Schutzrechte und Brexit
Diese Brexit-Folgen für Marken, Designs und Patente sollten Unternehmer kennen

Selbst wenn weder Kunden noch Lieferanten aus Großbritannien kommen, können Unternehmer vom Brexit betroffen sein: Wenn sie sich etwas EU-weit haben schützen lassen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Raus aus der EU: Vom Brexit sind auch Schutzrechte betroffen.
Raus aus der EU: Vom Brexit sind auch Schutzrechte betroffen.
© Volker Schlichting/EyeEm/Getty Images

Ein harter Ausstieg Großbritanniens aus der EU – oder doch noch ein Partner-Abkommen? Beides ist weiterhin möglich. Chaos also allerorten – und mittendrin viele Unternehmer, die sich Fragen stellen wie: „Wird mein Firmenname nach dem Brexit in Großbritannien weiterhin geschützt sein?“ oder „Muss ich mein Stoffmuster jetzt neu als Design anmelden?“. Denn: Mit dem Ausstieg Großbritanniens verlieren sogenannte Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, mit denen sich bisher beispielsweise Designs und Namen leicht EU-weit schützen ließen, dort ihre Gültigkeit.

Sie sind Inhaber solcher Schutzrechte? Dann sollten Sie die Antworten auf die folgenden Fragen kennen – um auf beide Brexit-Szenarien vorbereitet zu sein:

Europäisches Patent, Unionsmarke, Gemeinschaftsgeschmacksmuster: Welche Schutzrechte habe ich eigentlich?

Es gibt grundsätzlich drei unterschiedliche Kategorien, in denen Unternehmer Schutzrechte anmelden können.

1. Das Europäische Patent

Ein europäisches Patent schützt technische oder produktbezogene Erfindungen, wie zum Beispiel einen neuen Motor, einen speziellen Roboter oder ein Shampoo.

2. Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster

Mit einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster können Unternehmer Designs, beziehungsweise visuelle Eindrücke, EU-weit mit einem einzigen Schutzrecht beim European Intellectual Property Office – kurz EUIPO – schützen lassen. In diese Kategorie fallen beispielsweise Tapeten- und Stoffmuster, ein neues Stuhldesign oder Brillen.

3. Die Unionsmarke

Auf gleichem Weg wie Gemeinschaftsgeschmacksmuster lassen sich sogenannte Unionsmarken schützen: In diese Kategorie gehören beispielsweise Firmen- und Produktnamen, Logos (wie der Mercedes-Stern) und dreidimensionale Formen ­– sowie, als Spezialformen, Farbmarken (etwa das Telekom-Magenta), Positionsmarken (die rote Sohle von Louboutin-Schuhen) und Klangmarken (die Telekom-Melodie).

Insbesondere Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie einfach anzumelden und günstig sind. Viele Unternehmen lassen ihre Produkt- oder Firmennamen deshalb mitunter gar nicht mehr als nationale deutsche Marke schützen, sondern melden sie direkt als Unionsmarke an: So lässt sich mit geringem finanziellen Mehraufwand ein Schutz in allen EU-Ländern erreichen.

Der Gastautor
Rolf ClaessenRolf Claessen arbeitet als Patentanwalt in der Kölner Kanzlei Freischem & Partner und berät zu allen Fragen des gewerblichen Rechtsschutzes. Schwerpunkte seiner Tätigkeit: Unternehmern helfen, Marken und Patente anzumelden und durchzusetzen.

Was passiert mit Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern nach dem Brexit?

Szenario 1: Brexit mit Abkommen

Einigen sich Großbritannien und die EU doch noch auf ein Abkommen, wird dieses unter anderem auch den Aspekt der Schutzrechte klären. In dem bisher ausgehandelten Abkommen sind die Regelungen sehr komfortabel für Unternehmer: Inhaber von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern erhalten demnach im Anschluss an den Brexit automatisch und kostenfrei entsprechende nationale britische Rechte.

Szenario 2: Harter Brexit ohne Abkommen

Für den Fall, dass Großbritannien am 29. März 2019 ohne ein Abkommen und damit ohne konkrete Vereinbarungen aus der EU austritt, hat die britische Regierung einen Leitfaden entwickelt (Stand: Mitte Januar 2019). Dieser regelt, dass bei einem harten Brexit für Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster das Gleiche gilt wie im Fall eines Ausstiegs mit Abkommen. Das bedeutet: Eingetragene Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden automatisch in entsprechende britische Schutzrechte überführt – und die Inhaber erhalten eine schriftliche Information über den Vorgang.

