Vor Kurzem ist unsere neue Website live gegangen. Ich bin total glücklich mit dem Ergebnis. Aber wer die neue Seite sieht, ahnt nicht, wie viel Arbeit darin steckt. Es war ein kompletter Rebranding-Prozess – und der hat sich über viele Monate hingezogen.
Angefangen hat es mit einer zufälligen Begegnung. Über einen meiner Außendienstler habe ich Alfons Kreuzer kennengelernt. Er ist spezialisiert auf Markenaufbau. Alfons ist bereits im Seniorenstatus und arbeitet im Tandem mit der Agentur Junker Digital. Er entwickelt nur noch Projekte, auf die er wirklich Lust hat. In unserem ersten Gespräch ging es zunächst um etwas ganz anderes, doch er hat sich gleich unser gesamtes Unternehmensbild angesehen. Ein paar Tage später meldete er sich bei mir und meinte, er hätte einen meiner Blogs gelesen, in dem ich dazu rate, jeden Tag etwas zu machen, wovor man eigentlich Angst hat. Und dann sagte er: „Das mache ich jetzt mal. Ich muss dir sagen: Ich finde, dein ganzer Auftritt ist Mist. Ich habe dir mal einen unverbindlichen Konzeptimpuls mitgebracht, wie du es machen könntest, damit es auch zu deinem heutigen Unternehmensanspruch passt.“
Das saß! Ich war erst einmal ziemlich geschockt. Aber dann dachte ich: Ok, ich schau mir seine Vorschläge mal an. Ich wollte unseren Markenauftritt schon länger angehen. Aber ich hätte vorher nicht gedacht, dass es so aufreibend werden würde. Heute bin ich froh, dass ich es durchgezogen habe – und ich habe viel gelernt:
1. Sei offen für Kritik
Alfons hat deutlich gemacht, dass unser Markenauftritt keine klare Linie hat. Auf der Website war viel Wildwuchs, viel zu viele kleinteilige Elemente. Und er sagte, dass unser Außenauftritt und der Innenauftritt nicht zusammenpassten: „Ihr seid so modern, macht so viele innovative Angebote, aber nach außen sieht es überhaupt nicht danach aus.“ Natürlich hört man so etwas erst einmal nicht gern. Aber ich bin ihm dankbar dafür, dass er es offen ausgesprochen hat.
2. Setze nur einem den Hut auf
Als ich anfing, mir Gedanken über eine neue Ausrichtung unserer Marke zu machen, habe ich gefühlt tausend Leute nach ihrer Meinung gefragt. Das war fatal. Tausend Leute, tausend Meinungen, null Konzept. Beim Markenaufbau ist es wie beim Häuserbauen: Du gehst ja auch nicht zu tausend Architekten, deren Pläne du dann für die Umsetzung nutzt. Es kann nur ein Grundgerüst für das Rebranding geben. Du musst dich einmal entscheiden, in welche grundlegende Richtung es gehen soll, und dann musst du dabei bleiben.
Für mich war es ein Lernprozess, die Konzept-Rolle abzugeben. Bislang war ich ja die Architektin unserer Marke. Als kleineres Unternehmen mit aktuell 26 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir keine eigene Marketingabteilung. Ich habe das alles immer selbst gemacht. Aber es stellte sich als richtige Entscheidung heraus, jemanden mit einem frischen Blick von außen dazuzuholen.
3. Binde Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten ein
Wir haben uns bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten umgehört und gefragt: Wie nehmt ihr uns wahr? Wie seht ihr uns? Gut funktioniert haben dabei unter anderen folgende Fragen: Wenn wir ein Auto wären, welches wären wir? Oder: Wenn Werkzeug Weber eine Person wäre, wie sähe sie aus?
Die Antworten aus 25 Fragen generierten ein gewisses Bild der Marke Werkzeug Weber: eher traditionell, eher klein. Die Frage war jetzt: Wo wollen wir eigentlich hin? Wir haben eine Vision ausgearbeitet, um zu verstehen, wie das Unternehmen in Zukunft aussehen und auftreten soll. Dazu habe ich Workshops mit meinen Mitarbeitern gemacht und unsere Teamwerte – vertrauensvoll, respektvoll, zukunftsorientiert – und unsere Markenwerte – modern, dynamisch, persönlich, innovativ – erarbeitet.
