Auskunftspflicht zum Impfstatus
Dürfen Chefs jetzt alle Mitarbeiter nach ihrer Corona-Impfung fragen?

Immer mehr Arbeitnehmer müssen sich laut Gesetz zu ihrem Covid-19-Impfstatus äußern. Doch was genau dürfen Arbeitgeber abfragen? Und wie sollten Chefs mit Auskunftsverweigerern umgehen? Ein Überblick.

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Auskunftspflicht zum Impfstatus
© Aleksandr Zubkov / Moment / Getty Images

Welches Gesetz regelt die Impfauskunftspflicht?

Anfang September hatte der Bundestag das Aufbauhilfegesetz 2021beschlossen – und dabei auch einige Anpassungen am Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgenommen, unter anderem an Paragraf 36. Seither war es laut IfSG bestimmten Arbeitgebern erlaubt, ihre Mitarbeiter zu deren Impf- oder Genesenenstatus zu befragen. Die Information sollte dazu dienen, die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern – und arbeitsorganisatorische Abläufe innerhalb von Unternehmen besser zu regeln, beispielsweise das Aufstellen von Dienstplänen.

Zum 24. November sind weitere Änderungen am Infektionsschutzgesetz in Kraft getreten – unter anderem wurde dabei für alle anderen Beschäftigten die 3G-Regel am Arbeitsplatz eingeführt. Dabei handelt es sich um ein indirektes Auskunftsrecht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.

Direkt abfragen darf der Arbeitgeber den Impfstatus der Beschäftigten zwar nicht, jedoch muss er einen Nachweis für die Erfüllung der 3G-Regel verlangen. Muss also dokumentieren, ob der Arbeitnehmer geimpft, getestet oder genesen ist. Will ein Beschäftigter seinen Status nicht preisgeben, muss er einen durchgeführten (negativen) Coronatest nachweisen.

Mehr dazu hier: 3G-Pflicht am Arbeitsplatz: Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen

Wie lange gilt die Impfauskunftspflicht?

„Für die Regelung der Auskunftspflicht zum Impfstatus müssen Grundrechte eingeschränkt werden. Das geht nur, solange die Gefahr für die Allgemeinheit als sehr groß eingeschätzt wird“, erklärt Julika Sonntag, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht.

Daher war die Impfauskunftspflicht zunächst auf die Zeit beschränkt ist, für die die vom Bundestag festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ bestand. Da diese Lage nicht mehr verlängert wurde, gilt die Impfauskunftspflicht jetzt laut § 36 Abs. 3 IfSG bis zum Ablauf des 19. März 2022.

Zur Person
Julika Sonntag ist Rechtsanwältin in Hamburg mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht.

Welche Arbeitnehmergruppen müssen nun direkt Auskunft über ihren Impfstatus geben?

Von der direkten Impfauskunftspflicht betroffen sind alle Arbeitnehmer, die in Einrichtungen arbeiten, welche in Paragraf 36, Absatz 1 und 2 IfSG genannt werden. Dazu gehören Schulen, Kitas und voll- und teilstationäre Einrichtungen, in denen ältere, behinderter oder pflegebedürftige Menschen betreut werden. Die Auskunftspflicht gilt auch für Menschen, die bei ambulanten Pflegediensten arbeiten, sowie für Angestellte in Justizvollzugsanstalten und Einrichtungen für Obdachlose, Asylbewerber und Flüchtlinge.

Für alle weiteren Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Beamte gilt die indirekte Auskunftspflicht über die 3G-Regel am Arbeitsplatz.

Was genau dürfen Arbeitgeber einfordern?

Für Personen nach § 36 Abs. 1 und 2 IfSG dürfen Arbeitgeber einen Nachweis im Hinblick auf den Impfstatus einfordern. Bei allen weiteren Beschäftigten, die nicht im Homeoffice arbeiten, müssen sie einen Nachweis einfordern, der belegt, dass sie die 3G-Regelung einhalten.

