Business-Clubs
Die Netzwerke der Strippenzieher

Sie sind exklusiv, diskret und das perfekte Terrain, um ganz nebenbei wichtige Kontakte zu knüpfen: Ein Blick hinter die Türen altehrwürdiger und neu gegründeter Business-Clubs.

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Die Rückseite des Berliner Edelhotels Adlon ist wenig glamourös. Nur Eingeweihte wissen, dass es hier zu einem der exklusivsten Clubs Deutschlands geht: eine verschlossene Fahrstuhltür, ein Messingschild mit chinesischen Schriftzeichen. Verleger Florian Langenscheidt drückt den goldenen Klingelknopf. Als Mitglied kennt er das Prozedere. „Willkommen im China Club Berlin“, säuselt eine Frauenstimme. Langenscheidt gibt sich zu erkennen. Die Tür öffnet sich, sekundenschnell ist die fünfte Etage erreicht. Zur Begrüßung lächeln ihm zwei Empfangsdamen und Mao Tsetung entgegen. Der Volkstribun als modernes Pop-Art-Gemälde, verfremdet durch Grünstich und knallrote Lippen. Der Nobelclub mit seinen grellbunten Porzellanstatuen und Wandbespannungen aus Seide ist mehr als eine Galerie zeitgenössischer chinesischer Kunst. Wer ihm angehört, ist Teil der Wirtschafts- und Kulturelite, der verschiedene Clubräume, ein Restaurant, eine Bar und eine Bibliothek offenstehen. Die Dachterrasse bietet einen atemberaubenden Blick aufs Brandenburger Tor.

Vertraute Runden im Business-Rummel

Der 2003 gegründete China Club gilt als moderner Gegenentwurf zu gediegenen Traditionseinrichtungen, wie etwa dem Hamburger Anglo-German Club oder der Frankfurter Gesellschaft. Und doch fühlt er sich einem ähnlichen Motto verpflichtet: „Home Away From Home“. Der Slogan, der zur britischen Kolonialzeit ein Heimatgefühl in der Fremde versprach, steht heute für vertraute Runden im Business-Rummel einer deutschen Großstadt. Wer seine knappe Zeit in einem dieser exklusiven Zirkel verbringt, erwartet natürlich mehr als nur Heimeligkeit. Was früher unter dem Begriff Beziehungspflege lief, heißt heute Networking, meint aber genau das Gleiche: das Anbahnen von Kontakten und oftmals auch Geschäften. Solche Netzwerke ziehen ihre Fäden durchs ganze Land, verbinden und bündeln einzelne Knoten zu Superknoten, die wiederum unzählige neue Verbindungen eingehen.

Mitgliedslisten? Keine Auskunft.

Dieses Netzwerken beginnt auf lokaler Ebene in Clubs wie den Lions oder Rotariern und reicht bis zu internationalen Zirkeln wie der Atlantik-Brücke. Der alle miteinander verbindende Kitt ist eine diskrete und lautlose Geschäftigkeit. Mitgliederlisten? „Keine Auskunft“, lautet die knappe Antwort. Beitrittswilligen öffnet sich die Tür nicht, indem sie einfach das Portemonnaie zücken: Wer an exklusiven Dinnerabenden und hochkarätigen Workshops teilhaben will, muss selbst schon verdrahtet sein.

Auch für potenzielle Kandidaten des China Club in Berlin ist eine solch strenge Auslese obligatorisch: „Beitreten kann nur, wer von mindestens einem Mitglied empfohlen wurde oder sich mit Erfolg einer internen Kommission vorgestellt hat“, so Geschäftsführerin Anne Maria Jagdfeld. Als Eintrittsgeld zahlt der Auserwählte einmalig 10.000 Euro sowie jedes Jahr 1500 Euro. Erst dann kann er, wie Verleger Langenscheidt, in die „verbotene Stadt“ aufsteigen. Rund 700 Mitglieder nutzen die Clubräume auf dem Dach des Adlon-Hotels als „externes Wohnzimmer“, sagt Jagdfeld. Ein Drittel komme aus Berlin, ein weiteres aus anderen Regionen Deutschlands, der Rest aus dem Ausland. Diese Mischung garantiere eine kosmopolitische Atmosphäre. Langenscheidt zieht es immer wieder in den China Club: „Die Küche ist großartig und die Umgebung angenehm diskret“, so der Unternehmer, der auch Mitglied des Münchener Herrenclubs und im Vorstand der Atlantik-Brücke ist. Promitreffs wie das Berliner Restaurant Borchardt meidet er bewusst: „Bereits beim Betreten reißen alle die Köpfe hoch und starren später auf meinen Teller. Das brauche ich nicht.“

