Strategie
150 Jahre Bayer: Wie alles mit einer Farbenfabrik begann

Die deutsche Chemieindustrie hat drei große Namen: Hoechst, BASF und Bayer. Sie haben Farben, Kunststoffe und Pillen entwickelt, fusioniert und sich spezialisiert. Bayer feiert in diesem Jahr Jubiläum: Vor 150 Jahren wurde das Unternehmen als kleine Farbenfabrik in Wuppertal-Barmen gegründet.

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Das älteste bekannte Firmenfoto aus dem Jahr 1863 zeigt Arbeiter des Werks Barmen an der Heckinghauser Brücke. Auf dem Bild ist unter anderem Heinrich Ritter (vermutlich rechts), der erste Geselle des Firmengründers Friedrich Bayer sen. zu sehen.
Das älteste bekannte Firmenfoto aus dem Jahr 1863 zeigt Arbeiter des Werks Barmen an der Heckinghauser Brücke. Auf dem Bild ist unter anderem Heinrich Ritter (vermutlich rechts), der erste Geselle des Firmengründers Friedrich Bayer sen. zu sehen.
© Bayer AG

Bayer-Chef Marijn Dekkers bittet an diesem Dienstag zu einem Großereignis nach Köln. Honoratioren aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport sind zu einem offiziellen Festakt ins Congresszentrum der KölnMesse geladen. Auch Kanzlerin Angela Merkel will kommen. Anlass ist ein Firmenjubiläum: Vor 150 Jahren, am 1. August 1863, wurde Bayer als kleine Farbenfabrik in Wuppertal-Barmen gegründet. Heute ist das Unternehmen ein weltweit agierender Pharma- und Chemiekonzern mit 110 500 Mitarbeitern und fast 40 Milliarden Euro Umsatz.

Das bekannteste Bayer-Produkt ist ein mehr als 100 Jahre altes Arzneimittel: Aspirin. Kein Haushalt, in dem die Schmerzpille aus der grün-weißen Schachtel mit eingeprägtem Bayer-Kreuz nicht zu finden ist. Das Medikament sei ein „pharmazeutisches Wunder“, schwärmt Bayer in seiner Firmenchronik „Meilensteine“. Nur ein anderes Mittel erreichte vorübergehend ähnliche, allerdings negative Berühmtheit: Der Blutfettsenker Lipobay, den Bayer 2001 vom Markt nahm, weil das Mittel im Verdacht stand, für den Tod von zahlreichen Patienten mitverantwortlich zu sein. Es war eine der tiefsten Krisen des Konzerns. Doch der damalige Vorstandschef Werner Wenning schaffte den Umschwung.

Wie die Chemie- und Pharmabranche in Deutschland insgesamt hat sich auch Bayer in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Immer mehr konzentrieren sich die Leverkusener auf den Bereich Life Science – das sind die Sparten Gesundheit und Pflanzschutz, die rund zwei Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaften. 2004 trennte sich der Konzern vom wenig lukrativen Chemiegeschäft, das später als Lanxess reüssierte. Die Pharmasparte wurde 2006 mit Schering, dem bislang teuersten Zukauf der Firmengeschichte, verschmolzen. Zuvor hatte Bayer seine Fotosparte Agfa verkauft und sich im Pflanzenschutz mit Aventis CropScience verstärkt. Heute umfasst die Produktpalette Medikamente und diagnostische Messgeräte, Insektizide und Saatgut bis hin zu hochwertigen Kunststoffen.

Firmensitz wird 1912 nach Leverkusen verlegt

Vor 150 Jahren hatten der Kaufmann Friedrich Bayer und Färber Johann Friedrich Weskott noch anderes im Sinn. Farben – das war der Lockruf des Geldes. Der Deutsch-Französische Krieg stand noch bevor, als die beiden die Fried. Bayer & Co gründeten. Nur wenige Monate zuvor war in der Nähe von Frankfurt eine Teerfarbenfabrik entstanden, aus der sich später ein anderer Chemiegigant entwickelte, Hoechst. Zwei Jahre später folgte BASF. Die deutsche Chemieindustrie war geboren.

Erste Produktionsanlagen entstanden im Ausland und Bayer wurde bald in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Unternehmen fasste Fuß in der Agrochemie sowie im Pharmabereich und verlegte seinen Sitz 1912 nach Leverkusen. Es folgte ein dunkles Kapitel, das die gesamte damalige deutsche Chemieindustrie betraf – ihre Komplizenschaft mit dem Terrorregime der Nazis.

Schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte Bayer seine Selbstständigkeit verloren, als das Unternehmen 1925 in der IG Farben aufgegangen war, zu der auch Hoechst, BASF und andere Firmen gehörten. Förderer der Fusion war der damalige Bayer-Chef Carl Duisberg, der sich bereits um die Jahrhundertwende für einen Zusammenschluss stark gemacht hatte. Mit der Umsetzung hatten die Nationalsozialisten später ein leichtes Spiel, den Koloss für ihre Kriegsmaschinerie und Gräueltaten einzusetzen.

Neugründung 1951

So war die IG Farben neben Degussa an dem Unternehmen Degesch beteiligt, dem Hersteller des Giftgases Zyklon B, mit dem die Nazis in den Vernichtungslagern Millionen von Menschen ermordeten. Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern gehörte in der deutschen Industrie zur Normalität. Laut Bayer waren es im IG-Werk Leverkusen im Herbst 1944 rund 4300 Menschen. Ein großer Teil des Unternehmenswachstums habe sich während der Kriegsjahre ereignet und sei auf Kosten der Opfer des Nationssozialismus gegangen, schreibt der Historiker Peter Hayes über die IG Farben.