Kommt ein Beschäftigter seiner Pflicht zur Einhaltung von 3G nicht nach, müssen Arbeitgeber ihn der Arbeitsstätte verweisen. „Langfristig bedeutet das, dass sich der Arbeitnehmer auch selbstständig um Kranken- und Pflegeversicherung kümmern muss, wenn er länger als einen Monat kein Gehalt bezieht“, so Rechtsanwältin Sonntag.

Was können Arbeitgeber tun, wenn auskunftspflichtige Arbeitnehmer keine Angaben zum Impfstatus machen wollen?

Macht ein dazu nach § 36 Abs. 3 IfSG verpflichteter Arbeitnehmer keine Angaben zu seinem Impfstatus, können Arbeitgeber ihn abmahnen. „Kommt der Arbeitnehmer seiner Auskunftspflicht dann weiterhin nicht nach, kann in letzter Konsequenz auch eine Kündigung möglich sein“, sagt Sonntag.

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Gleiches gilt für alle weiteren Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Beamte: Personen, die mindestens die Testpflicht verweigern, müssen mit Abmahnungen und in letzter Konsequenz auch mit einer Kündigung rechnen. „Bei einer lang andauernden Weigerung kommt der Beschäftigte ohne Zugang zur Arbeitsstätte seiner Arbeitsleistung nicht mehr nach. Hierüber wird sich möglicherweise auch eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen lassen“, so Rechtsanwältin Sonntag

Mehr dazu hier: Verhaltensbedingte Kündigung: 10 Kündigungsgründe

Wann eine Kündigung gerechtfertigt ist

Arbeitgeber müssen vor einer Kündigung prüfen, ob es alternativ ein „milderes Mittel“ gäbe. Dazu gehört laut Sonntag, nach Möglichkeiten zu suchen, den Arbeitnehmer anderweitig im Unternehmen zu beschäftigen – an Stellen, an denen er mit den üblichen Schutzmaßnahmen keine Gefahr für vulnerable Gruppen, wie etwa Pflegebedürftige, darstellt.

Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und seine eigenen Interessen sowie die des Arbeitnehmers genau abwägen. Nur, wenn dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann, ist eine fristlose Kündigung begründet (§ 626 Abs. 1 BGB).

Mehr dazu hier: Fristlose Kündigung: Das müssen Arbeitgeber wissen

Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber in einer Flüchtlingsunterkunft etwa müssten schauen, ob ein Mitarbeiter, der normalerweise engen Kontakt mit den Bewohnern hat, nicht auch im Büro einsetzbar wäre. Oder aber, ob sich mit weitergehenden Schutzmaßnahmen, etwa einer täglich erneuerten, umfassenden Schutzkleidung, eine ähnliche Wirkung erzielen lassen könnte wie mit einer Impfung.

Inwieweit es wirklich möglich ist, durch erweiterte Schutzmaßnahmen vulnerable Gruppen ähnlich gut zu schützen wie mit einer Impfung, ist allerdings vom Einzelfall abhängig und eine Frage für Mediziner. „Irgendwann wird dieser Punkt sicher auch die Gerichte beschäftigen. Aktuell gibt es dazu aber noch keine Rechtsprechung“, sagt die Rechtsanwältin.

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Was müssen Arbeitgeber tun, wenn Arbeitnehmer erklären, ungeimpft zu sein und sich auch nicht impfen lassen zu wollen?

Mit Arbeitnehmern, die keine Impfung haben und auch keine erhalten wollen, müssen Arbeitgeber ähnlich verfahren wie mit jenen, die die Auskunft zu ihrem Impfstatus verweigern. Wieder kommen Abmahnung und Kündigung als arbeitsrechtliche Sanktionen infrage. „Und wieder gilt letzteres nur unter der Voraussetzung, dass es kein milderes Mittel gibt“, sagt Sonntag.