Zurückhaltend geht es auch in der 1860 errichteten Haller-Villa an der Hamburger Alster zu. Der Ort ist das Refugium des Anglo-German Club. Insider sprechen von einer der besten Kommunikationsadressen der Hansestadt. Mit garantierter Vertraulichkeit: Viele Beteiligungen, Übernahmen und andere Deals sollen hier besiegelt worden sein, doch Konkretes erfährt kein Außenstehender. Die rund tausend Mitglieder rekrutieren sich zu 70 Prozent aus der Hamburger Unternehmerschaft. Ein Who’s who der Reeder, Banker, Verleger und Mittelständler drückt sich die Klinke in die Hand. Legendär ist die „Mittwochsrunde“ hanseatischer Bankiers, die unter der Ägide des früheren Bundesbankpräsidenten Karl Blessing in den 60er-Jahren stattfand. Von ihrer Existenz erfuhren Beobachter erst viele Jahre später.

Netzwerken „riecht zu sehr nach Planung“

„Protokolle wurden nicht erstellt“, schmunzelt Claus-Günther Budelmann. Der Präsident des Anglo-German Club fühlt sich trotz exzellenter Kontakte nicht als moderner Netzwerker: „Das Wort finde ich furchtbar.“ Dem einstigen Mitinhaber und heutigen Gesellschafter der ältesten deutschen Privatbank, der Berenberg Bank, „riecht das zu sehr nach Planung“. Nur ganz nebenbei merkt der Banker an, „dass es ja nicht schaden kann, wenn man sich kennt“. Gegründet wurde der Anglo-German Club 1948, als es darum ging, die deutschbritischen Beziehungen „zum Nutzen der Allgemeinheit“ zu fördern.

Das Ambiente ist bis heute „very british“: schwere Clubsessel, dunkelroter Teppich, antiquarische Accessoires – und selbstverständlich auch Kamine. Die Hausbroschüre erklärt der Außenwelt deren Bedeutung mit englischem Humor: „Gute Kamingespräche zeichnen sich kurioserweise oft dadurch aus, dass keiner einen Ton sagt. Noch kurioser ist, wie oft dieses beredte Schweigen zu einverständlichen Ergebnissen führt. Jedenfalls erfährt man auf diese Weise gelegentlich Dinge, lange bevor sie offiziell werden.“

Die Tatsache, dass Clubs dieser Art allesamt mehr oder weniger geschlossene Gesellschaften sind, liefert Nährstoff für abenteuerliche Theorien. In Deutschland pendeln sie zwischen Verschwörungszirkeln und Voodoozauber. Im Ausland gilt es als weit weniger anstößig, einem Eliteclub anzugehören. Im Gegenteil: Je exklusiver die Institution, desto größer die Ehre, dabei zu sein.

Die Mitglieder der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft dürfen sich mit Fug und Recht als exklusiv verstehen. Klangvolle Namen zieren die Mitgliederliste, die auf 600 Persönlichkeiten begrenzt ist. Zum Beispiel Friedrich von Metzler, Inhaber des traditionsreichen Bankhauses.

Vater und Onkel waren bereits Mitglied. Der Bankier sucht hier allerdings nicht die Nähe zu Branchenkollegen: „Ich sorge immer dafür, dass ich nicht an deren Tisch sitze“, sagt er. Spannend sei doch gerade die Heterogenität der Umgebung. „Ich suche immer Gesprächspartner, die mir neue Sichtweisen vermitteln.“ Wegen der erstklassigen Kontakte in die Frankfurter Society empfiehlt Metzler gerade neu in die Stadt gekommenen Unternehmern die Mitgliedschaft: „Es gibt kein besseres Entree!“

Zaghafte Emanzipationsbestrebungen

Persönlich hätte der Bankier nichts dagegen, wenn auch Frauen häufiger über die Schwelle der Villa treten würden. Doch so alt wie der 1919 gegründete Club sind auch die Konventionen: Frauen dürfen nicht Mitglied werden, ausgenommen Konsulinnen und die Oberbürgermeisterin der Stadt, Petra Roth.

