Mindestausbildungsvergütung
Dieser Mindestlohn gilt für Azubis

Seit 2020 müssen Unternehmen ihren Azubis eine Mindestvergütung zahlen. Für wen gilt sie? Und wie hoch fällt sie aus? Alle Infos im Überblick. Plus: Weitere Änderungen im Berufsbildungsgesetz.

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Arbeitgeber müssen seit dem 1.1.2020 Azubis eine Mindestausbildungsvergütung bezahlen.
© onemorenametoremember / photocase.de

Wie hoch ist die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung?

Neue Auszubildende haben ab dem ersten Lehrjahr Anspruch auf eine Mindestausbildungsvergütung von mindestens 515 Euro im Monat. Das haben Bundestag und Bundesrat in der Novelle des Berufsbildungsgesetzes Ende 2019 geregelt.

Im zweiten und dritten Lehrjahr steigt auch die Mindestvergütung: Für Azubis, die 2020 ihre Lehre begonnen haben, soll sie bei mindestens rund 608 Euro im zweiten und 695 Euro im dritten Lehrjahr liegen. Die Ausbildungsdauer ist in den Berufsordnungen geregelt, sie erstreckt sich meist über drei Jahre, in einigen Berufen sind es auch nur zwei oder sogar dreieinhalb Jahre.

Für welche Ausbildungsverträge gilt die Mindestausbildungsvergütung?

Die Vergütungsregeln gelten für alle Verträge, die ab dem 1. Januar 2020 geschlossen wurden. Rückwirkend für bestehende Ausbildungsverhältnisse gelten die Anforderungen nicht. „Trotzdem werden sicher viele Betriebe, schon aus Gründen der Fairness, alle Azubis gleichbehandeln wollen“, sagt Daike Witt, Expertin für berufliche Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

Was bei Praktikanten gilt: Praktikumsvergütung: Das müssen Arbeitgeber bei Praktikanten beachten

Welche Folgen hatte die Einführung des „Azubi-Mindestlohns“ für Unternehmen?

Nach Angaben der Agentur für Arbeit verdienten 2019 mehr als 100.000 Auszubildende weniger als 500 Euro im Monat. Die neue Lohnuntergrenze für Azubis trifft vor allem Betriebe, die bislang keine tarifliche Vergütung gezahlt haben. Matthias Anbuhl, Leiter der Abteilung Bildungspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), zählt dazu etwa Frisörgeschäfte, Fleischereien, Konditoreien und Unternehmen aus der Logistikbranche.

„Wie sehr Azubis von der neuen Mindestvergütung profitieren, hängt sehr von ihrem Wohnort und dem Ausbildungsberuf ab“, sagt Anbuhl. Besonders ostdeutsche Betriebe könnten gezwungen sein, ihre Vergütung anzupassen, da in den neuen Ländern nach wie vor weniger gezahlt werde. Der DGB ging davon aus, dass Anfang 2020 jeder zehnte Azubi von der Einführung der Mindestvergütung profitierte.

„Studien zufolge müssten 19 Prozent der Handwerksbetriebe ihre Ausbildungsvergütung nach oben korrigieren“, sagt ZDH-Expertin Witt. Steigt die Mindestvergütung dann – wie bis 2023 vorgesehen – auf 620 Euro im ersten Lehrjahr, müssten sogar 36 Prozent aller Handwerksbetriebe tiefer in die Tasche greifen. „Langfristig wird sich der eine oder andere Unternehmer deshalb überlegen, ob er weiterhin eine Ausbildung anbieten kann.“

Welche Steigerungen sind für die Mindestausbildungsvergütung geplant?

Die Mindestausbildungsvergütung steigt nicht nur mit der Ausbildungsdauer, das Berufsbildungsgesetz sieht auch eine jährliche Steigerung vor. So wird die Vergütung für die folgenden Jahrgänge bis 2023 in mehreren Stufen angehoben (in Klammern steht jeweils das Jahr des Ausbildungsbeginns).

  • 1. Lehrjahr: 515 € (2020), 550 € (2021), 585 € (2022), 620 € (2023)
  • 2. Lehrjahr: 608 € (2020), 649 € (2021), 690 € (2022), 732 € (2023)
  • 3. Lehrjahr: 695 € (2020), 743 € (2021), 790 € (2022), 837 € (2023)
  • 4. Lehrjahr: 721 € (2020), 770 € (2021), 819 € (2022), 868 € (2023)

Auch in den Folgejahren soll die Mindestvergütung jährlich automatisch angepasst werden – sie steigt dann wie der Durchschnitt aller Ausbildungsvergütungen.

