Dankbarkeit
Diese Fähigkeit guter Führungskräfte wird chronisch unterschätzt

Was muss eine gute Führungskraft können? Probleme lösen, klar kommunizieren, gut zuhören? Bestimmt, aber nicht nur. Eine wichtige Fähigkeit wird viel zu oft übersehen.

, von

Kommentieren
Dank an Mitarbeiter
© simarik / iStock / Getty Images Plus

Ich war mal im Urlaub auf Kreta. Und ich fand es interessant, wie unterschiedlich manche Miturlauber ein und denselben Urlaubsort bewerteten. Ich fand das Hotel sauber. Das Essen lecker. Die Restaurants stilvoll. Den Ausblick fantastisch.

Und trotzdem traf ich ihn allerorten: den Me­­­­ckerer. Der Meckerer beklagt etwa in Olivenöl getränktes Essen – in Griechenla­­­­nd! Der Meckerer beschwert sich, dass der Sand zu grobkörnig sei. Der Meckerer findet die Sonnenschirme zu klein, den Wein zu süffig, die Pommes zu kalt.

Ich meckere auch gerne – über Meckerer. Wenig geht mir so auf den Zeiger wie verwöhnte Mitmenschen, die es anscheinend völlig verlernt haben, dankbar zu sein.

Dankbarkeit zu empfinden ist für mich eine zentrale Fähigkeit, die jeder Mensch üben sollte – vor allem jene, die ein Unternehmen oder andere Menschen führen. Und zwar aus diesen Gründen:

1. Dankbarkeit motiviert

Wer dankbar ist, der fokussiert sich auf das Gute in seinem Leben. Er kann Erfolge mehr genießen – was wiederum motivierend ist, nach noch mehr Erfolg zu streben.

2. Dankbarkeit hilft uns, Misserfolge wegzustecken

Wer sich im Urlaub von einem zu süffigen Wein den Abend verderben lässt, dem ist der Kompass verloren gegangen, was wirklich wichtig ist. Wer aber mit einer grundsätzlichen Dankbarkeit durchs Leben geht, der kann Negatives und Misserfolge in Perspektive setzen – und sie so besser wegstecken.

Zur Person
Nicole BaselNicole Basel leitet als Chefredakteurin die impulse-Redaktion. Sie schreibt vor allem zu Führungs- und Marketingthemen. Ihre Newsletter "Erfolgreich führen" und "Erfolgreich texten" erreichen jede Wochen zigtausend Leserinnen und Leser.

3. Dankbarkeit hilft uns, funktionierende Beziehungen einzugehen

Die meisten von uns umgeben sich lieber mit Menschen, die das Positive (in uns) sehen, als mit solchen, die immer was zu kritisieren haben. Mit Menschen, die Dankbarkeit ausstrahlen, arbeitet man gerne zusammen, sie haben positive Energie.

Eine Führungskraft, die Dankbarkeit empfindet, wird in ihrer Führungsarbeit instinktiv vieles richtigmachen: Sie wird sich zum Beispiel eher darauf konzentrieren, die Stärken ihrer Mitarbeitenden zu fördern, als an den Schwächen rumzudoktern.

4. Dankbarkeit fühlt sich gut an

Wer es sich zur Routine macht, darüber nachzudenken, was an einem Tag Gutes passiert ist, wird schnell merken: Dankbarkeit vertreibt sehr zuverlässig Bitterkeit, Eifersucht, Ärger, Groll – all die Gefühle, die uns kein Stück voranbringen. (Und das ist nicht nur meine Erfahrung, sondern in psychologischen Studien vielfach untersucht, nachzulesen zum Beispiel im Magazin Psychological Science oder im Journal of Personality and Social Psychology.)

5. Dankbarkeit kennt kein Limit

Diesen Gedanken der Keynote-Speakerin Erika Andersen habe ich auf Forbes gelesen – und fand ihn toll: Dankbarkeit kennt keine Obergrenze. Man kann so sehr dankbar sein, wie man möchte.