Was passiert mit Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern, die am Tag des Brexit zwar bereits angemeldet sind – aber noch keine Eintragung haben?

Haben Unternehmen Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Brexit angemeldet, ohne dass diese bis zum Stichtag eingetragen wären, wird es etwas komplizierter. Unternehmer aus der EU müssen dann entsprechende nationale Marken und Designs in Großbritannien anmelden – und zwar am besten innerhalb von neun Monaten nach dem offiziellen Brexit. Innerhalb dieses Zeitraumes haben sie Vorrang vor britischen Konkurrenten, wenn sich diese die gleiche Marke schützen lassen wollen, ohne dass sie sie vor dem Brexit beim EUIPO angemeldet haben.

Allerdings kommen auf die Unternehmer in jedem Fall Extrakosten zu – sie müssen die üblichen Gebühren bezahlen, die bei der Anmeldung britischer Marken und Designs fällig werden.

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Was passiert beim Brexit mit Patenten?

Unternehmer, die ein europäisches Patent besitzen, brauchen keinen Mehraufwand fürchten. Denn: Großbritannien wird auch nach seinem Austritt aus der EU Mitglied des Europäischen Patentübereinkommens bleiben. Dadurch wird es in Sachen Patentschutz praktisch keine Änderungen geben.

Was passiert mit EU-weiten Markenschutzrechten, die über eine sogenannte „Internationale Registrierung“ oder das „Haager Muster“ zustande gekommen sind?

Unternehmer, die international tätig sind und Marken, beziehungsweise Designs in vielen verschiedenen Ländern schützen lassen wollen, können das vergleichsweise bequem über eine sogenannte „Internationale Registrierung“ oder ein „Haager Muster“ tun. Einmal über das World Intellectual Property Office (WIPO) in der Schweiz angemeldet, erhalten sie Schutzrechte für gleich mehrere Länder – und auch für die Mitgliedsstaaten der EU.

Wer solche Schutzrechte innehat, kann einem bürokratischen Kuddelmuddel leicht entgehen: einfach die Internationale Registrierung kostengünstig auf Großbritannien ausweiten lassen! Dann gilt der Schutz automatisch auch dort, ohne dass Unternehmer reguläre nationale Marken in Großbritannien anmelden müssen. Der Grund: Auch Großbritannien hat das Madrider Markenabkommen für Internationale Registrierungen ratifiziert, das ein solches Vorgehen ermöglicht.

