Chaotische Mitarbeiter
Wie bringt man kreativen Chaoten Disziplin bei?

Sie sind witzig, charmant und voller Ideen. Aber wenn sie Aufgaben fertig stellen und abliefern sollen, dann wird es kritisch. So bekommen Chefs kreative Chaoten in den Griff.

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Vom kreativen Chaos zur fein säuberlichen Struktur: Wie bringt man chaotische Mitarbeiter dazu, sich an Absprachen zu halten?
© patpitchaya / Fotolia.com

Diplom-Psychologe und Coach Peter Krumbach-Mollenhauer gibt Praxistipps, wie man schwierige Mitarbeiter führt.

impulse: Herr Krumbach-Mollenhauer, fast jeder Chef kennt sie: Mitarbeiter, die vor Ideen sprühen, aber selbst einfachste Routinen nicht abarbeiten können. Wie bringe ich so jemandem Disziplin bei?

Peter Krumbach-Mollenhauer: Solche Persönlichkeiten suchen nach Aufmerksamkeit. Das einfachste Mittel ist deshalb der „Liebesentzug“: Man kümmert sich nicht mehr so viel, man sorgt dafür, dass sie nicht mehr so viel Applaus bekommen. Man nimmt sie aus guten Arbeitskreisen raus, in denen sie sich schön präsentieren können. Kurz, man zieht sie aus dem Rampenlicht.

Warum sollte das einen erzieherischen Erfolg haben?

Nach einer Lehre der Persönlichkeitstypen werden diese Menschen der Farbe Gelb zugeordnet. Sie sind extrovertiert und beziehungsorientiert. Man spricht auch von initiativen Persönlichkeiten. Und solche Personen sind meist etwas narzisstisch. Sie stehen wie eine Diva gern im Mittelpunkt, zeigen sich, wollen unbedingt auffallen und Applaus einheimsen. Sie haben immer das neuste Smartphone, stylische Kleidung, irgendetwas zum „Anders-Sein“.

Chaotisch und selbstverliebt – warum sollte ich so jemanden überhaupt einstellen?

„Gelbe“ oder initiative Persönlichkeiten sind oft sehr sympathisch, humorvoll und sehr kreativ. Wir reden hier nicht über krankhafte Narzissten, sondern über Menschen, die bei einem Theaterstück eben nicht den Baum spielen wollen, sondern die Hauptrolle. Das Interessante ist: Solche Menschen gibt es eigentlich in jedem Unternehmen, da kann die Firma noch so bodenständig sein. Oft sind sie grandiose Netzwerker, mit Hinz und Kunz bekannt, was ich auch als Chef nutzen kann.

Zur Person
peter-krumbach Business-Coach Peter Krumbach-Mollenhauer ist geschäftsführender Gesellschafter der Beratungsgesellschaft hr-horizonte und Diplom-Psychologe. Sein Buch „Führen mit Psychologie“ ist im Wiley-Verlag erschienen.

Warum schaffen es solche kreativen Chaoten oft nicht, Aufgaben fertig zu stellen und Deadlines einzuhalten?

Sie langweilen sich schnell und arbeiten nach dem Lustprinzip: stürzen sich in alles, was Spaß macht, was sie witzig finden oder interessant. Aber bei Standards tun sie sich sehr schwer. Oft arbeiten „Diven“ im Marketing, in Werbeagenturen aber auch gerne im Vertrieb. Für sie ist es enorm schwierig, Leitplanken und Absprachen einzuhalten, weil denen auf dem Weg der Bearbeitung schon wieder etwas Neues einfällt. Dadurch reißen sie Deadlines.

Klingt anstrengend.

Ja, man läuft denen häufig hinterher. Ich habe selbst solche Mitarbeiter gehabt, die gibt es nämlich auch in der Beraterbranche. Die können zum Beispiel keine Reisekostenabrechnung erstellen. Dann fehlen Belege und die Hälfte der Rechnungen sind Eigenbelege. Wenn man sie nach mehrmaliger Erklärung fragt: „Wie kann das sein?“ – dann sind sie schwer genervt.

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Wenn ich dann zur „Bestrafung“ greife und dem Mitarbeiter – wie Sie vorschlagen – die Bühne entziehe, dann ist er doch sicher beleidigt.

Richtig, daher muss man erklären, warum man das tut. Man muss deutlich machen: Wenn du dich nicht an die Regeln hältst,  schadest du dir selbst. Erst wenn sie die Nachteile zu spüren bekommen, merken sie: Ich muss mich ändern. Was schön ist: Solche Menschen sind in der Regel nicht nachtragend. Wenn man die anzählt, ist das morgen oft schon wieder vergessen. Deshalb kann man diese „gelben“ Mitarbeiter bestimmter anfassen als zum Beispiel Menschen, die eher eine „grüne“ Persönlichkeitsstruktur haben.

