks. Allerdings gebe es nicht den einen Trick, der immer funktioniere, schränkt die Wirtschaftspsychologin Melanie Klaes ein: „Man muss ausprobieren, was einem am besten hilft.“

Anti-Ärger-Tipp 1: Vertreiben Sie „Das geht nicht“-Gedanken

In unserem Körper hängt alles zusammen. Das Hirn, die Muskeln, die Hormone – alle reagieren aufeinander. Das heißt: Wenn das Hirn eine Situation als stressig einschätzt, dann sendet es entsprechende Signale und der Körper schüttet Stresshormone aus. Manche fangen dann an zu schwitzen, andere bekommen einen trockenen Mund, oder das Herz rast. Dann noch die Ruhe zu bewahren, ist schwierig.

Am besten lässt man das Hirn erst gar nicht solche Signale senden, indem man es positiv beeinflusst. Statt destruktiven Gedanken freien Lauf zu lassen, sollte man positive Sätze denken oder laut sagen. Also: „Ich schaffe das.“ Statt: „Ich will das nicht“ und „Das geht nicht“.

Das habe nichts mit einer Tschakka-Mentalität zu tun, versichert Klaes. Vielmehr geht es dabei um Neurobiologie: „Der Körper schüttet dann einfach weniger Stresshormone aus und man kann besser Ruhe bewahren“, so die Wirtschaftspsychologin.

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Ähnlich schätzt das auch Kaluza ein: Mit negativen Gedanken wie „Das gibt’s doch gar nicht“ können wir uns regelrecht in Stress und Ärger hineinsteigern. Sie hindern uns daran, konstruktiv zu handeln und das Beste aus einer Situation zu machen. Sie mit positiven Gedanken zu verdrängen, brauche allerdings Zeit. Das Gehirn müsse erst entsprechende neuronale Schaltkreise anlegen und diese durch häufige Benutzung ausbauen, „bis sie so stark sind, dass sie die alten, durch jahrelangen Gebrauch gebahnten Muster ablösen können“.

Anti-Ärger-Tipp 2: Setzen Sie freundlich Grenzen

„Ärger entsteht häufig, weil jemand unsere Bedürfnisse, zum Beispiel nach Gerechtigkeit oder Sicherheit, nicht sieht und versteht. Oder weil jemand unsere Werte infrage stellt“, erklärt Klaes. Werte seien ganz eng mit unserem Charakter verknüpft und wenn da jemand einen Punkt treffe, reagierten wir aggressiv.

Wenn also ein Kunde zum Beispiel unfreundlich fordert: „Wir brauchen das sofort!“, dann richtet sich das möglicherweise gegen Ihr Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Sie wollen sich wehren. Wie kann man in solchen Situationen die Ruhe bewahren? Klaes empfiehlt, an die eigenen Bedürfnisse zu denken und freundlich Grenzen zu setzen.

Wichtig dabei: Trennen Sie Mensch und Sache gedanklich und sprachlich. Was einen beispielsweise ärgert, ist nicht unbedingt der Kunde selbst, sondern die „Sache“, also sein Wunsch, etwas sofort zu bekommen. Die Expertin empfiehlt, dabei folgendermaßen vorzugehen:

  1. Richten Sie Ihr Augenmerk auf den Wunsch des Kunden. Dabei helfen Fragen. Zum Beispiel: „Warum ist es für Sie wichtig, dass wir sofort liefern?“ Sie signalisieren so, dass Sie ein Interesse daran haben, die Bedürfnisse Ihres Kunden zu erfüllen.
  2. Formulieren Sie ganz klar, dass dies momentan nicht möglich ist.
  3. Begründen Sie, warum Sie den Wunsch nicht erfüllen können. „Menschen brauchen Gründe; sie wollen verstehen, warum etwas so und so ist“, erklärt Klaes.
  4. Bieten Sie dem Kunden eine Alternative an. Zum Beispiel: „Ich schlage vor, dass Sie X machen, dann kann ich Ihnen die Leistung Y bis morgen anbieten.“

Das Prinzip „freundlich Grenzen setzen“ funktioniert nicht nur bei Kunden; es lässt sich auf viele Situationen übertragen. „Es geht immer darum, die Situationen nicht eskalieren zu lassen, indem man die Wünsche des anderen anhört, aber die eigenen Bedürfnisse vertritt“, sagt Klaes.