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Ein harter Ausstieg Großbritanniens aus der EU – oder doch noch ein Partner-Abkommen? Beides ist weiterhin möglich. Chaos also allerorten – und mittendrin viele Unternehmer, die sich Fragen stellen wie: „Wird mein Firmenname nach dem Brexit in Großbritannien weiterhin geschützt sein?“ oder „Muss ich mein Stoffmuster jetzt neu als Design anmelden?“. Denn: Mit dem Ausstieg Großbritanniens verlieren sogenannte Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, mit denen sich bisher beispielsweise Designs und Namen leicht EU-weit schützen ließen, dort ihre Gültigkeit. Sie sind Inhaber solcher Schutzrechte? Dann sollten Sie die Antworten auf die folgenden Fragen kennen – um auf beide Brexit-Szenarien vorbereitet zu sein: Europäisches Patent, Unionsmarke, Gemeinschaftsgeschmacksmuster: Welche Schutzrechte habe ich eigentlich? Es gibt grundsätzlich drei unterschiedliche Kategorien, in denen Unternehmer Schutzrechte anmelden können. 1. Das Europäische Patent Ein europäisches Patent schützt technische oder produktbezogene Erfindungen, wie zum Beispiel einen neuen Motor, einen speziellen Roboter oder ein Shampoo. 2. Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster Mit einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster können Unternehmer Designs, beziehungsweise visuelle Eindrücke, EU-weit mit einem einzigen Schutzrecht beim European Intellectual Property Office – kurz EUIPO – schützen lassen. In diese Kategorie fallen beispielsweise Tapeten- und Stoffmuster, ein neues Stuhldesign oder Brillen. 3. Die Unionsmarke Auf gleichem Weg wie Gemeinschaftsgeschmacksmuster lassen sich sogenannte Unionsmarken schützen: In diese Kategorie gehören beispielsweise Firmen- und Produktnamen, Logos (wie der Mercedes-Stern) und dreidimensionale Formen ­– sowie, als Spezialformen, Farbmarken (etwa das Telekom-Magenta), Positionsmarken (die rote Sohle von Louboutin-Schuhen) und Klangmarken (die Telekom-Melodie). Insbesondere Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie einfach anzumelden und günstig sind. Viele Unternehmen lassen ihre Produkt- oder Firmennamen deshalb mitunter gar nicht mehr als nationale deutsche Marke schützen, sondern melden sie direkt als Unionsmarke an: So lässt sich mit geringem finanziellen Mehraufwand ein Schutz in allen EU-Ländern erreichen. Was passiert mit Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern nach dem Brexit? Szenario 1: Brexit mit Abkommen Einigen sich Großbritannien und die EU doch noch auf ein Abkommen, wird dieses unter anderem auch den Aspekt der Schutzrechte klären. In dem bisher ausgehandelten Abkommen sind die Regelungen sehr komfortabel für Unternehmer: Inhaber von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern erhalten demnach im Anschluss an den Brexit automatisch und kostenfrei entsprechende nationale britische Rechte. Szenario 2: Harter Brexit ohne Abkommen Für den Fall, dass Großbritannien am 29. März 2019 ohne ein Abkommen und damit ohne konkrete Vereinbarungen aus der EU austritt, hat die britische Regierung einen Leitfaden entwickelt (Stand: Mitte Januar 2019). Dieser regelt, dass bei einem harten Brexit für Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster das Gleiche gilt wie im Fall eines Ausstiegs mit Abkommen. Das bedeutet: Eingetragene Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster werden automatisch in entsprechende britische Schutzrechte überführt – und die Inhaber erhalten eine schriftliche Information über den Vorgang. Was passiert mit Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern, die am Tag des Brexit zwar bereits angemeldet sind – aber noch keine Eintragung haben? Haben Unternehmen Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Brexit angemeldet, ohne dass diese bis zum Stichtag eingetragen wären, wird es etwas komplizierter. Unternehmer aus der EU müssen dann entsprechende nationale Marken und Designs in Großbritannien anmelden – und zwar am besten innerhalb von neun Monaten nach dem offiziellen Brexit. Innerhalb dieses Zeitraumes haben sie Vorrang vor britischen Konkurrenten, wenn sich diese die gleiche Marke schützen lassen wollen, ohne dass sie sie vor dem Brexit beim EUIPO angemeldet haben. Allerdings kommen auf die Unternehmer in jedem Fall Extrakosten zu – sie müssen die üblichen Gebühren bezahlen, die bei der Anmeldung britischer Marken und Designs fällig werden. Was passiert beim Brexit mit Patenten? Unternehmer, die ein europäisches Patent besitzen, brauchen keinen Mehraufwand fürchten. Denn: Großbritannien wird auch nach seinem Austritt aus der EU Mitglied des Europäischen Patentübereinkommens bleiben. Dadurch wird es in Sachen Patentschutz praktisch keine Änderungen geben. Was passiert mit EU-weiten Markenschutzrechten, die über eine sogenannte „Internationale Registrierung“ oder das „Haager Muster“ zustande gekommen sind? Unternehmer, die international tätig sind und Marken, beziehungsweise Designs in vielen verschiedenen Ländern schützen lassen wollen, können das vergleichsweise bequem über eine sogenannte „Internationale Registrierung“ oder ein „Haager Muster“ tun. Einmal über das World Intellectual Property Office (WIPO) in der Schweiz angemeldet, erhalten sie Schutzrechte für gleich mehrere Länder – und auch für die Mitgliedsstaaten der EU. Wer solche Schutzrechte innehat, kann einem bürokratischen Kuddelmuddel leicht entgehen: einfach die Internationale Registrierung kostengünstig auf Großbritannien ausweiten lassen! Dann gilt der Schutz automatisch auch dort, ohne dass Unternehmer reguläre nationale Marken in Großbritannien anmelden müssen. Der Grund: Auch Großbritannien hat das Madrider Markenabkommen für Internationale Registrierungen ratifiziert, das ein solches Vorgehen ermöglicht.
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