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Schon beim Betreten des Palais im Frankfurter Westend wird das Flair elitärer Männerbünde spürbar: prächtige Eichenvertäfelungen, Stuckornamente und handgedruckte Tapeten unterstreichen die neoklassizistische Architektur. Über dem Kamin prangt der altdeutsche Vers: „Wie die Glut zehrt von der Glut, wie der Brand sich entzündet am Brand, so lernt der Mann vom Manne im Gespräch.“ Doch behutsam, durch die Hintertür, erhalten Frauen Einlass in die geschlossene Männergesellschaft: Frauennetzwerke wie Zonta, Cosmopolitan und International Women’s Club dürfen den Gastrobereich zu festgelegten Terminen nutzen.

Zaghafte Emanzipationsbestrebungen machen sich neuerdings auch im Hamburger Anglo-German Club bemerkbar. In Begleitung eines Mitglieds ist Hanseatinnen der „normale“ Zutritt erlaubt, beim Herrenessen mit prominenten Gastrednern müssen sie noch draußen bleiben. Etwa wenn Thomas Mirow, Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau, über Wirtschaftsthemen parliert. „Das richtet sich doch ausschließlich an die Männerwelt“, so Club-Präsident Budelmann.

In die gleiche Kerbe schlägt Thomas Selter, Familienunternehmer in sechster Generation und Rotarier-Mitglied im sauerländischen Altena: „Wir waren von Anfang an ein Männerclub, und die meisten wollen keine Veränderung.“ Andernorts kratzen, gerade bei Neugründungen, gemischte Rotarier-Clubs am Altherrenverein-Image. Bei knapp über vier Prozent liegt der Frauenanteil in Deutschland. Zum Vergleich: Im „jungen“ Berliner China Club sind es 30 Prozent.

Regeln und Werte sind bei den Rotariern seit über 100 Jahren fast unverändert. Getreu der Maxime des selbstlosen Dienens organisieren sie weltweit soziale Projekte und sammeln Geld für Hilfsaktionen. In Deutschland tragen fast 50.000 Mitglieder das goldene Zahnrad, das Zeichen von Rotary, am Revers. Viele bekannte Namen sind darunter: Ex- Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und FDP-Ehrenvorsitzender Otto Graf Lambsdorff.

Etliche „Freunde“, wie sie sich untereinander nennen, sitzen in den Vorständen von Dax-Konzernen. In vielen Orten sind die Clubverzeichnisse nahezu identisch mit der örtlichen Hautevolee: „Jeder, der hier eine Fabrik hat, ist Mitglied“, bestätigt Stricknadelhersteller Selter. Was nicht bedeutet, dass jeder willkommen ist: „Eher werden wir weniger, als dass wir uns verschlechtern“, begründet Selter die strenge Auswahl.

Die Aufnahme erfolgt ausschließlich auf Empfehlung von Mitgliedern. Im Prinzip muss anschließend der gesamte Club grünes Licht geben, so Selter. So können die nahezu tausend über ganz Deutschland verstreuten Rotarier-Clubs die Auslese individuell steuern. Eine Regel gilt für alle: Nur ein Vertreter pro Berufsgruppe darf dem örtlichen Club angehören. So wollen die Rotarier reine Branchenstammtische verhindern.

Auch Florian Langenscheidt war jahrelang Rotarier und rät besonders Unternehmern in Dienstleistungsbranchen zum Beitritt in einen der örtlichen Clubs. Dass eine Mitgliedschaft geschäftliche Beziehungen beflügeln kann, streitet auch Thomas Selter nicht ab. Wer allerdings auf penetrante Art „klüngeln“ wolle, der manövriere sich schnell ins Abseits. Der Sauerländer ist seit Anfang der 80er-Jahre Rotarier. Viele „Freunde“ sind mit ihm alt geworden, im Schnitt gehen die Mitglieder auf die 60 zu.