Was gilt, wenn die Höhe der Vergütung in einem Tarifvertrag festgelegt ist?

Die neuen monatlichen Verdienstuntergrenzen für Azubis greifen nur, wenn der jeweilige Tarifvertrag keine anderen Regelungen enthält. „Der Tarifvertrag geht immer vor, egal ob er eine höhere oder niedrigere Vergütung vorsieht“, erläutert Witt. Teurer als bislang wird es also vor allem für Betriebe in Branchen, in denen es keine tarifvertragliche Regelung gibt.

„Bei Betrieben ohne Tarifbindung ist die Mindestausbildungsvergütung die absolute Untergrenze“, erläutert Anbuhl vom DGB. Liegt die tarifliche Ausbildungsvergütung deutlich oberhalb der Mindestvergütung, dürfen Betriebe ohne Tarifbindung bis zu 20 Prozent davon abweichen.

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Beispiel: Bei einer tariflichen Vergütung der Auszubildenden von 1000 Euro muss das tarifungebundene Unternehmen demnach mindestens 800 Euro zahlen.

Relevant ist die neue Mindestvergütung also nur dann, wenn es keinen Tarifvertrag gibt oder die tariflich festgelegte Vergütung sehr niedrig ist.

Was hat sich durch die Novelle des Berufsbildungsgesetzes noch geändert?

Neue Bezeichnungen für Berufsabschlüsse

Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes wurden außerdem neue Fortbildungsstufen in der beruflichen Bildung eingeführt. Ziel war es, die Bezeichnungen der Abschlüsse zu vereinheitlichen und international verständlicher zu machen.

Demnach gibt es drei aufeinander aufbauende Stufen:

  • Geprüfter Berufsspezialist
  • Bachelor Professional
  • Master Professional

„Die Abschlüsse auf diesen Stufen bauen alle auf einer Ausbildung auf, sie kommen also nach dem Gesellen“, erklärt Witt. In vielen Ausbildungsberufen gibt es ein solches, dreistufiges Fortbildungssystem bereits. So existiert im Kfz-Bereich der Service-Techniker als Zwischenstufe zum Meister. In anderen Handwerksberufen folgt der Meister direkt auf den Gesellen, eine Zwischenstufe vergleichbar zum Techniker gibt es hier nicht.

Künftig wäre auf dieser Ebene die Bezeichnung „Geprüfter Berufsspezialist“ einzuführen. Über den konkreten Namen der neuen Berufsabschlüsse entscheiden dann etwa die Kammern in Abstimmung mit den jeweiligen Aufsichtsbehörden. So könnte aus dem Service-Techniker beispielsweise ein „Geprüfter Berufsspezialist im Bereich Kfz-Service-Technik“ werden.

Der Meistertitel soll erhalten bleiben, er würde aber den Zusatz „Bachelor Professional“ bekommen. Ein Betriebswirt des Handwerks könnte künftig auch den Titel „Master Professional“ führen.

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„Die neuen Berufsbezeichnungen sind vor allem neue Etiketten“, sagt Anbuhl. An der Qualität der Fortbildung ändere sich dadurch nichts. Der DGB-Bildungsexperte empfiehlt den Betrieben, die Möglichkeiten der beruflichen Bildung aktiv aufzuzeigen, um für Bewerber attraktiv zu bleiben. Die Fortbildung selbst erfolgt allerdings nicht im Betrieb, sondern auf Meister-Schulen oder anderen Einrichtungen, die eine entsprechende Höherqualifizierung ermöglichen.

Anspruch auf Freistellung für die Berufsschule

Neu sind außerdem erweiterte Freistellungsansprüche für die Berufsschule. „Bisher wurde beim Besuch der Berufsschule zwischen minderjährigen und volljährigen Azubis unterschieden“, sagt Witt. Wer jünger als 18 Jahre ist, muss nach einem langen Berufsschultag nicht mehr im Betrieb arbeiten (Jugendarbeitsschutzgesetz § 9).