Anti-Ärger-Tipp 3: Polen Sie Ihr Hirn um

Manche Leute, seien es Kunden, Mitarbeiter oder Lieferanten, hat unser Hirn schon in der Kategorie „Troublemaker“ abgespeichert. Entsprechend voreingenommen gehen wir auf sie zu. Zum Beispiel: „Och nee, nicht schon wieder Herr Schmidt, der nervt und will immer nur die Preise drücken.“ Mit solchen Gedanken im Kopf ist Ärger programmiert.

Klaes empfiehlt, das Hirn umzupolen, indem man solchen Leuten neue Etiketten verpasst und zu erkennen versucht, was hinter ihrem Verhalten steckt: Vielleicht ist Herr Schmidt besonders durchsetzungsstark und setzt sich für seine Ziele ein.

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„Reframing nennt man dieses Vorgehen“, erklärt Klaes. Man gibt der Sache also einen neuen Rahmen (auf Englisch: frame) und geht entsprechend entspannter an sie heran. Herrn Schmidt versteht man dann vielleicht eher als Sparringspartner, denn als Nervfaktor.

Anti-Ärger-Tipp 4: Seien Sie dankbar

Damit uns Ärger nicht wie eine Welle überrollt, kann man ihm andere Gedanken und Gefühle entgegenstellen, die wie Wellenbrecher wirken. Zum Beispiel Dankbarkeit. „Sie ist eines der stärksten positiven Gefühle“, sagt Klaes. Darum eignet sie sich wunderbar, um negative Gefühle wie Ärger zu neutralisieren. „Wer Dank empfindet, verhindert, dass sein Körper Stresshormone ausschüttet.“

Wenn Sie also spüren, wie der Groll in Ihnen aufsteigt, versuchen Sie schnell an etwas zu denken, für das Sie tief dankbar sind. Das kann alles Mögliche sein: die Ehe, die Kinder, der Urlaub in der Karibik …

Anti-Ärger-Tipp 5: Atmen Sie richtig

Wut lässt sich wegatmen – das funktioniert tatsächlich. „Je ruhiger und tiefer wir atmen, desto besser können wir wieder denken und entsprechend entspannter handeln“, erklärt Klaes. Dafür atmet man am besten tief in den Bauch. Um diese Bauchatmung zu trainieren, legt man die Hände zwischen Nabel und Brustbein und atmet gegen sie. „Wer unsicher ist, wo die Luft genau hin soll, kann einmal ganz tief ausatmen. Wenn er dann nach Luft schnappt, atmet er automatisch in den Bauch“, erklärt Klaes.

„Die Bauchatmung hilft auch, die Stimme unter Kontrolle zu halten“, sagt die Expertin. Viele werden laut, wenn sie wütend sind. Andere bekommen eine brüchige Stimme. Das sei ärgerlich, weil man so schnell inkompetent wirke. Wenn man ganz tief einatme, helfe das, die Stimme zu stabilisieren. „Ganz wichtig ist es, dabei aufrecht zu sitzen. Damit das Zwerchfell und Lunge nicht eingequetscht werden“, sagt Klaes.

Anti-Ärger-Tipp 6: Machen Sie einen Deckel drauf

Wenn uns etwas aufregt, geben wir dem Ärger manchmal zu viel Raum: Wir sprechen immer und immer wieder darüber. Zum Beispiel: Ein Bewerber benimmt sich im Vorstellungsgespräch daneben. Man ärgert sich maßlos darüber und berichtet erst den Mitarbeitern im Büro davon, dann beim Abendessen dem Partner und am nächsten Tag noch den Freunden im Café. „Jedes Mal, wenn wir davon sprechen, schüttet der Körper Stresshormone aus“, sagt Klaes.

Wie kann man es besser machen? Man könne etwa aus dem Gespräch kommen, sich einmal kurz ärgern und dann einen Haken unter die Sache setzen. Dabei helfe es, sich zu fragen, welchen Stellenwert die Angelegenheit in zwei, drei Wochen noch haben werde. Dadurch relativiere sich die Wichtigkeit oft. Und das helfe, den Ärger im Zaum zu halten.

