Digitales Büro
So schaffen Sie in Ihrer Firma das Papier ab

Papierkram nervt nicht nur - er kostet auch unnötig Zeit und Geld. Das digitale Büro macht Schluss damit. Aber was sind die ersten Schritte zum Arbeiten ohne Papier? Und wie überzeugt man seine Mitarbeiter und Kunden?

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Sie ertrinken in Papier? Dann sollten Sie vielleicht mal darüber nachdenken, auf das "digitale Büro" umzustellen: Viele Arbeitsschritte lassen sich heute digitalisieren.
Sie ertrinken in Papier? Dann sollten Sie vielleicht mal darüber nachdenken, auf das "digitale Büro" umzustellen: Viele Arbeitsschritte lassen sich heute digitalisieren.

Ob Materialscheine, Stundenzettel oder Rechnungen: In drei von vier Unternehmen wird noch immer mehr als die Hälfte aller Abläufe auf Papier geregelt. In jedem fünften Unternehmen (19 Prozent) laufen sogar noch alle Prozesse auf Basis von Papierdokumenten ab. Das hat eine Studie im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom ergeben, für die 504 deutsche Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern befragt wurden.

Das liege daran, dass Unternehmen schon immer papierbasiert gearbeitet haben, glaubt Frank Früh vom Digitalverband Bitkom: „So ein Papier kann man schön abheften, da hat man alles dokumentiert. Viele denken wahrscheinlich auch: ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘. Aber jetzt kommt eine junge Generation nach, die Unternehmer zum Umdenken auffordert“ – auch im Hinblick auf papierbasiertes Arbeiten.

Was sind eigentlich die Vorteile vom papierlosen Arbeiten? Wo fängt man am besten an, wenn man Papier im Unternehmen abschaffen will? Und wie überzeugt man seine Mitarbeiter und Kunden?

Was sind die Vorteile eines digitalen Büros?

„In erster Linie: Prozessverbesserung. Man kann schneller arbeiten und manche Prozesse sogar automatisiert ablaufen lassen“, sagt Früh. Und weiter: „Das spart Zeit, die man dann für andere Dinge verwenden kann als das lästige Tagesgeschäft.“ Neben wertvoller Zeit werden auch Kosten gespart: zum Beispiel für Druckerpatronen, Papier und Lagerplatz für stapelweise Ordner. Ein weiterer positiver Aspekt: Weniger Papier zu verwenden schont die Umwelt.

Wo fange ich am besten an?

„Man muss bei sich selbst anfangen. Wenn der Unternehmer sagt, wir wollen das Unternehmen 4.0 ausrufen, wir wollen ein digitales Unternehmen werden, dann ist das schon der erste Schritt“, sagt Frank Früh.

Als nächstes, so rät der Experte, sollte man einen Verantwortlicher bestimmen, der sich um das Projekt „Papier abschaffen“ kümmert. „Man findet sicherlich in jedem Unternehmen einen, der sehr affin ist zu digitalem Arbeiten“, meint Früh. Der Verantwortliche kann sich dann die Workflows im Unternehmen anschauen und überlegen, wo es auch ohne Papier gehen könnte.

Doch wo genau soll man anfangen? Diese Prozesse kann laut Früh jedes Unternehmen gut umstellen und damit für alle Beteiligten das Arbeiten einfacher und schneller machen:

Unser Experte
Frank FrühFrank Früh ist Bereichsleiter für ECM (Enterprise-Content-Management) beim Digitalverband Bitkom.

1. Elektronische Rechnungen

„Bei elektronischen Rechnungen sieht man sofort den Vorteil: kein Porto mehr, kein Papier mehr, das man rausschicken muss.“ Wenn man dann auch noch Rechnungen elektronisch bekomme, könne man noch mehr Zeit und Geld sparen, indem man zum Beispiel nichts mehr aus der Rechnung abtippen muss, erklärt der Experte.

