Unternehmen mit Freund führen
„Das war ein Belastungstest für unsere Freundschaft“

Martin Allmendinger gründete 2014 mit einem Schulfreund das Beratungs- und Softwareentwicklungsunternehmen OMM Solutions. Die beste Entscheidung seines Lebens, wie er sagt – obwohl sie zwischendurch kaum noch miteinander geredet haben.

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Die Gründer von OMM Solutions: Malte Horstmann (4. von links), Olaf Horstmann (3. von rechts) und Martin Allmendinger (2. von rechts)
Die Gründer von OMM Solutions: Malte Horstmann (4. von links), Olaf Horstmann (3. von rechts) und Martin Allmendinger (2. von rechts)
© OMM Solutions

Martin Allmendinger: „Ich bin seit der siebten Klasse mit meinen Gründerkollegen Malte Horstmann befreundet. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als Malte mich gefragt hat, ob ich ein Unternehmen mit ihm gründen will: Es war kurz vor meinem Masterabschluss, und er wollte ganz entspannt ein Bier mit mir trinken. Nach einer halben Stunde zog er ein Konzept aus der Tasche und meinte: ‚Der eigentliche Grund, weshalb wir uns heute treffen, ist, dass ich mir nur mit Dir vorstellen kann, ein Unternehmen zu gründen. Hast du Lust?‘

Für mich war das zu diesem Zeitpunkt – direkt nach dem Studium – eigentlich zu früh. Aber ich dachte: Wenn man einmal angestellt ist, gründet man wahrscheinlich nicht mehr. Und ich hätte mir keinen besseren Gründungskollegen vorstellen können. Wir haben uns schon in der Schule viel über Computer und Webtechnologien ausgetauscht, sind auf der gleichen Wellenlänge, haben ähnliche Interessen, aber auch unterschiedliche Stärken und fachliche Schwerpunkte. Er meinte dann, es gäbe die Möglichkeit, ein Gründerstipendium zu bekommen. Wir haben es einfach probiert und das Stipendium tatsächlich bekommen. Kurz danach stieß sein Bruder Olaf dazu.

Nach einem Jahr, als das Stipendium auslief, gab es den bis heute einzigen echten Belastungstest für unsere Freundschaft. Wir haben zeitweise nur noch für unsere Firma relevante Dinge besprochen, das Private, die Freundschaft, blieb auf der Strecke. Der Hintergrund: Unsere erste Geschäftsidee, eine digitale Plattform für Verhandlungen, hatte in dem Jahr keine Nachfrage am Markt geweckt, es gab keine Kunden dafür. Wir wollten dennoch am gemeinsamen Unternehmen festhalten, eine Festanstellung war für uns alle keine Option. Wir wollten die Freiheit und Unabhängigkeit der Selbstständigkeit behalten, ich wollte ein Unternehmen mit vertrauten Personen aufbauen.

Meine Mitbegründer und ich haben dann überlegt, wie es weitergehen kann. Malte und Olaf sind leidenschaftliche Entwickler und wollten mit Auftrags-Programmierungs-Projekten erstes Geld verdienen. Als Betriebswirt hatte ich das Gefühl, dass ich keinen gleichwertigen Beitrag leisten kann. Ich habe mich dann entschlossen, an der Uni Hohenheim am Lehrstuhl für Unternehmertum zu promovieren. Das half mir dabei, unseren ersten unternehmerischen Versuch zu analysieren: Ich habe mich gefragt, was wir falsch gemacht haben. Wir sind nach dem Jahr mit keinem nennenswerten Umsatz rausgegangen. Das lässt einen Betriebswirt nicht schlafen.

Und ich wollte wissen, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es darüber gibt, wie man ein Unternehmen gründet, was bekannte Erfolgsfaktoren sind. Ich habe die Stelle an der Uni angenommen und mit meinen Mitbegründern gleichzeitig OMM aufgebaut, unser Beratungs- und Softwareentwicklungsunternehmen. Heute haben wir zehn Mitarbeiter.

