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Vor dem Urlaub noch schnell das Projekt zu Ende bringen, dann eine Woche Fahrradtour durch Italien, von da direkt zur Hochzeit der besten Freunde und schon ist der Urlaub vorbei. Wirklich entspannt fühlt man sich nicht, sondern eher müde und gestresst. Das Problem: Die Erholung im Urlaub ist zu kurz gekommen. Denn Urlaub zu haben, bedeutet nicht automatisch, dass man sich danach erholt fühlt. Wie du dafür sorgst, dass es mit der Entspannung klappt.
Wann setzt Erholung im Urlaub ein?
Wegfahren, einen Tag runterkommen und zack, entspannt sein – das wünschen sich wahrscheinlich viele Menschen. Doch so einfach lässt sich Erholung nicht herbeirufen. „Erholung heißt, körperlichen und mentalen Stress auszugleichen und Ressourcen wiederherzustellen“, sagt Ben Baak, Autor des Buchs „Du kannst dich mal … gesund erholen“. Wer im Alltag dauerhaft unter Stress steht, braucht manchmal ein paar Tage, bis der Stresspegel gesunken ist. Gerade wenn die letzte Zeit vor dem Urlaub sehr anstrengend war.
Viele werden auch erstmal krank, wenn sie frei haben – oder fühlen sich zunächst müde im Urlaub und sind erschöpft. „Es ist individuell sehr unterschiedlich, wie viel Zeit wir brauchen, um uns zu erholen – und auch eine Frage des Erholungsbedarfs. Ein überladener und vollgepackter Urlaub kann der Erholung im Weg stehen, die Regeneration verzögern und so die Erholungsdauer zusätzlich verlängern.“
Verschiedene Umstände erschweren das Abschalten zusätzlich. Die gute Nachricht: Schon kleine Änderungen führen dazu, dass du dich im Urlaub besser erholst. Diese Tipps helfen:
1. Abwesenheit vorbereiten
Ein erholsamer Urlaub beginnt schon in der Vorbereitung. Denn wie sollst du entspannen, wenn ständig Anrufe aus dem Unternehmen reinkommen? Kläre daher vor deiner Abwesenheit Folgendes:
- Wer übernimmt deine Aufgaben?
- Wer ist Ansprechpartner bei Problemen?
- In welchen Notfällen ist es in Ordnung, dass man dich auch im Urlaub anruft?
Vielen Führungskräften falle diese Abgrenzung schwer, sagt Experte Baak: „Chefs und Chefinnen dürfen lernen, dass sie nicht immer zur Seite stehen müssen, sondern ihrem Team vertrauen und Verantwortung übertragen.“
Wie streng man sich im Urlaub abkoppelt, sei typabhängig, so Baak weiter: „Je stärker der Alltag jemanden belastet, desto wichtiger ist es, konsequent Abstand zu gewinnen.“ Wer sich auch während des Urlaubs partout nicht komplett rausnehmen will, sollte den Experten zufolge feste Zeitfenster festlegen, in denen Mitarbeitende sich mit drängenden Problemen melden können. Für manche könne es der richtige Weg sein, das Diensthandy abgesehen von diesen Zeiten auszuschalten. „Sonst fragt man sich bei jedem Vibrieren in der Hosentasche: ‚Was kommt jetzt? Bin ich gefordert?‘ So kann kein Regenerationsmodus entstehen.“
2. Lieber nicht zu viel vornehmen
Freunde treffen, wandern gehen, ans Meer fahren – manche nehmen sich für den Urlaub viel vor, um die Zeit optimal zu nutzen. Und wenn es dann so weit ist, denken sie: „Der Urlaub stresst mich.“ Doch gerade zu Beginn des Urlaubs sollte die Regeneration an erster Stelle stehen, sagt Experte Baak. Das heißt: entschleunigen, nicht zu viel vornehmen und sich Erholungszeit schenken.
Der Urlaub sollte nicht in Freizeitstress münden. Baak: „Ich habe schon oft erlebt, dass Menschen aus einem bewegungsarmen Alltag in einen sportgefüllten Aktivurlaub gehen – damit kann man sich schnell übernehmen.“ Wenn du dich sonst eher wenig bewegst, solltest du daher nicht unterschätzen, dass Bewegung im Urlaub auch Anstrengung bedeutet.
Überlege deshalb schon vor dem Urlaub:
- Wie sieht dein idealer Tag aus?
- Was würdest du im Urlaub nur machen, weil du dich verpflichtet fühlst – und worauf hast du wirklich Lust?