Einfach laufen lassen sollten Chefs das Ganze auf keinen Fall. „Arbeitgeber stehen in der Haftung. Wenn sich beispielsweise ein Pflegebedürftiger nachweislich bei einem ungeimpften Pfleger ansteckt und klar ist, dass der Chef darüber Bescheid wusste, könnte es im Extremfall zu einer Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar fahrlässiger Tötung kommen“, so die Rechtanwältin.

Dürfen Arbeitnehmer eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit verweigern, weil sie vor der Impfentwicklung auch mit Maske und Co. arbeiten durften?

Die Impfung bietet nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen den besten Schutz davor, sich selbst zu infizieren und andere anzustecken. „Und grundsätzlich gilt: Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass vulnerable Gruppen, wie etwa Kinder in einer Kita, bestmöglich geschützt werden“, so Sonntag. Daher können sich auskunftspflichtige Arbeitnehmer, die mit vulnerablen Gruppen arbeiten, nicht auf die Tatsache berufen, dass sie ihrer Tätigkeit allein mit Schutzkleidung nachkommen durften, als noch keine Impfung gegen Covid-19 möglich war.

Beispiele aus der Praxis

„Es geht im Zusammenhang mit der Impfauskunftspflicht immer darum, die Grundrechte und Datenschutzrechtsbelange des Einzelnen abzuwägen gegen die Interessen der Allgemeinheit und des Gesundheitsschutzes“, erklärt Sonntag. Dies sei je nach Einzelfall anders zu bewerten.

Eine Erzieherin in einer Kita beispielsweise habe zwangsläufig engen Kontakt zu Kleinkindern. Wolle die Erzieherin nichts über ihren Impfstatus sagen, sei es kaum vorstellbar, sie in Ganzkörperschutzanzug und mit FFP-2-Maske mit den Jüngsten spielen zu lassen. Zumal Kinder noch keine Impfmöglichkeit hätten und damit besonders gefährdet seien. „In solch einem Fall kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn es kein milderes Mittel gibt.“

Wenn alle Mitarbeiter geimpft sind, dürfen Arbeitgeber Schutzmaßnahmen dann lockern?

Nach wie vor gelten am Arbeitsplatz die Vorgaben der Corona-Arbeitsschutzverordnung. „Doch durch das Recht auf Auskunft könnten sich einige Arbeitgeber dazu verleitet sehen, bei vollständig geimpfter Belegschaft die Maßnahmen unangemessen zu lockern. Und das ist natürlich ungut“, sagt Sonntag.

Sie weist darauf hin, dass Arbeitgeber nicht nur gegenüber vulnerablen Gruppen in der Pflicht ständen, sondern auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten hätten. „Steckt sich ein geimpfter Mitarbeiter nachweislich bei einem anderen an – was ja theoretisch weiterhin möglich ist – und der Arbeitgeber hat mit ungenügenden Schutzmaßnahmen das Risiko dafür erhöht, dann steht er möglicherweise wieder in der Haftung.“

Mehr dazu hier: Fürsorgepflicht: Was Arbeitgeber dazu wissen sollten

Dürfen Arbeitgeber nicht geimpfte Angestellte jetzt zur Impfung zwingen?

„Arbeitgeber dürfen weiterhin nicht aktiv eine Impfung ihrer Mitarbeiter einfordern“, erklärt Sonntag. Allerdings sieht die Rechtsanwältin schon jetzt eine indirekte Impfpflicht gegeben. „In der Gesetzesbegründung steht, dass der Impfstatus ein Argument sein kann, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen – oder eben nicht“ so Sonntag. Das heißt: Wenn sich etwa eine ungeimpfte Pflegekraft bei einem ambulanten Pflegedienst bewirbt, darf der Arbeitgeber sie aufgrund der fehlenden Impfung ablehnen.

