Preisdifferenzierung in der Gastronomie
Wie ein Restaurantbesitzer 3000 Euro mehr Umsatz macht – in nur drei Tagen

In Billy Wagners Restaurant wird das Essen teurer – allerdings nicht an allen Tagen. Dahinter steckt eine Idee, die in Hotels üblich, in der Gastronomie aber ungewöhnlich ist.

, von

Kommentieren
In Billy Wagners Restaurant ist es am Wochenende und an Feiertagen jetzt 25 Euro teurer – bei gleicher Speisekarte und gleichem Service. Von dem Gewinn kann Wagner unter anderem einen zweiten Koch bezahlen.
In Billy Wagners Restaurant ist es am Wochenende und an Feiertagen jetzt 25 Euro teurer – bei gleicher Speisekarte und gleichem Service. Von dem Gewinn kann Wagner unter anderem einen zweiten Koch bezahlen.
© artisteer / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Wer im Berliner Restaurant Nobelhart & Schmutzig essen will, muss ab Anfang Mai mehr bezahlen – zumindest an drei Tagen: Am Donnerstag, Freitag und Samstag steigt der Preis für das Menü plus Tafelwasser auf 120 Euro pro Person. „Das ist schon ordentlich teurer“, sagt Restaurantinhaber Billy Wagner. „Aber dadurch gleiche ich die finanziell schwachen Tage mit den starken aus.“

Pro Tag 1000 Euro mehr Umsatz

Schwach sind im Nobelhart & Schmutzig der Dienstag und der Mittwoch – und an diesen Tagen bleibt der Preis für das Menü bei 95 Euro. Dienstags und mittwochs bleiben von den 40 Plätzen immer einige leer, Service und Küche sind personell aber voll besetzt. „Wir bringen die gleiche Leistung, verdienen aber weniger“, sagt Wagner. An Wochenenden und Feiertagen ist das Lokal hingegen oft schon Wochen vorher ausgebucht. „An diesen Tagen könnte ich den Laden drei Mal voll machen“, sagt er.

Deswegen gilt jetzt: Je mehr Gäste, desto teurer das Essen. Und die Preisdifferenzierung lohnt sich für den Wirt: Wenn 40 Gäste an drei Tagen 25 Euro mehr bezahlen, sind das 3000 Euro mehr Umsatz – ohne dass Wagner zusätzliche Ausgaben hat.

Und Wagner kann es sich leisten, die Preise anzuziehen, denn in Berlin ist das Nobelhart & Schmutzig stadtbekannt: Es liegt am Ende der Friedrichstraße, hinter dem Checkpoint Charlie. Der Besucher muss klingeln und warten, bis das Personal die Tür öffnet. Statt an Tischen sitzen alle Gäste an einer langen Theke. Es gibt nur ein Menü, jeder isst das Gleiche. Die Zutaten sind saisonal und kommen ausschließlich aus Berlin und Umgebung. Der Wein ist kostbar – so kostbar, dass einige Sorten nicht auf der Karte stehen, sondern vor durstigen Besuchern geschützt im Weinkeller bleiben. Alles dreht sich um Qualität und Exklusivität – und um Wagner und sein Team: „Damit wir hier machen können, was wir wollen“, wie er sagt.

„Wir werden wieder teurer“

Wagner macht aus den höheren Preisen an Wochenenden und Feiertagen keinen Hehl, im Gegenteil: „Wir werden wieder teurer“ lautet die unmissverständliche Überschrift eines Beitrags im Blog des Gastronomen. Den Artikel hat Wagner außerdem selbstbewusst über Facebook und seinen Restaurant-Newsletter verbreitet. Darin erklärt er seine Entscheidung: Seit Anfang des Jahres beschäftige er einen zweiten Koch. Außerdem verwende die Küche kaum mehr Plastik, sondern Edelstahl, Ton und mundgeblasene Gläser. „Meine Personalkosten sind also um etwa 45.000 Euro im Jahr gestiegen, außerdem kostet mich ein Glas jetzt 14 anstatt 5 Euro“, so Wagner.

Hat Wagner keine Angst, dass Kunden wegbleiben? „Nein, denn letztlich profitiert der Kunde von mehr Personal und hochwertigen Materialien“, sagt er. Ob die Kunden die Investitionen tatsächlich wertschätzten, wisse er nicht – Reaktionen von Gästen habe es bisher nicht gegeben, nur von Gastronomen. Die aber fänden seine Idee super, schließlich habe sich das Konsumverhalten in den vergangenen Jahren stark verändert: „Die Leute gehen unter der Woche kaum mehr essen, schon gar nicht mittags, und trinken dann erst recht keinen Wein“, erzählt Wagner.

Für Restaurantbesitzer seien das Umsatzeinbußen, mit denen sie umgehen müssten. Sollen sie billiger oder teurer werden, um den Gast an ihren Tisch zu locken? Oder macht man es wie Billy Wagner? „In der Gastronomie sollte man sich zumindest darüber Gedanken machen“, sagt Wagner. „Wir sichern uns durch die Preise unsere Qualität und letztlich sichert uns das unsere Kundschaft.“ Außerdem habe er ja nicht teurer werden wollen: „Wären unter der Woche mehr Gäste da, hätte ich die Preise am Wochenende nicht erhöht.“

Billy Wagner
Billy Wagner ist mehrfach ausgezeichneter Sommelier des Jahres und Inhaber des Restaurants Nobelhart & Schmutzig. Seinen Gästen möchte er die Produktvielfalt Berlins und Umgebung näher bringen – "brutal lokal" ist das Motto. Auf diese Weise will er auch die lokalen Produzenten unterstützen und auf ihre Arbeit aufmerksam machen.

