Mentale Gesundheit
„Ich bin total am Limit“

Dünnhäutig, gereizt, müde: impulse-Bloggerin Vanessa Weber erkannte sich in den vergangenen Wochen kaum wieder. Und musste feststellen: Niemand fragt sie, wie es ihr gerade geht.

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© privat Vanessa Weber

Und dann schneite es auch noch. Mitten im April! Das brachte bei mir das Fass zum Überlaufen. Mir ging es da schon seit einigen Wochen nicht gut. Ich hatte eine richtige Down-Phase. Egal, wie viel ich schlief, ich war immer müde. Am Wochenende lag ich manchmal bis mittags im Bett und fragte mich, wozu ich überhaupt aufstehen sollte.

Ich war fahrig und schlecht gelaunt. Pampte meinen Partner an, weil selbst er nicht gemerkt hat, wie schlecht es mir geht, und reagierte auch bei der Arbeit gereizt in Situationen, die ich normalerweise mühelos wegstecken würde. So kannte ich mich überhaupt nicht! Ich würde mich als fröhlichen, gut gelaunten Menschen beschreiben. Was war nur los mit mir?

Mir fiel zuhause die Decke auf den Kopf

Normalerweise wäre ich in so einem Zustand wieder einmal zu einem Schweige-Seminar gefahren. Aber in der Pandemie ist das natürlich nicht möglich. Und Online-Veranstaltungen sind für mich kein Ersatz. Ich finde es so viel schwerer, online konzentriert bei der Sache zu sein. Als meine Familie vorschlug, dass wir uns an Ostern alle zu einem Online-Quiz treffen könnten, dachte ich nur: Nicht das noch! Mir reicht es, wenn ich beruflich ständig in Video-Konferenzen sein muss.

Wegzufahren und einfach mal rauszukommen fehlt mir, und sei es nur für eine Tagung in einer anderen Stadt. Ich brauche das zum Ausgleich. Seit letzten Oktober hatte ich keinen Urlaub und hockte nur zuhause.  Wir halten uns an die geltenden Corona-Regeln, private Treffen gab es kaum noch. Meine Eltern sehe ich nur mit weitem Abstand. Mir fiel die Decke auf den Kopf. Ich hatte das Gefühl, schon halb Netflix und sämtliche anderen Streamingdienste leergeschaut zu haben.

Der Urlaub brachte keinerlei Erholung

Also entschied ich mich, in der zweiten Osterwoche freizunehmen. Fahrrad fahren, raus in die Natur – das würde mir bestimmt guttun und dazu führen, dass ich wieder ich selbst werde, dachte ich. Doch es kam anders.

Es schneite. Es war saukalt. Mein Neffe, der seit dem Tod meiner Schwester bei uns lebt, hatte einen schlimmen Fahrradunfall. Zum Glück blieb am Ende nur eine kleine Narbe zurück, aber die Aufregung war erst einmal groß. Dann meldete sich ein Mitarbeiter bei mir, der schon früher gesundheitliche Probleme hatte. Er rief vom Krankenhaus aus an. Seine Prognose: Er würde ein Jahr lang kein Auto fahren können – und er arbeitet bei uns im Außendienst. Ich machte mir Sorgen um meinen Mitarbeiter. Und um mein Unternehmen. Es war eine Woche voller Katastrophennachrichten.

Ich merkte: Ich bin total am Limit.

Ich fühlte mich alleingelassen

Es wird viel darüber gesprochen, wie wichtig es ist, sich gut um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kümmern in diesen schwierigen Zeiten. Als Chefin will ich natürlich aufmerksam sein und mitbekommen, wie es meinem Team geht. Doch ich merkte auch: Mich fragt nie jemand, wie es mir eigentlich geht. Dabei denke ich, dass anderen aufgefallen sein muss, dass mit mir etwas nicht stimmte. So bin ich ja normalerweise nicht. Ich fühlte mich in diesen Wochen alleingelassen.

