Ankereffekt
Dieser simple Trick beschert Ihnen mehr Umsatz

Ihre günstigen Produkte sind Kassenschlager, aber das teurere Sortiment verstaubt im Regal? Dann kann der Ankereffekt helfen: Was das ist und wie Unternehmer damit mehr Umsatz erzielen können.

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Klingt nach Schifffahrt, hat damit aber nichts zu tun: Der Ankereffekt beeinflusst das Kaufverhalten von Kunden.
© Marie Maerz / photocase.de

Der Ankereffekt ist ein psychologisches Phänomen, das das Kaufverhalten von Kunden beeinflussen kann: Bevor jemand etwas kauft, sucht er unbewusst nach Vergleichswerten, um zu prüfen, ob der Preis angemessen ist. Dieser Vergleichswert – zum Beispiel der Preis eines anderen Produkts – wirkt sich darauf aus, wie viel der Kunde bereit ist zu zahlen.

Wie funktioniert der Ankereffekt?

Ein Beispiel: Ein Mann möchte ein Klavier für maximal 5000 Euro kaufen. Im Fachgeschäft zeigt ihm die Verkäuferin zunächst die Einsteigermodelle, die genau im Preisrahmen des Mannes liegen, dann Fortgeschrittenen- und Profimodelle bis zu 100.000 Euro. Sie empfiehlt ihm, jedes Klavier einzeln zu testen – letztlich kauft er eins für 15.000 Euro.

Warum gibt er viel mehr Geld aus, als ursprünglich geplant? Weil er sieht: „Profis geben 100.000 Euro für ein Klavier aus. Der Kunde denkt: ‚Ich bin zwar kein Profi, aber auch kein absoluter Amateur.‘ Daher ist er bereit, 15.000 Euro auszugeben“, sagt Georg Tacke Pricing-Spezialist und CEO der Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners. Das Klaviergeschäft platziert teure Produkte neben günstigen – und nutzt so den Ankereffekt.

Zur Person
Georg Tacke ist Pricing-Spezialist und Senior Partner der Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners. 2016 veröffentlichte er das Fachbuch „Monetizing Innovation: How Smart Companies Design the Product Around the Price“.

Tatsächlich können auch solche Zahlen das Kaufverhalten von Kunden beeinflussen, die mit dem eigentlichen Produkt nichts zu tun haben. Das zeigt ein Experiment des Psychologen und Verhaltensökonomen Dan Ariely: Er ließ Studenten die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer aufschreiben. Anschließend sollten sie angeben, wie viel sie bereit waren, für eine Flasche Wein auszugeben. Das verblüffende Ergebnis: Die Studenten, deren Sozialversicherungsnummern hohe Endziffern hatten, waren bereit, im Schnitt knapp 28 Dollar auszugeben – die mit niedrigen Ziffern nur 9 Dollar. Die Sozialversicherungsnummern waren ein Anker für die Studenten, sie beeinflussten, wie viel oder wenig sie zahlen wollten – obwohl die Ziffern nichts mit dem Wein zu tun hatten.

Warum funktioniert der Ankereffekt?

Den Ankereffekt kann man fast überall beobachten: „Sie brauchen nur in einen Supermarkt zu gehen, da haben Sie sofort hunderte Beispiele“, sagt Tacke. Dort werden Produkte wie Spaghetti, Wein oder Waschmittel in verschiedenen Preiskategorien angeboten, vom Billigprodukt bis zum teuren Premiumsegment. Der Effekt, wenn Teures neben Günstigem platziert ist: Viele Kunden halten den mittleren Preis für angemessen.

Warum unser Gehirn so auf Preisanker reagiert, haben laut Tacke schon viele Wissenschaftler versucht zu erforschen. Das Ergebnis: „Man kann nicht eindeutig belegen, warum der Ankereffekt funktioniert“, sagt der Pricing-Experte. „Wenn eine Person einen Preis abschätzen muss, scheint es so zu sein, dass das Bewusstsein zu einem anderen Wert neigt, als den, den die Person zuvor gesehen hat. Tiefer kann man das nicht begründen.“

Wie können Unternehmer den Ankereffekt nutzen?