Wagners Kalkulation scheint aufzugehen: Die Reservierungen für die kommenden Wochen zeigen, dass am Wochenende weiterhin ausgebucht ist, während dienstags und mittwochs immer ein paar Plätze freibleiben. „Wer am Wochenende Essen gehen will, der geht – egal, ob es mehr 25 Euro kostet“, sagt er.

In eigener Sache
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
Für Unternehmerinnen und Unternehmer
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
17 Seiten Prompt-Tipps, Anwendungsbeispiele und über 100 Beispiel-Prompts
Wer im Berliner Restaurant Nobelhart & Schmutzig essen will, muss ab Anfang Mai mehr bezahlen – zumindest an drei Tagen: Am Donnerstag, Freitag und Samstag steigt der Preis für das Menü plus Tafelwasser auf 120 Euro pro Person. „Das ist schon ordentlich teurer“, sagt Restaurantinhaber Billy Wagner. „Aber dadurch gleiche ich die finanziell schwachen Tage mit den starken aus.“ Pro Tag 1000 Euro mehr Umsatz Schwach sind im Nobelhart & Schmutzig der Dienstag und der Mittwoch – und an diesen Tagen bleibt der Preis für das Menü bei 95 Euro. Dienstags und mittwochs bleiben von den 40 Plätzen immer einige leer, Service und Küche sind personell aber voll besetzt. „Wir bringen die gleiche Leistung, verdienen aber weniger“, sagt Wagner. An Wochenenden und Feiertagen ist das Lokal hingegen oft schon Wochen vorher ausgebucht. „An diesen Tagen könnte ich den Laden drei Mal voll machen“, sagt er. Deswegen gilt jetzt: Je mehr Gäste, desto teurer das Essen. Und die Preisdifferenzierung lohnt sich für den Wirt: Wenn 40 Gäste an drei Tagen 25 Euro mehr bezahlen, sind das 3000 Euro mehr Umsatz – ohne dass Wagner zusätzliche Ausgaben hat. Und Wagner kann es sich leisten, die Preise anzuziehen, denn in Berlin ist das Nobelhart & Schmutzig stadtbekannt: Es liegt am Ende der Friedrichstraße, hinter dem Checkpoint Charlie. Der Besucher muss klingeln und warten, bis das Personal die Tür öffnet. Statt an Tischen sitzen alle Gäste an einer langen Theke. Es gibt nur ein Menü, jeder isst das Gleiche. Die Zutaten sind saisonal und kommen ausschließlich aus Berlin und Umgebung. Der Wein ist kostbar – so kostbar, dass einige Sorten nicht auf der Karte stehen, sondern vor durstigen Besuchern geschützt im Weinkeller bleiben. Alles dreht sich um Qualität und Exklusivität – und um Wagner und sein Team: „Damit wir hier machen können, was wir wollen“, wie er sagt. "Wir werden wieder teurer" Wagner macht aus den höheren Preisen an Wochenenden und Feiertagen keinen Hehl, im Gegenteil: „Wir werden wieder teurer“ lautet die unmissverständliche Überschrift eines Beitrags im Blog des Gastronomen. Den Artikel hat Wagner außerdem selbstbewusst über Facebook und seinen Restaurant-Newsletter verbreitet. Darin erklärt er seine Entscheidung: Seit Anfang des Jahres beschäftige er einen zweiten Koch. Außerdem verwende die Küche kaum mehr Plastik, sondern Edelstahl, Ton und mundgeblasene Gläser. „Meine Personalkosten sind also um etwa 45.000 Euro im Jahr gestiegen, außerdem kostet mich ein Glas jetzt 14 anstatt 5 Euro“, so Wagner. Hat Wagner keine Angst, dass Kunden wegbleiben? „Nein, denn letztlich profitiert der Kunde von mehr Personal und hochwertigen Materialien“, sagt er. Ob die Kunden die Investitionen tatsächlich wertschätzten, wisse er nicht – Reaktionen von Gästen habe es bisher nicht gegeben, nur von Gastronomen. Die aber fänden seine Idee super, schließlich habe sich das Konsumverhalten in den vergangenen Jahren stark verändert: „Die Leute gehen unter der Woche kaum mehr essen, schon gar nicht mittags, und trinken dann erst recht keinen Wein“, erzählt Wagner. Für Restaurantbesitzer seien das Umsatzeinbußen, mit denen sie umgehen müssten. Sollen sie billiger oder teurer werden, um den Gast an ihren Tisch zu locken? Oder macht man es wie Billy Wagner? „In der Gastronomie sollte man sich zumindest darüber Gedanken machen“, sagt Wagner. „Wir sichern uns durch die Preise unsere Qualität und letztlich sichert uns das unsere Kundschaft.“ Außerdem habe er ja nicht teurer werden wollen: „Wären unter der Woche mehr Gäste da, hätte ich die Preise am Wochenende nicht erhöht.“ Wagners Kalkulation scheint aufzugehen: Die Reservierungen für die kommenden Wochen zeigen, dass am Wochenende weiterhin ausgebucht ist, während dienstags und mittwochs immer ein paar Plätze freibleiben. „Wer am Wochenende Essen gehen will, der geht – egal, ob es mehr 25 Euro kostet“, sagt er.
Mehr lesen über