Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
- Wie Erklärvideos Chefs und Chefinnen entlasten
- Welche Mitarbeitenden von Tutorials profitieren
- Was gute Themen sind
- Welches (wenige) Equipment du brauchst
- Wie du Erklärvideos möglichst kurz hältst
- Wie du den Aufwand für die Videobearbeitung begrenzt
- Welche kostenlosen Tools helfen
- Welche Video-Plattformen empfehlenswert sind
Boah, nicht schon wieder! Es gibt Fragen, die Chefs und Chefinnen nicht mehr hören können. Weil sie immer wieder kommen. Weil sie leicht zu beantworten wären – und zwar, theoretisch, auch von anderen Menschen als der Führungskraft, wären sie gerade verfügbar. Die nervenschonende Lösung: Erklärvideos, auch Tutorials genannt. Sie helfen, Zeit zu sparen, die Arbeitsergebnisse zu verbessern und die Fehlerquote zu reduzieren.
Erklärvideos eignen sich im Grunde für jedes Unternehmen in jeder Branche, denn in nahezu allen Betrieben gibt es wiederkehrende Prozesse, feste Regeln und Standards. Wer besonders von Erklärvideos profitiert, wie du sie mit wenig Aufwand erstellen und einsetzen kannst, erklären wir anhand von zwei Firmenbeispielen.
Wie Erklärvideos Chefs und Chefinnen entlasten
Wenn ein Monteur vom Kunden kommt, gibt es einen Satz, den der Geschäftsführer Thorsten Drewes nicht mehr hören möchte: „Chef, ich wusste nicht, wie ich das Kundenprotokoll ausfülle.“ Jeder Installateur beim Handwerksbetrieb für Heizungs- und Klimatechnik Geitekk in Bremen soll nach einem Kundentermin erfassen, was dort gemacht, welches Material verbaut wurde und wie viele Stunden die Arbeit gedauert hat. Wird diese Aufgabe nicht erledigt, müssen die Informationen nachträglich zusammengetragen und vom Kunden unterschrieben werden. Erst dann kann die Handwerksfirma die Rechnung stellen. Es kostet Zeit und Geld, wenn Monteure diese Aufgabe nicht beherrschen.
„Zum Glück gehören diese Wissenslücken der Vergangenheit an“, sagt Thorsten Drewes. Denn seit 2020 können sich die rund 50 Mitarbeitenden dieses und weiteres Know-how für ihren Job über Erklärvideos aneignen, die der Handwerksbetrieb selbst erstellt hat. Fast fünf Stunden Lernmaterial hat Thorsten Drewes gemeinsam mit seinem IT-Fachmann Marco Meyer mittlerweile gefilmt. Die Videos können die Mitarbeitenden immer und überall abrufen, im Büro, zu Hause oder beim Kunden.
Seit es sie gibt, ist auch der Chef entlastet: „Vorher kamen jeden Tag mehrere Leute vorbei und haben mich nach allerlei Kleinigkeiten gefragt. Jetzt kommen nur noch die schwierigen Fragen bei mir an, die wirklich Chefsache sind“, erzählt der Unternehmer.
Welche Mitarbeitenden von Tutorials profitieren
Der Vorteil von Erklärvideos ist, dass man sie sich jederzeit von überall anschauen und im eigenen Tempo lernen kann. Wer den Inhalt nicht verstanden hat, spult das Video einfach zurück und schaut es sich noch mal an.
Tutorials sind deshalb vor allem beim Onboarding hilfreich, wenn frisch angestellte Teammitglieder eingearbeitet werden müssen und nicht ständig nachfragen können: Wie funktioniert das noch mal? „Das ist gerade für neue Mitarbeiter im Homeoffice gut, als Zusatz zu direkten Gesprächen“, sagt Neele Maarten de Vries, Geschäftsführer des Videospezialisten Mozaik aus dem Allgäu.
