Konflikte in Familienunternehmen
Schluss mit Streitereien! So wahren Unternehmerfamilien den Frieden

Der Vater gerät ständig mit der Tochter aneinander, der Bruder spricht kein Wort mehr mit der Schwester. In Familienunternehmen entstehen oft heftige Konflikte. Warum? Und wie lassen sie sich lösen?

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Schwelende Konflikte können zu einer großen Gefahr für Famliie und Unternehmen werden.
Schwelende Konflikte können zu einer großen Gefahr für Famliie und Unternehmen werden.

Als Familie ein Unternehmen führen, ganz harmonisch ohne Streit – kann das funktionieren? Nein, sagt der Psychologe Arist von Schlippe: „Konflikte müssten der eigentlich zu erwartende Normalfall in Familienunternehmen sein.“

Zwei Welten stoßen aufeinander

Dabei sind Konflikte nicht zwangsläufig etwas Negatives. Sie können ein Unternehmen sogar voranbringen. Entscheidend ist aber, wie man streitet. Hier liegt die Krux für Unternehmerfamilien: Ihre Mitglieder sind immer in zwei Lebenswelten unterwegs – in der Familien- und in der Unternehmerwelt. Beide haben ihre eigenen (Streit-)Regeln, die sich teils heftig widersprechen.

„In Unternehmerfamilien ist oft nicht klar, in welches soziale System die Kommunikation gehört: Werde ich gerade als Tochter angesprochen oder als Gesellschafterin?“, erklärt von Schlippe. Es wirkt zum Beispiel deplatziert, wenn eine Mutter in einer Gesellschafterrunde zu ihrer 22-jährigen Tochter, die Geschäftsführerin ist, sagt: „Kind, warum hast du nicht deinen hübschen roten Rock angezogen?“ Am heimischen Frühstückstisch irritiert ein solcher Satz nicht.

Unternehmerische Konflikte spalten die Familie

Im Extremfall könne familiärer Streit ins Unternehmen schwappen – oder unternehmerische Konflikte spalten die Familie. Ein Beispiel macht die Problematik deutlich: Ein Unternehmer sagt zu seinem Sohn: „Du wirst nicht mein Nachfolger.“ Der Sohn fühlt sich ungeliebt und ist gekränkt. Dabei fühlt der Unternehmer vielleicht als Vater: „Ich liebe meinen Sohn. Ich möchte, dass er glücklich wird in seinem Leben.“ Als Unternehmer aber denkt er: „Meinem Sohn fehlt das Unternehmer-Gen.“

8 Empfehlungen für mehr Frieden in Familienunternehmen

Von Schlippe hat schon erlebt, dass dieser Wirrwarr Familien und Unternehmen zerstört. Wie wappnen Sie sich dagegen? Der Psychologe empfiehlt acht Strategien. Sie funktionierten allerdings nur unter zwei Bedingungen, schränkt er ein. Erstens: Alle müssen bereit sein, Streitereien konstruktiv zu lösen. Zweitens: Sie müssen sich der Erkenntnis stellen, dass Sie niemanden ändern können als sich selbst.

Empfehlung 1: Werden Sie Ihr eigener Beobachter

Diese Empfehlung hält von Schlippe für die wichtigste. Es gehe darum, sich bewusst zu machen, inwiefern man selbst zur Eskalation eines Konfliktes beitrage. Sagen Sie vielleicht Dinge, von denen Sie genau wissen, dass sie das Gegenüber auf die Palme bringen werden? Und reagieren Sie umgekehrt auf manche Aussagen des Gegenübers wie ein Stier auf das rote Tuch? Schlippe rät, in solchen Momenten zu überlegen: „Was würde passieren, wenn ich mich jetzt bewusst anders verhalte?“ Im nächsten Schritt sollten Sie sich an Empfehlung 2 halten.

Empfehlung 2: Machen Sie sich unvorhersagbar

Viele Konflikte folgen einer Choreographie: Der Streit beginnt auf der Sachebene und endet auf der persönlichen. Es wird gestichelt, zum Gegenschlag ausgeholt und zurückgeschlagen. Und schon steckt man in einem Teufelskreis aus Provokation und Reaktion.

Zur Person
Arist von Schlippe ist Psychologe. Als Experte für Familienpsychologie wurde er 2005 auf den Lehrstuhl „Führung und Dynamik von Familienunternehmen“ am Wittener Institut für Familienunternehmen (Universität Witten/Herdecke) berufen.