Das hat sich mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes geändert: Die Betriebe müssen nun auch volljährige Auszubildende für den Rest des Tages von der Arbeit freistellen, wenn diese mehr als fünf Schulstunden von 45 Minuten Dauer in der Berufsschule waren. Wer zum Beispiel um 8 Uhr bereits die Schulbank drückt, hat dann ab Mittag frei, wie Witt erklärt. „Damit entfällt natürlich Arbeitszeit und Zeit für die betriebliche Ausbildung.“

Die Regelung gilt für fortlaufenden Berufsschulunterricht an einem Tag pro Woche. Bei Blockunterricht mit fünf Tagen Berufsschule am Stück muss der Azubi für die ganze Woche freigestellt werden, wenn er im Durchschnitt mehr als fünf Schulstunden pro Tag im Unterricht ist.

Anspruch auf Freistellung für ehrenamtliche Prüfer

Eine weitere Neuerung ist die Freistellung für ehrenamtliche Prüfer: „In der beruflichen Bildung gilt das Prinzip: Praxis prüft Praxis“, erklärt Anbuhl. Der Prüfungskommission gehören jeweils ein Arbeitgeber- und ein Arbeitnehmervertreter an sowie ein Berufsschullehrer. „Früher haben Prüfer oft darüber geklagt, dass sie von ihrem Betrieb nicht für Prüfungen frei bekommen haben.“

Künftig haben diese Ehrenamtlichen nun einen Anspruch auf Freistellung während ihrer Tätigkeit als Prüfer – allerdings nicht auf Bezahlung in dieser Zeit.

Ausbildung nun auch in Teilzeit

Für viele Betriebe ist noch eine weitere Neuerung interessant: die Möglichkeit, eine Berufsausbildung in Teilzeit anzubieten. „Das war bislang nur möglich, wenn besondere Gründe für den Teilzeitwunsch vorlagen“, sagt Witt.

Seit 2020 sind die Hürden sehr viel niedriger: Für eine Ausbildung in Teilzeit genügt es, wenn sich Azubi und Betrieb einig sind. Dabei verlängert sich die Ausbildungsdauer, gleichzeitig wird die tägliche oder wöchentliche Anwesenheit im Betrieb reduziert.

„Betriebe können auf diese Weise ganz neue Zielgruppen für eine Ausbildung gewinnen“, sagt Witt. Das könnten beispielsweise junge Mütter oder Profi-Sportler sein, die weniger Zeit zur Verfügung haben, aber auch Menschen mit einer Erkrankung oder Behinderung, die aus medizinischen Gründen keine Vollzeitausbildung absolvieren können.