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Das Image als Rückzugsbasis älterer Semester haftet auch vielen anderen Traditionsclubs an. Der Hamburger Anglo-German Club leitete deshalb eine Verjüngungskur ein. Zielgruppe: karrierebewusste Junioren bis 31 Jahre. Sie zahlen lediglich 155 Euro Aufnahmegebühr und 100 Euro Jahresbeitrag. Den Young Fellows bietet sich die Chance, etwa beim monatlichen Jour fixe, die Expertise der „alten Hasen“ ein zuholen: „Schon so mancher Kontakt hat dabei Türen geöffnet“, bestätigt Club-Chef Budelmann.

Wer der gediegenen Clubwelt der Old Boys nichts abgewinnen kann, muss nicht resignieren. Es gibt auch zeitgemäße Alternativen. Zum Beispiel die Entrepreneurs’ Organization (EO). Diesem Netzwerk gehören weltweit in 38 Ländern über 7000 Mitglieder an, in Deutschland sind es 150 junge Gründer, zum Großteil von IT-Firmen. So wie die 42-jährige Christiane Strasse, eine Hamburger Web-Unternehmerin. Mitten im prallen Leben, auf St. Pauli, betreibt sie Deutschlands führende internetbasierte Auftragsbörse für Freiberufler. Im Prinzip funktioniert das EO-Netzwerk nach der gleichen Strickart wie die altehrwürdigen Pendants: Man kennt sich, vertraut sich, lernt voneinander – und forciert die eigene Karriere.

Auch hier liegt ein Hauch Exklusivität in der Luft. Allerdings verzichten die EO-Partner auf die heimliche Geschäftigkeit des Clublebens und kommen direkt zur Sache: Christiane Strasse trifft sich monatlich mit einer kleinen Gruppe zum Erfahrungsaustausch. Gastgeber ist ein Mitglied, das abends nach Feierabend in sein Büro einlädt: „Auf den Meetings wälzen wir Finanzierungsprobleme oder tauschen Marketingkonzepte aus.“

Das zweite Standbein bilden sogenannte Universities, die mehrmals im Jahr rund um den Globus stattfinden: mehrtägige Events mit Workshops, prominenten Gästen und einer Galanacht zum krönenden Abschluss. Die Kosten zahlt jedes Mitglied selbst, dazu kommt der jährliche Mitgliedsbeitrag von circa 1500 Euro. Aufgenommen wird auch hier nur, wer von einem Mitglied empfohlen wurde. Langenscheidt, Budelmann, Metzler und Selter hätten allerdings keine Chance: Wer älter ist als 47, muss draußen bleiben.

Business-Clubs – die Top-Adressen

Nichts für Anfänger: Wer Zutritt zu den folgenden exklusiven Zirkeln erhalten möchte, muss bereits erstklassige Kontakte und Empfehlungen mitbringen.

Baden-Badener Unternehmergespräche

Zweimal pro Jahr gehen Führungskräfte in eine dreiwöchige Klausur. Ziel: Firmenübergreifender Austausch mit Chefs aus den Top-Etagen von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, um langfristige persönliche Kontakte zu knüpfen.

  • Zugang: Mindestens sieben Jahre Erfahrung in der Leitung eines Unternehmens und erkennbare Eignung für höchste Positionen. Nicht älter als 50 Jahre. Empfehlung über Zulassungsausschuss des Vorstands, der 120 namhafte Unternehmen vertritt.
  • Kosten: keine Angaben.
  • Kontakt: www.bbug.de

Atlantik-Brücke

Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht die Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Mehr als 500 führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft halten dieses Ziel lebendig. Angehende Führungskräfte
können über das Young-Leaders-Programm ein hervorragendes Netzwerk aufbauen.

  • Zugang: Berufung durch den Vorstand.
  • Kosten: Der Vorstand legt die Beiträge individuell fest.
  • Kontakt: www.atlantik-bruecke.org

Industrie-Club Düsseldorf

Ältester Club Deutschlands und einflussreiches Forum der Top-Entscheider des Rhein-Ruhr-Gebiets: 1200 Mitglieder, darunter auch Frauen.