Für Bundesbehörden sind elektronische Rechnungen sogar verpflichtend: XRechnung: Was Unternehmen wissen sollten

2. Reisekostenabrechnungen

„Ein weiterer Zeitfresser im Unternehmen ist die Reisekostenabrechnung. Mitarbeiter, die viel reisen müssen, zum Beispiel im Vertrieb, verlieren dadurch viel Zeit“, sagt Früh. „Es gibt Apps, mit deren Hilfe man die Reisekostenabrechnung schon von unterwegs machen kann. Zum Beispiel kann man den Tankbeleg mit dem Smartphone fotografieren und direkt ins Unternehmen schicken. Das spart Zeit – und man bekommt natürlich auch sein Geld schneller wieder.“

3. Urlaubsanträge

Urlaubsanträge zu digitalisieren ist ein weiterer praktischer Schritt. „Man bekommt auf seinen Antrag viel schneller eine Antwort. Und der Chef hat einen besseren Überblick. Er kann im System zum Beispiel nachsehen, ob zu der Zeit schon andere Mitarbeiter Urlaub haben, und entsprechend den Urlaubsantrag genehmigen oder ablehnen.“

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Eine genaue Anleitung, welcher Prozess als erstes umgestaltet werden sollte, gibt es aber nicht. Früh rät, sich folgende Fragen zu stellen: Wo sind Zeit- und Kostenfresser im Unternehmen? Wo kann ich das Leben leichter machen, wenn ich den Prozess digitalisiere? Bei welchen Abläufen wird das meiste Papier verbraucht? Wenn zum Beispiel ein Architekturbüro seine Pläne bisher mehrfach ausgedruckt hat, bevor die Endversion fertig war, dann könnte es versuchen nach einer digitalen Lösung suchen und so einen großen Kostenfresser loswerden.

Wie viel Aufwand muss ich betreiben?

Das kommt ganz darauf an, welche Prozesse im Unternehmen Sie papierlos gestalten wollen. Zwar sollten Sie das große Ziel, komplett digital zu arbeiten, im Blick haben, Sie müssen aber keine langen Strategiepläne schreiben, um etwas zu ändern. „Wichtig ist, dass man mit kleinen Dingen anfängt“, sagt Früh.

Wie überzeuge ich meine Mitarbeiter?

„Eine große Herausforderung ist es, den Menschen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen“, sagt Früh. Viele Mitarbeiter haben Angst um ihren Arbeitsplatz, wenn sie für einen digitalen Prozess nur noch eine Stunde brauchen, für den sie früher noch den ganzen Tag gebraucht haben.

„Diese Angst muss man den Menschen nehmen. Man muss ihnen die Vorteile aufzeigen, nämlich, dass sie mehr Zeit für die wichtigen Dinge haben, die sonst liegenbleiben“, erklärt Früh. Sein Tipp: Weiterbildung könne helfen, Vorbehalte abzubauen. Viele Softwarehersteller bieten E-Learning-Module an, die in neue Software integriert sind. Diese Module erklären den Sinn der Software, zeigen die Anwendung und geben Tipps, wie Aufgaben schnell und effektiv bearbeitet werden können.

Wie finde ich die richtige Software für meine Firma?

Wenn Sie auf der Suche nach einer Software sind, sollten Sie verschiedene Anbieter miteinander vergleichen, rät Früh. Überlegen Sie sich genau, was Sie damit machen wollen. Soll sie nur eine einzige Funktion erfüllen, dann reicht ein einfaches Programm. Wollen Sie nach und nach alle Bereiche Ihres Unternehmens digitalisieren, sollten Sie darauf achten, dass die Systeme erweiterbar sind und es Schnittstellen für andere Programme gibt. Das hat beispielsweise den Vorteil, dass Sie eine neue Rechnungsadresse nur noch einmal in Ihr System eintragen müssen und dann in allen Programmen darauf zugreifen können.

Außerdem sollten Sie darauf achten, wie benutzerfreundlich ein Programm gestaltet ist. Macht es Spaß, damit zu arbeiten, oder ist die Usability eher eine Hürde? Software-Hersteller haben sich mittlerweile viel von App-Herstellern abgeschaut und achten darauf, dass Nutzer ein positives Erlebnis und Spaß bei der Benutzung von Software haben.

Eine weitere wichtige Überlegung laut Früh: „Es lohnt sich besonders auch für kleine und mittlere Unternehmen, Softwareangebote aus der Cloud anzusehen. Cloudlösungen sind meist einfach und schnell umgesetzt und sparen obendrein den Aufbau eigener IT-Infrastruktur.“ Außerdem können Mitarbeiter dann auch von anderen Orten, zum Beispiel aus dem Home-Office, auf die Programme zugreifen, die sie für ihre Arbeit brauchen.

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Wie gewöhne ich meine Kunden daran, dass sie nun elektronische Rechnungen bekommen?

