Immobilienkredite
Das Aus für den Widerrufsjoker ist besiegelt

Wegen Formfehlern aus dem Immobilienkredit aussteigen und so tausende Euro sparen – das ist bald nicht mehr möglich: Der Bundestag macht dem Widerrufsjoker ein Ende. Was Immobilienkäufer nun wissen müssen.

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Ziehen Sie den Widerrufsjoker: Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag ermöglicht es, ohne teure Vertragsstrafe aus dem Darlehen herauszukommen.
Ziehen Sie den Widerrufsjoker: Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung im Kreditvertrag ermöglicht es, ohne teure Vertragsstrafe aus dem Darlehen herauszukommen.
© Mi.Ti. / Fotolia.com

Mit dem Widerrufsjoker können Hausbesitzer noch Jahre später aus Kreditverträgen aussteigen. Voraussetzung: eine fehlerhafte Widerrufsklausel. Dieses Schlupfloch hat der Bundestag nun geschlossen: Gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete er am Donnerstag ein Gesetz, das dem Widerrufsjoker ein Ende bereitet. Die Änderung ist Teil eines Gesetzes, mit dem Deutschland die EU-Richtlinie für Wohnimmobilien-Kredite umsetzt.

Damit erlischt das ewige Widerrufsrecht auch bei Altverträgen. Immobilienbesitzer, die den Widerrufsjoker ziehen wollen, haben nun nur noch wenig Zeit. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick.

Was funktioniert der Widerrufsjoker genau?

Grundsätzlich gilt: Wer einen Immobilienkredit aufnimmt, hat nur 14 Tage Zeit, den Kreditvertrag zu widerrufen. Hat die Bank den Kunden nicht korrekt über sein Widerrufsrecht aufgeklärt, kann er den Vertrag aber noch Jahre später widerrufen – daher wird dieses Vorgehen auch Widerrufsjoker genannt.

Was die Sache so interessant macht: Ein Großteil der Kreditverträge aus den Jahren 2002 bis 2010 enthält fehlerhafte Widerrufsklauseln. Wer einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, kann diesen auch heute noch widerrufen – zum Leidwesen der Banken: Denn da die Kreditzinsen heute deutlich niedriger sind als damals, können Bankkunden tausende Euro sparen, indem sie sich auf diese Regelung berufen.

Was ändert sich nun beim Widerrufsjoker?

Das Gesetz tritt am 21. März in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Widerruf bei neuen Immobilien-Kreditverträgen nur bis zwölfeinhalb Monate nach Vertragsschluss möglich – selbst dann, wenn die Bank den Kunden falsch belehrt hat. Verbraucherschützer hatten diese Änderungen schon im Vorfeld kritisiert: Stelle sich erst Jahre später heraus, dass eine Belehrung fehlerhaft sei, sei das Widerrufsrecht bereits erloschen.

Der günstige Ausstieg aus einem alten Kreditvertrag ist am 21. Juni 2016 – drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes – Geschichte. Wer noch einen alten Kreditvertrag mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung hat und den Widerrufsjoker ziehen will, muss sich also beeilen. Wie Kreditnehmer aus einem solchen Vertrag herauskommen, erfahren Sie in unserem Artikel „Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kredit widerrufen in drei Schritten“.

Warum ist es überhaupt besser, einen Kredit zu widerrufen, als ihn zu kündigen?

Wer einen Kredit kündigt, muss eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Wie hoch diese ausfällt, lässt sich beispielsweise mittels eines Rechners der Stiftung Warentest berechnen. Zudem ist die Bank nicht verpflichtet, den Kunden aus dem Vertrag zu entlassen: Sie kann darauf bestehen, dass der Kredit weiter abbezahlt wird.

Widerrufsjoker - und dann?
Wie Kreditnehmer aus einem Darlehen mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung herauskommen, erfahren Sie in unserem Artikel "Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kredit widerrufen in drei Schritten".

Bei einem Widerruf des Kredits entfallen diese beiden Punkte. Der Kunde muss allerdings den vollen Darlehensbetrag binnen vier Wochen nach dem Widerruf zurückzahlen. Aus diesem Grund sollten Kreditnehmer vor dem Widerruf eine Bank suchen, die die Finanzierung übernimmt. Detailliertere Informationen dazu finden Sie in dem Artikel „Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kredit widerrufen in drei Schritten“.