Ob im B2C-, im B2B-Geschäft oder in Preisverhandlungen – alle Firmen können den Ankereffekt anwenden.

Beim Sortiment Anker setzen

Wer Produkte oder Dienstleistungen verkauft, sollte neben seinem Standardsortiment auch Teureres anbieten – selbst dann, wenn Kunden bei den Premiumprodukten nur selten zuschlagen. „Man plant keinen großen Absatz für die teuren Produkte ein“, sagt Georg Tacke. „Sie sollen einfach die mittleren Preise attraktiver erscheinen lassen – und das funktioniert. Wenn Sie eine Gold-Maschine verkaufen wollen und nicht die Silber-Maschine, dann müssen Sie einfach zusätzlich eine Platin-Maschine anbieten.“

Beim Trinkgeld Anker setzen

Auch in Bereichen, in denen es üblich ist, dass Kunden Trinkgeld geben, kann der Ankereffekt nützlich sein. Geben Firmen eine grobe Orientierung, wie viel Trinkgeld angemessen ist, kann das wahre Wunder wirken – das zeigt das Beispiel von New Yorker Taxifahrern: Früher zahlten Kunden in New Yorker Taxis bar und legten durchschnittlich zehn Prozent Trinkgeld oben drauf. Mittlerweile zahlen Fahrgäste per Kreditkarte. „Auf einem Display im Taxi erscheint ein vorgeschlagenes Trinkgeld“, erklärt Tacke. „Die Taxifahrer schlagen vor, 20, 25 oder 30 Prozent Trinkgeld zu geben. Der Gast kann aber auch frei wählen, ob und was er zahlt. Mit diesem System stieg das durchschnittliche Trinkgeld von zehn auf 22 Prozent.“ Ohne den Service zu bessern, machen die Fahrer plötzlich mehr Umsatz. „Einfach nur durch den Ankereffekt“, sagt Tacke.

In Verhandlungen Anker setzten

Der Ankereffekt kann Unternehmern auch helfen, erfolgreicher zu verhandeln. „In Verhandlungen muss ich der Erste sein, der einen Anker setzt“, sagt Tacke. „Einen hohen Anker, wenn ich einen hohen Preis erzielen will, einen niedrigen, wenn ich wenig zahlen will.“ Ein spezialisierter Softwarehersteller, der sein Produkt für 20.000 Euro an eine Maschinenbaufirma verkaufen will, sollte also mit einem höheren Startpreis ins Rennen gehen – zum Beispiel 24.000 Euro. So gibt er seinem Verhandlungspartner einen Anker vor, der beeinflusst, wie weit er mit seiner Preis einlenkt.

Von seinen Kunden hört Tacke oft, dass sie in Verhandlungen ungern nach vorne preschen und lieber erstmal abwarten, was der Kunde bereit ist zu zahlen. Ein großer Fehler laut dem Pricing-Experten: „So lade ich den Kunden ein, der Erste zu sein und seinen Anker zu setzen. Aber: Ich muss selbstbewusst sein und zuerst meinen Preis nennen.“

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Ankereffekt-Profis sind übrigens viele Händler auf Märkten oder Basaren, die keine festen Preise ausschildern. Dieser Verkaufstrick bewährt sich seit Jahrtausenden: Kunden, die sich nicht trauen, auf so einem Markt einen niedrigen ersten Preis zu nennen oder den Verkäufer runterzuhandeln, geben dann schon mal zehn Euro für einen Tee aus, der nur einen Bruchteil dessen wert ist.

Was sollten Unternehmer vermeiden?

Derart über den Tisch ziehen wie bei dem Teebeispiel sollten Unternehmer ihre Kunden natürlich nicht – denn wer den Ankereffekt falsch einsetzt, vergrault schnell potenzielle Kunden. „Man sollte aufpassen, dass man mit dem Ankereffekt nicht sein Preisimage kaputtmacht“, sagt Tacke. „Unternehmer müssen vermeiden, dass hohe Anker zu einem Image für die Firma werden und Kunden denken, dass es hier nichts Günstiges gibt.“

Nur noch mit hohen Preisen zu werben, ist also der falsche Weg. Besser: Unternehmer sollten günstige Produkte bewerben. Wenn dann ein Kunde in den Laden kommt und in der Umgebung dieser Produkte teurere Alternativen findet, verknüpft er beide Preise miteinander und ist womöglich bereit, mehr Geld auszugeben.