Wie hoch ist die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung? Neue Auszubildende haben ab dem ersten Lehrjahr Anspruch auf eine Mindestausbildungsvergütung von mindestens 515 Euro im Monat. Das haben Bundestag und Bundesrat in der Novelle des Berufsbildungsgesetzes Ende 2019 geregelt. Im zweiten und dritten Lehrjahr steigt auch die Mindestvergütung: Für Azubis, die 2020 ihre Lehre begonnen haben, soll sie bei mindestens rund 608 Euro im zweiten und 695 Euro im dritten Lehrjahr liegen. Die Ausbildungsdauer ist in den Berufsordnungen geregelt, sie erstreckt sich meist über drei Jahre, in einigen Berufen sind es auch nur zwei oder sogar dreieinhalb Jahre. Für welche Ausbildungsverträge gilt die Mindestausbildungsvergütung? Die Vergütungsregeln gelten für alle Verträge, die ab dem 1. Januar 2020 geschlossen wurden. Rückwirkend für bestehende Ausbildungsverhältnisse gelten die Anforderungen nicht. „Trotzdem werden sicher viele Betriebe, schon aus Gründen der Fairness, alle Azubis gleichbehandeln wollen“, sagt Daike Witt, Expertin für berufliche Bildung beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Was bei Praktikanten gilt: Praktikumsvergütung: Das müssen Arbeitgeber bei Praktikanten beachten Welche Folgen hatte die Einführung des „Azubi-Mindestlohns“ für Unternehmen? Nach Angaben der Agentur für Arbeit verdienten 2019 mehr als 100.000 Auszubildende weniger als 500 Euro im Monat. Die neue Lohnuntergrenze für Azubis trifft vor allem Betriebe, die bislang keine tarifliche Vergütung gezahlt haben. Matthias Anbuhl, Leiter der Abteilung Bildungspolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), zählt dazu etwa Frisörgeschäfte, Fleischereien, Konditoreien und Unternehmen aus der Logistikbranche. „Wie sehr Azubis von der neuen Mindestvergütung profitieren, hängt sehr von ihrem Wohnort und dem Ausbildungsberuf ab“, sagt Anbuhl. Besonders ostdeutsche Betriebe könnten gezwungen sein, ihre Vergütung anzupassen, da in den neuen Ländern nach wie vor weniger gezahlt werde. Der DGB ging davon aus, dass Anfang 2020 jeder zehnte Azubi von der Einführung der Mindestvergütung profitierte. „Studien zufolge müssten 19 Prozent der Handwerksbetriebe ihre Ausbildungsvergütung nach oben korrigieren“, sagt ZDH-Expertin Witt. Steigt die Mindestvergütung dann – wie bis 2023 vorgesehen – auf 620 Euro im ersten Lehrjahr, müssten sogar 36 Prozent aller Handwerksbetriebe tiefer in die Tasche greifen. „Langfristig wird sich der eine oder andere Unternehmer deshalb überlegen, ob er weiterhin eine Ausbildung anbieten kann.“ Welche Steigerungen sind für die Mindestausbildungsvergütung geplant? Die Mindestausbildungsvergütung steigt nicht nur mit der Ausbildungsdauer, das Berufsbildungsgesetz sieht auch eine jährliche Steigerung vor. So wird die Vergütung für die folgenden Jahrgänge bis 2023 in mehreren Stufen angehoben (in Klammern steht jeweils das Jahr des Ausbildungsbeginns). 1. Lehrjahr: 515 € (2020), 550 € (2021), 585 € (2022), 620 € (2023) 2. Lehrjahr: 608 € (2020), 649 € (2021), 690 € (2022), 732 € (2023) 3. Lehrjahr: 695 € (2020), 743 € (2021), 790 € (2022), 837 € (2023) 4. Lehrjahr: 721 € (2020), 770 € (2021), 819 € (2022), 868 € (2023) Auch in den Folgejahren soll die Mindestvergütung jährlich automatisch angepasst werden – sie steigt dann wie der Durchschnitt aller Ausbildungsvergütungen. Was gilt, wenn die Höhe der Vergütung in einem Tarifvertrag festgelegt ist? Die neuen monatlichen Verdienstuntergrenzen für Azubis greifen nur, wenn der jeweilige Tarifvertrag keine anderen Regelungen enthält. „Der Tarifvertrag geht immer vor, egal ob er eine höhere oder niedrigere Vergütung vorsieht“, erläutert Witt. Teurer als bislang wird es also vor allem für Betriebe in Branchen, in denen es keine tarifvertragliche Regelung gibt. „Bei Betrieben ohne Tarifbindung ist die Mindestausbildungsvergütung die absolute Untergrenze“, erläutert Anbuhl vom DGB. Liegt die tarifliche Ausbildungsvergütung deutlich oberhalb der Mindestvergütung, dürfen Betriebe ohne Tarifbindung bis zu 20 Prozent davon abweichen. Beispiel: Bei einer tariflichen Vergütung der Auszubildenden von 1000 Euro muss das tarifungebundene Unternehmen demnach mindestens 800 Euro zahlen. Relevant ist die neue Mindestvergütung also nur dann, wenn es keinen Tarifvertrag gibt oder die tariflich festgelegte Vergütung sehr niedrig ist. Was hat sich durch die Novelle des Berufsbildungsgesetzes noch