Restschuldversicherung
Soll man die eigene Zahlungsunfähigkeit absichern?

Eine Restschuldversicherung springt ein, wenn der Kreditnehmer wegen Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Tod die Schulden nicht begleichen kann. Ist die Versicherung sinnvoll?

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Wenn statt Geld nur noch ein Scherbenhaufen übrig ist: Eine Restschuldversicherung
springt ein, wenn man seine Kredite nicht mehr bedienen kann.
Wenn statt Geld nur noch ein Scherbenhaufen übrig ist: Eine Restschuldversicherung springt ein, wenn man seine Kredite nicht mehr bedienen kann.
© michaeljayberlin / Fotolia.com

Was ist eine Restschuldversicherung?

Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder Tod von Angehörigen: Schicksalsschläge wie diese können das Leben ganz schön durcheinanderwirbeln. Wer dann noch Kredite abbezahlt, kann schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten – bis hin zur Privatinsolvenz. Die Lösung für Kreditnehmer: eine Restschuldversicherung. Doch eine solche Police kann für Kunden zu einer sehr teuren Falle werden.

Restschuldversicherungen sind eine Form der Risikolebensversicherung. Mit ihr können Verbraucher die Rückzahlung eines Kredites absichern, falls sie während dessen Laufzeit versterben. Das schützt die Hinterbliebenen. Häufig wird die Police auch mit Zusatzversicherungen verbunden. Über den Todesfallschutz hinaus sind dann weitere Risiken wie etwa Arbeitslosigkeit abgesichert.

Ist eine Restschuldversicherung sinnvoll?

Nach Ansicht der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) ist eine solche Police für Kunden ein sinnvolles Instrument. Sie ist „ein wesentlicher Baustein zum Schutz der Verbraucher und ihrer Angehörigen“, erklärt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) stellvertretend für die Branche. Niels Nauhauser sieht das anders. „Das Geschäft ist vor allem profitabel für Banken“, sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. „Kunden erkennen oft gar nicht, wie teuer diese Absicherung eigentlich ist.“

Was kostet eine Restschuldversicherung?

Was für Kosten auf Verbraucher zukommen können, zeigt ein Fall aus der Beratungspraxis der Verbraucherzentralen. Eine Frau hatte zunächst in einem Möbelhaus einen Ratenkredit in Höhe von 3795 Euro für den Kauf einer Küche abgeschlossen. Dabei handelte es sich um eine Null-Prozent-Finanzierung ohne Restschuldversicherung.

Wenige Monate später allerdings hatte die Frau weiteren Geldbedarf. Das Angebot der Bank: ein neuer Kredit über 5000 Euro und die Ablösung des alten Kredits von noch rund 3380 Euro. Zur Absicherung des neuen Darlehens verkaufte die Bank der Kundin diesmal aber zusätzlich eine Restschuldversicherung für stolze 2030 Euro.

Da diese Summe auf das Darlehen aufgeschlagen wurde, kam eine Zinsbelastung von rund 3710 Euro auf die Kundin zu. Die Folge: Die Schulden der Frau wuchsen auf über 14.000 Euro an. „Der Effektivzins für das Darlehen lag hier bei 8,98 Prozent“, erklärt Nauhauser. Der Kundin war das nicht bewusst, denn das Thema Restschuldversicherung wurde bei der Beratung ihren Angaben zufolge nicht thematisiert.

Welche Probleme gibt es bei Restschuldversicherungen?

„Oft werden Restschuldversicherungen im Rahmen von Umschuldungen verkauft“, erklärt Dirk Ulbricht, Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg. Geldinstitute machten Verbrauchern mit Finanzbedarf einen Umstieg auf einen neuen Kredit immer wieder mit der Aussicht auf geringere Raten schmackhaft.