„Die Erfahrung zeigt: Kunden haben in der Regel kein Problem damit, Rechnungen elektronisch zu bekommen. Eher im Gegenteil: Sie haben dadurch ja auch Vorteile“, sagt Früh. Sein Tipp: den Kunden mitteilen, dass Sie Rechnungen jetzt elektronisch zustellen werden, aber trotzdem anbieten, die Rechnung weiterhin ausgedruckt zu schicken. Zum Beispiel so: „Lieber Kunde, wir arbeiten jetzt digital und schicken Ihnen unsere Rechnungen per E-Mail zu. Wenn Sie Ihre Rechnung weiterhin auf Papier bekommen wollen, teilen Sie es uns gerne mit.“ So muss der Kunde aktiv um eine Rechnung in Papierform bitten – und das machen die wenigsten. Sollte doch jemand Rechnungen per Post wollen, sollten Sie diesem Wunsch nachkommen.

Praktisch ist die elektronische Rechnung im ZUGFeRD-Format, sagt Frank Früh: Rechnungen werden als PDF-Datei verschickt, aber alle Daten auch als XML-Datei gespeichert. Das heißt, dass Kunden das PDF einfach ausdrucken können, wenn sie das wollen. Oder sie nutzen die XML-Daten, wenn sie Rechnungen elektronisch verarbeiten.

Und wenn ich meine Post von nun an auch nur noch elektronisch bekommen möchte?

„Manche Unternehmen haben ihre Lieferanten schon gebeten, Rechnungen nur noch digital zu schicken. Ob der Lieferant dieser Forderung nachkommt, kommt aber natürlich auch auf die Größe des Kunden an. Ist man ein wichtiger Kunde, hat man leichteres Spiel“, sagt Früh. Wenn ein Geschäftspartner nicht mitmachen will, gibt es die Möglichkeit, einen Scandienstleister zu engagieren. Der scannt Ihre Post, verschlagwortet sie und pflegt sie in Ihre Systeme ein. Diese Dienstleister bearbeiten Post aber nur ab einer definierten Mindestmenge.

Eine weitere Möglichkeit: Der Mitarbeiter, der sich um die Post kümmert, scannt die Post selbst ein und schickt sie elektronisch weiter.

Wie gestalte ich das digitale Arbeiten rechtssicher?

Der Gesetzgeber will das papierlose Arbeiten leichter machen. Das Bundeskabinett hat Ende März bereits das Gesetz zur Durchführung der eIDAS-Verordnung der EU verabschiedet. Dabei geht es um elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste. Durch die Verordnung werden elektronische Dokumente EU-weit als rechtsgültig anerkannt und sogenannte elektronische Vertrauensdienste, wie digitale Unterschrift, elektronische Zeitstempel oder elektronische Firmensiegel, können leichter verwendet werden. Zum Beispiel wird es durch die eIDAS-Verordnung möglich sein, Verträge zum Bespiel auch über das Smartphone aus der Ferne zu unterschreiben, erklärt Früh.

Außerdem sind Dokumentenmanagementsysteme dafür gemacht, eine rechtssichere Aufbewahrung sicherzustellen, dafür gibt es entsprechende Zertifizierungen, sagt Früh. Er empfiehlt für Dokumente eine Risikoanalyse. Welche Dokumenttypen möchte ich digitalisieren? Welches maximale Risiko kann entstehen, wenn ein Dokument nicht rechtssicher ist? Als Beispiel nennt er Verträge: „Wenn Sie einen Vertrag haben, bei dem es um 500 Euro geht, dann beträgt der höchste Schaden, der entstehen kann, 500 Euro. Wenn die 500 Euro nicht eingetrieben werden können, weil das Dokument digital nicht rechtssicher war, wird ein Unternehmen nicht bankrottgehen. Geht es aber um hohe Beträge, kann die Existenz eines Unternehmens auf dem Spiel stehen. Bei Dokumenten, bei denen ein hohes Risiko besteht, sollte man sich also absichern und sie gegebenenfalls lieber ausgedruckt im Safe aufbewahren.“

Die Aufbewahrung von Belegen für die Steuer regeln die GoBD des Bundesfinanzministeriums: die „Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie Datenzugriff“. „Da ist genau geregelt, wie Sie mit elektronischen Belegen umgehen müssen, damit sie für die Steuer anerkannt werden und rechtssicher sind“, sagt der Experte.

Weitere Informationen hier: Elektronische Archivierung: Wie das papierlose Büro rechtssicher wird

Gibt es etwas, das ich unbedingt in Papierform aufbewahren muss?

