impulse: Herr Lauer, streiten Unternehmerpaare häufiger?
Hans-Georg Lauer: Nein. Paare verstehen sich und Paare streiten, das ist bei Unternehmern nicht anders.
Unternehmerpaare teilen sich die Verantwortung für eine Firma. Gibt es da nicht mehr Konfliktpunkte?
Man kann es auch andersherum sehen. Mit einer Firma entwickeln Paare eine eigene Vision. Zusammenarbeit und Erfolg können sie als unglaublich befriedigend erleben.
Welche Probleme haben die Unternehmerpaare, die zu Ihnen in die Praxis kommen?
Viele haben die Beziehung schleifen lassen. Dann heißt es, „Wir haben gegründet, oder „Wir haben expandiert und dabei die Beziehung vergessen“. Aber auch das ist normal. Viele Paare kommen in Phasen, in denen sie sich weniger um sich kümmern. Das kann zum Beispiel auch passieren, wenn man Kinder bekommt.
Was raten Sie?
Als Coach erteile ich keine Ratschläge. Ich versuche, Paare in eine Richtung zu lenken. Meistens bringt es nichts, am Verhalten zu arbeiten. Das Problem liegt tiefer. Wenn Menschen versäumt haben, sich um die Beziehung zu kümmern, stecken oft Enttäuschungen dahinter. Die muss man zunächst aufarbeiten, bevor man sich versöhnen kann. Das geht über viele Gespräche.
Wo kommen die Enttäuschungen her?
Meistens fühlen sich Menschen nicht gesehen oder nicht wertgeschätzt. Das hinterlässt tiefe Kränkungen. Da geht es um Alltäglichkeiten: Wenn der Partner ständig aufs Handy schaut, die Nachrichten checkt, die gemeinsame Runde mit dem Hund oder das gemeinsame Essen vergisst. Das führt zu Missstimmungen, die sich in der Firma fortsetzen können.
Und andersherum, dass Konflikte in der Firma die Zuneigung im Privaten stören?
Das erlebe ich auch. Wenn jemand Entscheidungen ohne den anderen getroffen hat und derjenige sich übergangen fühlt. Das führt irgendwann dazu, dass sich die gekränkte Person auch im Privaten zurückzieht und eines Tages sagt: Es geht nicht weiter. Insofern kann man Beziehung und Business nicht trennen.
Sie sagten, Kommunikation ist das Mittel.
Ja, aber nicht jeder hat gelernt, Enttäuschungen zu kommunizieren. Oft lassen Menschen es auf sich beruhen, weil sie schon genug Stress haben und glauben: Das wird schon wieder. Richtig bei Kränkungen wäre, die Wünsche direkt zu kommunizieren. Zum Beispiel: Ich wünsche mir jeden Mittwochabend ein gemeinsames Essen.
Ist es sinnvoll, Verantwortlichkeiten in der Firma zu trennen, um Konflikten vorzubeugen?
Ich halte das für eine gute Strategie. Das geht einfacher, wenn beide Seiten unterschiedliche Kompetenzen haben. Eine Person beherrscht Finanzen, Steuern, Buchhaltung, die andere Marketing und Vertrieb. Wenn die Stärken aber gleich verteilt sind, wird es schwieriger. Dann könnten Paare versuchen, Zuständigkeiten nach Geschäftsfeldern aufzuteilen oder geografisch, nach Geschäftsgebieten. Auch eine Rollentrennung kann helfen: Die eine Person ist die Entscheiderin, die andere eher der Umsetzer. Da muss man aber aufpassen, dass eine Person sich nicht untergeordnet fühlt. Um das zu vermeiden, empfehle ich, strikt zwischen Privatem und Beruflichem zu trennen, damit man sich zu Hause auf Augenhöhe begegnet.
Wie?
Daran muss man arbeiten. Derjenige, der im Betrieb das Sagen hat, muss zu Hause aktiv darauf verzichten. Und umgekehrt: Die andere Person muss das Wort ergreifen.
Wo liegen meist die Unterschiede bei Unternehmerpaaren?
Typischerweise steht ein Partner auf der Kostenbremse und der andere auf dem Expansionspedal. Das hat beides Berechtigung, muss aber austariert werden – eben durch getrennte Verantwortlichkeiten oder verschiedene Rollen.
Gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die es unmöglich machen, gemeinsam ein Unternehmen zu führen?
Es ist sicherlich leichter, ein Unternehmen zu gründen, wenn beide Partner über ein Maß an Selbstreflexion verfügen, sich hinterfragen und Fehler eingestehen.
Kann man Selbstreflexion üben?
Das ist etwas, was dem einen mehr gegeben ist als dem anderen. Wer kein selbstreflektierter Mensch ist, kann es üben aber dafür braucht es Zeit. Das geht in einer Therapie oder etwas niedrigschwelliger in einem Coaching. Bei den Unternehmerpaaren, die zu mir kommen, erlebe ich, dass sie mit fortgeschrittenem Lebensalter eher spüren, was dem anderen und einem selbst wichtig ist – und dann auch besser Kompromisse finden.
Haben Sie Tipps für eine gemeinsame Gründung?
Paare sollten sich frühzeitig über die gegenseitigen Erwartungen an das Unternehmen austauschen. Das ist wie im Privaten mit Themen wie einem Kinderwunsch. Es hilft, eine gemeinsame Vision zu entwickeln. Das beugt späteren Verwerfungen vor.
Sollte man Vorkehrungen für eine Trennung treffen?
Ich rate zu entsprechenden Satzungen im Gesellschaftervertrag und Ehevertrag, die das Ausscheiden einer Person aus der Geschäftsführung regelt beziehungsweise die Besitzverhältnisse bei Scheidung. Keiner kann vorhersehen, was in 20 Jahren ist.
Führen Paare Unternehmen erfolgreicher?
Zu dieser These kenne ich keine Belege. Aber mein subjektiver Eindruck ist: Wenn man sich gut ergänzt und eine Vision hat, zeigt sich das auch am Geschäftserfolg.
Hilft das Unternehmertum, eine gesunde Beziehung zu führen?
Wenn man im Betrieb einen Modus gefunden, gut zusammen zu führen, kann das auch die Beziehung stärken und befriedigend sein. Man kann gut aufeinander eingehen und hat eine gemeinsame Problemlösekompetenz entwickelt. Mit der managt man auch im Privaten Schwierigkeiten, wenn es um die Kinder geht oder die Freizeitgestaltung. Ich habe den Eindruck, Unternehmerpaare stehen sehr fest zu ihrer Beziehung, weil sie wissen: Wir wuppen das schon.
Hans-Georg Lauer ist Paarberater in Köln und Bonn und therapiert immer wieder Unternehmerpaare. 
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