Die Corona-Pandemie trifft uns alle hart. Die einen fühlen sich einsam, die anderen kostet die Doppelbelastung mit Homeschooling und Kindern zuhause viel Kraft. Als Unternehmerin kommen für mich im Moment noch einige Sorgen obendrauf. Werde ich meine Firma gut durch diese Krise bringen? Wir kommen einigermaßen durch, aber es könnte besser laufen. Und die anhaltenden Preiserhöhungen bei verschiedenen Rohstoffen machen mir zu schaffen.

Auf uns Unternehmer wird ständig draufgehauen

Zusätzlich habe ich das Gefühl, dass es normal geworden ist, auf uns Unternehmer (immer weiter) draufzuhauen. Von uns wird im Moment viel verlangt. Und dann kamen in den vergangenen Wochen auch noch die Tests für Mitarbeiter. Es hieß einfach: Organisiert das doch bitte alles selbst, ihr bekommt dafür aber keine finanzielle Unterstützung. Das frustriert mich zusätzlich.

Mehr dazu hier: Corona-Tests im Betrieb: Das müssen Sie wissen

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Dabei versuche ich, für alles gute Lösungen zu finden. Ich habe zum Beispiel eine ehemalige Krankenschwester damit beauftragt, für uns die Corona-Schnelltests durchzuführen. Jeder Mitarbeiter bekommt einen Antigentest-Pass, mit dem eine Bestätigung des negativen Ergebnisses eingetragen werden kann. Das kann man dann auch tagesaktuell beim Friseur nutzen. Es wäre schön, einfach mal zu hören: Hey, wie geht es eigentlich Dir?  Cool, wie du uns durch die Krise manövrierst.

Ich hatte in diesen schweren Wochen nicht die Kraft, mir Unterstützung aus meinem Netzwerk zu holen. Ich wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden. Ich hatte auch ernsthaft überlegt, ob ich mir professionelle Hilfe suchen sollte, es aber wieder verworfen.

Zum Glück fühle ich mich jetzt wieder etwas besser. So banal es klingen mag: Ein paar Tage Sonne haben dazu beigetragen, dass ich neue Energie in mir spüre. Was ich aus dieser Zeit für mich mitnehme: Auch, wenn ich es geschafft habe, aus meinem Tief selbst wieder herauszukommen – es ist legitim und wichtig, sich Hilfe zu holen, wenn man sie braucht.

Ihr seid nicht allein – und dürft eure schlechten Gefühle zulassen!

Gerade jetzt ist es notwendig, gut für sich zu sorgen. Auch das ist in Corona-Zeiten nicht immer einfach. Ich habe kürzlich mit einer befreundeten Unternehmerin gesprochen, die gerade mehrere Wochen auf einer weit entfernten Urlaubsinsel verbringt. Sie sagte: „Ich schäme mich so dafür. Ich möchte das eigentlich niemanden erzählen. Aber: Ich konnte einfach nicht mehr.“

Lesen Sie auch: Selbstfürsorge: Wie Sie mehr schaffen, ohne über Ihre Grenzen zu gehen

Mich hat es erschreckt, wie angstvoll wir geworden sind, was andere über uns und unsere Entscheidungen denken könnten. Ich habe ihr nur geantwortet: „Glückwunsch! Es ist wichtig, dass du gut für dich sorgst. Und ich weiß, dass du umsichtig handelst.“ Wenn wir nicht stabil sind, können wir es auch nicht für andere sein. Wir müssen nach uns schauen, auch wenn es die Zeit oder Situation scheinbar nicht hergibt. Die Folgen, wenn wir das nicht tun, sind weitaus schlimmer, als mal ein paar Tage nicht im Unternehmen zu sein.

Wenn das hier Mitarbeiter lesen: Fragt euren Chef oder eure Chefin: Wie geht es dir? Oder klopft ihnen einfach mal auf die Schulter. Sie haben es im Moment vermutlich auch nicht leicht und freuen sich, dass sie auch gesehen werden. Und anderen Unternehmern möchte ich mit meinem Text Mut machen: Wenn es euch nicht gut geht, sollt ihr wissen: Ihr seid nicht allein! Und: Ihr dürft diese Gefühle zulassen! Es kommen bald wieder bessere Tage. Ich wünsche allen, Mitarbeitern wie den Chefs, gute Nerven und bleibt gesund!