Durch die eIDAS-Verordnung wird es immer seltener nötig, Dokumente ausgedruckt aufzubewahren. Trotzdem gibt es noch einige Dokumente, bei denen der Gesetzgeber eine Schriftform erfordert. „Urkunden, zum Beispiel vom Grundstücks- oder Gebäudekauf, müssen noch in Papierform aufbewahrt werden“, sagt Früh.

Lesen Sie auch: Digitale Personalakte: Papierlose Personalakten einführen – das sollten Sie beachten

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Ob Materialscheine, Stundenzettel oder Rechnungen: In drei von vier Unternehmen wird noch immer mehr als die Hälfte aller Abläufe auf Papier geregelt. In jedem fünften Unternehmen (19 Prozent) laufen sogar noch alle Prozesse auf Basis von Papierdokumenten ab. Das hat eine Studie im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom ergeben, für die 504 deutsche Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern befragt wurden. Das liege daran, dass Unternehmen schon immer papierbasiert gearbeitet haben, glaubt Frank Früh vom Digitalverband Bitkom: "So ein Papier kann man schön abheften, da hat man alles dokumentiert. Viele denken wahrscheinlich auch: 'Das haben wir schon immer so gemacht'. Aber jetzt kommt eine junge Generation nach, die Unternehmer zum Umdenken auffordert" - auch im Hinblick auf papierbasiertes Arbeiten. Was sind eigentlich die Vorteile vom papierlosen Arbeiten? Wo fängt man am besten an, wenn man Papier im Unternehmen abschaffen will? Und wie überzeugt man seine Mitarbeiter und Kunden? Was sind die Vorteile eines digitalen Büros? "In erster Linie: Prozessverbesserung. Man kann schneller arbeiten und manche Prozesse sogar automatisiert ablaufen lassen", sagt Früh. Und weiter: "Das spart Zeit, die man dann für andere Dinge verwenden kann als das lästige Tagesgeschäft." Neben wertvoller Zeit werden auch Kosten gespart: zum Beispiel für Druckerpatronen, Papier und Lagerplatz für stapelweise Ordner. Ein weiterer positiver Aspekt: Weniger Papier zu verwenden schont die Umwelt. Wo fange ich am besten an? "Man muss bei sich selbst anfangen. Wenn der Unternehmer sagt, wir wollen das Unternehmen 4.0 ausrufen, wir wollen ein digitales Unternehmen werden, dann ist das schon der erste Schritt", sagt Frank Früh. Als nächstes, so rät der Experte, sollte man einen Verantwortlicher bestimmen, der sich um das Projekt "Papier abschaffen" kümmert. "Man findet sicherlich in jedem Unternehmen einen, der sehr affin ist zu digitalem Arbeiten", meint Früh. Der Verantwortliche kann sich dann die Workflows im Unternehmen anschauen und überlegen, wo es auch ohne Papier gehen könnte. Doch wo genau soll man anfangen? Diese Prozesse kann laut Früh jedes Unternehmen gut umstellen und damit für alle Beteiligten das Arbeiten einfacher und schneller machen: 1. Elektronische Rechnungen "Bei elektronischen Rechnungen sieht man sofort den Vorteil: kein Porto mehr, kein Papier mehr, das man rausschicken muss." Wenn man dann auch noch Rechnungen elektronisch bekomme, könne man noch mehr Zeit und Geld sparen, indem man zum Beispiel nichts mehr aus der Rechnung abtippen muss, erklärt der Experte. Für Bundesbehörden sind elektronische Rechnungen sogar verpflichtend: XRechnung: Was Unternehmen wissen sollten 2. Reisekostenabrechnungen "Ein weiterer Zeitfresser im Unternehmen ist die Reisekostenabrechnung. Mitarbeiter, die viel reisen müssen, zum Beispiel im Vertrieb, verlieren dadurch viel Zeit", sagt Früh. "Es gibt Apps, mit deren Hilfe man die Reisekostenabrechnung schon von unterwegs machen kann. Zum Beispiel kann man den Tankbeleg mit dem Smartphone fotografieren und direkt ins Unternehmen schicken. Das spart Zeit - und man bekommt natürlich auch sein Geld schneller wieder." 