Dies kann der Rechtsanwältin zufolge zu Diskriminierungen führen, etwa von Bewerbern, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen könnten. „Arbeitgeber haben mit diesem Gesetz, zumindest für eine gewisse Zeit, eine Rechtsgrundlage für eine solche Ungleichbehandlung.“

Welches Gesetz regelt die Impfauskunftspflicht? Anfang September hatte der Bundestag das Aufbauhilfegesetz 2021beschlossen – und dabei auch einige Anpassungen am Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgenommen, unter anderem an Paragraf 36. Seither war es laut IfSG bestimmten Arbeitgebern erlaubt, ihre Mitarbeiter zu deren Impf- oder Genesenenstatus zu befragen. Die Information sollte dazu dienen, die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern – und arbeitsorganisatorische Abläufe innerhalb von Unternehmen besser zu regeln, beispielsweise das Aufstellen von Dienstplänen. Zum 24. November sind weitere Änderungen am Infektionsschutzgesetz in Kraft getreten – unter anderem wurde dabei für alle anderen Beschäftigten die 3G-Regel am Arbeitsplatz eingeführt. Dabei handelt es sich um ein indirektes Auskunftsrecht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer. Direkt abfragen darf der Arbeitgeber den Impfstatus der Beschäftigten zwar nicht, jedoch muss er einen Nachweis für die Erfüllung der 3G-Regel verlangen. Muss also dokumentieren, ob der Arbeitnehmer geimpft, getestet oder genesen ist. Will ein Beschäftigter seinen Status nicht preisgeben, muss er einen durchgeführten (negativen) Coronatest nachweisen. Mehr dazu hier: 3G-Pflicht am Arbeitsplatz: Was Arbeitgeber jetzt wissen müssen Wie lange gilt die Impfauskunftspflicht? „Für die Regelung der Auskunftspflicht zum Impfstatus müssen Grundrechte eingeschränkt werden. Das geht nur, solange die Gefahr für die Allgemeinheit als sehr groß eingeschätzt wird“, erklärt Julika Sonntag, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Arbeitsrecht. Daher war die Impfauskunftspflicht zunächst auf die Zeit beschränkt ist, für die die vom Bundestag festgestellte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ bestand. Da diese Lage nicht mehr verlängert wurde, gilt die Impfauskunftspflicht jetzt laut § 36 Abs. 3 IfSG bis zum Ablauf des 19. März 2022. Welche Arbeitnehmergruppen müssen nun direkt Auskunft über ihren Impfstatus geben? Von der direkten Impfauskunftspflicht betroffen sind alle Arbeitnehmer, die in Einrichtungen arbeiten, welche in Paragraf 36, Absatz 1 und 2 IfSG genannt werden. Dazu gehören Schulen, Kitas und voll- und teilstationäre Einrichtungen, in denen ältere, behinderter oder pflegebedürftige Menschen betreut werden. Die Auskunftspflicht gilt auch für Menschen, die bei ambulanten Pflegediensten arbeiten, sowie für Angestellte in Justizvollzugsanstalten und Einrichtungen für Obdachlose, Asylbewerber und Flüchtlinge. Für alle weiteren Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Beamte gilt die indirekte Auskunftspflicht über die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Was genau dürfen Arbeitgeber einfordern? Für Personen nach § 36 Abs. 1 und 2 IfSG dürfen Arbeitgeber einen Nachweis im Hinblick auf den Impfstatus einfordern. Bei allen weiteren Beschäftigten, die nicht im Homeoffice arbeiten, müssen sie einen Nachweis einfordern, der belegt, dass sie die 3G-Regelung einhalten. Kommt ein Beschäftigter seiner Pflicht zur Einhaltung von 