„Aus so einem Teufelskreis kann man nur aussteigen, wenn man etwas anders macht als sonst“, sagt der Psychologe. Wenn andere schon wissen: „Aha, jetzt fängt sie gleich wieder an zu schreien“ – einfach mal schweigen. Wenn Sie dafür bekannt sind, bei Streitereien die Türen zu knallen, einfach sagen: „Ich bin gerade auf 180. Ich gehe jetzt und komme später auf den Punkt zurück.“

Oder Sie gehen ein kleines Stück auf den anderen zu. Das Wort „teilweise“ wirke dabei laut von Schlippe wie eine Zauberformel. Werden Sie mit Vorwürfen bombardiert, sagen Sie einfach: „Wenn ich mir das so anhöre, gebe ich dir teilweise Recht.“ So rüsten Sie verbal ab, ohne selbst kapitulieren zu müssen.

Empfehlung 3: Zählen Sie bis 100

Oft fallen im Streit unbedacht Worte, die man sonst nie sagen würde. Schlippe empfiehlt, sich dessen bewusst zu werden und gegenzusteuern. Zum Beispiel indem Sie bis 100 zählen, ehe Sie etwas sagen.

Empfehlung 4: Unterstellen Sie dem anderen gute Absichten

Ich bin gut, der andere ist böse – wer so denkt, bereitet Konflikten einen fruchtbaren Boden. Schlippe empfiehlt, den Gegner zu entteufeln. Selbst wenn Sie das Verhalten des anderen nicht nachvollziehen können, sollten Sie versuchen, seine Motive zu verstehen. Vielleicht fühlt er sich ungerecht behandelt und ist deswegen aggressiv. Vielleicht ist er unsicher und setzt auf die Strategie: „Angriff ist die beste Verteidigung“. Der Psychologe rät, immer daran zu denken: Nicht der andere ist der Gegner ist, sondern der Konflikt selbst.

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Empfehlung 5: Reichen Sie die Hand

Von Schlippe ist davon überzeugt, dass freundliche Gesten es dem anderen schwer machen, „feindselige Wahrnehmungsfehler“ aufrechtzuerhalten. Sie zeigen, dass Sie bereit sind, den Konflikt konstruktiv zu lösen.

Wenn eine Diskussion aus dem Ruder läuft, warum nicht einfach mal sagen: „Komm, lass uns erst mal einen Kaffee trinken. Ich habe mich viel zu sehr aufgeregt.“ Oder wenn ein Streit schon länger schwelt, schenken Sie dem anderen etwas. Sollte die Reaktion darauf abweisend sein, sollten Sie sich nicht abschrecken lassen.

Merken Sie, dass Sie beleidigt auf die Ablehnung reagieren, empfiehlt Schlippe, an Empfehlung 1 zu denken: Man kann den anderen nicht ändern, nur sich selbst.

Empfehlung 6: Finden Sie sich mit Ungerechtigkeit ab

In Unternehmen gehört Ungleichheit zum Geschäft. „Deswegen empören sich Reinigungskräfte nicht darüber, dass der Direktor mehr verdient als sie selbst“, sagt von Schlippe. In Familien hingegen soll alles gerecht zugehen. Vor allem Geschwister beobachten oft mit Argusaugen, ob der andere mehr bekommt als man selbst. In Familienunternehmen prallen beide Wertesysteme aufeinander. Deswegen sollten sich alle Beteiligten frühzeitig bewusst machen: Eine absolute Gerechtigkeit gibt es im Unternehmen nicht.

Empfehlung 7: Machen Sie kein Drama

Wer Konflikte im Familienunternehmen vermeiden möchte, sollte seine eigenen Eitelkeiten nicht zu wichtig nehmen, kleine Patzer des anderen souverän weglächeln. Von Schlippe gibt ein Beispiel: Die Geschäftsführerin eines Familienunternehmens saß mit ihrem Vater, der in den Aufsichtsrat gewechselt war, in einer Beiratssitzung. Ein hochoffizieller Anlass, zu dem sich alle möglichst souverän geben wollen. Der Vater nahm seine Brille ab und reichte sie seiner Tochter mit den Worten: „Mach mal sauber“.

Die Tochter hätte pikiert reagieren können. Sie hätte sich darüber ärgern können, dass Papa sie wie das Fräulein Tochter behandelte und nicht wie eine gestandene Geschäftsfrau. Was machte sie stattdessen: Sie lächelte und putzte die Brille.