3. Zeit für Gutes nutzen
„Wenn man morgens nicht früh rausmuss, neigen viele dazu, die Schlafzeiten nach hinten zu verschieben“, sagt Baak. Der Experte rät jedoch dazu, auch im Urlaub einen ähnlichen Rhythmus beizubehalten.
Späte Schlafzeiten gehen häufig mit Verhaltensweisen einher, die die Regeneration stören: üppiges Essen und Alkohol, feiern bis spät nachts. Andere verbringen ihre freie Zeit auf Social Media oder vor dem Fernseher. Zwar muss man Baak zufolge nicht streng auf all das verzichten und darf sich durchaus dem Nichtstun oder der Langeweile hingeben. Dennoch rät er, in der gewonnenen Freizeit auch bewusst Dinge zu tun, die wirklich guttun, um sich richtig erholen zu können: Zeit an der frischen Luft verbringen beispielsweise, ein gutes Buch lesen oder Musik hören.
4. Neues lernen und ausprobieren
„Für unser Gehirn sind neue Dinge unheimlich erfrischend, sie lassen neue neuronale Strukturen entstehen – das ist total wertvoll“, sagt Baak. Der Urlaub sei eine ideale Zeit, um mit Leichtigkeit, ohne Druck und vollen Terminkalender Neues auszuprobieren: Meditation, Atemübungen, Reisen, Sport, ein neues Hobby. Wichtig dabei: „Es geht nicht darum, das Maximale zu leisten oder die nächste Prüfung abzulegen – sondern die Zeit als Gewinn zu sehen“, so der Experte weiter.
5. Gewohnheiten hinterfragen
Im Trubel des Alltags hast du möglicherweise Gewohnheiten aufgebaut, die im Urlaub wegfallen – und ohne die du dich besser fühlst. Auch schafft der Urlaub Baak zufolge ein neues Bewusstsein für kleine Dinge: „Manchmal ist es erholsam, an einem schönen Ort anzukommen und einen tiefen Atemzug zu nehmen.“
Der Experte empfiehlt, solche Veränderungen im Urlaub bewusst zu reflektieren:
- Was fordert dich im Alltag? Was stresst dich?
- Was tut dir im Urlaub gut, womit du dich leistungsfähiger fühlst?
- Wie ließe sich das auf deinen Alltag übertragen?
6. Erholung in den Alltag mitnehmen
Nach dem Urlaub solltest du genügend Zeit einplanen, um in Ruhe wieder anzukommen und nicht direkt vom vollen Terminkalender überrollt zu werden. Nimm dir einen Tag, dich in Ruhe zu orientieren und zu prüfen, was in deiner Abwesenheit passiert ist. Hier gilt es vor allem, realistisch zu bleiben: „Nach zwei Wochen Urlaub wird der Alltag nicht schlagartig anders aussehen und die vorherigen Herausforderungen werden nicht weg sein. Deswegen macht es Sinn, nicht alles auf den Kopf zu stellen, sondern kleine Routinen aufrechtzuerhalten, die im Urlaub entspannend waren“, sagt Baak.
Falls du dich beispielsweise im Alltag bisher wenig bewegst, dir etwas mehr Aktivität im Urlaub aber gutgetan hat, würden schon 20 Minuten Spazierengehen am Tag einen deutlichen Unterschied machen. Manche Besprechungen lassen sich vielleicht auch im Gehen erledigen. Dich hat eher das Lesen entspannt? Statt dir vorzunehmen, jede Woche ein Buch zu lesen, wäre jeden Abend ein Kapitel ein guter erster Schritt, um die Entspannung nachhaltig in die Alltag zu übertragen. „Man kann den Urlaub nutzen, um diese Routinen zu entwickeln und sie in kompakter Form ins alltägliche Leben zu integrieren“, sagt Baak.
Egal, wie erholsam du deinen Urlaub gestaltest, für Baak zählt vor allem, dass der Alltag möglichst stressarm ist und genügend Raum für Ausgleich bietet: „Urlaub ist nur eine Komponente von Erholung. Die kann dauerhafte Belastungen nicht ausgleichen. Entscheidend ist deshalb, was wir an den restlichen über 300 Tagen im Jahr machen.“ Erholung im Urlaub ist also wichtig, für eine gute Erholung im Alltag aber nur ein Baustein von vielen, um abschalten zu lernen.
Ben Baak ist Speaker, Coach und promovierter Sportwissenschaftler aus Korschenbroich bei Düsseldorf. Er beschäftigt sich vor allem damit, wie man Sport und gesunde Bewegung in den Alltag integriert. Baak ist Autor des Buchs „Du kannst dich mal … gesund erholen“ (KVM - Der Medizinverlag, 19,80 Euro).