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Und dann schneite es auch noch. Mitten im April! Das brachte bei mir das Fass zum Überlaufen. Mir ging es da schon seit einigen Wochen nicht gut. Ich hatte eine richtige Down-Phase. Egal, wie viel ich schlief, ich war immer müde. Am Wochenende lag ich manchmal bis mittags im Bett und fragte mich, wozu ich überhaupt aufstehen sollte. Ich war fahrig und schlecht gelaunt. Pampte meinen Partner an, weil selbst er nicht gemerkt hat, wie schlecht es mir geht, und reagierte auch bei der Arbeit gereizt in Situationen, die ich normalerweise mühelos wegstecken würde. So kannte ich mich überhaupt nicht! Ich würde mich als fröhlichen, gut gelaunten Menschen beschreiben. Was war nur los mit mir? Mir fiel zuhause die Decke auf den Kopf Normalerweise wäre ich in so einem Zustand wieder einmal zu einem Schweige-Seminar gefahren. Aber in der Pandemie ist das natürlich nicht möglich. Und Online-Veranstaltungen sind für mich kein Ersatz. Ich finde es so viel schwerer, online konzentriert bei der Sache zu sein. Als meine Familie vorschlug, dass wir uns an Ostern alle zu einem Online-Quiz treffen könnten, dachte ich nur: Nicht das noch! Mir reicht es, wenn ich beruflich ständig in Video-Konferenzen sein muss. Wegzufahren und einfach mal rauszukommen fehlt mir, und sei es nur für eine Tagung in einer anderen Stadt. Ich brauche das zum Ausgleich. Seit letzten Oktober hatte ich keinen Urlaub und hockte nur zuhause.  Wir halten uns an die geltenden Corona-Regeln, private Treffen gab es kaum noch. Meine Eltern sehe ich nur mit weitem Abstand. Mir fiel die Decke auf den Kopf. Ich hatte das Gefühl, schon halb Netflix und sämtliche anderen Streamingdienste leergeschaut zu haben. Der Urlaub brachte keinerlei Erholung Also entschied ich mich, in der zweiten Osterwoche freizunehmen. Fahrrad fahren, raus in die Natur – das würde mir bestimmt guttun und dazu führen, dass ich wieder ich selbst werde, dachte ich. Doch es kam anders. Es schneite. Es war saukalt. Mein Neffe, der seit dem Tod meiner Schwester bei uns lebt, hatte einen schlimmen Fahrradunfall. Zum Glück blieb am Ende nur eine kleine Narbe zurück, aber die Aufregung war erst einmal groß. Dann meldete sich ein Mitarbeiter bei mir, der schon früher gesundheitliche Probleme hatte. Er rief vom Krankenhaus aus an. Seine Prognose: Er würde ein Jahr lang kein Auto fahren können – und er arbeitet bei uns im Außendienst. Ich machte mir Sorgen um meinen Mitarbeiter. Und um mein Unternehmen. Es war eine Woche voller Katastrophennachrichten. Ich merkte: Ich bin total am Limit. Ich fühlte mich alleingelassen Es wird viel darüber gesprochen, wie wichtig es ist, sich gut um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu kümmern in diesen schwierigen Zeiten. Als Chefin will ich natürlich aufmerksam sein und mitbekommen, wie es meinem Team geht. Doch ich merkte auch: Mich fragt nie jemand, wie es mir eigentlich geht. Dabei denke ich, dass anderen aufgefallen sein muss, dass mit mir etwas nicht stimmte. So bin ich ja normalerweise nicht. Ich fühlte mich in diesen Wochen alleingelassen. Die Corona-Pandemie trifft uns alle hart. Die einen fühlen sich einsam, die anderen kostet die Doppelbelastung mit Homeschooling und Kindern zuhause viel Kraft. Als Unternehmerin kommen für mich im Moment noch einige Sorgen obendrauf. Werde ich meine Firma