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Der Ankereffekt ist ein psychologisches Phänomen, das das Kaufverhalten von Kunden beeinflussen kann: Bevor jemand etwas kauft, sucht er unbewusst nach Vergleichswerten, um zu prüfen, ob der Preis angemessen ist. Dieser Vergleichswert – zum Beispiel der Preis eines anderen Produkts – wirkt sich darauf aus, wie viel der Kunde bereit ist zu zahlen. Wie funktioniert der Ankereffekt? Ein Beispiel: Ein Mann möchte ein Klavier für maximal 5000 Euro kaufen. Im Fachgeschäft zeigt ihm die Verkäuferin zunächst die Einsteigermodelle, die genau im Preisrahmen des Mannes liegen, dann Fortgeschrittenen- und Profimodelle bis zu 100.000 Euro. Sie empfiehlt ihm, jedes Klavier einzeln zu testen – letztlich kauft er eins für 15.000 Euro. Warum gibt er viel mehr Geld aus, als ursprünglich geplant? Weil er sieht: „Profis geben 100.000 Euro für ein Klavier aus. Der Kunde denkt: ‚Ich bin zwar kein Profi, aber auch kein absoluter Amateur.‘ Daher ist er bereit, 15.000 Euro auszugeben“, sagt Georg Tacke Pricing-Spezialist und CEO der Strategie- und Marketingberatung Simon-Kucher & Partners. Das Klaviergeschäft platziert teure Produkte neben günstigen – und nutzt so den Ankereffekt. [zur-person] Tatsächlich können auch solche Zahlen das Kaufverhalten von Kunden beeinflussen, die mit dem eigentlichen Produkt nichts zu tun haben. Das zeigt ein Experiment des Psychologen und Verhaltensökonomen Dan Ariely: Er ließ Studenten die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer aufschreiben. Anschließend sollten sie angeben, wie viel sie bereit waren, für eine Flasche Wein auszugeben. Das verblüffende Ergebnis: Die Studenten, deren Sozialversicherungsnummern hohe Endziffern hatten, waren bereit, im Schnitt knapp 28 Dollar auszugeben – die mit niedrigen Ziffern nur 9 Dollar. Die Sozialversicherungsnummern waren ein Anker für die Studenten, sie beeinflussten, wie viel oder wenig sie zahlen wollten – obwohl die Ziffern nichts mit dem Wein zu tun hatten. Warum funktioniert der Ankereffekt? Den Ankereffekt kann man fast überall beobachten: „Sie brauchen nur in einen Supermarkt zu gehen, da haben Sie sofort hunderte Beispiele“, sagt Tacke. Dort werden Produkte wie Spaghetti, Wein oder Waschmittel in verschiedenen Preiskategorien angeboten, vom Billigprodukt bis zum teuren Premiumsegment. Der Effekt, wenn Teures neben Günstigem platziert ist: Viele Kunden halten den mittleren Preis für angemessen. Warum unser Gehirn so auf Preisanker reagiert, haben laut Tacke schon viele Wissenschaftler versucht zu erforschen. Das Ergebnis: „Man kann nicht eindeutig belegen, warum der Ankereffekt funktioniert“, sagt der Pricing-Experte. „Wenn eine Person einen Preis abschätzen muss, scheint es so zu sein, dass das Bewusstsein zu einem anderen Wert neigt, als den, den die Person zuvor gesehen hat. Tiefer kann man das nicht begründen.“ [mehr-zum-thema] Wie können Unternehmer den Ankereffekt nutzen? Ob im B2C-, im B2B-Geschäft oder in Preisverhandlungen – alle Firmen können den Ankereffekt anwenden. Beim Sortiment Anker setzen Wer Produkte oder Dienstleistungen verkauft, sollte neben seinem Standardsortiment auch Teureres anbieten – selbst dann, wenn Kunden bei den Premiumprodukten nur selten zuschlagen. „Man plant keinen großen Absatz für die teuren Produkte ein“, sagt Georg Tacke. „Sie sollen einfach die mittleren Preise attraktiver erscheinen lassen – und das funktioniert. Wenn Sie eine Gold-Maschine verkaufen wollen und nicht die Silber-Maschine, dann müssen Sie einfach zusätzlich eine Platin-Maschine anbieten.