Zielgespräche führen
Dein Fünf-Schritte-Plan für wirksame Zielgespräche

Das Engagement von Mitarbeitenden steigt messbar, wenn sie wissen, welche Ziele sie verfolgen sollen. So führst du Zielgespräche, die motivieren und Klarheit schaffen.

16. Oktober 2025, 09:44 Uhr, von Christoph Henn

Graphische Darstellung einer Person mit Aktentasche, die von einer Sprungfeder ein aufsteigendes Balkendiagramm hinauf geschleudert wird
Endlich ankommen: Strukturierte Zielgespräche zu führen, hilft Mitarbeitenden, Ziele wirklich zu erreichen.
© Deagreez / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Du hast dir überlegt, wo dein Unternehmen mittelfristig stehen soll: mehr Umsatz, mehr Aufträge oder zufriedenere Kunden. Du identifizierst die Mitarbeitenden, deren Aufgaben den größten Einfluss haben – etwa der Vertrieb, wenn es ums Auftragsvolumen geht, oder der Kundendienst für die Zufriedenheit. Ihnen gibst du jeweils konkrete Ziele, die auf den ­großen Plan einzahlen … und am Ende klappt es trotzdem nicht. Deine Mitarbeitenden verfehlen die Ziele – oder noch schlimmer: Sie verfolgen sie nicht einmal ernsthaft.

Verfehlte Ziele: Diese Ursache übersehen viele

Manchmal liegt das an den Zielen selbst, ­etwa wenn sie unrealistisch oder unklar sind. Aber selbst wenn sie SMART definiert sind (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert), heißt das nicht, dass Mitarbeitende die Aufgaben automatisch meistern. Denn ­zwischen dem Ziel und seiner Erreichung steht eine weitere Herausforderung, die oft unterschätzt wird: das Zielgespräch.

„Wer Mitarbeitende im Gespräch nicht abholt und inhaltlich nicht mitnimmt, bringt die Zielerreichung von Anfang an in Gefahr“, sagt Führungskräftecoach Stefan Klaußner. Der promovierte Betriebswirt hat, basierend auf den Zielsetzungstheorien der US-Psychologen Edwin A. Locke und Gary P. Latham, einen Fünf-Schritte-Plan für Zielgespräche entwickelt. Damit kannst du die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Mitarbeitende vereinbarte Ziele tatsächlich fokussiert und mit Engagement verfolgen. Was du zu jedem der Schritte wissen solltest, damit das Zielgespräch seine Wirkung entfalten kann.

Schritt 1: „Warum überhaupt?“ Zielbedeutung klarmachen

Egal, wie sinnvoll ein Ziel ist – wenn es im luftleeren Raum steht, leidet die Motivation. „Führungskräfte sollten daher herausarbeiten, welche Bedeutung ein bestimmtes Ziel für das Unternehmen, für das Teammitglied und für Dritte hat“, erklärt Klaußner. Wer versteht, warum ein Ziel wichtig ist, habe eine stärkere intrinsische Motivation, also einen höheren Eigenantrieb. Außerdem steige die Identifikation mit dem Unternehmen.

So geht’s:

1. Zeige, wie das Ziel dem Unternehmen nutzt

Statt beispielsweise einfach zu sagen: „Beantworte künftig bitte täglich mindestens drei Kundenmails“, ist eine Formu­lierung wie diese besser: „Das große Ziel ist, die Kundenzufriedenheit zu ­steigern. Täglicher Austausch mit ­Kunden hilft uns dabei.“

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2. Zeige, warum das Ziel zum Teammitglied passt

Die Ziele sollten zu den persönlichen Werten oder Stärken des jeweiligen Teammitglieds passen. Weißt du beispielsweise, dass jemand Wert auf ­akkurates Arbeiten legt, dann betone im Zielgespräch, warum Genauigkeit für dieses Ziel wichtig ist.

Voraussetzung: Du musst deine Mit­arbeitenden gut kennen. Nutze deshalb jede Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen, auch mal auf dem Gang oder in der ­Kaffeeküche. Finde heraus, was ihnen wichtig ist.

3. Zeige, wie Dritte profitieren

Inwiefern nützt es Kunden, Partnern oder Kolleginnen und Kollegen, wenn der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin sich für das Ziel ins Zeug legt? Klaußners Formulierungsvorschlag: „Deine Arbeit an diesem Ziel ist sehr wichtig für Kollegin X, die sich dann besser um Projekt Y kümmern kann.“

Schritt 2: „Will ich wirklich?“ Zielbindung stärken

Zielbindung wird heute oft Neudeutsch als „Commitment“ bezeichnet: Jemand fühlt sich einem Ziel verpflichtet und gibt auch bei Schwierigkeiten nicht gleich auf. Führungscoach Klaußner empfiehlt zwei Wege, das Commitment zu stärken.