Ob bei solchen Umschuldungen allerdings immer die Entlastung des Kunden im Mittelpunkt steht, zweifeln die Verbraucherschützer an. In einem Fall, den das iff dokumentiert hat, vergab ein Kreditinstitut an einen Kunden insgesamt acht aufeinanderfolgende Kredite. Der laufende Kredit wurde jeweils in einen neuen umgeschuldet.

Die Laufzeiten wurden jedes Mal gestreckt, und die Zinsbelastung stieg im Laufe der Zeit an. Auch wurde bei jedem neuen Kredit eine neue Restschuldversicherung verkauft. Aufgrund des gestiegenen Alters nahmen die Prämien dabei jedes Mal zu. Die Gesamtschulden fielen zuerst, vor allem auch durch diese Maßnahmen. Jedoch kletterten ab dem vierten Darlehen kontinuierlich an.

Insgesamt zahlte der Kunde in über 19 Jahren mehr als 160.000 Euro an das Geldinstitut, trotzdem verdreifachten sich die Schulden in dem Zeitraum beinahe. „Verbraucher werden mitunter in die Schulden getrieben“, sagt Finanzexperte Nauhauser. „Frei nach dem Motto: Melken, bis Staub kommt.“ Dirk Ulbricht ergänzt: „Im Zweifel bleiben Sie ein Leben lang an die Bank gebunden.“

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sieht Probleme bei Restschuldversicherungen. „Restschuld- und Zusatzversicherungen sind nicht standardisiert“, warnt die Bafin auf ihrer Homepage. „Verbraucher sollten sich vor Abschluss des Vertrages unbedingt über den genauen Versicherungsumfang und die Kosten informieren.“ Doch das ist in der Praxis oft gar nicht so einfach.

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Kann die Bank die Kreditvergabe an den Abschluss einer Restschuldversicherung koppeln?

Ja, manche Banken wollen sich extra gegen einen Kreditausfall absichern. Wichtig: „Wenn die Bank den Kredit nicht ohne die Restschuldversicherung vergibt, muss sie die Kosten in den effektiven Jahreszins mit einrechnen“, erklärt Ulbricht. Frage aber der Kunde nach der Versicherung, müssten die Kosten nicht so ausgewiesen werden.

Verbraucherschützer sehen genau darin einen Grund, warum viele Kunden diese teure Absicherung kaufen. „Im Verkaufsgespräch werden Verbraucher über diesen Unterschied oft im Unklaren gelassen“, hat Ulbricht beobachtet. Die hohen Kosten für die Versicherung könnten so geschickt versteckt werden.

Die Deutsche Kreditwirtschaft sieht hier aber kein generelles Problem: „Der Abschluss einer Restschuldversicherung ist meist eine Option für den Kunden“, erklärt der BVR. „Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Restschuldversicherung abzuschließen, um den Kredit zu erhalten.“ Zudem stehe Verbrauchern ein Widerrufsrecht zu, so dass die Entscheidung nachträglich korrigiert werden könne.

Auch David Furtwängler stellt sich genereller Kritik entgegen. „Wir setzen uns für eine moderne Ausgestaltung der Restkreditversicherung ein“, erklärt der Hauptbevollmächtigte der BNP Paribas Cardif Deutschland. „Damit der Kunde volle Transparenz über die Kosten hat, weisen wir diese bereits seit längerem im Vertrag einzeln aus.“

Um zu erfahren, was Verbraucher von dieser Absicherung halten, gab die BNP Paribas Cardif bei der Handelshochschule Leipzig (HHL Leipzig Graduate School of Management) eine Studie in Auftrag. Ein Ergebnis: Kunden träfen in der Regel eine rationale Entscheidung für oder gegen den Abschluss einer Restkreditversicherung, erklärt Furtwängler.

Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse einen volkswirtschaftlichen Nutzen dieser Versicherungen. Bei den in der Studie untersuchten Krediten konnte die Ausfallrate durch Restkreditversicherungen um 0,37 Prozent gesenkt werden. Hochgerechnet auf den gesamten Kreditmarkt hätten so theoretisch viele Tausend Ausfälle verhindert werden können. Dennoch: Kunden sollten in jedem Fall gut überlegen, ob sie die Versicherung wirklich brauchen, raten die Verbraucherschützer. „Ob die Versicherung sinnvoll ist, hängt vom konkreten Bedarf ab“, sagt Niels Nauhauser.

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Was ist eine Restschuldversicherung? Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit oder Tod von Angehörigen: Schicksalsschläge wie diese können das Leben ganz schön durcheinanderwirbeln. Wer dann noch Kredite abbezahlt, kann schnell in finanzielle Schwierigkeiten geraten - bis hin zur Privatinsolvenz. Die Lösung für Kreditnehmer: eine Restschuldversicherung. Doch eine solche Police kann für Kunden zu einer sehr teuren Falle werden. Restschuldversicherungen sind eine Form der Risikolebensversicherung. Mit ihr können Verbraucher die Rückzahlung eines Kredites absichern, falls sie während dessen Laufzeit versterben. Das schützt die Hinterbliebenen. Häufig wird die Police auch mit Zusatzversicherungen verbunden. Über den Todesfallschutz hinaus sind dann weitere Risiken wie etwa Arbeitslosigkeit abgesichert. Ist eine Restschuldversicherung sinnvoll? Nach Ansicht der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) ist eine solche Police für Kunden ein sinnvolles Instrument. Sie ist "ein wesentlicher Baustein zum Schutz der Verbraucher und ihrer Angehörigen", erklärt der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) stellvertretend für die Branche. Niels Nauhauser sieht das anders. "Das Geschäft ist vor allem profitabel für Banken", sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart. "Kunden erkennen oft gar nicht, wie teuer diese Absicherung eigentlich ist." Was kostet eine Restschuldversicherung? Was für Kosten auf Verbraucher zukommen können, zeigt ein Fall aus der Beratungspraxis der Verbraucherzentralen. Eine Frau hatte zunächst in einem Möbelhaus einen Ratenkredit in Höhe von 3795 Euro für den Kauf einer Küche abgeschlossen. Dabei handelte es sich um eine Null-Prozent-Finanzierung ohne Restschuldversicherung. Wenige Monate später allerdings hatte die Frau weiteren Geldbedarf. Das Angebot der Bank: ein neuer Kredit über 5000 Euro und die Ablösung des alten Kredits von noch rund 3380 Euro. Zur Absicherung des neuen Darlehens verkaufte die Bank der Kundin diesmal aber zusätzlich eine Restschuldversicherung für stolze 2030 Euro. Da diese Summe auf das Darlehen aufgeschlagen wurde, kam eine Zinsbelastung von rund 3710 Euro auf die Kundin zu. Die Folge: Die Schulden der Frau wuchsen auf über 14.000 Euro an. "Der Effektivzins für das Darlehen lag hier bei 8,98 Prozent", erklärt Nauhauser. Der Kundin war das nicht bewusst, denn das Thema Restschuldversicherung wurde bei der Beratung ihren Angaben zufolge nicht thematisiert. Welche Probleme gibt es bei Restschuldversicherungen? "Oft werden Restschuldversicherungen im Rahmen von Umschuldungen verkauft", erklärt Dirk Ulbricht, Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) in Hamburg. Geldinstitute machten Verbrauchern mit Finanzbedarf einen Umstieg auf einen neuen Kredit immer wieder mit der Aussicht auf geringere Raten schmackhaft. Ob bei solchen Umschuldungen allerdings immer die Entlastung des Kunden im Mittelpunkt steht, zweifeln die Verbraucherschützer an. In einem Fall, den das iff dokumentiert