“ Beim Trinkgeld Anker setzen Auch in Bereichen, in denen es üblich ist, dass Kunden Trinkgeld geben, kann der Ankereffekt nützlich sein. Geben Firmen eine grobe Orientierung, wie viel Trinkgeld angemessen ist, kann das wahre Wunder wirken – das zeigt das Beispiel von New Yorker Taxifahrern: Früher zahlten Kunden in New Yorker Taxis bar und legten durchschnittlich zehn Prozent Trinkgeld oben drauf. Mittlerweile zahlen Fahrgäste per Kreditkarte. „Auf einem Display im Taxi erscheint ein vorgeschlagenes Trinkgeld“, erklärt Tacke. „Die Taxifahrer schlagen vor, 20, 25 oder 30 Prozent Trinkgeld zu geben. Der Gast kann aber auch frei wählen, ob und was er zahlt. Mit diesem System stieg das durchschnittliche Trinkgeld von zehn auf 22 Prozent.“ Ohne den Service zu bessern, machen die Fahrer plötzlich mehr Umsatz. „Einfach nur durch den Ankereffekt“, sagt Tacke. In Verhandlungen Anker setzten Der Ankereffekt kann Unternehmern auch helfen, erfolgreicher zu verhandeln. „In Verhandlungen muss ich der Erste sein, der einen Anker setzt“, sagt Tacke. „Einen hohen Anker, wenn ich einen hohen Preis erzielen will, einen niedrigen, wenn ich wenig zahlen will.“ Ein spezialisierter Softwarehersteller, der sein Produkt für 20.000 Euro an eine Maschinenbaufirma verkaufen will, sollte also mit einem höheren Startpreis ins Rennen gehen – zum Beispiel 24.000 Euro. So gibt er seinem Verhandlungspartner einen Anker vor, der beeinflusst, wie weit er mit seiner Preis einlenkt. Von seinen Kunden hört Tacke oft, dass sie in Verhandlungen ungern nach vorne preschen und lieber erstmal abwarten, was der Kunde bereit ist zu zahlen. Ein großer Fehler laut dem Pricing-Experten: „So lade ich den Kunden ein, der Erste zu sein und seinen Anker zu setzen. Aber: Ich muss selbstbewusst sein und zuerst meinen Preis nennen.“ Ankereffekt-Profis sind übrigens viele Händler auf Märkten oder Basaren, die keine festen Preise ausschildern. Dieser Verkaufstrick bewährt sich seit Jahrtausenden: Kunden, die sich nicht trauen, auf so einem Markt einen niedrigen ersten Preis zu nennen oder den Verkäufer runterzuhandeln, geben dann schon mal zehn Euro für einen Tee aus, der nur einen Bruchteil dessen wert ist. Was sollten Unternehmer vermeiden? Derart über den Tisch ziehen wie bei dem Teebeispiel sollten Unternehmer ihre Kunden natürlich nicht – denn wer den Ankereffekt falsch einsetzt, vergrault schnell potenzielle Kunden. „Man sollte aufpassen, dass man mit dem Ankereffekt nicht sein Preisimage kaputtmacht“, sagt Tacke. „Unternehmer müssen vermeiden, dass hohe Anker zu einem Image für die Firma werden und Kunden denken, dass es hier nichts Günstiges gibt.“ Nur noch mit hohen Preisen zu werben, ist also der falsche Weg. Besser: Unternehmer sollten günstige Produkte bewerben. Wenn dann ein Kunde in den Laden kommt und in der Umgebung dieser Produkte teurere Alternativen findet, verknüpft er beide Preise miteinander und ist womöglich bereit, mehr Geld auszugeben.
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