3. Urlaubsanträge Urlaubsanträge zu digitalisieren ist ein weiterer praktischer Schritt. "Man bekommt auf seinen Antrag viel schneller eine Antwort. Und der Chef hat einen besseren Überblick. Er kann im System zum Beispiel nachsehen, ob zu der Zeit schon andere Mitarbeiter Urlaub haben, und entsprechend den Urlaubsantrag genehmigen oder ablehnen." Eine genaue Anleitung, welcher Prozess als erstes umgestaltet werden sollte, gibt es aber nicht. Früh rät, sich folgende Fragen zu stellen: Wo sind Zeit- und Kostenfresser im Unternehmen? Wo kann ich das Leben leichter machen, wenn ich den Prozess digitalisiere? Bei welchen Abläufen wird das meiste Papier verbraucht? Wenn zum Beispiel ein Architekturbüro seine Pläne bisher mehrfach ausgedruckt hat, bevor die Endversion fertig war, dann könnte es versuchen nach einer digitalen Lösung suchen und so einen großen Kostenfresser loswerden. Wie viel Aufwand muss ich betreiben? Das kommt ganz darauf an, welche Prozesse im Unternehmen Sie papierlos gestalten wollen. Zwar sollten Sie das große Ziel, komplett digital zu arbeiten, im Blick haben, Sie müssen aber keine langen Strategiepläne schreiben, um etwas zu ändern. "Wichtig ist, dass man mit kleinen Dingen anfängt", sagt Früh. Wie überzeuge ich meine Mitarbeiter? "Eine große Herausforderung ist es, den Menschen die Angst vor der Digitalisierung zu nehmen", sagt Früh. Viele Mitarbeiter haben Angst um ihren Arbeitsplatz, wenn sie für einen digitalen Prozess nur noch eine Stunde brauchen, für den sie früher noch den ganzen Tag gebraucht haben. "Diese Angst muss man den Menschen nehmen. Man muss ihnen die Vorteile aufzeigen, nämlich, dass sie mehr Zeit für die wichtigen Dinge haben, die sonst liegenbleiben", erklärt Früh. Sein Tipp: Weiterbildung könne helfen, Vorbehalte abzubauen. Viele Softwarehersteller bieten E-Learning-Module an, die in neue Software integriert sind. Diese Module erklären den Sinn der Software, zeigen die Anwendung und geben Tipps, wie Aufgaben schnell und effektiv bearbeitet werden können. Wie finde ich die richtige Software für meine Firma? Wenn Sie auf der Suche nach einer Software sind, sollten Sie verschiedene Anbieter miteinander vergleichen, rät Früh. Überlegen Sie sich genau, was Sie damit machen wollen. Soll sie nur eine einzige Funktion erfüllen, dann reicht ein einfaches Programm. Wollen Sie nach und nach alle Bereiche Ihres Unternehmens digitalisieren, sollten Sie darauf achten, dass die Systeme erweiterbar sind und es Schnittstellen für andere Programme gibt. Das hat beispielsweise den Vorteil, dass Sie eine neue Rechnungsadresse nur noch einmal in Ihr System eintragen müssen und dann in allen Programmen darauf zugreifen können. Außerdem sollten Sie darauf achten, wie benutzerfreundlich ein Programm gestaltet ist. Macht es Spaß, damit zu arbeiten, oder ist die Usability eher eine Hürde? Software-Hersteller haben sich mittlerweile viel von App-Herstellern abgeschaut und achten darauf, dass Nutzer ein positives Erlebnis und Spaß bei der Benutzung von Software haben. Eine weitere wichtige Überlegung laut Früh: "Es lohnt sich besonders auch für kleine und mittlere Unternehmen, Softwareangebote aus der Cloud anzusehen. Cloudlösungen sind meist einfach und schnell umgesetzt und sparen obendrein den Aufbau eigener IT-Infrastruktur.“ Außerdem können Mitarbeiter dann auch von anderen Orten, zum Beispiel aus dem Home-Office, auf die Programme zugreifen, die sie für ihre Arbeit brauchen. Wie gewöhne ich meine Kunden daran, dass sie nun elektronische Rechnungen bekommen? "Die Erfahrung zeigt: Kunden haben in der Regel kein Problem damit, Rechnungen elektronisch zu bekommen. Eher im Gegenteil: Sie haben dadurch ja auch Vorteile", sagt Früh. Sein Tipp: den Kunden mitteilen, dass Sie Rechnungen jetzt elektronisch zustellen werden, aber trotzdem anbieten, die Rechnung weiterhin ausgedruckt zu schicken. Zum Beispiel so: "Lieber Kunde, wir arbeiten jetzt digital und schicken Ihnen unsere Rechnungen per E-Mail