  • Zugang: Drei Bürgen, die selbst mindestens seit fünf Jahren Mitglied im Club sind.
  • Kosten: 1000 Euro Aufnahmegebühr, 450 Euro Jahresbeitrag.
  • Kontakt: www.industrie-club.de

Übersee-Club Hamburg

Treffpunkt hanseatischer Wirtschaftsführer und Politiker mit einem weitverzweigten Netz internationaler Partnerclubs. Zu den 2000 Mitgliedern gehören auch Frauen.

  • Zugang: Empfehlung von zwei Bürgen aus dem Club.
  • Kosten: Jahresmitgliedschaft 350 Euro, Aufnahmegebühr 350 Euro.
  • Kontakt: www.ueberseeclub.de
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Die Dachterrasse bietet einen atemberaubenden Blick aufs Brandenburger Tor. Vertraute Runden im Business-Rummel Der 2003 gegründete China Club gilt als moderner Gegenentwurf zu gediegenen Traditionseinrichtungen, wie etwa dem Hamburger Anglo-German Club oder der Frankfurter Gesellschaft. Und doch fühlt er sich einem ähnlichen Motto verpflichtet: "Home Away From Home". Der Slogan, der zur britischen Kolonialzeit ein Heimatgefühl in der Fremde versprach, steht heute für vertraute Runden im Business-Rummel einer deutschen Großstadt. Wer seine knappe Zeit in einem dieser exklusiven Zirkel verbringt, erwartet natürlich mehr als nur Heimeligkeit. Was früher unter dem Begriff Beziehungspflege lief, heißt heute Networking, meint aber genau das Gleiche: das Anbahnen von Kontakten und oftmals auch Geschäften. Solche Netzwerke ziehen ihre Fäden durchs ganze Land, verbinden und bündeln einzelne Knoten zu Superknoten, die wiederum unzählige neue Verbindungen eingehen. Mitgliedslisten? Keine Auskunft. Dieses Netzwerken beginnt auf lokaler Ebene in Clubs wie den Lions oder Rotariern und reicht bis zu internationalen Zirkeln wie der Atlantik-Brücke. Der alle miteinander verbindende Kitt ist eine diskrete und lautlose Geschäftigkeit. Mitgliederlisten? "Keine Auskunft", lautet die knappe Antwort. Beitrittswilligen öffnet sich die Tür nicht, indem sie einfach das Portemonnaie zücken: Wer an exklusiven Dinnerabenden und hochkarätigen Workshops teilhaben will, muss selbst schon verdrahtet sein. Auch für potenzielle Kandidaten des China Club in Berlin ist eine solch strenge Auslese obligatorisch: "Beitreten kann nur, wer von mindestens einem Mitglied empfohlen wurde oder sich mit Erfolg einer internen Kommission vorgestellt hat", so Geschäftsführerin Anne Maria Jagdfeld. Als Eintrittsgeld zahlt der Auserwählte einmalig 10.000 Euro sowie jedes Jahr 1500 Euro. Erst dann kann er, wie Verleger Langenscheidt, in die "verbotene Stadt" aufsteigen. Rund 700 Mitglieder nutzen die Clubräume auf dem Dach des Adlon-Hotels als "externes Wohnzimmer", sagt Jagdfeld. Ein Drittel komme aus Berlin, ein weiteres aus anderen Regionen Deutschlands, der Rest aus dem Ausland. Diese Mischung garantiere eine kosmopolitische Atmosphäre. Langenscheidt zieht es immer wieder in den China Club: "Die Küche ist großartig und die Umgebung angenehm diskret", so der Unternehmer, der auch Mitglied des Münchener Herrenclubs und im Vorstand der Atlantik-Brücke ist. Promitreffs wie das Berliner Restaurant Borchardt meidet er bewusst: "Bereits beim Betreten reißen alle die Köpfe hoch und starren später auf meinen Teller. Das brauche ich nicht." Zurückhaltend geht es auch in der 1860 errichteten Haller-Villa an der Hamburger Alster zu. Der Ort ist das Refugium des Anglo-German Club. Insider sprechen von einer der besten Kommunikationsadressen der Hansestadt. Mit garantierter Vertraulichkeit: Viele Beteiligungen, Übernahmen