hat, vergab ein Kreditinstitut an einen Kunden insgesamt acht aufeinanderfolgende Kredite. Der laufende Kredit wurde jeweils in einen neuen umgeschuldet. Die Laufzeiten wurden jedes Mal gestreckt, und die Zinsbelastung stieg im Laufe der Zeit an. Auch wurde bei jedem neuen Kredit eine neue Restschuldversicherung verkauft. Aufgrund des gestiegenen Alters nahmen die Prämien dabei jedes Mal zu. Die Gesamtschulden fielen zuerst, vor allem auch durch diese Maßnahmen. Jedoch kletterten ab dem vierten Darlehen kontinuierlich an. Insgesamt zahlte der Kunde in über 19 Jahren mehr als 160.000 Euro an das Geldinstitut, trotzdem verdreifachten sich die Schulden in dem Zeitraum beinahe. "Verbraucher werden mitunter in die Schulden getrieben", sagt Finanzexperte Nauhauser. "Frei nach dem Motto: Melken, bis Staub kommt." Dirk Ulbricht ergänzt: "Im Zweifel bleiben Sie ein Leben lang an die Bank gebunden." Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sieht Probleme bei Restschuldversicherungen. "Restschuld- und Zusatzversicherungen sind nicht standardisiert", warnt die Bafin auf ihrer Homepage. "Verbraucher sollten sich vor Abschluss des Vertrages unbedingt über den genauen Versicherungsumfang und die Kosten informieren." Doch das ist in der Praxis oft gar nicht so einfach. Kann die Bank die Kreditvergabe an den Abschluss einer Restschuldversicherung koppeln? Ja, manche Banken wollen sich extra gegen einen Kreditausfall absichern. Wichtig: "Wenn die Bank den Kredit nicht ohne die Restschuldversicherung vergibt, muss sie die Kosten in den effektiven Jahreszins mit einrechnen", erklärt Ulbricht. Frage aber der Kunde nach der Versicherung, müssten die Kosten nicht so ausgewiesen werden. Verbraucherschützer sehen genau darin einen Grund, warum viele Kunden diese teure Absicherung kaufen. "Im Verkaufsgespräch werden Verbraucher über diesen Unterschied oft im Unklaren gelassen", hat Ulbricht beobachtet. Die hohen Kosten für die Versicherung könnten so geschickt versteckt werden. Die Deutsche Kreditwirtschaft sieht hier aber kein generelles Problem: "Der Abschluss einer Restschuldversicherung ist meist eine Option für den Kunden", erklärt der BVR. "Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die Restschuldversicherung abzuschließen, um den Kredit zu erhalten." Zudem stehe Verbrauchern ein Widerrufsrecht zu, so dass die Entscheidung nachträglich korrigiert werden könne. Auch David Furtwängler stellt sich genereller Kritik entgegen. "Wir setzen uns für eine moderne Ausgestaltung der Restkreditversicherung ein", erklärt der Hauptbevollmächtigte der BNP Paribas Cardif Deutschland. "Damit der Kunde volle Transparenz über die Kosten hat, weisen wir diese bereits seit längerem im Vertrag einzeln aus." Um zu erfahren, was Verbraucher von dieser Absicherung halten, gab die BNP Paribas Cardif bei der Handelshochschule Leipzig (HHL Leipzig Graduate School of Management) eine Studie in Auftrag. Ein Ergebnis: Kunden träfen in der Regel eine rationale Entscheidung für oder gegen den Abschluss einer Restkreditversicherung, erklärt Furtwängler. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse einen volkswirtschaftlichen Nutzen dieser Versicherungen. Bei den in der Studie untersuchten Krediten konnte die Ausfallrate durch Restkreditversicherungen um 0,37 Prozent gesenkt werden. Hochgerechnet auf den gesamten Kreditmarkt hätten so theoretisch viele Tausend Ausfälle verhindert werden können. Dennoch: Kunden sollten in jedem Fall gut überlegen, ob sie die Versicherung wirklich brauchen, raten die Verbraucherschützer. "Ob die Versicherung sinnvoll ist, hängt vom konkreten Bedarf ab", sagt Niels Nauhauser.