Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
- Streit mit Kollegen: Wie verhalten sich Führungskräfte richtig?
- Fehler 1: Wegschauen bei Streit unter Kollegen
- Fehler 2: Im Streitfall den Richter spielen
- Fehler 3: Feststellen statt fragen
- Fehler 4: Bei Streit mit Kollegen Partei ergreifen
- Fehler 5: Das Problem auf die Kollegen schieben
- Fehler 6: Eine schnelle Lösung suchen
- Fehler 7: Die Notbremse hinauszögern
- Fehler 8: Überall Streit unter Kollegen sehen
In beinahe jedem Team kommt es irgendwann zu Streitereien. Doch ein ausgewachsener Streit unter Kollegen ist mehr als nur ein Stimmungskiller – er kann Teams spalten, die Produktivität massiv senken und im schlimmsten Fall dazu führen, dass Mitarbeitende den Arbeitsplatz verlassen wegen des Streits mit Kollegen.
Streit mit Kollegen: Wie verhalten sich Führungskräfte richtig?
Für Chefs und Chefinnen stellt sich deshalb oft die Frage: Streit mit Kollegen – wie verhalten? Wer Konflikte im Team ignoriert, riskiert nicht nur eine schlechte Gruppendynamik, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung.
Nur: Wie können Führungskräfte eingreifen, ohne selbst Teil des Problems zu werden? Sollten sie sich in den Streit unter Kollegen einmischen oder besser raushalten? Und: Mit welchen Fehlern verschlimmern sie die Situation womöglich noch?
Maic Stäbler coacht seit 20 Jahren Führungskräfte und kennt das Dilemma gut. Diese acht Fehler solltest du dem Experten zufolge unbedingt vermeiden, wenn Mitarbeiter streiten.
Fehler 1: Wegschauen bei Streit unter Kollegen
„Meine Mitarbeiter streiten sich, das geht mich nichts an.“ Diese Haltung könne man zwar haben, ratsam sei diese Einstellung allerdings nicht, sagt Maic Stäbler. „Chefs und Chefinnen stehen dafür ein, dass die Unternehmensziele erreicht werden. Und streitende Mitarbeiter gefährden diese.“
Zanken sich Mitarbeiter fortlaufend, sinkt die Stimmung im Büro, die Konzentration lässt nach und es passieren mehr Fehler. Spätestens dann musst du als Führungskraft eingreifen.
Fehler 2: Im Streitfall den Richter spielen
Wenn du meinst, die beste Lösung zu kennen, und anfängst, über den Zwist der Kollegen zu richten, wirst du Teil des Problems, sagt Stäbler. Ein No-Go für den Experten: sich einzumischen, indem man bestimmt, wer von den Streitenden Recht hat.
Damit schlagen sich Vorgesetzte auf eine Seite, ohne vielleicht alle Hintergründe des Streits unter Kollegen zu kennen. Dadurch können sie den Konflikt sogar noch verschlimmern. Ermutige deine Mitarbeiter stattdessen, das Problem untereinander zu klären und trete eher moderierend auf.
Fehler 3: Feststellen statt fragen
Bemerkst du, dass es in einem Meeting hitzig zugeht, solltest du im Anschluss sofort das Vier-Augen-Gespräch mit dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin suchen. Das Wichtigste dabei: Vermeide Feststellungen wie „Na, das war ja ganz schön frech von dir.“
Frage lieber nach der Wahrnehmung des Betroffenen, rät Stäbler: „Welchen Eindruck hattest du gerade im Meeting? Ich habe eine angespannte Stimmung wahrgenommen.“ Solche Formulierungen regen an, die Diskussion noch einmal zu überdenken – ohne dass das Gefühl aufkommt, du würdest Partei ergreifen.
Fehler 4: Bei Streit mit Kollegen Partei ergreifen
„Ich kann gar nicht verstehen, was der Kollege hat“ – wenn du solche Gedanken hast, während zwei sich streiten, bist du bereits parteiisch und kannst so auch nicht mehr fair zwischen den Mitarbeitenden vermitteln.