und andere Deals sollen hier besiegelt worden sein, doch Konkretes erfährt kein Außenstehender. Die rund tausend Mitglieder rekrutieren sich zu 70 Prozent aus der Hamburger Unternehmerschaft. Ein Who’s who der Reeder, Banker, Verleger und Mittelständler drückt sich die Klinke in die Hand. Legendär ist die "Mittwochsrunde" hanseatischer Bankiers, die unter der Ägide des früheren Bundesbankpräsidenten Karl Blessing in den 60er-Jahren stattfand. Von ihrer Existenz erfuhren Beobachter erst viele Jahre später. Netzwerken "riecht zu sehr nach Planung" "Protokolle wurden nicht erstellt", schmunzelt Claus-Günther Budelmann. Der Präsident des Anglo-German Club fühlt sich trotz exzellenter Kontakte nicht als moderner Netzwerker: "Das Wort finde ich furchtbar." Dem einstigen Mitinhaber und heutigen Gesellschafter der ältesten deutschen Privatbank, der Berenberg Bank, "riecht das zu sehr nach Planung". Nur ganz nebenbei merkt der Banker an, "dass es ja nicht schaden kann, wenn man sich kennt". Gegründet wurde der Anglo-German Club 1948, als es darum ging, die deutschbritischen Beziehungen "zum Nutzen der Allgemeinheit" zu fördern. Das Ambiente ist bis heute "very british": schwere Clubsessel, dunkelroter Teppich, antiquarische Accessoires – und selbstverständlich auch Kamine. Die Hausbroschüre erklärt der Außenwelt deren Bedeutung mit englischem Humor: "Gute Kamingespräche zeichnen sich kurioserweise oft dadurch aus, dass keiner einen Ton sagt. Noch kurioser ist, wie oft dieses beredte Schweigen zu einverständlichen Ergebnissen führt. Jedenfalls erfährt man auf diese Weise gelegentlich Dinge, lange bevor sie offiziell werden." Die Tatsache, dass Clubs dieser Art allesamt mehr oder weniger geschlossene Gesellschaften sind, liefert Nährstoff für abenteuerliche Theorien. In Deutschland pendeln sie zwischen Verschwörungszirkeln und Voodoozauber. Im Ausland gilt es als weit weniger anstößig, einem Eliteclub anzugehören. Im Gegenteil: Je exklusiver die Institution, desto größer die Ehre, dabei zu sein. Die Mitglieder der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft dürfen sich mit Fug und Recht als exklusiv verstehen. Klangvolle Namen zieren die Mitgliederliste, die auf 600 Persönlichkeiten begrenzt ist. Zum Beispiel Friedrich von Metzler, Inhaber des traditionsreichen Bankhauses. Vater und Onkel waren bereits Mitglied. Der Bankier sucht hier allerdings nicht die Nähe zu Branchenkollegen: "Ich sorge immer dafür, dass ich nicht an deren Tisch sitze", sagt er. Spannend sei doch gerade die Heterogenität der Umgebung. "Ich suche immer Gesprächspartner, die mir neue Sichtweisen vermitteln." Wegen der erstklassigen Kontakte in die Frankfurter Society empfiehlt Metzler gerade neu in die Stadt gekommenen Unternehmern die Mitgliedschaft: "Es gibt kein besseres Entree!" Zaghafte Emanzipationsbestrebungen Persönlich hätte der Bankier nichts dagegen, wenn auch Frauen häufiger über die Schwelle der Villa treten würden. Doch so alt wie der 1919 gegründete Club sind auch die Konventionen: Frauen dürfen nicht Mitglied werden, ausgenommen Konsulinnen und die Oberbürgermeisterin der Stadt, Petra Roth. Schon beim Betreten des Palais im Frankfurter Westend wird das Flair elitärer Männerbünde spürbar: prächtige Eichenvertäfelungen, Stuckornamente und handgedruckte Tapeten unterstreichen die neoklassizistische Architektur. Über dem Kamin prangt der altdeutsche Vers: "Wie die Glut zehrt von der Glut, wie der Brand sich entzündet am Brand, so lernt der Mann