Diese Werte sind jetzt unsere Filter für alle Entscheidungen zu Corporate Identity und Corporate Design. Alfons begleitete uns da sehr konsequent. Mir wurde klar, dass wir uns strikt daran halten müssen: Alle Marketingmaßnahmen müssen zu diesen Werten passen.
4. Sei konsequent
Neulich kam zum Beispiel ein Mitarbeiter mit einer Idee zu mir. Zum Firmenjubiläum könnten wir doch einen alten VW, Jahrgang 1980, mit unserem Logo darauf vor die Stadthalle hier in Aschaffenburg stellen. Das wäre ein echter Hingucker. Mein erster Impuls war: super Idee! Aber dann habe ich mich gefragt, ob das wirklich zu unserem neuen Markenauftritt passt. Persönlich wäre die Aktion, aber ist sie auch modern und innovativ? Nein. Also haben wir die Idee verworfen. Es erleichtert die Markenkommunikation total, jetzt immer einen Abgleich zu haben.
5. Hör auf dein Bauchgefühl
Das Schwierigste war die Suche nach dem neuen Logo. Sonst stand eigentlich alles, aber die Logovorschläge haben mich nicht überzeugt. Ich fand mich in keinem der Entwürfe richtig wieder. Ein guter Freund riet mir, bleib dran, das Logo muss sitzen.
Ich habe dann gemerkt: Natürlich muss man an einigen Stellen Abstriche machen. Aber nicht beim Logo. Das muss zu einhundert Prozent passen. Es ist dann überall sichtbar, auf der Website, dem Briefpapier, der Außenbeklebung. Ich hatte ein schlechtes Bauchgefühl und habe darauf gehört.
Alfons schlug vor, den Aschaffenburger Fotografen und Mediendesigner Jürgen Spachmann ins Boot zu holen. Mein Eindruck war gleich: Der könnte passen. Seinen Entwurf fand ich dann auch sofort richtig gut:
Das Element links neben dem Namen kann man als Hashtag lesen. Aber es könnte auch ein Gewebe sein, ein Netzwerk – was für Partnerschaft steht. Es passt auch zu unserem Namen Weber, weil es ein Gewebe ist, so kam Alfons ursprünglich drauf. Man könnte meinen, das E und das B und das E und das R sprechen miteinander, sie sind sich zugewandt. Das E und das B könnte auch ein Gebäude von der Seite sein, was zu unserer Betriebseinrichtungsdienstleistung passt. Wir benutzen das Logo auch noch in einer Kurzform mit einem Hashtag: #WE. Da steckt für mich ganz viel drin. Etwa: DAS #WE GEWINNT oder WE WORK TOGETHER. Der Claim spiegelt damit auch unsere Filterwörter.
6. Hab Mut zu krassen Entscheidungen
Seit der Gründung heißt unser Familienunternehmen „Werkzeug Weber“. Wir haben das Logo nun radikal verändert und „Werkzeug“ aus dem Namen gestrichen, weil viele uns für einen Werkzeughersteller halten, und nicht für einen Handel von Werkzeugen und Betriebseinrichtungen und als Serviceunternehmen mit innovativen Dienstleistungen.
Auch das Logo grundlegend zu ändern, war ein immenser Schritt. Diesen Schritt gehen auch große Marken wie zum Beispiel Douglas immer wieder. Das war zwar eine krasse Entscheidung und nicht leicht für mich. Aber ich bin sehr glücklich mit dieser Lösung. Und ich bin froh, dass ich mir bei der Suche die Zeit genommen habe, die das Projekt brauchte, um richtig gut zu werden. Also nur Mut, neue Sachen anzugehen!
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Hallo Frau Weber,
danke für den interessanten Beitrag. Sie schreiben u.a., Sie wollten den Markenauftritt ohnehin bald angehen und Herrn Kreuzer haben Sie eher zufällig getroffen, nur wie kann ich mir das vorstellen, wenn Sie ihm nicht begegnet wären – wann hätten Sie den Markenrelaunch dann tatsächlich begonnen? Ist das etwas, was man möglicherweise noch weiter vor sich hingeschoben hätte?
Bei Punkt 4 finde ich die Idee des Kollegen auch gut und hat mMn auch gepasst. Ja, vllt war diese Idee nicht modern und innovativ, fand sie aber recht passend. Hinter so einem Event steht eine Zahl und für ein Firmenjubiläum passt das einfach. Daher finde ich dieses starre abgleichen mit den Werten nicht immer zielführend. Die spannende Frage für mich ist natürlich, was dann stattdessen auf die Beine gestellt wurde?
Grüsse