Woran erkenne ich eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung?

Die Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter & Collegen hat für impulse beliebte Widerrufsklauseln zusammengestellt, die deutsche Gerichte bereits für unwirksam erklärt haben. Als unzulässig wurden Formulierungen bewertet, aus denen nicht klar hervorgeht, wann die Widerrufsfrist beginnt oder wie lange sie dauert. Einige Beispiele:

  • Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“
  • „Die Frist beginnt mit dem Tag des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrages.“
  • „Der Lauf der Frist beginnt ab heute.“
  • „Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrags zugegangen ist.“
  • „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)* ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) widerrufen.“ * Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
  • „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“

Außerdem, erklärt Kanzlei-Chef Julius Reiter, sind etliche Klauseln unwirksam, weil wichtige Angaben fehlen – etwa die Anschrift, an die der Widerruf zu richten ist. Viele Banken hätten auch nicht korrekt und vollständig über die Folgen eines Widerrufs aufgeklärt. Bisweilen fehle etwa der Hinweis, dass die Bank Zahlungen innerhalb von 30 Tagen erstatten muss. Gerne verschwiegen werde auch der Hinweis, dass die Bank nach dem Widerruf bereits erhaltene Leistungen – etwa Bearbeitungsgebühren – erstatten muss.

Verbraucherzentralen und spezialisierte Rechtsanwälte können helfen zu klären, ob die Widerrufsbelehrung im Vertrag fehlerhaft ist. Doch Vorsicht: Gerichte beurteilen jeden Kreditvertrag einzeln – und nicht immer einheitlich. Selbst bei einer Formulierung, die von einem anderen Gericht schon als unwirksam bewertet wurde, kann der Immobilienbesitzer am Ende auf den Prozesskosten sitzen bleiben, wenn seine Klage abgewiesen wird.

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Gibt durch das neue Gesetz auch Änderungen, über die sich Kreditnehmer freuen können?

Ja. Künftig gilt auch bei Null-Prozent-Finanzierungen ein Widerrufsrecht wie bei allen anderen Immobilienfinanzierungen – das ist bisher nicht der Fall.

Sind auch Verbraucherkredite von der geplanten Änderung betroffen?

Im neuen Gesetz geht es nur um Immobilienkredite. Wer einen Kredit aufnimmt, um ein Auto zu kaufen oder eine neue Küche, hat bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nach wie vor unbegrenzt Zeit für den Widerruf.