6. Dankbarkeit kann man trainieren

Im Vergleich zu anderen Emotionen, wie zum Beispiel Freude, kann man Dankbarkeit recht gut selbst erzeugen. Eine gute Übung ist es, abends darüber nachzudenken (oder gar aufzuschreiben), was an dem Tag gut war. Habe ich jemandem geholfen? Hat das Essen gut geschmeckt? Sind die Rückenschmerzen endlich verschwunden? Habe ich jemandem zum Lachen gebracht? Hat die Sonne geschienen? Hatte ich bei der Arbeit eine gute Idee? Mit zunehmender Übung werden einem immer mehr Dinge auffallen, für die man dankbar sein kann.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaften - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Diese Übung, das schreibe ich aus eigener Erfahrung, ist Gold wert. Wer es gewohnt ist, sich auf das Positive zu fokussieren, wird sich auch an Misttagen nicht entmutigen lassen. Er kann seine Gedanken davon abhalten, um das Negative zu kreisen – und so auch besser ein- und durchschlafen.

7. Nur wer Dankbarkeit empfindet, kann richtig danke sagen

Auf Ratgeberseiten für Führungskräfte (so auch auf impulse.de) findet man massenweise Artikel darüber, wie man sich bei seinen Mitarbeitenden bedanken kann:

„10 kreative Wege, Danke zu sagen“

„So bedanken Sie sich bei Ihren Mitarbeitern“

„Warum Wertschätzung ein Muss für jede Führungskraft ist“

Und ich sehe es direkt vor mir: Wie auf Jubiläumsfeiern Blumensträuße verteilt („Bettina ist seit 20 Jahren unsere gute Seele“) und bei der Weihnachtsfeier Weinflaschen übergeben werden („Martin ist dieses Jahr besonders über sich hinausgewachsen“).

Danke zu sagen, ist in der Tat eine gute Sache – allerdings nur, wenn der Dank ernstgemeint ist. Ein Danke, hinter dem keine Dankbarkeit steckt, wird nämlich sofort als unecht enttarnt. Und anstatt sich zu freuen, wird Bettina denken: „Die Blumen kannst du dir sonst wohin stecken, gib mir lieber mal eine Gehaltserhöhung.“

Wer dagegen echte Dankbarkeit ausstrahlt, der wird vom Gegenüber oft mit Loyalität belohnt.