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Es geht um einen gesunden, zielführenden Umgang mit Stresssituationen. Aber ist das nicht alles eine Frage des Charakters? Oder kann man lernen, gelassen zu reagieren? Ruhe bewahren – lässt sich das überhaupt lernen? Gelassenheit ist nicht einfach eine Eigenschaft, mit der man auf die Welt kommt. Wie wir auf Streit und Konflikte reagieren, hat auch damit zu tun, wie wir erzogen wurden und welche Erfahrungen uns prägten. Darum pöbeln die einen, wenn sie in der Schlange vor der Supermarktkasse warten müssen, während andere geduldig ausharren, bis sie dran sind. Die Situation ist die gleiche, die Reaktionen sind unterschiedlich. Warum? Weil unser Hirn neue Informationen mit gespeicherten Gedächtnisinhalten vergleiche und aktuelle Situationen vor diesem Hintergrund bewerte, erklärt Gert Kaluza in seinem Buch "Gelassen und sicher im Stress – Stress erkennen, verstehen, bewältigen" (Springer, 22,99 Euro). Dabei spielen bisherige Erfahrungen, Wünsche, Ängste und die aktuelle Stimmung eine Rolle. Allerdings ist es laut Kaluza nicht einfach auseinanderzuhalten, ob der Stress von außen kommt oder durch die persönliche Bewertung der Situation entsteht. Ist die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter zum Beispiel wirklich so begriffsstutzig, oder reagiere ich so ungehalten, weil er oder sie mich an einen ehemaligen Mitschüler erinnert, den ich nicht mochte? Ist der Kunde wirklich so ein nörgelnder Pedant, oder erkenne ich nur meinen ewig kritisierenden Vater in ihm wieder und fühle mich so hilflos, wie damals als Kind? Oft sind es also eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster, die uns auf die Palme bringen. "Viele stressverschärfende Gedanken haben wir schon hunderte Male gedacht. Sie sind tief in unsere Seele und in unser Gehirn eingegraben und lassen sich nicht so einfach über Bord werfen", so Kaluza. Der Psychologe ist dennoch überzeugt, dass im Prinzip jeder lernen kann, Ruhe zu bewahren, denn im Gehirn lassen sich neue Lösungsmuster verankern. Wie aber geht das? Es gibt Anti-Ärger-Tricks. Allerdings gebe es nicht den einen Trick, der immer funktioniere, schränkt die Wirtschaftspsychologin Melanie Klaes ein: "Man muss ausprobieren, was einem am besten hilft." Anti-Ärger-Tipp 1: Vertreiben Sie "Das geht nicht"-Gedanken In unserem Körper hängt alles zusammen. Das Hirn, die Muskeln, die Hormone – alle reagieren aufeinander. Das heißt: Wenn das Hirn eine Situation als stressig einschätzt, dann sendet es entsprechende Signale und der Körper schüttet Stresshormone aus. Manche fangen dann an zu schwitzen, andere bekommen einen trockenen Mund, oder das Herz rast. Dann noch die Ruhe zu bewahren, ist schwierig. Am besten lässt man das Hirn erst gar nicht solche Signale senden, indem man es positiv beeinflusst. Statt destruktiven Gedanken freien Lauf zu lassen, sollte man positive Sätze denken oder laut sagen. Also: "Ich schaffe das." Statt: "Ich will das nicht" und "Das geht nicht". Das habe nichts mit einer Tschakka-Mentalität zu tun, versichert Klaes. Vielmehr geht es dabei um Neurobiologie: "Der Körper schüttet dann einfach weniger Stresshormone aus und man kann besser Ruhe bewahren", so die Wirtschaftspsychologin. Ähnlich schätzt das auch Kaluza ein: Mit negativen Gedanken wie „Das gibt's doch gar nicht“ können wir uns regelrecht in Stress und Ärger hineinsteigern. Sie hindern uns daran, konstruktiv zu handeln und das Beste aus einer Situation zu machen. Sie mit positiven Gedanken zu verdrängen, brauche allerdings Zeit. Das Gehirn müsse erst entsprechende neuronale Schaltkreise anlegen und diese durch häufige Benutzung ausbauen, „bis sie so stark sind, dass sie die alten, durch jahrelangen Gebrauch gebahnten Muster ablösen können“. Anti-Ärger-Tipp 2: Setzen Sie freundlich Grenzen "Ärger entsteht häufig, weil jemand unsere Bedürfnisse, zum Beispiel nach Gerechtigkeit oder Sicherheit, nicht sieht und versteht. Oder weil jemand unsere Werte infrage stellt", erklärt Klaes. Werte seien ganz eng mit unserem Charakter verknüpft und wenn da