Bei Geitekk bekommen neue Teammitglieder noch vor dem ersten Arbeitstag einen Link plus Login zur Videoplattform. „Wir hatten sogar mal einen Monteur, der hatte sich alle Videos vor seinem ersten Tag schon zweimal angeschaut und wäre quasi direkt einsatzbereit gewesen“, sagt Drewes.
Auch für langjährige Beschäftigte können Erklärvideos hilfreich sein, wenn sie Aufgaben übernehmen sollen, die nicht Routine sind. Ein Beispiel ist die Firma Kensington Immobilien Südliche Weinstraße in Landau mit vier Beschäftigten. Franchisenehmer und Inhaber Fabian Lauer hat verschiedene Tutorials erstellt, zum Beispiel zur Frage, wie die Makler und Maklerinnen Immobilien inserieren oder wie sie Marketingmaterial wie Flyer und Plakate beim Franchisegeber bestellen können. „Was man nicht oft macht, vergisst man leicht“, erklärt der Unternehmer.
Man könnte auch Handbücher für sämtliche Abläufe und Aufgaben schreiben und auf dem Firmenserver hinterlegen. Die Aufmerksamkeitsspanne sei jedoch größer, wenn einem etwas gezeigt wird, als wenn man sich etwas durchlesen muss. Gerade bei komplexen Themen kann das hilfreich sein.
Was gute Themen sind
Bei Geitekk drehen sich die Videos meist um das Programm „Mobiler Monteur“, mit dem die Fachkräfte jeden Tag arbeiten – aber nicht nur. Es gibt etwa Videos darüber, wie die Mitarbeitenden in dieser Software Kundenprotokolle schreiben, ein E-Mail-Postfach auf dem Tablet und Desktop einrichten, ein Aufmaß digitalisieren, das Projektmanagementtool Trello verwenden, Vorgänge auf einer Baustelle dokumentieren und Prüfprotokolle hochladen können. Die Filme sind von unterwegs abrufbar. „Immer dann, wenn sie eine Frage haben, können sie die Antwort im Video nachschauen“, sagt Drewes.
Wer ein Erklärvideo erstellen will, sollte sich als Erstes fragen: Was soll das Team lernen? „Wiederkehrende Aufgaben eignen sich hervorragend für Schulungsvideos“, sagt de Vries von Mozaik. Das kann alle möglichen Arbeitsbereiche betreffen, von Arbeitsstunden in die Personalsoftware einpflegen bis hin zu Kundenbestellungen erfassen und weiterleiten.
Auch vermeintlich banale Inhalte können Thema sein. Fabian Lauer zum Beispiel hat neben den alltäglichen To-dos auch gefilmt, wie der Drucker und die Kaffeemaschine funktionieren. „Wir sind als Makler viel unterwegs, also ist nicht immer jemand im Büro, um auch bei kleinen Problemen zu helfen“, erklärt Lauer. „Deswegen war es mir wichtig, einfach einmal alles festzuhalten, zu dem es regelmäßig Fragen gibt.“ Inzwischen hat Lauer 23 Stunden Lernmaterial erstellt.
Welches (wenige) Equipment du brauchst
Unternehmen brauchen für Erklärvideos fast nichts anzuschaffen, was sie nicht ohnehin im Arbeitsalltag nutzen. Letztendlich kommt es aber darauf an, was gefilmt werden soll und welche Ansprüche die Firma an das Video hat. „Für interne Zwecke reicht oft eine Handykamera oder Webcam“, erklärt Ralph van den Berg, Experte für Erklärvideos und Geschäftsführer der Schweizer Firma Swissanimate.
Besonders leicht lassen sich Videos erstellen, wenn eine Software oder das Ausfüllen eines Formulars am Bildschirm erklärt wird. Hierfür bietet sich die Bildschirmaufnahme an, die bei Windows und MacOS integriert ist.