vom Manne im Gespräch." Doch behutsam, durch die Hintertür, erhalten Frauen Einlass in die geschlossene Männergesellschaft: Frauennetzwerke wie Zonta, Cosmopolitan und International Women’s Club dürfen den Gastrobereich zu festgelegten Terminen nutzen. Zaghafte Emanzipationsbestrebungen machen sich neuerdings auch im Hamburger Anglo-German Club bemerkbar. In Begleitung eines Mitglieds ist Hanseatinnen der "normale" Zutritt erlaubt, beim Herrenessen mit prominenten Gastrednern müssen sie noch draußen bleiben. Etwa wenn Thomas Mirow, Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau, über Wirtschaftsthemen parliert. "Das richtet sich doch ausschließlich an die Männerwelt", so Club-Präsident Budelmann. In die gleiche Kerbe schlägt Thomas Selter, Familienunternehmer in sechster Generation und Rotarier-Mitglied im sauerländischen Altena: "Wir waren von Anfang an ein Männerclub, und die meisten wollen keine Veränderung." Andernorts kratzen, gerade bei Neugründungen, gemischte Rotarier-Clubs am Altherrenverein-Image. Bei knapp über vier Prozent liegt der Frauenanteil in Deutschland. Zum Vergleich: Im "jungen" Berliner China Club sind es 30 Prozent. Regeln und Werte sind bei den Rotariern seit über 100 Jahren fast unverändert. Getreu der Maxime des selbstlosen Dienens organisieren sie weltweit soziale Projekte und sammeln Geld für Hilfsaktionen. In Deutschland tragen fast 50.000 Mitglieder das goldene Zahnrad, das Zeichen von Rotary, am Revers. Viele bekannte Namen sind darunter: Ex- Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und FDP-Ehrenvorsitzender Otto Graf Lambsdorff. Etliche "Freunde", wie sie sich untereinander nennen, sitzen in den Vorständen von Dax-Konzernen. In vielen Orten sind die Clubverzeichnisse nahezu identisch mit der örtlichen Hautevolee: "Jeder, der hier eine Fabrik hat, ist Mitglied", bestätigt Stricknadelhersteller Selter. Was nicht bedeutet, dass jeder willkommen ist: "Eher werden wir weniger, als dass wir uns verschlechtern", begründet Selter die strenge Auswahl. [mehr-zum-thema] Die Aufnahme erfolgt ausschließlich auf Empfehlung von Mitgliedern. Im Prinzip muss anschließend der gesamte Club grünes Licht geben, so Selter. So können die nahezu tausend über ganz Deutschland verstreuten Rotarier-Clubs die Auslese individuell steuern. Eine Regel gilt für alle: Nur ein Vertreter pro Berufsgruppe darf dem örtlichen Club angehören. So wollen die Rotarier reine Branchenstammtische verhindern. Auch Florian Langenscheidt war jahrelang Rotarier und rät besonders Unternehmern in Dienstleistungsbranchen zum Beitritt in einen der örtlichen Clubs. Dass eine Mitgliedschaft geschäftliche Beziehungen beflügeln kann, streitet auch Thomas Selter nicht ab. Wer allerdings auf penetrante Art "klüngeln" wolle, der manövriere sich schnell ins Abseits. Der Sauerländer ist seit Anfang der 80er-Jahre Rotarier. Viele "Freunde" sind mit ihm alt geworden, im Schnitt gehen die Mitglieder auf die 60 zu. Das Image als Rückzugsbasis älterer Semester haftet auch vielen anderen Traditionsclubs an. Der Hamburger Anglo-German Club leitete deshalb eine Verjüngungskur ein. Zielgruppe: karrierebewusste Junioren bis 31 Jahre. Sie zahlen lediglich 155 Euro Aufnahmegebühr und 100 Euro Jahresbeitrag. Den Young Fellows bietet sich die Chance, etwa beim monatlichen Jour fixe, die Expertise der "alten Hasen" ein zuholen: "Schon so mancher Kontakt hat dabei Türen geöffnet", bestätigt Club-Chef Budelmann. Wer der gediegenen Clubwelt der Old Boys