Den anderen meine Sichtweise mitzuteilen, war damals, 2014, nicht leicht. Zu promovieren ist ein persönliches Ziel und kein Ziel, das unserem Unternehmen einen direkten Vorteil bringt. Ich hatte weniger Zeit für die Firma, die anderen hatten sich mehr Einsatz von mir gewünscht. Vielleicht sah es von außen auch so aus, als würde ich mich gegen das Unternehmen entscheiden.

Heute würden wir wahrscheinlich alle sagen, dass es sinnvoll war, dass ich an die Uni gegangen bin. Ich kann mit meinem wissenschaftlichen Hintergrund nun Vorträge vor Geschäftsführern halten, darüber bekommen wir auch Kundenprojekte. Und ich kann heute auf ganz anderen Niveau beraten.

Aber damals waren wir in diesem Punkt nicht einer Meinung. Das war belastend für mich, Malte und unsere Freundschaft. Der Ton hat sich etwas zugespitzt, wir haben mehrere Wochen nicht mehr über private Dinge geredet. Dann sind wir gemeinsam spazieren gegangen und haben uns ausgesprochen. Das war extrem befreiend und erleichternd. Wir hätten das viel früher machen sollen.

Diese Erfahrung hat unser Verhältnis definitiv gestärkt: Seitdem reden wir viel direkter, sprechen Unstimmigkeiten sofort an. Das ist nicht immer schön, aber wichtig, damit keine Konflikte aufkommen.

Oft geht es dabei auch mehr um kleine Situationen im Alltag: Man lässt eine Kaffeetasse auf dem Tisch stehen, oder wir sperren unsere Computer nicht, wenn wir unseren Arbeitsplatz verlassen, erwarten aber gleichzeitig von unseren Mitarbeitern, dass ihnen das nicht passiert. Malte, Olaf und ich sind eine Art Frühwarnsystem füreinander: Wir weisen einander darauf hin, dass wir die Verhaltensweisen, die wir unseren Mitarbeitern predigen, auch vorleben. Das macht uns alle zu bessere Chefs.“

 

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Lesen Sie hier von den Höhen und Tiefen anderer befreundeter Unternehmer:

2012 hat Britta Klein-Büntemeyer mit ihrer guten Studienfreundin Natalie Garcia die kieferorthopädische Praxis ihres früheren Chefs übernommen. Die beiden setzten sich anfangs eine klare Regel: Sie kritisieren einander – auch, wenn das manchmal wehtut.

Wolfgang Meier und Marc Piechnik sind seit mehr als 30 Jahren beste Freunde. 2012 stieg Piechnik als Co-Geschäftsführer in Meiers Betrieb ein. Bevor sie diesen Schritt wagten, diskutierten sie mit ihren Frauen und schrieben Pro- und Contra-Listen.

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Er meinte dann, es gäbe die Möglichkeit, ein Gründerstipendium zu bekommen. Wir haben es einfach probiert und das Stipendium tatsächlich bekommen. Kurz danach stieß sein Bruder Olaf dazu. Nach einem Jahr, als das Stipendium auslief, gab es den bis heute einzigen echten Belastungstest für unsere Freundschaft. Wir haben zeitweise nur noch für unsere Firma relevante Dinge besprochen, das Private, die Freundschaft, blieb auf der Strecke. Der Hintergrund: Unsere erste Geschäftsidee, eine digitale Plattform für Verhandlungen, hatte in dem Jahr keine Nachfrage am Markt geweckt, es gab keine Kunden dafür. Wir wollten dennoch am gemeinsamen Unternehmen festhalten, eine Festanstellung war für uns alle keine Option. Wir wollten die Freiheit und Unabhängigkeit der Selbstständigkeit behalten, ich wollte ein Unternehmen mit vertrauten Personen aufbauen. Meine Mitbegründer und ich haben dann überlegt, wie es weitergehen kann. 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