geändert? Neue Bezeichnungen für Berufsabschlüsse Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes wurden außerdem neue Fortbildungsstufen in der beruflichen Bildung eingeführt. Ziel war es, die Bezeichnungen der Abschlüsse zu vereinheitlichen und international verständlicher zu machen. Demnach gibt es drei aufeinander aufbauende Stufen: Geprüfter Berufsspezialist Bachelor Professional Master Professional „Die Abschlüsse auf diesen Stufen bauen alle auf einer Ausbildung auf, sie kommen also nach dem Gesellen“, erklärt Witt. In vielen Ausbildungsberufen gibt es ein solches, dreistufiges Fortbildungssystem bereits. So existiert im Kfz-Bereich der Service-Techniker als Zwischenstufe zum Meister. In anderen Handwerksberufen folgt der Meister direkt auf den Gesellen, eine Zwischenstufe vergleichbar zum Techniker gibt es hier nicht. Künftig wäre auf dieser Ebene die Bezeichnung „Geprüfter Berufsspezialist“ einzuführen. Über den konkreten Namen der neuen Berufsabschlüsse entscheiden dann etwa die Kammern in Abstimmung mit den jeweiligen Aufsichtsbehörden. So könnte aus dem Service-Techniker beispielsweise ein „Geprüfter Berufsspezialist im Bereich Kfz-Service-Technik“ werden. Der Meistertitel soll erhalten bleiben, er würde aber den Zusatz „Bachelor Professional“ bekommen. Ein Betriebswirt des Handwerks könnte künftig auch den Titel „Master Professional“ führen. „Die neuen Berufsbezeichnungen sind vor allem neue Etiketten“, sagt Anbuhl. An der Qualität der Fortbildung ändere sich dadurch nichts. Der DGB-Bildungsexperte empfiehlt den Betrieben, die Möglichkeiten der beruflichen Bildung aktiv aufzuzeigen, um für Bewerber attraktiv zu bleiben. Die Fortbildung selbst erfolgt allerdings nicht im Betrieb, sondern auf Meister-Schulen oder anderen Einrichtungen, die eine entsprechende Höherqualifizierung ermöglichen. Anspruch auf Freistellung für die Berufsschule Neu sind außerdem erweiterte Freistellungsansprüche für die Berufsschule. „Bisher wurde beim Besuch der Berufsschule zwischen minderjährigen und volljährigen Azubis unterschieden“, sagt Witt. Wer jünger als 18 Jahre ist, muss nach einem langen Berufsschultag nicht mehr im Betrieb arbeiten (Jugendarbeitsschutzgesetz § 9). Das hat sich mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes geändert: Die Betriebe müssen nun auch volljährige Auszubildende für den Rest des Tages von der Arbeit freistellen, wenn diese mehr als fünf Schulstunden von 45 Minuten Dauer in der Berufsschule waren. Wer zum Beispiel um 8 Uhr bereits die Schulbank drückt, hat dann ab Mittag frei, wie Witt erklärt. „Damit entfällt natürlich Arbeitszeit und Zeit für die betriebliche Ausbildung.“ Die Regelung gilt für fortlaufenden Berufsschulunterricht an einem Tag pro Woche. Bei Blockunterricht mit fünf Tagen Berufsschule am Stück muss der Azubi für die ganze Woche freigestellt werden, wenn er im Durchschnitt mehr als fünf Schulstunden pro Tag im Unterricht ist. Anspruch auf Freistellung für ehrenamtliche Prüfer Eine weitere Neuerung ist die Freistellung für ehrenamtliche Prüfer: „In der beruflichen Bildung gilt das Prinzip: Praxis prüft Praxis“, erklärt Anbuhl. Der Prüfungskommission gehören jeweils ein Arbeitgeber- und ein Arbeitnehmervertreter an sowie ein Berufsschullehrer. „Früher haben Prüfer oft darüber geklagt, dass sie von ihrem Betrieb nicht für Prüfungen frei bekommen haben.“ Künftig haben diese Ehrenamtlichen nun einen Anspruch auf Freistellung während ihrer Tätigkeit als Prüfer – allerdings nicht auf Bezahlung in dieser Zeit. Ausbildung nun auch in Teilzeit Für viele Betriebe ist noch eine weitere Neuerung interessant: die Möglichkeit, eine Berufsausbildung in Teilzeit anzubieten. „Das war bislang nur möglich, wenn besondere Gründe für den Teilzeitwunsch vorlagen“, sagt Witt. Seit 2020 sind die Hürden sehr viel niedriger: Für eine Ausbildung in Teilzeit genügt es, wenn sich Azubi und Betrieb einig sind. Dabei verlängert sich die Ausbildungsdauer, gleichzeitig wird die tägliche oder wöchentliche Anwesenheit im Betrieb reduziert. „Betriebe können auf diese Weise ganz neue Zielgruppen für eine Ausbildung gewinnen“, sagt Witt. Das könnten beispielsweise junge Mütter oder Profi-Sportler sein, die weniger Zeit zur Verfügung haben, aber auch Menschen mit einer Erkrankung oder Behinderung, die aus medizinischen Gründen keine Vollzeitausbildung absolvieren können.
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