gut durch diese Krise bringen? Wir kommen einigermaßen durch, aber es könnte besser laufen. Und die anhaltenden Preiserhöhungen bei verschiedenen Rohstoffen machen mir zu schaffen. Auf uns Unternehmer wird ständig draufgehauen Zusätzlich habe ich das Gefühl, dass es normal geworden ist, auf uns Unternehmer (immer weiter) draufzuhauen. Von uns wird im Moment viel verlangt. Und dann kamen in den vergangenen Wochen auch noch die Tests für Mitarbeiter. Es hieß einfach: Organisiert das doch bitte alles selbst, ihr bekommt dafür aber keine finanzielle Unterstützung. Das frustriert mich zusätzlich. Mehr dazu hier: Corona-Tests im Betrieb: Das müssen Sie wissen Dabei versuche ich, für alles gute Lösungen zu finden. Ich habe zum Beispiel eine ehemalige Krankenschwester damit beauftragt, für uns die Corona-Schnelltests durchzuführen. Jeder Mitarbeiter bekommt einen Antigentest-Pass, mit dem eine Bestätigung des negativen Ergebnisses eingetragen werden kann. Das kann man dann auch tagesaktuell beim Friseur nutzen. Es wäre schön, einfach mal zu hören: Hey, wie geht es eigentlich Dir?  Cool, wie du uns durch die Krise manövrierst. Ich hatte in diesen schweren Wochen nicht die Kraft, mir Unterstützung aus meinem Netzwerk zu holen. Ich wollte einfach nur in Ruhe gelassen werden. Ich hatte auch ernsthaft überlegt, ob ich mir professionelle Hilfe suchen sollte, es aber wieder verworfen. Zum Glück fühle ich mich jetzt wieder etwas besser. So banal es klingen mag: Ein paar Tage Sonne haben dazu beigetragen, dass ich neue Energie in mir spüre. Was ich aus dieser Zeit für mich mitnehme: Auch, wenn ich es geschafft habe, aus meinem Tief selbst wieder herauszukommen – es ist legitim und wichtig, sich Hilfe zu holen, wenn man sie braucht. Ihr seid nicht allein – und dürft eure schlechten Gefühle zulassen! Gerade jetzt ist es notwendig, gut für sich zu sorgen. Auch das ist in Corona-Zeiten nicht immer einfach. Ich habe kürzlich mit einer befreundeten Unternehmerin gesprochen, die gerade mehrere Wochen auf einer weit entfernten Urlaubsinsel verbringt. Sie sagte: „Ich schäme mich so dafür. Ich möchte das eigentlich niemanden erzählen. Aber: Ich konnte einfach nicht mehr.“ Lesen Sie auch: Selbstfürsorge: Wie Sie mehr schaffen, ohne über Ihre Grenzen zu gehen Mich hat es erschreckt, wie angstvoll wir geworden sind, was andere über uns und unsere Entscheidungen denken könnten. Ich habe ihr nur geantwortet: „Glückwunsch! Es ist wichtig, dass du gut für dich sorgst. Und ich weiß, dass du umsichtig handelst.“ Wenn wir nicht stabil sind, können wir es auch nicht für andere sein. Wir müssen nach uns schauen, auch wenn es die Zeit oder Situation scheinbar nicht hergibt. Die Folgen, wenn wir das nicht tun, sind weitaus schlimmer, als mal ein paar Tage nicht im Unternehmen zu sein. Wenn das hier Mitarbeiter lesen: Fragt euren Chef oder eure Chefin: Wie geht es dir? Oder klopft ihnen einfach mal auf die Schulter. Sie haben es im Moment vermutlich auch nicht leicht und freuen sich, dass sie auch gesehen werden. Und anderen Unternehmern möchte ich mit meinem Text Mut machen: Wenn es euch nicht gut geht, sollt ihr wissen: Ihr seid nicht allein! Und: Ihr dürft diese Gefühle zulassen! Es kommen bald wieder bessere Tage. Ich wünsche allen, Mitarbeitern wie den Chefs, gute Nerven und bleibt gesund!
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