Dabei wird aufgezeichnet, was gerade am Bildschirm passiert, wo der Mauszeiger hinwandert, welcher Button geklickt wird, welches Textfeld sich öffnet und was dort hineingeschrieben wird. Zudem wird die Stimme der Person, die vorm Rechner sitzt und das Programm erklärt, aufgezeichnet. Windows-Nutzer kommen mit der Tastenkombination Win+G dorthin, Mac-User drücken Shift+Cmd+5. Auch bei Smartphones ist die Option in der Regel direkt eingebaut, es braucht keine extra App.
Bei Geitekk entstehen die Tutorials nur mit Bildschirmaufnahmen. „Wir erklären eben hauptsächlich Software“, sagt Drewes. „Da brauchen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die größte Unterstützung.“
Etwas mehr Planung und eventuell auch extra Equipment ist bei Themen erforderlich, die nicht direkt am Computer behandelt werden, etwa wie man sich bei Kundenanfragen verhält oder wie der Drucker funktioniert. Wenn Immobilienmakler Lauer ein Video anfertigt, nutzt er meistens sein Smartphone.
Zusätzlich hat er ein günstiges Ansteckmikrofon und ein Ringlicht im Internet bestellt. Ersteres ist wichtig für die Tonqualität. „Meiner Erfahrung nach muss der Ton schon gut sein. Dann schauen die Mitarbeitenden auch gerne und mehrfach rein“, erklärt Lauer. Ein Ringlicht ist sinnvoll, um die Person besser auszuleuchten, während sie vor laufender Kamera steht und spricht.

Wie du Erklärvideos möglichst kurz hältst
Bei einem Video, in dem eine Software erklärt wird, ist die Reihenfolge, wann man was sagt, im Prinzip schon vorgegeben. Dennoch ist es sinnvoll, jedes Erklärvideo vorher zu planen. Hierbei hilft ein Drehbuch, also Ablaufplan. (Eine Skriptvorlage für ein Erklärvideo finden impulse-Mitglieder hier zum Download)
Ein Skript hilft außerdem, das Tutorial prägnant und verständlich zu halten. Beim Immobilienunternehmer Fabian Lauer ist kaum ein Video länger als fünf Minuten, einige dauern sogar nur zwei Minuten. Eine gute Länge, findet van den Berg. „Wenn ein Thema zu komplex ist, ist es schwierig, es in Videoform zu vermitteln. Es sollte in kleine Unterthemen aufgeteilt sein und nur zwei bis vier Minuten dauern“, sagt er. Zum Beispiel: Statt den gesamten Prozess von der Kundenbestellung bis zur Auslieferung zu erklären, lieber einen Aspekt herausnehmen, etwa die Frage, welche Kundendaten bei der Bestellung erfasst werden müssen.
Wie du den Aufwand für die Videobearbeitung begrenzt
Wenn die Aufnahme gemacht ist, steht die Bearbeitung des Videos an. Der Aufwand hängt auch hier von den eigenen Ansprüchen ab. Doch es hat auch Vorteile, wenn das Tutorial nicht perfekt ist. So sehen es zum Beispiel Thorsten Drewes und sein IT-Mitarbeiter Marco Meyer.
Sie lassen die fertig gedrehten Tutorials bewusst unbearbeitet: „Wir zeigen alles in den Videos in tatsächlicher Geschwindigkeit, auch wenn es mal eine kleine Pause gibt, weil etwas lädt“, erklärt Drewes. „Das gehört dazu und sieht bei den Mitarbeitenden schließlich in der Realität genauso aus. Es würde eher Fragen aufwerfen, wenn im Video alles ganz schnell geht und bei den Zuschauenden nicht.“
Auch Videos, in denen Meyer erklärt, wie Teammitglieder Software-Updates installieren können, sind in Echtzeit erstellt. Das zeigt: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen keine Scheu vor dem Update haben, denn das ist innerhalb weniger Sekunden erledigt und schon kann es weitergehen mit der Arbeit.