Was verstehen Sie unter einer klaren Ansage? Etwa: Du muss die Reisekostenabrechnung machen, sonst gibt es Ärger?

Nein, ich würde dem Mitarbeiter sagen: Du musst die Reisekostenabrechnung machen, weil du hier ein Vorbild bist. Du bist jemand, auf den die Kollegen  schauen. Wenn du die Regeln brichst,  machst du ein riesiges Fass auf. Die anderen tolerieren nicht, dass für dich andere Regeln gelten.

Wie kann ich so einem Chaoten im Alltag dabei helfen, Routinen durchzuhalten und Ziele wirklich zu erreichen?

Ich kann diese Person durch andere ergänzen. Bei solchen Menschen würde ich wirklich die Stärken nutzen und das, was die nicht können, von jemand anderem bearbeiten lassen.

Und wenn ich keinen anderen habe?

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Dann muss ich den Mitarbeiter unterstützen. Ich muss häufig fragen: Wie läuft es? Ich muss mir Ergebnisse anschauen und ihm aufzeigen, was es für Auswirkungen hat, wenn er Dinge nicht richtig fertig macht.

Wie spreche ich eine solche Kritik richtig aus?

Wichtig ist zu wissen: Gelbe Persönlichkeitstypen sind nicht empfänglich für Argumente auf der Sachebene. Ich muss auf einer Beziehungsebene mit dem Mitarbeiter reden. Zum Beispiel so: „Ich verstehe, dass das nicht deine Leidenschaft ist. Mich quält diese Aufgabe auch. Aber komm, wir ziehen das jetzt durch.“

Sie sagen, man soll die Stärken solcher Typen nutzen. Was sind denn das für Stärken?

Diese Menschen sind oft super vernetzt. So jemanden kann ich als Führungskraft etwa losschicken, wenn ich etwa was aus der IT brauche, denn der hat mit dem ITler bei der letzten Weihnachtsfeier das Licht ausgeknipst. Außerdem sind solche Menschen unglaublich aufgeschlossen für Veränderungen und Neues. Sie können gut Leute motivieren, können Freude in Gruppen bringen. Sie sind gut in Projekten, die sich festgefahren haben, weil sie nämlich immer noch eine neue Idee haben, wie man es anders machen könnte. Und sie sind auch gut in Verhandlungen.

Warum?

Sie können mal fünf gerade sein lassen. Sie können den Weg der Sachlogik verlassen, das heißt, sie folgen gedanklich nicht dem Mainstream, sondern denken über die üblichen Standards hinaus. Solche Menschen beherrschen Kreativitätstechniken und helfen deshalb auch in festgefahrenen Verhandlungen. Sie können nämlich Alternativen entwickeln und auch eine andere Beziehung zum Gegenüber aufbauen. Das ist grandios, dieses Talent gilt es zu nutzen.