3G nicht nach, müssen Arbeitgeber ihn der Arbeitsstätte verweisen. „Langfristig bedeutet das, dass sich der Arbeitnehmer auch selbstständig um Kranken- und Pflegeversicherung kümmern muss, wenn er länger als einen Monat kein Gehalt bezieht“, so Rechtsanwältin Sonntag. Was können Arbeitgeber tun, wenn auskunftspflichtige Arbeitnehmer keine Angaben zum Impfstatus machen wollen? Macht ein dazu nach § 36 Abs. 3 IfSG verpflichteter Arbeitnehmer keine Angaben zu seinem Impfstatus, können Arbeitgeber ihn abmahnen. „Kommt der Arbeitnehmer seiner Auskunftspflicht dann weiterhin nicht nach, kann in letzter Konsequenz auch eine Kündigung möglich sein“, sagt Sonntag. Gleiches gilt für alle weiteren Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Beamte: Personen, die mindestens die Testpflicht verweigern, müssen mit Abmahnungen und in letzter Konsequenz auch mit einer Kündigung rechnen. „Bei einer lang andauernden Weigerung kommt der Beschäftigte ohne Zugang zur Arbeitsstätte seiner Arbeitsleistung nicht mehr nach. Hierüber wird sich möglicherweise auch eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen lassen“, so Rechtsanwältin Sonntag Mehr dazu hier: Verhaltensbedingte Kündigung: 10 Kündigungsgründe Wann eine Kündigung gerechtfertigt ist Arbeitgeber müssen vor einer Kündigung prüfen, ob es alternativ ein „milderes Mittel“ gäbe. Dazu gehört laut Sonntag, nach Möglichkeiten zu suchen, den Arbeitnehmer anderweitig im Unternehmen zu beschäftigen – an Stellen, an denen er mit den üblichen Schutzmaßnahmen keine Gefahr für vulnerable Gruppen, wie etwa Pflegebedürftige, darstellt. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und seine eigenen Interessen sowie die des Arbeitnehmers genau abwägen. Nur, wenn dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann, ist eine fristlose Kündigung begründet (§ 626 Abs. 1 BGB). Mehr dazu hier: Fristlose Kündigung: Das müssen Arbeitgeber wissen Ein Beispiel: Ein Arbeitgeber in einer Flüchtlingsunterkunft etwa müssten schauen, ob ein Mitarbeiter, der normalerweise engen Kontakt mit den Bewohnern hat, nicht auch im Büro einsetzbar wäre. Oder aber, ob sich mit weitergehenden Schutzmaßnahmen, etwa einer täglich erneuerten, umfassenden Schutzkleidung, eine ähnliche Wirkung erzielen lassen könnte wie mit einer Impfung. Inwieweit es wirklich möglich ist, durch erweiterte Schutzmaßnahmen vulnerable Gruppen ähnlich gut zu schützen wie mit einer Impfung, ist allerdings vom Einzelfall abhängig und eine Frage für Mediziner. „Irgendwann wird dieser Punkt sicher auch die Gerichte beschäftigen. Aktuell gibt es dazu aber noch keine Rechtsprechung“, sagt die Rechtsanwältin. Was müssen Arbeitgeber tun, wenn Arbeitnehmer erklären, ungeimpft zu sein und sich auch nicht impfen lassen zu wollen? Mit Arbeitnehmern, die keine Impfung haben und auch keine erhalten wollen, müssen Arbeitgeber ähnlich verfahren wie mit jenen, die die Auskunft zu ihrem Impfstatus verweigern. Wieder kommen Abmahnung und Kündigung als arbeitsrechtliche Sanktionen infrage. „Und wieder gilt letzteres nur unter der Voraussetzung, dass es kein milderes Mittel gibt“, sagt Sonntag. Einfach laufen lassen sollten Chefs das Ganze auf keinen Fall. „Arbeitgeber stehen in der Haftung. Wenn sich beispielsweise ein Pflegebedürftiger nachweislich bei einem ungeimpften Pfleger ansteckt und klar ist, dass der Chef darüber Bescheid wusste, könnte