Empfehlung 8: Achten Sie auf diese Warnzeichen

„Die ist doch dumm!“
„Wie krank ist der eigentlich!“
Solche Gedanken sind laut von Schlippe Warnzeichen dafür, dass ein Konflikt aus dem Ruder läuft. Oft sei es sinnvoll, dann einen Mediator zu Rate zu ziehen. Also jemanden, der ein Streitgespräch moderiert und in die richtigen Bahnen lenkt.

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Als Familie ein Unternehmen führen, ganz harmonisch ohne Streit – kann das funktionieren? Nein, sagt der Psychologe Arist von Schlippe: "Konflikte müssten der eigentlich zu erwartende Normalfall in Familienunternehmen sein." Zwei Welten stoßen aufeinander Dabei sind Konflikte nicht zwangsläufig etwas Negatives. Sie können ein Unternehmen sogar voranbringen. Entscheidend ist aber, wie man streitet. Hier liegt die Krux für Unternehmerfamilien: Ihre Mitglieder sind immer in zwei Lebenswelten unterwegs - in der Familien- und in der Unternehmerwelt. Beide haben ihre eigenen (Streit-)Regeln, die sich teils heftig widersprechen. "In Unternehmerfamilien ist oft nicht klar, in welches soziale System die Kommunikation gehört: Werde ich gerade als Tochter angesprochen oder als Gesellschafterin?", erklärt von Schlippe. Es wirkt zum Beispiel deplatziert, wenn eine Mutter in einer Gesellschafterrunde zu ihrer 22-jährigen Tochter, die Geschäftsführerin ist, sagt: "Kind, warum hast du nicht deinen hübschen roten Rock angezogen?" Am heimischen Frühstückstisch irritiert ein solcher Satz nicht. Unternehmerische Konflikte spalten die Familie Im Extremfall könne familiärer Streit ins Unternehmen schwappen - oder unternehmerische Konflikte spalten die Familie. Ein Beispiel macht die Problematik deutlich: Ein Unternehmer sagt zu seinem Sohn: "Du wirst nicht mein Nachfolger." Der Sohn fühlt sich ungeliebt und ist gekränkt. Dabei fühlt der Unternehmer vielleicht als Vater: „Ich liebe meinen Sohn. Ich möchte, dass er glücklich wird in seinem Leben.“ Als Unternehmer aber denkt er: „Meinem Sohn fehlt das Unternehmer-Gen.“ 8 Empfehlungen für mehr Frieden in Familienunternehmen Von Schlippe hat schon erlebt, dass dieser Wirrwarr Familien und Unternehmen zerstört. Wie wappnen Sie sich dagegen? Der Psychologe empfiehlt acht Strategien. Sie funktionierten allerdings nur unter zwei Bedingungen, schränkt er ein. Erstens: Alle müssen bereit sein, Streitereien konstruktiv zu lösen. Zweitens: Sie müssen sich der Erkenntnis stellen, dass Sie niemanden ändern können als sich selbst. Empfehlung 1: Werden Sie Ihr eigener Beobachter Diese Empfehlung hält von Schlippe für die wichtigste. Es gehe darum, sich bewusst zu machen, inwiefern man selbst zur Eskalation eines Konfliktes beitrage. Sagen Sie vielleicht Dinge, von denen Sie genau wissen, dass sie das Gegenüber auf die Palme bringen werden? Und reagieren Sie umgekehrt auf manche Aussagen des Gegenübers wie ein Stier auf das rote Tuch? Schlippe rät, in solchen Momenten zu überlegen: "Was würde passieren, wenn ich mich jetzt bewusst anders verhalte?" Im nächsten Schritt sollten Sie sich an Empfehlung 2 halten. Empfehlung 2: Machen Sie sich unvorhersagbar Viele Konflikte folgen einer Choreographie: Der Streit beginnt auf der Sachebene und endet auf der persönlichen. Es wird gestichelt, zum Gegenschlag ausgeholt und zurückgeschlagen. Und schon steckt man in einem Teufelskreis aus Provokation und Reaktion. "Aus so einem Teufelskreis kann man nur aussteigen, wenn man etwas anders macht als sonst", sagt der Psychologe. Wenn andere schon wissen: "Aha, jetzt fängt sie gleich wieder an zu schreien" - einfach mal schweigen. Wenn Sie dafür bekannt sind, bei Streitereien die Türen zu knallen, einfach sagen: "Ich bin gerade auf 180. Ich gehe jetzt und komme später auf den Punkt zurück." Oder Sie gehen ein kleines Stück auf den anderen zu. Das Wort "teilweise" wirke dabei laut von Schlippe wie eine Zauberformel. Werden Sie mit Vorwürfen bombardiert, sagen Sie einfach: "Wenn ich mir das so anhöre, gebe ich dir teilweise Recht." So rüsten Sie verbal ab, ohne selbst kapitulieren zu müssen. Empfehlung 3: Zählen Sie bis 100 Oft fallen im Streit unbedacht Worte, die man sonst nie sagen würde. Schlippe empfiehlt, sich dessen bewusst zu werden und gegenzusteuern. Zum Beispiel indem Sie bis 100 zählen, ehe Sie etwas sagen. Empfehlung 4: Unterstellen Sie dem anderen gute Absichten Ich bin gut, der andere ist böse – wer so denkt, bereitet Konflikten einen fruchtbaren Boden. Schlippe empfiehlt, den Gegner zu entteufeln. Selbst wenn Sie das Verhalten des anderen nicht nachvollziehen können, sollten Sie versuchen, seine Motive zu verstehen. Vielleicht fühlt er sich ungerecht behandelt und ist deswegen aggressiv. Vielleicht ist er unsicher und setzt auf die Strategie: "Angriff ist die beste Verteidigung". Der Psychologe rät, immer daran zu denken: Nicht der andere ist der Gegner ist, sondern der Konflikt selbst. Empfehlung 5: Reichen Sie die Hand Von Schlippe ist davon überzeugt, dass freundliche Gesten es dem anderen schwer machen, "feindselige Wahrnehmungsfehler" aufrechtzuerhalten. Sie zeigen, dass Sie bereit sind, den Konflikt konstruktiv zu lösen. Wenn eine Diskussion aus dem Ruder läuft, warum nicht einfach mal sagen: "Komm, lass uns erst mal einen Kaffee trinken. Ich habe mich viel zu sehr aufgeregt." Oder wenn ein Streit schon länger schwelt, schenken Sie dem anderen etwas. Sollte die Reaktion darauf abweisend sein, sollten Sie sich nicht abschrecken lassen. Merken Sie, dass Sie beleidigt auf die Ablehnung reagieren, empfiehlt Schlippe, an Empfehlung 1 zu denken: Man kann den anderen nicht ändern, nur sich selbst. Empfehlung 6: Finden Sie sich mit Ungerechtigkeit ab In Unternehmen gehört Ungleichheit zum Geschäft. "Deswegen empören sich Reinigungskräfte nicht darüber, dass der Direktor mehr verdient als sie selbst", sagt von Schlippe. In Familien hingegen soll alles gerecht zugehen. Vor allem Geschwister beobachten oft mit Argusaugen, ob der andere mehr bekommt als man selbst. In Familienunternehmen prallen beide Wertesysteme aufeinander. Deswegen sollten sich alle Beteiligten frühzeitig bewusst machen: Eine absolute Gerechtigkeit gibt es im Unternehmen nicht. Empfehlung 7: Machen Sie kein Drama Wer Konflikte im Familienunternehmen vermeiden möchte, sollte seine eigenen Eitelkeiten nicht zu wichtig nehmen, kleine Patzer des anderen souverän weglächeln. Von Schlippe gibt ein Beispiel: Die Geschäftsführerin eines Familienunternehmens saß mit ihrem Vater, der in den Aufsichtsrat gewechselt war, in einer Beiratssitzung. Ein hochoffizieller Anlass, zu dem sich alle möglichst souverän geben wollen. Der Vater nahm seine Brille ab und reichte sie seiner Tochter mit den Worten: "Mach mal sauber". Die Tochter hätte pikiert reagieren können. Sie hätte sich darüber ärgern können, dass Papa sie wie das Fräulein Tochter behandelte und nicht wie eine gestandene Geschäftsfrau. Was machte sie stattdessen: Sie lächelte und putzte die Brille. Empfehlung 8: Achten Sie auf diese Warnzeichen "Die ist doch dumm!" "Wie krank ist der eigentlich!" Solche Gedanken sind laut von Schlippe Warnzeichen dafür, dass ein Konflikt aus dem Ruder läuft. Oft sei es sinnvoll, dann einen Mediator zu Rate zu ziehen. Also jemanden, der ein Streitgespräch moderiert und in die richtigen Bahnen lenkt.
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