Transparenz
Geheimhaltung oder totale Offenheit – wie transparent sollten Firmen sein?

Entscheidungen und Kennzahlen vor den Mitarbeitern verbergen – oder jedes kleinste Detail preisgeben? Wie viel Transparenz Ihre Mitarbeiter zufrieden macht und zu mehr Leistung anspornt.

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Totale Transparenz? Manche Firmen gewähren jedem Mitarbeiter Zugang zum Firmenkonto.
Totale Transparenz? Manche Firmen gewähren jedem Mitarbeiter Zugang zum Firmenkonto.
© rclassenlayouts / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Manche Unternehmen deuten ihren Mitarbeiter nur vage an, wie viel Umsatz und Gewinn sie machen. Und wenn es ganz dumm läuft, erfahren die Angestellten erst aus der Presse, dass ein Firmenstandort schließt oder der Betrieb pleitegeht. Dass es auch anders geht, zeigen seit einigen Jahren vor allem Start-ups: In manchen Firmen bestimmen Mitarbeiter ihr Gehalt selbst, können das Firmenkonto und alle Geschäftskennzahlen jederzeit einsehen. Transparenz ist hier großgeschrieben.

Transparenz heißt nicht alles zu teilen

Doch ist es zu viel des Guten, wenn Chefs alles offenlegen?

Ja, würde der US-amerikanische Autor und Unternehmensberater Simon Sinek wohl antworten. „Transparent zu sein heißt nicht, jedes kleinste Detail zu teilen“, schrieb er in einem seiner täglichen Newsletter. „Transparent sein heißt, immer Kontext für unsere Entscheidungen zu liefern.“

Was Sineks Aussage für den Chef-Alltag bedeutet, hat Kolumnist, Coach und Unternehmer Marcel Schwantes für das US-Unternehmermagazin Inc aufgeschrieben.

„Transparenz ist ein Management-Buzzwort, das man vor 10 oder 15 Jahren noch nicht gehört hat“, sagt Schwantes. Früher sei es normal gewesen, dass Firmenchefs Entscheidungen im Verborgenen getroffen haben. Heute stärkt es das Vertrauen von Mitarbeitern, wenn sie mehr erfahren – gerade jüngere Mitarbeiter erwarten und verlangen das sogar von ihren Chefs.

Ein Start-up lässt sogar Kunden Entscheidungen treffen

Zwei Beispiele: Der Kondomhersteller Einhorn gewährt seinen Mitarbeitern Einblick aufs Firmenkonto und legte alle Gehälter offen. Die Getränkefirma Premium Cola lässt nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Kunden, Spediteure und Gastronomen mitreden und Entscheidungen treffen – beispielsweise über die Herkunft der Zutaten oder Hintergründe zu Kontobewegungen.

Beide Unternehmen landeten mit diesen unkonventionellen Schritten in den Medien und wurden so einer breiteren Kundschaft bekannt. Ein angenehmer Nebeneffekt der Transparenz, aber: „Der wirkliche Grund, warum Transparenz wichtig ist: Angestellte müssen verstehen, wie und warum Dinge geschehen und Entscheidungen getroffen werden“, sagt Schwantes. Wenn etwa der Inhaber eines Sportartikelherstellers beschließt, die Preise aller Produkte zu erhöhen, seinen Mitarbeitern aber nicht seine Gründe für diesen Schritt erklärt, kann das für Frust sorgen – weil die Mitarbeiter in Erklärungsnot geraten, wenn sie auf verärgerte Kunden treffen.

Mangelnde Transparenz sorgt für Stillstand der Mitarbeiter

Solche intransparenten Unternehmen sind laut Schwantes oft von „Befehl-und-Kontroll-Hierarchien“ geprägt und von Angst bestimmt. Manager würden Informationen horten und bei Mitarbeitern für Stillstand sorgen. Der Chef sei hier quasi ein Diktator und riskiere, dass unzufriedene Mitarbeiter ihrem Ärger auf Arbeitgeberbewertungsportalen und in sozialen Netzwerken Luft machen.

In transparenten Unternehmen dagegen nehme der Chef eine andere Rolle ein: Statt über seine Mitarbeiter zu herrschen, dient er ihnen. Er unterstützt sie dabei, einen guten Job zu machen.

Würde etwa der Sportartikelhersteller seinen Mitarbeitern gegenüber die Preiserhöhung begründen, könnten sie auch den Kunden erklären, warum ein Fußballschuh plötzlich 20 Euro mehr kostet. Etwa, weil der Chef den Näherinnen und Nähern im Herstellungsland fairere Löhne zahlen will oder die Materialkosten stark gestiegen sind. So können die Mitarbeiter die Entscheidung nachvollziehen und auch den Kunden erklären.

Eigene Fehler eingestehen

Transparent zu arbeiten heißt aber auch, eigene Fehler zu gestehen – wie Joel Gascoigne zeigte, Geschäftsführer des Social-Media-Management-Tools Buffer. Er musste 2016 elf Prozent seiner Mitarbeiter entlassen. Statt fadenscheinige Gründe dafür zu nennen, erklärte er öffentlich: „Das ist das Ergebnis meines größten Fehlers. Es ist nicht das Resultat eines sich verändernden Marktes, sondern komplett selbst verschuldet. Ich habe schlechte Entscheidungen getroffen.“ Er habe schlicht zu schnell zu viele neu Mitarbeiter eingestellt. Auf der Website von Buffer schreibt Gascoigne ausführlich über die Fehler, die ihm unterlaufen sind, und welche Veränderungen er anstrebt.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
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Dieses öffentliche Schuldbekenntnis würden manche als naiv oder unternehmerischen Suizid bezeichnen, sagt Schwantes. „Aber es hat die Unternehmenskultur von Buffer gestärkt“, so der Coach. Sein Rat an Chefs: „Führungskräfte sollten transparent arbeiten, um Vertrauen zu schaffen und Probleme zu lösen. Sonst entstehen durch Verwirrung und Unsicherheit neue Probleme.“

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