es im Extremfall zu einer Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar fahrlässiger Tötung kommen“, so die Rechtanwältin. Dürfen Arbeitnehmer eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit verweigern, weil sie vor der Impfentwicklung auch mit Maske und Co. arbeiten durften? Die Impfung bietet nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen den besten Schutz davor, sich selbst zu infizieren und andere anzustecken. „Und grundsätzlich gilt: Arbeitgeber müssen dafür sorgen, dass vulnerable Gruppen, wie etwa Kinder in einer Kita, bestmöglich geschützt werden“, so Sonntag. Daher können sich auskunftspflichtige Arbeitnehmer, die mit vulnerablen Gruppen arbeiten, nicht auf die Tatsache berufen, dass sie ihrer Tätigkeit allein mit Schutzkleidung nachkommen durften, als noch keine Impfung gegen Covid-19 möglich war. Beispiele aus der Praxis „Es geht im Zusammenhang mit der Impfauskunftspflicht immer darum, die Grundrechte und Datenschutzrechtsbelange des Einzelnen abzuwägen gegen die Interessen der Allgemeinheit und des Gesundheitsschutzes“, erklärt Sonntag. Dies sei je nach Einzelfall anders zu bewerten. Eine Erzieherin in einer Kita beispielsweise habe zwangsläufig engen Kontakt zu Kleinkindern. Wolle die Erzieherin nichts über ihren Impfstatus sagen, sei es kaum vorstellbar, sie in Ganzkörperschutzanzug und mit FFP-2-Maske mit den Jüngsten spielen zu lassen. Zumal Kinder noch keine Impfmöglichkeit hätten und damit besonders gefährdet seien. „In solch einem Fall kann eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt sein, wenn es kein milderes Mittel gibt.“ Wenn alle Mitarbeiter geimpft sind, dürfen Arbeitgeber Schutzmaßnahmen dann lockern? Nach wie vor gelten am Arbeitsplatz die Vorgaben der Corona-Arbeitsschutzverordnung. „Doch durch das Recht auf Auskunft könnten sich einige Arbeitgeber dazu verleitet sehen, bei vollständig geimpfter Belegschaft die Maßnahmen unangemessen zu lockern. Und das ist natürlich ungut“, sagt Sonntag. Sie weist darauf hin, dass Arbeitgeber nicht nur gegenüber vulnerablen Gruppen in der Pflicht ständen, sondern auch eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Angestellten hätten. „Steckt sich ein geimpfter Mitarbeiter nachweislich bei einem anderen an – was ja theoretisch weiterhin möglich ist – und der Arbeitgeber hat mit ungenügenden Schutzmaßnahmen das Risiko dafür erhöht, dann steht er möglicherweise wieder in der Haftung.“ Mehr dazu hier: Fürsorgepflicht: Was Arbeitgeber dazu wissen sollten Dürfen Arbeitgeber nicht geimpfte Angestellte jetzt zur Impfung zwingen? „Arbeitgeber dürfen weiterhin nicht aktiv eine Impfung ihrer Mitarbeiter einfordern“, erklärt Sonntag. Allerdings sieht die Rechtsanwältin schon jetzt eine indirekte Impfpflicht gegeben. „In der Gesetzesbegründung steht, dass der Impfstatus ein Argument sein kann, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen – oder eben nicht“ so Sonntag. Das heißt: Wenn sich etwa eine ungeimpfte Pflegekraft bei einem ambulanten Pflegedienst bewirbt, darf der Arbeitgeber sie aufgrund der fehlenden Impfung ablehnen. Dies kann der Rechtsanwältin zufolge zu Diskriminierungen führen, etwa von Bewerbern, die sich aufgrund von Vorerkrankungen nicht impfen lassen könnten. „Arbeitgeber haben mit diesem Gesetz, zumindest für eine gewisse Zeit, eine Rechtsgrundlage für eine solche Ungleichbehandlung.“