Nach dem Krieg wurde der Riese zerschlagen und Bayer im Dezember 1951 neu gegründet. Der Konzern nahm Fahrt auf, baute sein Auslandsgeschäft kontinuierlich aus und entwickelte sich zu einem integrierten chemisch-pharmazeutischen Unternehmen. Heute stehen die Leverkusener auf den Säulen Gesundheit, Pflanzenschutz und hochwertige Kunststoffe. Mit Investitionen von mehr als 3 Milliarden Euro jährlich in Forschung und Entwicklung gehört Bayer zu den forschungsintensivsten Unternehmen in Deutschland.

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Bayer-Chef Marijn Dekkers bittet an diesem Dienstag zu einem Großereignis nach Köln. Honoratioren aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport sind zu einem offiziellen Festakt ins Congresszentrum der KölnMesse geladen. Auch Kanzlerin Angela Merkel will kommen. Anlass ist ein Firmenjubiläum: Vor 150 Jahren, am 1. August 1863, wurde Bayer als kleine Farbenfabrik in Wuppertal-Barmen gegründet. Heute ist das Unternehmen ein weltweit agierender Pharma- und Chemiekonzern mit 110 500 Mitarbeitern und fast 40 Milliarden Euro Umsatz. Das bekannteste Bayer-Produkt ist ein mehr als 100 Jahre altes Arzneimittel: Aspirin. Kein Haushalt, in dem die Schmerzpille aus der grün-weißen Schachtel mit eingeprägtem Bayer-Kreuz nicht zu finden ist. Das Medikament sei ein "pharmazeutisches Wunder", schwärmt Bayer in seiner Firmenchronik "Meilensteine". Nur ein anderes Mittel erreichte vorübergehend ähnliche, allerdings negative Berühmtheit: Der Blutfettsenker Lipobay, den Bayer 2001 vom Markt nahm, weil das Mittel im Verdacht stand, für den Tod von zahlreichen Patienten mitverantwortlich zu sein. Es war eine der tiefsten Krisen des Konzerns. Doch der damalige Vorstandschef Werner Wenning schaffte den Umschwung. Wie die Chemie- und Pharmabranche in Deutschland insgesamt hat sich auch Bayer in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Immer mehr konzentrieren sich die Leverkusener auf den Bereich Life Science - das sind die Sparten Gesundheit und Pflanzschutz, die rund zwei Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaften. 2004 trennte sich der Konzern vom wenig lukrativen Chemiegeschäft, das später als Lanxess reüssierte. Die Pharmasparte wurde 2006 mit Schering, dem bislang teuersten Zukauf der Firmengeschichte, verschmolzen. Zuvor hatte Bayer seine Fotosparte Agfa verkauft und sich im Pflanzenschutz mit Aventis CropScience verstärkt. Heute umfasst die Produktpalette Medikamente und diagnostische Messgeräte, Insektizide und Saatgut bis hin zu hochwertigen Kunststoffen. Firmensitz wird 1912 nach Leverkusen verlegt Vor 150 Jahren hatten der Kaufmann Friedrich Bayer und Färber Johann Friedrich Weskott noch anderes im Sinn. Farben - das war der Lockruf des Geldes. Der Deutsch-Französische Krieg stand noch bevor, als die beiden die Fried. Bayer & Co gründeten. Nur wenige Monate zuvor war in der Nähe von Frankfurt eine Teerfarbenfabrik entstanden, aus der sich später ein anderer Chemiegigant entwickelte, Hoechst. Zwei Jahre später folgte BASF. Die deutsche Chemieindustrie war geboren. Erste Produktionsanlagen entstanden im Ausland und Bayer wurde bald in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das Unternehmen fasste Fuß in der Agrochemie sowie im Pharmabereich und verlegte seinen Sitz 1912 nach Leverkusen. Es folgte ein dunkles Kapitel, das die gesamte damalige deutsche Chemieindustrie betraf - ihre Komplizenschaft mit dem Terrorregime der Nazis. Schon vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte Bayer seine Selbstständigkeit verloren, als das Unternehmen 1925 in der IG Farben aufgegangen war, zu der auch Hoechst, BASF und andere Firmen gehörten. Förderer der Fusion war der damalige Bayer-Chef Carl Duisberg, der sich bereits um die Jahrhundertwende für einen Zusammenschluss stark gemacht hatte. Mit der Umsetzung hatten die Nationalsozialisten später ein leichtes Spiel, den Koloss für ihre Kriegsmaschinerie und Gräueltaten einzusetzen. Neugründung 1951 So war die IG Farben neben Degussa an dem Unternehmen Degesch beteiligt, dem Hersteller des Giftgases Zyklon B, mit dem die Nazis in den Vernichtungslagern Millionen von Menschen ermordeten. Die Beschäftigung von Zwangsarbeitern gehörte in der deutschen Industrie zur Normalität. Laut Bayer waren es im IG-Werk Leverkusen im Herbst 1944 rund 4300 Menschen. Ein großer Teil des Unternehmenswachstums habe sich während der Kriegsjahre ereignet und sei auf Kosten der Opfer des Nationssozialismus gegangen, schreibt der Historiker Peter Hayes über die IG Farben. Nach dem Krieg wurde der Riese zerschlagen und Bayer im Dezember 1951 neu gegründet. Der Konzern nahm Fahrt auf, baute sein Auslandsgeschäft kontinuierlich aus und entwickelte sich zu einem integrierten chemisch-pharmazeutischen Unternehmen. Heute stehen die Leverkusener auf den Säulen Gesundheit, Pflanzenschutz und hochwertige Kunststoffe. Mit Investitionen von mehr als 3 Milliarden Euro jährlich in Forschung und Entwicklung gehört Bayer zu den forschungsintensivsten Unternehmen in Deutschland.
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