Diplom-Psychologe und Coach Peter Krumbach-Mollenhauer gibt Praxistipps, wie man schwierige Mitarbeiter führt. impulse: Herr Krumbach-Mollenhauer, fast jeder Chef kennt sie: Mitarbeiter, die vor Ideen sprühen, aber selbst einfachste Routinen nicht abarbeiten können. Wie bringe ich so jemandem Disziplin bei? Peter Krumbach-Mollenhauer: Solche Persönlichkeiten suchen nach Aufmerksamkeit. Das einfachste Mittel ist deshalb der „Liebesentzug“: Man kümmert sich nicht mehr so viel, man sorgt dafür, dass sie nicht mehr so viel Applaus bekommen. Man nimmt sie aus guten Arbeitskreisen raus, in denen sie sich schön präsentieren können. Kurz, man zieht sie aus dem Rampenlicht. Warum sollte das einen erzieherischen Erfolg haben? Nach einer Lehre der Persönlichkeitstypen werden diese Menschen der Farbe Gelb zugeordnet. Sie sind extrovertiert und beziehungsorientiert. Man spricht auch von initiativen Persönlichkeiten. Und solche Personen sind meist etwas narzisstisch. Sie stehen wie eine Diva gern im Mittelpunkt, zeigen sich, wollen unbedingt auffallen und Applaus einheimsen. Sie haben immer das neuste Smartphone, stylische Kleidung, irgendetwas zum „Anders-Sein“. Chaotisch und selbstverliebt - warum sollte ich so jemanden überhaupt einstellen? "Gelbe" oder initiative Persönlichkeiten sind oft sehr sympathisch, humorvoll und sehr kreativ. Wir reden hier nicht über krankhafte Narzissten, sondern über Menschen, die bei einem Theaterstück eben nicht den Baum spielen wollen, sondern die Hauptrolle. Das Interessante ist: Solche Menschen gibt es eigentlich in jedem Unternehmen, da kann die Firma noch so bodenständig sein. Oft sind sie grandiose Netzwerker, mit Hinz und Kunz bekannt, was ich auch als Chef nutzen kann. Warum schaffen es solche kreativen Chaoten oft nicht, Aufgaben fertig zu stellen und Deadlines einzuhalten? Sie langweilen sich schnell und arbeiten nach dem Lustprinzip: stürzen sich in alles, was Spaß macht, was sie witzig finden oder interessant. Aber bei Standards tun sie sich sehr schwer. Oft arbeiten "Diven" im Marketing, in Werbeagenturen aber auch gerne im Vertrieb. Für sie ist es enorm schwierig, Leitplanken und Absprachen einzuhalten, weil denen auf dem Weg der Bearbeitung schon wieder etwas Neues einfällt. Dadurch reißen sie Deadlines. Klingt anstrengend. Ja, man läuft denen häufig hinterher. Ich habe selbst solche Mitarbeiter gehabt, die gibt es nämlich auch in der Beraterbranche. Die können zum Beispiel keine Reisekostenabrechnung erstellen. Dann fehlen Belege und die Hälfte der Rechnungen sind Eigenbelege. Wenn man sie nach mehrmaliger Erklärung fragt: „Wie kann das sein?“ – dann sind sie schwer genervt. Wenn ich dann zur „Bestrafung“ greife und dem Mitarbeiter – wie Sie vorschlagen – die Bühne entziehe, dann ist er doch sicher beleidigt. Richtig, daher muss man erklären, warum man das tut. Man muss deutlich machen: Wenn du dich nicht an die Regeln hältst,  schadest du dir selbst. Erst wenn sie die Nachteile zu spüren bekommen, merken sie: Ich muss mich ändern. Was schön ist: Solche Menschen sind in der Regel nicht nachtragend. Wenn man die anzählt, ist das morgen oft schon wieder vergessen. Deshalb kann man diese „gelben“ Mitarbeiter bestimmter anfassen als zum Beispiel Menschen, die eher eine „grüne“ Persönlichkeitsstruktur haben. Was verstehen Sie unter einer klaren Ansage? Etwa: Du muss die Reisekostenabrechnung machen, sonst gibt es Ärger? Nein, ich würde dem Mitarbeiter sagen: Du musst die Reisekostenabrechnung machen, weil du hier ein Vorbild bist. Du bist jemand, auf den die Kollegen  schauen. Wenn du die Regeln brichst,  machst du ein riesiges Fass auf. Die anderen tolerieren nicht, dass für dich andere Regeln gelten. Wie kann ich so einem Chaoten im Alltag dabei helfen, Routinen durchzuhalten und Ziele wirklich zu erreichen? Ich kann diese Person durch andere ergänzen. Bei solchen Menschen würde ich wirklich die Stärken nutzen und das, was die nicht können, von jemand anderem bearbeiten lassen. Und wenn ich keinen anderen habe? Dann muss ich den Mitarbeiter unterstützen. Ich muss häufig fragen: Wie läuft es? Ich muss mir Ergebnisse anschauen und ihm aufzeigen, was es für Auswirkungen hat, wenn er Dinge nicht richtig fertig macht. Wie spreche ich eine solche Kritik richtig aus? Wichtig ist zu wissen: Gelbe Persönlichkeitstypen sind nicht empfänglich für Argumente auf der Sachebene. Ich muss auf einer Beziehungsebene mit dem Mitarbeiter reden. Zum Beispiel so: „Ich verstehe, dass das nicht deine Leidenschaft ist. Mich quält diese Aufgabe auch. Aber komm, wir ziehen das jetzt durch.“ Sie sagen, man soll die Stärken solcher Typen nutzen. Was sind denn das für Stärken? Diese Menschen sind oft super vernetzt. So jemanden kann ich als Führungskraft etwa losschicken, wenn ich etwa was aus der IT brauche, denn der hat mit dem ITler bei der letzten Weihnachtsfeier das Licht ausgeknipst. Außerdem sind solche Menschen unglaublich aufgeschlossen für Veränderungen und Neues. Sie können gut Leute motivieren, können Freude in Gruppen bringen. Sie sind gut in Projekten, die sich festgefahren haben, weil sie nämlich immer noch eine neue Idee haben, wie man es anders machen könnte. Und sie sind auch gut in Verhandlungen. Warum? Sie können mal fünf gerade sein lassen. Sie können den Weg der Sachlogik verlassen, das heißt, sie folgen gedanklich nicht dem Mainstream, sondern denken über die üblichen Standards hinaus. Solche Menschen beherrschen Kreativitätstechniken und helfen deshalb auch in festgefahrenen Verhandlungen. Sie können nämlich Alternativen entwickeln und auch eine andere Beziehung zum Gegenüber aufbauen. Das ist grandios, dieses Talent gilt es zu nutzen.
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