Für diesen Fall empfiehlt Stäbler, eine dritte Person als Moderator einzubeziehen. Am besten eignet sich ein Kollege aus einer anderen Abteilung oder einem anderen Team. Dieser sollte möglichst noch nichts von dem Konflikt mitbekommen haben. So unvoreingenommen kann er den Streithähnen am besten die Situation spiegeln und erklären, wie ihr Verhalten auf Außenstehende wirkt.
Fehler 5: Das Problem auf die Kollegen schieben
Klar, nicht du streitest, sondern die Mitarbeiter tun es. Du solltest dich allerdings fragen, ob das dennoch etwas mit dir zu tun haben könnte. „Zoff unter Kollegen liegt in vielen Fällen am Führungsverhalten des Chefs“, sagt Maic Stäbler. Etwa, weil er einen Mitarbeiter immer bevorzugt oder ein strukturelles Problem nicht löst, an dem sich die Mitarbeiter immer wieder aufreiben.
Bring dich daher mit ins Spiel und frag die Kollegen jeweils im Vier-Augen-Gespräch gerade heraus: „Was brauchst du von mir, um diesen Konflikt zu lösen?“
Fehler 6: Eine schnelle Lösung suchen
Konflikte drosseln die Produktivität im Team, deswegen möchtest du sie natürlich schnellstens lösen. Das ist aber in den meisten Fällen nicht möglich, weil sich die Spannungen nicht auf der Sachebene greifen lassen.
„Das ist wie bei einem Eisberg“, vergleicht Stäbler. „Der Teil, der aus dem Wasser ragt, ist vielleicht eine Meinungsverschiedenheit beim Projekt. Der viel größere Teil des Problems sind aber die dahinterliegenden Emotionen wie Neid oder Missachtung. Und die sind auf den ersten Blick unsichtbar.“
Den Kern des Konflikts verstehst und löst du nur, wenn du dir die Zeit nimmst, um den Kollegen aktiv zuzuhören. Mit einer schnellen, pragmatischen Lösung wirst du das Problem immer wieder diskutieren müssen.
Fehler 7: Die Notbremse hinauszögern
Wenn die giftige Stimmung über Monate anhält und sich trotz moderierter Gespräche keine Einigung einstellen will, musst du die Notbremse ziehen. So sehr du auch auf Frieden hoffst: Ist ein Streit erst auf eine bestimmte Stufe eskaliert, gibt es in den seltensten Fällen ein Zurück. Damit aus den zwei Streithähnen nicht zwei Lager im Team werden, die ständig gegeneinander arbeiten, musst du schnell handeln.
- Versuche, die Mitarbeitenden zunächst räumlich zu trennen.
- Geraten die beiden während der Arbeit an Projekten weiterhin aneinander, solltest du darüber nachdenken, ob auch ihre Aufgaben getrennt werden können.
- Ist das nicht möglich, bleibt – sofern vorhanden – mitunter nur die Versetzung an einen anderen Standort.
- Eine weitere Möglichkeit ist es, den Mitarbeiter abzumahnen.
Damit es nicht so weit kommt: Vermeide Fehler Nummer eins und sprich Spannungen direkt an. Auch kann es helfen, regelmäßig Teamgespräche zu führen und so Befindlichkeiten früh zu erkennen.
Fehler 8: Überall Streit unter Kollegen sehen
Fühlst du dich nach der Lektüre dieses Artikels gewappnet, auf zankende Kollegen zuzugehen? Das ist gut, aber Vorsicht: Töte nicht die Streitkultur in deinem Unternehmen. Ein gutes Team setzt sich aus unterschiedlichen Typen zusammen, die sich auch aneinander reiben. Nicht jede Diskussion, die mal laut wird, ist auch ein Streit.
Ist die Auseinandersetzung respektvoll und trägt sie konstruktiv zu einem Projekt bei, solltest du auf keinen Fall eingreifen, rät Maic Stäbler. „Wenn der Motor für neue Ideen nur läuft, wenn’s brodelt, darf man die Diskussion auch mal in diese Richtung lenken. Dafür solltest du dein Team aber sehr gut kennen.“
Maic Stäbler ist Coach und Moderator. Seine Schwerpunkte sind Führung, Kommunikation und persönliches Wachstum. Er ist Partner bei HPO Research & Consulting.