jemand einen Punkt treffe, reagierten wir aggressiv. Wenn also ein Kunde zum Beispiel unfreundlich fordert: "Wir brauchen das sofort!", dann richtet sich das möglicherweise gegen Ihr Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Sie wollen sich wehren. Wie kann man in solchen Situationen die Ruhe bewahren? Klaes empfiehlt, an die eigenen Bedürfnisse zu denken und freundlich Grenzen zu setzen. Wichtig dabei: Trennen Sie Mensch und Sache gedanklich und sprachlich. Was einen beispielsweise ärgert, ist nicht unbedingt der Kunde selbst, sondern die „Sache“, also sein Wunsch, etwas sofort zu bekommen. Die Expertin empfiehlt, dabei folgendermaßen vorzugehen: Richten Sie Ihr Augenmerk auf den Wunsch des Kunden. Dabei helfen Fragen. Zum Beispiel: "Warum ist es für Sie wichtig, dass wir sofort liefern?" Sie signalisieren so, dass Sie ein Interesse daran haben, die Bedürfnisse Ihres Kunden zu erfüllen. Formulieren Sie ganz klar, dass dies momentan nicht möglich ist. Begründen Sie, warum Sie den Wunsch nicht erfüllen können. "Menschen brauchen Gründe; sie wollen verstehen, warum etwas so und so ist", erklärt Klaes. Bieten Sie dem Kunden eine Alternative an. Zum Beispiel: "Ich schlage vor, dass Sie X machen, dann kann ich Ihnen die Leistung Y bis morgen anbieten.“ Das Prinzip "freundlich Grenzen setzen" funktioniert nicht nur bei Kunden; es lässt sich auf viele Situationen übertragen. "Es geht immer darum, die Situationen nicht eskalieren zu lassen, indem man die Wünsche des anderen anhört, aber die eigenen Bedürfnisse vertritt", sagt Klaes. 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Anti-Ärger-Tipp 4: Seien Sie dankbar Damit uns Ärger nicht wie eine Welle überrollt, kann man ihm andere Gedanken und Gefühle entgegenstellen, die wie Wellenbrecher wirken. Zum Beispiel Dankbarkeit. "Sie ist eines der stärksten positiven Gefühle", sagt Klaes. Darum eignet sie sich wunderbar, um negative Gefühle wie Ärger zu neutralisieren. "Wer Dank empfindet, verhindert, dass sein Körper Stresshormone ausschüttet." Wenn Sie also spüren, wie der Groll in Ihnen aufsteigt, versuchen Sie schnell an etwas zu denken, für das Sie tief dankbar sind. Das kann alles Mögliche sein: die Ehe, die Kinder, der Urlaub in der Karibik … [mehr-zum-thema] Anti-Ärger-Tipp 5: Atmen Sie richtig Wut lässt sich wegatmen – das funktioniert tatsächlich. "Je ruhiger und tiefer wir atmen, desto besser können wir wieder denken und entsprechend entspannter handeln", erklärt Klaes. Dafür atmet man am besten tief in den Bauch. Um diese Bauchatmung zu trainieren, legt man die Hände zwischen Nabel und Brustbein und atmet gegen sie. "Wer unsicher ist, wo die Luft genau hin soll, kann einmal ganz tief ausatmen. Wenn er dann nach Luft schnappt, atmet er automatisch in den Bauch", erklärt Klaes. "Die Bauchatmung hilft auch, die Stimme unter Kontrolle zu halten", sagt die Expertin. Viele werden laut, wenn sie wütend sind. Andere bekommen eine brüchige Stimme. Das sei ärgerlich, weil man so schnell inkompetent wirke. Wenn man ganz tief einatme, helfe das, die Stimme zu stabilisieren. "Ganz wichtig ist es, dabei aufrecht zu sitzen. Damit das Zwerchfell und Lunge nicht eingequetscht werden", sagt Klaes. Anti-Ärger-Tipp 6: Machen Sie einen Deckel drauf Wenn uns etwas aufregt, geben wir dem Ärger manchmal zu viel Raum: Wir sprechen immer und immer wieder darüber. Zum Beispiel: Ein Bewerber benimmt sich im Vorstellungsgespräch daneben. Man ärgert sich maßlos darüber und berichtet erst den Mitarbeitern im Büro davon, dann beim Abendessen dem Partner und am nächsten Tag noch den Freunden im Café. "Jedes Mal, wenn wir davon sprechen, schüttet der Körper Stresshormone aus", sagt Klaes. Wie kann man es besser machen? Man könne etwa aus dem Gespräch kommen, sich einmal kurz ärgern und dann einen Haken unter die Sache setzen. Dabei helfe es, sich zu fragen, welchen Stellenwert die Angelegenheit in zwei, drei Wochen noch haben werde. Dadurch relativiere sich die Wichtigkeit oft. Und das helfe, den Ärger im Zaum zu halten.
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