Unternehmen mit Freund führen
„Bekommen wir es hin, das Private und Geschäftliche zu trennen?“

Wolfgang Meier und Marc Piechnik sind seit mehr als 30 Jahren beste Freunde. 2012 stieg Piechnik als Co-Geschäftsführer in Meiers Maschinenherstellerbetrieb Meier-Brakenberg ein. Bevor sie diesen Schritt wagten, diskutierten sie mit ihren Frauen und schrieben Pro- und Contra-Listen.

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Wolfgang Meier (links) hat seinen besten Freund Marc Piechnik als Geschäftsführer angestellt.
Wolfgang Meier (links) hat seinen besten Freund Marc Piechnik als Geschäftsführer angestellt.
© Noordhof/Redaktion LOHNUNTERNEHMEN

Marc Piechnik: „Bevor wir entschieden haben, dass ich in Wolfgangs Unternehmen einsteige, haben wir unsere Frauen um Rat gebeten. Denn nicht nur wir beide sind befreundet, auch unsere Familien. Wir fahren zum Beispiel gemeinsam in Ferienhäuser und in den Skiurlaub. Uns war es wichtig, ihre Meinungen zu hören und sie bewerten zu lassen was passiert, wenn die Zusammenarbeit in die Hose geht. Wie verhalten wir uns dann privat? Bekommen wir es hin, das Private und Geschäftliche zu trennen? Meine Frau ist recht kritisch, hat den Finger in die Wunde gelegt und gesagt: ‚Überlegt euch genau, ob es euch wert ist, eine Freundschaft, die seit dem siebten Lebensjahr besteht, zu riskieren. Könnt ihr euch hinterher noch in die Augen sehen?‘

Wir kennen uns seit der zweiten Klasse, seit 1977. Nach dem Schulabschluss hatten wir losen Kontakt, Wolfgang hat eine Ausbildung zum Landwirt gemacht und Agrarwissenschaften studiert, ich wurde Elektrotechniker und habe in Berlin studiert.

1995 hat Wolfgang den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters übernommen. 1998 hat er den Maschinenhersteller Firma Meier-Brakenberg gegründet. Ich bin in die Region zurückgekommen und habe bei einem Kupferdrahthersteller im Vertrieb gearbeitet. In einem Skiurlaub sprachen wir mehr übers Geschäft. Dort entstand die Idee, dass ich ins Unternehmen einsteige.

Wir haben dann Flipcharts mit Pro- und Contra-Listen skizziert. Bei Pro stand: Wir kennen uns gut und wissen, wie der Andere tickt. Wir können die Stärken und Schwächen des Anderen gut einschätzen und vertrauen einander.“

Wolfgang Meier: „Der große Vorteil, den ich sah: Wir konnten unsere Freundschaft intensivieren, weil wir mehr zusammen machen als sonst neben der Arbeit. Wir haben getrennte Arbeitsbereiche und tauschen uns zwar nicht den ganzen Tag aus, aber wir sehen uns täglich.

Außerdem kam durch Marc und mich Industrie und Landwirtschaft zusammen. Als gelernter Landwirt bin ich pragmatisch und entscheide aus dem Bauch heraus. Marc nimmt den Gegenpart ein: Er geht analytischer vor. Er weiß, wie man ein Industrieunternehmen aufbaut und führt.“

Marc Piechnik: „Bei Contra stand: Es kann passieren, dass wir verschiedene Meinungen dazu haben, wie sich das Unternehmen entwickeln soll. Das ist ein Risiko, ist aber bisher nicht passiert.

Für den Fall, dass wir nach zwei Jahren erkannt hätten, dass es in die Hose geht, ist Wolfgang 100 prozentiger Gesellschafter geblieben, ich bin angestellter Geschäftsführer. Diese Entscheidung haben wir bewusst getroffen, weil wir das als einen möglichen Knackpunkt sahen.

Wolfgang Meier: „Würden wir die Entscheidung heute nochmal treffen, würden wir einen Punkt anders angehen: Am Anfang haben wir unterschätzt, wie man richtig und offen kommuniziert. Ich war lange alleine Chef, plötzlich waren wir zu zweit. Das war für beide neu. Im ersten Jahr haben wir nicht klar formuliert, wie wir uns die Zukunft des Unternehmens vorstellen, was man verbessern kann. Wir waren unsicher, wie man Kritik anbringt, ohne dass es wehtut. Rückblickend hätten wir noch offener reden können.“

Marc Piechnik: „Ein Beispiel: Wir hatten eine Anfrage der Lufthansa für eine Hochdruckreinigungsstation zur Triebwerksreinigung. Wolfgang war sofort Feuer und Flamme ein Produkt für die Lufthansa anbieten und liefern zu können. Im Kopfkino setzten sich bei ihm schon die Bauteile für die frequenzgeregelte Hochdruckreinigungsstation zusammen. Ich sah hinter der Anfrage auch die umfangreiche Dokumentation, die bei Großbetrieben in der Industrie üblich ist und gefordert wurde. Für mich tat sich die Frage auf, ob wir das als mittelständische Firma lösen können.

Wir hätten sofort darüber sprechen müssen, wie wir das lösen – haben es aber nicht gemacht. So hat jeder für sich gewerkelt: Wolfgang wollte die technische Frage lösen, ich habe darüber nachgedacht, welchen Aufwand das hinter sich herzieht. Nach vier Wochen haben wir darüber gesprochen und beschlossen, dass wir den Auftrag nicht annehmen. Weil er für uns als kleines Unternehmen einen zu großen bürokratischen Aufwand mit sich zieht. Hätten wir uns früher ausgetauscht, hätten wir uns Arbeit gespart. Das haben wir gelernt und heute können wir uns dank unserer unterschiedlichen Herangehensweisen Entscheidungen gut abwägen.“

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