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Mit dem Widerrufsjoker können Hausbesitzer noch Jahre später aus Kreditverträgen aussteigen. Voraussetzung: eine fehlerhafte Widerrufsklausel. Dieses Schlupfloch hat der Bundestag nun geschlossen: Gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete er am Donnerstag ein Gesetz, das dem Widerrufsjoker ein Ende bereitet. Die Änderung ist Teil eines Gesetzes, mit dem Deutschland die EU-Richtlinie für Wohnimmobilien-Kredite umsetzt. Damit erlischt das ewige Widerrufsrecht auch bei Altverträgen. Immobilienbesitzer, die den Widerrufsjoker ziehen wollen, haben nun nur noch wenig Zeit. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick. Was funktioniert der Widerrufsjoker genau? Grundsätzlich gilt: Wer einen Immobilienkredit aufnimmt, hat nur 14 Tage Zeit, den Kreditvertrag zu widerrufen. Hat die Bank den Kunden nicht korrekt über sein Widerrufsrecht aufgeklärt, kann er den Vertrag aber noch Jahre später widerrufen - daher wird dieses Vorgehen auch Widerrufsjoker genannt. Was die Sache so interessant macht: Ein Großteil der Kreditverträge aus den Jahren 2002 bis 2010 enthält fehlerhafte Widerrufsklauseln. Wer einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, kann diesen auch heute noch widerrufen - zum Leidwesen der Banken: Denn da die Kreditzinsen heute deutlich niedriger sind als damals, können Bankkunden tausende Euro sparen, indem sie sich auf diese Regelung berufen. Was ändert sich nun beim Widerrufsjoker? Das Gesetz tritt am 21. März in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt ist ein Widerruf bei neuen Immobilien-Kreditverträgen nur bis zwölfeinhalb Monate nach Vertragsschluss möglich - selbst dann, wenn die Bank den Kunden falsch belehrt hat. Verbraucherschützer hatten diese Änderungen schon im Vorfeld kritisiert: Stelle sich erst Jahre später heraus, dass eine Belehrung fehlerhaft sei, sei das Widerrufsrecht bereits erloschen. Der günstige Ausstieg aus einem alten Kreditvertrag ist am 21. Juni 2016 - drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes – Geschichte. Wer noch einen alten Kreditvertrag mit fehlerhafter Widerrufsbelehrung hat und den Widerrufsjoker ziehen will, muss sich also beeilen. Wie Kreditnehmer aus einem solchen Vertrag herauskommen, erfahren Sie in unserem Artikel "Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kredit widerrufen in drei Schritten". Warum ist es überhaupt besser, einen Kredit zu widerrufen, als ihn zu kündigen? Wer einen Kredit kündigt, muss eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Wie hoch diese ausfällt, lässt sich beispielsweise mittels eines Rechners der Stiftung Warentest berechnen. Zudem ist die Bank nicht verpflichtet, den Kunden aus dem Vertrag zu entlassen: Sie kann darauf bestehen, dass der Kredit weiter abbezahlt wird. Bei einem Widerruf des Kredits entfallen diese beiden Punkte. Der Kunde muss allerdings den vollen Darlehensbetrag binnen vier Wochen nach dem Widerruf zurückzahlen. Aus diesem Grund sollten Kreditnehmer vor dem Widerruf eine Bank suchen, die die Finanzierung übernimmt. Detailliertere Informationen dazu finden Sie in dem Artikel "Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: Kredit widerrufen in drei Schritten". Woran erkenne ich eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung? Die Düsseldorfer Kanzlei Baum Reiter & Collegen hat für impulse beliebte Widerrufsklauseln zusammengestellt, die deutsche Gerichte bereits für unwirksam erklärt haben. Als unzulässig wurden Formulierungen bewertet, aus denen nicht klar hervorgeht, wann die Widerrufsfrist beginnt oder wie lange sie dauert. Einige Beispiele: Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ „Die Frist beginnt mit dem Tag des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrages.“ „Der Lauf der Frist beginnt ab heute.“ „Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrags zugegangen ist.“ „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen (einem Monat)* ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, Email) widerrufen.“ * Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“ Außerdem, erklärt Kanzlei-Chef Julius Reiter, sind etliche Klauseln unwirksam, weil wichtige Angaben fehlen – etwa die Anschrift, an die der Widerruf zu richten ist. Viele Banken hätten auch nicht korrekt und vollständig über die Folgen eines Widerrufs aufgeklärt. Bisweilen fehle etwa der Hinweis, dass die Bank Zahlungen innerhalb von 30 Tagen erstatten muss. Gerne verschwiegen werde auch der Hinweis, dass die Bank nach dem Widerruf bereits erhaltene Leistungen – etwa Bearbeitungsgebühren – erstatten muss. Verbraucherzentralen und spezialisierte Rechtsanwälte können helfen zu klären, ob die Widerrufsbelehrung im Vertrag fehlerhaft ist. Doch Vorsicht: Gerichte beurteilen jeden Kreditvertrag einzeln - und nicht immer einheitlich. Selbst bei einer Formulierung, die von einem anderen Gericht schon als unwirksam bewertet wurde, kann der Immobilienbesitzer am Ende auf den Prozesskosten sitzen bleiben, wenn seine Klage abgewiesen wird. Gibt durch das neue Gesetz auch Änderungen, über die sich Kreditnehmer freuen können? Ja. Künftig gilt auch bei Null-Prozent-Finanzierungen ein Widerrufsrecht wie bei allen anderen Immobilienfinanzierungen – das ist bisher nicht der Fall. Sind auch Verbraucherkredite von der geplanten Änderung betroffen? Im neuen Gesetz geht es nur um Immobilienkredite. Wer einen Kredit aufnimmt, um ein Auto zu kaufen oder eine neue Küche, hat bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nach wie vor unbegrenzt Zeit für den Widerruf.
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