nichts abgewinnen kann, muss nicht resignieren. Es gibt auch zeitgemäße Alternativen. Zum Beispiel die Entrepreneurs’ Organization (EO). Diesem Netzwerk gehören weltweit in 38 Ländern über 7000 Mitglieder an, in Deutschland sind es 150 junge Gründer, zum Großteil von IT-Firmen. So wie die 42-jährige Christiane Strasse, eine Hamburger Web-Unternehmerin. Mitten im prallen Leben, auf St. Pauli, betreibt sie Deutschlands führende internetbasierte Auftragsbörse für Freiberufler. Im Prinzip funktioniert das EO-Netzwerk nach der gleichen Strickart wie die altehrwürdigen Pendants: Man kennt sich, vertraut sich, lernt voneinander – und forciert die eigene Karriere. Auch hier liegt ein Hauch Exklusivität in der Luft. Allerdings verzichten die EO-Partner auf die heimliche Geschäftigkeit des Clublebens und kommen direkt zur Sache: Christiane Strasse trifft sich monatlich mit einer kleinen Gruppe zum Erfahrungsaustausch. Gastgeber ist ein Mitglied, das abends nach Feierabend in sein Büro einlädt: "Auf den Meetings wälzen wir Finanzierungsprobleme oder tauschen Marketingkonzepte aus." Das zweite Standbein bilden sogenannte Universities, die mehrmals im Jahr rund um den Globus stattfinden: mehrtägige Events mit Workshops, prominenten Gästen und einer Galanacht zum krönenden Abschluss. Die Kosten zahlt jedes Mitglied selbst, dazu kommt der jährliche Mitgliedsbeitrag von circa 1500 Euro. Aufgenommen wird auch hier nur, wer von einem Mitglied empfohlen wurde. Langenscheidt, Budelmann, Metzler und Selter hätten allerdings keine Chance: Wer älter ist als 47, muss draußen bleiben. Business-Clubs - die Top-Adressen Nichts für Anfänger: Wer Zutritt zu den folgenden exklusiven Zirkeln erhalten möchte, muss bereits erstklassige Kontakte und Empfehlungen mitbringen. Baden-Badener Unternehmergespräche Zweimal pro Jahr gehen Führungskräfte in eine dreiwöchige Klausur. Ziel: Firmenübergreifender Austausch mit Chefs aus den Top-Etagen von Wirtschaft, Politik und Wissenschaft, um langfristige persönliche Kontakte zu knüpfen. Zugang: Mindestens sieben Jahre Erfahrung in der Leitung eines Unternehmens und erkennbare Eignung für höchste Positionen. Nicht älter als 50 Jahre. Empfehlung über Zulassungsausschuss des Vorstands, der 120 namhafte Unternehmen vertritt. Kosten: keine Angaben. Kontakt: www.bbug.de Atlantik-Brücke Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht die Stärkung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Mehr als 500 führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft halten dieses Ziel lebendig. Angehende Führungskräfte können über das Young-Leaders-Programm ein hervorragendes Netzwerk aufbauen. Zugang: Berufung durch den Vorstand. Kosten: Der Vorstand legt die Beiträge individuell fest. Kontakt: www.atlantik-bruecke.org Industrie-Club Düsseldorf Ältester Club Deutschlands und einflussreiches Forum der Top-Entscheider des Rhein-Ruhr-Gebiets: 1200 Mitglieder, darunter auch Frauen. Zugang: Drei Bürgen, die selbst mindestens seit fünf Jahren Mitglied im Club sind. Kosten: 1000 Euro Aufnahmegebühr, 450 Euro Jahresbeitrag. Kontakt: www.industrie-club.de Übersee-Club Hamburg Treffpunkt hanseatischer Wirtschaftsführer und Politiker mit einem weitverzweigten Netz internationaler Partnerclubs. Zu den 2000 Mitgliedern gehören auch Frauen. Zugang: Empfehlung von zwei Bürgen aus dem Club. Kosten: Jahresmitgliedschaft 350 Euro, Aufnahmegebühr 350 Euro. Kontakt: www.ueberseeclub.de
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