Immobilienverkäufer Lauer schneidet seine Videos ebenfalls kaum. „Am Anfang war ich noch recht perfektionistisch“, sagt er. „Wenn mir heute der Stift beim Erklären runterfällt und ich ihn wieder aufhebe, bleibt das drin.“ Es dauere schließlich länger, diesen kleinen Schnipsel zu entfernen, als einfach darüber hinwegzusehen.
Welche kostenlosen Tools helfen
Es gibt auch einfache Tools für die Erstellung von Erklärvideos. Immobilienunternehmer Fabian Lauer nutzt zum Beispiel das kostenlose Programm Loom. Damit lassen sich Webcam-Videos sowie Bildschirmaufnahmen erstellen, sogar gleichzeitig. Wer also etwas am Bildschirm erklären will, kann sich zusätzlich mit der Webcam filmen und die Aufnahme einblenden lassen. „Loom ist ein einfaches Tool, das jede Person nutzen kann“, sagt der Experte Ralph van den Berg. Mit dem Programm lassen sich die Tutorials auch bearbeiten.
Um Videos zu schneiden, können Firmen das kostenlose Tool Canva nutzen oder Adobe Premiere Pro, das circa 66 Euro pro Monat kostet. Letzteres ist eher ein Tool für Profis. Laut van den Berg reicht Canva für kleinere Anpassungen aus. Die Programme helfen auch beim Einblenden von Fotos, Grafiken oder Text. „Mittlerweile kann wirklich jede Person mit ein wenig Zeit Videos drehen, schneiden und veredeln“, sagt van den Berg.
Welche Video-Plattformen empfehlenswert sind
Um die Videos zu zeigen, brauchen Firmen eine Plattform. Die Videos auf dem Firmenserver zu speichern, ist nur eine gute Idee, wenn alle Mitarbeitenden am Firmenstandort arbeiten und Zugang zum Rechner haben.
Besser ist es, die Videos online verfügbar zu machen. Ralph van den Berg empfiehlt für kleinere Unternehmen die Verwendung des Intranets oder eines kostenlosen Youtube-Accounts. „Für einfaches Video-Hosting kann Youtube genutzt werden, wenn die Videos nur für interne Zwecke sind. Es lässt sich einstellen, dass niemand sie auf der Plattform sieht“, erklärt er. Man solle aber keine vertraulichen Daten von Mitarbeitenden oder Kunden posten. „In Schulungsvideos werden allerdings eher selten vertrauliche Daten verwendet“, sagt der Experte.
Lernmanagement-Systeme als Youtube-Alternative
Unternehmen können auch sogenannte Lernmanagement-Systeme (LMS) nutzen, empfiehlt der Videoexperte Neele Maarten de Vries. Drewes nutzt etwa Coachy und zahlt dafür 356 Euro im Jahr. Unternehmen bekommen dann eine eigene Internetadresse, auf der sich Mitarbeitende einloggen und die Videos anschauen können.
Ein anderer Anbieter ist zum Beispiel Moodle. Die Open-Source-Software ist kostenlos, wenn Firmen die Lernplattform auf ihren eigenen Servern betreiben. Wenn sie das nicht möchten, zahlen sie 120 Euro jährlich. Eine Alternative ist GoSkills, das es auch als kostenlose Variante gibt. Wer mehr will: Ab circa 10 Euro pro Monat und Nutzer gibt es weitere Versionen.
E-Learning-Plattformen bieten zudem eine einfache Möglichkeit, zu tracken, wer sich die Videos angesehen hat. Auch Drewes schaut immer mal wieder rein und erinnert seine Leute daran, auch mal in die Videos zu schauen.
Experte Neele Maarten de Vries empfiehlt ebenfalls, Mitarbeiter direkt darauf hinzuweisen, dass sie ein Modul absolvieren sollten. „In Lernmanagement-Systemen kann man ihnen Pflichtvideos zuweisen, um sicherzustellen, dass sie diese auch ansehen“, sagt er. Am besten sei es aber, wenn die Mitarbeitenden freiwillig reinschauen und erkennen, wie wertvoll die Wissensdatenbank ist.