zu. Wenn Sie Ihre Rechnung weiterhin auf Papier bekommen wollen, teilen Sie es uns gerne mit." So muss der Kunde aktiv um eine Rechnung in Papierform bitten - und das machen die wenigsten. Sollte doch jemand Rechnungen per Post wollen, sollten Sie diesem Wunsch nachkommen. Praktisch ist die elektronische Rechnung im ZUGFeRD-Format, sagt Frank Früh: Rechnungen werden als PDF-Datei verschickt, aber alle Daten auch als XML-Datei gespeichert. Das heißt, dass Kunden das PDF einfach ausdrucken können, wenn sie das wollen. Oder sie nutzen die XML-Daten, wenn sie Rechnungen elektronisch verarbeiten. Und wenn ich meine Post von nun an auch nur noch elektronisch bekommen möchte? "Manche Unternehmen haben ihre Lieferanten schon gebeten, Rechnungen nur noch digital zu schicken. Ob der Lieferant dieser Forderung nachkommt, kommt aber natürlich auch auf die Größe des Kunden an. Ist man ein wichtiger Kunde, hat man leichteres Spiel", sagt Früh. Wenn ein Geschäftspartner nicht mitmachen will, gibt es die Möglichkeit, einen Scandienstleister zu engagieren. Der scannt Ihre Post, verschlagwortet sie und pflegt sie in Ihre Systeme ein. Diese Dienstleister bearbeiten Post aber nur ab einer definierten Mindestmenge. Eine weitere Möglichkeit: Der Mitarbeiter, der sich um die Post kümmert, scannt die Post selbst ein und schickt sie elektronisch weiter. Wie gestalte ich das digitale Arbeiten rechtssicher? Der Gesetzgeber will das papierlose Arbeiten leichter machen. Das Bundeskabinett hat Ende März bereits das Gesetz zur Durchführung der eIDAS-Verordnung der EU verabschiedet. Dabei geht es um elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste. Durch die Verordnung werden elektronische Dokumente EU-weit als rechtsgültig anerkannt und sogenannte elektronische Vertrauensdienste, wie digitale Unterschrift, elektronische Zeitstempel oder elektronische Firmensiegel, können leichter verwendet werden. Zum Beispiel wird es durch die eIDAS-Verordnung möglich sein, Verträge zum Bespiel auch über das Smartphone aus der Ferne zu unterschreiben, erklärt Früh. Außerdem sind Dokumentenmanagementsysteme dafür gemacht, eine rechtssichere Aufbewahrung sicherzustellen, dafür gibt es entsprechende Zertifizierungen, sagt Früh. Er empfiehlt für Dokumente eine Risikoanalyse. Welche Dokumenttypen möchte ich digitalisieren? Welches maximale Risiko kann entstehen, wenn ein Dokument nicht rechtssicher ist? Als Beispiel nennt er Verträge: "Wenn Sie einen Vertrag haben, bei dem es um 500 Euro geht, dann beträgt der höchste Schaden, der entstehen kann, 500 Euro. Wenn die 500 Euro nicht eingetrieben werden können, weil das Dokument digital nicht rechtssicher war, wird ein Unternehmen nicht bankrottgehen. Geht es aber um hohe Beträge, kann die Existenz eines Unternehmens auf dem Spiel stehen. Bei Dokumenten, bei denen ein hohes Risiko besteht, sollte man sich also absichern und sie gegebenenfalls lieber ausgedruckt im Safe aufbewahren." Die Aufbewahrung von Belegen für die Steuer regeln die GoBD des Bundesfinanzministeriums: die "Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie Datenzugriff". "Da ist genau geregelt, wie Sie mit elektronischen Belegen umgehen müssen, damit sie für die Steuer anerkannt werden und rechtssicher sind", sagt der Experte. Weitere Informationen hier: Elektronische Archivierung: Wie das papierlose Büro rechtssicher wird Gibt es etwas, das ich unbedingt in Papierform aufbewahren muss? Durch die eIDAS-Verordnung wird es immer seltener nötig, Dokumente ausgedruckt aufzubewahren. Trotzdem gibt es noch einige Dokumente, bei denen der Gesetzgeber eine Schriftform erfordert. "Urkunden, zum Beispiel vom Grundstücks- oder Gebäudekauf, müssen noch in Papierform aufbewahrt werden", sagt Früh. Lesen Sie auch: Digitale Personalakte: Papierlose Personalakten einführen – das sollten Sie beachten