In eigener Sache
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
Für Unternehmerinnen und Unternehmer
Das ChatGPT-Prompt-Handbuch
17 Seiten Prompt-Tipps, Anwendungsbeispiele und über 100 Beispiel-Prompts
Ich war mal im Urlaub auf Kreta. Und ich fand es interessant, wie unterschiedlich manche Miturlauber ein und denselben Urlaubsort bewerteten. Ich fand das Hotel sauber. Das Essen lecker. Die Restaurants stilvoll. Den Ausblick fantastisch. Und trotzdem traf ich ihn allerorten: den Me­­­­ckerer. Der Meckerer beklagt etwa in Olivenöl getränktes Essen – in Griechenla­­­­nd! Der Meckerer beschwert sich, dass der Sand zu grobkörnig sei. Der Meckerer findet die Sonnenschirme zu klein, den Wein zu süffig, die Pommes zu kalt. Ich meckere auch gerne – über Meckerer. Wenig geht mir so auf den Zeiger wie verwöhnte Mitmenschen, die es anscheinend völlig verlernt haben, dankbar zu sein. Dankbarkeit zu empfinden ist für mich eine zentrale Fähigkeit, die jeder Mensch üben sollte – vor allem jene, die ein Unternehmen oder andere Menschen führen. Und zwar aus diesen Gründen: 1. Dankbarkeit motiviert Wer dankbar ist, der fokussiert sich auf das Gute in seinem Leben. Er kann Erfolge mehr genießen – was wiederum motivierend ist, nach noch mehr Erfolg zu streben. 2. Dankbarkeit hilft uns, Misserfolge wegzustecken Wer sich im Urlaub von einem zu süffigen Wein den Abend verderben lässt, dem ist der Kompass verloren gegangen, was wirklich wichtig ist. Wer aber mit einer grundsätzlichen Dankbarkeit durchs Leben geht, der kann Negatives und Misserfolge in Perspektive setzen – und sie so besser wegstecken. [zur-person] 3. Dankbarkeit hilft uns, funktionierende Beziehungen einzugehen Die meisten von uns umgeben sich lieber mit Menschen, die das Positive (in uns) sehen, als mit solchen, die immer was zu kritisieren haben. Mit Menschen, die Dankbarkeit ausstrahlen, arbeitet man gerne zusammen, sie haben positive Energie. Eine Führungskraft, die Dankbarkeit empfindet, wird in ihrer Führungsarbeit instinktiv vieles richtigmachen: Sie wird sich zum Beispiel eher darauf konzentrieren, die Stärken ihrer Mitarbeitenden zu fördern, als an den Schwächen rumzudoktern. 4. Dankbarkeit fühlt sich gut an Wer es sich zur Routine macht, darüber nachzudenken, was an einem Tag Gutes passiert ist, wird schnell merken: Dankbarkeit vertreibt sehr zuverlässig Bitterkeit, Eifersucht, Ärger, Groll – all die Gefühle, die uns kein Stück voranbringen. (Und das ist nicht nur meine Erfahrung, sondern in psychologischen Studien vielfach untersucht, nachzulesen zum Beispiel im Magazin Psychological Science oder im Journal of Personality and Social Psychology.) 5. Dankbarkeit kennt kein Limit Diesen Gedanken der Keynote-Speakerin Erika Andersen habe ich auf Forbes gelesen – und fand ihn toll: Dankbarkeit kennt keine Obergrenze. Man kann so sehr dankbar sein, wie man möchte. 6. Dankbarkeit kann man trainieren Im Vergleich zu anderen Emotionen, wie zum Beispiel Freude, kann man Dankbarkeit recht gut selbst erzeugen. Eine gute Übung ist es, abends darüber nachzudenken (oder gar aufzuschreiben), was an dem Tag gut war. Habe ich jemandem geholfen? Hat das Essen gut geschmeckt? Sind die Rückenschmerzen endlich verschwunden? Habe ich jemandem zum Lachen gebracht? Hat die Sonne geschienen? Hatte ich bei der Arbeit eine gute Idee? Mit zunehmender Übung werden einem immer mehr Dinge auffallen, für die man dankbar sein kann. Diese Übung, das schreibe ich aus eigener Erfahrung, ist Gold wert. Wer es gewohnt ist, sich auf das Positive zu fokussieren, wird sich auch an Misttagen nicht entmutigen lassen. Er kann seine Gedanken davon abhalten, um das Negative zu kreisen - und so auch besser ein- und durchschlafen. [mehr-zum-thema] 7. Nur wer Dankbarkeit empfindet, kann richtig danke sagen Auf Ratgeberseiten für Führungskräfte (so auch auf impulse.de) findet man massenweise Artikel darüber, wie man sich bei seinen Mitarbeitenden bedanken kann: „10 kreative Wege, Danke zu sagen“ „So bedanken Sie sich bei Ihren Mitarbeitern“ „Warum Wertschätzung ein Muss für jede Führungskraft ist“ Und ich sehe es direkt vor mir: Wie auf Jubiläumsfeiern Blumensträuße verteilt („Bettina ist seit 20 Jahren unsere gute Seele“) und bei der Weihnachtsfeier Weinflaschen übergeben werden („Martin ist dieses Jahr besonders über sich hinausgewachsen“). Danke zu sagen, ist in der Tat eine gute Sache – allerdings nur, wenn der Dank ernstgemeint ist. Ein Danke, hinter dem keine Dankbarkeit steckt, wird nämlich sofort als unecht enttarnt. Und anstatt sich zu freuen, wird Bettina denken: „Die Blumen kannst du dir sonst wohin stecken, gib mir lieber mal eine Gehaltserhöhung.“ Wer dagegen echte Dankbarkeit ausstrahlt, der wird vom Gegenüber oft mit Loyalität belohnt.
Mehr lesen über