1. Beziehe Mitarbeitende aktiv in die Zielsetzung ein

Im Gespräch könnte sich das zum Beispiel so anhören: „Ich habe mir das Ziel gesetzt, dass wir dieses Jahr 30 neue Kunden ­gewinnen. Was sind aus deiner Sicht die größten Hebel in deinem Aufgabenbereich, um dazu beizutragen?“

Manchmal lasse sich diese Frage leichter mit einem Perspektivwechsel beantworten: „Stell dir vor, wir haben unsere Unternehmensstrategie für die nächsten fünf Jahre erfolgreich realisiert. Welche Ziele hast du dir dann heute gesetzt?“

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2. Beachte den Bindungstyp des Teammitglieds

Du kannst die Zielbindung auch fördern, wenn du das Ziel daran anpasst, welcher Bindungstyp das jeweilige Teammitglied ist. Klaußner unterscheidet zwischen ­emotionaler, normativer und kalkulato­rischer Bindung:

Bindungstypen

  • Emotionale Bindung: Mitarbeitende mit emotionaler Bindung identifizieren sich stark mit den Werten des Unternehmens oder mit dem Team. Daher solltest du das Ziel mit Aufgaben verknüpfen, die klar auf bestimmte Unternehmenswerte ein­zahlen, etwa die Qualität der Produkte zu steigern. Wenn das Teammitglied sich stark mit Kollegen verbunden fühlt, sind Ziele mit gemeinsamen Aufgaben sinnvoll.
  • Normative Bindung: Normativ gebunden sind Menschen mit starkem Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Eine Beispielformulierung, mit der du diesen ­Bindungstyp ansprechen könntest: „Dein Beitrag zu diesem Ziel ist elementar, weil du für die jüngeren Kollegen ein Vorbild bist.“
  • Kalkulatorische Bindung: Der persönliche Nutzen steht im Vordergrund, also beispielsweise Karrierechancen oder Boni, die mit Zielen verknüpft sind. Davon rät Klaußner ab und warnt: Solche extrinsischen Anreize könnten die intrinsische ­Motivation zerstören).

Schritt 3: „Kann ich das?“ Selbstwirksamkeit stärken

Selbstwirksamkeit ist das Gefühl, Dinge aus eigener Kraft erreichen zu können. Dieses Gefühl steigert die Motivation, die Eigenverantwortung und die Problemlösungskompetenz – alles wichtige Voraussetzungen, um Ziele zu erreichen. „Deshalb lohnt es sich, die Selbstwirksamkeit der Mitarbeitenden im Gespräch zu stärken“, sagt Klaußner.

Hier zwei Möglichkeiten, wie das gelingen kann.

1. Verknüpfe vergangene Erfolge mit den neuen Anforderungen

Du kannst das Teammitglied etwa wie folgt ­bestärken: „Wie du das große Projekt im vergangenen Jahr umgesetzt hast, zeigt mir, dass du die nötigen Fähigkeiten für dieses Ziel hast.“ Oder du lässt die Person selbst über die eigenen Stärken in den letzten Jahren reflektieren. Danach verbindet ihr diese Stärken gemeinsam mit dem aktuellen Ziel.

2. Besprich, welche Ressourcen ­gebraucht werden

Frage, was das Teammitglied braucht, um das Ziel zu erreichen: eine bestimmte Software? Die Unterstützung von Kollegen? So nimmst du im Gespräch eine coachende Haltung ein. Du gibst keinen Lösungsweg vor, sondern unterstützt ­deine Leute dabei, selbst Lösungen zu ­entwickeln. Das stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit laut Klaußner zusätzlich.

Schritt 4: „Was genau ist zu tun?“ Komplexität klären

Die Frage nach Ressourcen und Unterstützung hängt eng damit zusammen, wie komplex eine Aufgabe ist. „Das muss im Zielgespräch Thema sein, denn die Komplexität beeinflusst die Motivation und die Zieldefinition“, sagt Klaußner. Von zu einfachen Aufgaben rät er ebenso ab wie von zu komplexen. In beiden Fällen sinken seiner Erfahrung nach die Motivation und die Leistung – weil man sich gar nicht anzustrengen braucht oder weil man’s sowieso nicht schaffen kann.

Leitsatz: Je komplexer Aufgaben oder Projekte werden, desto weniger sinnvoll sind messbare Leistungs- oder Ergebnisziele. „Besser sind dann Prozess- oder Lernziele“, sagt Klaußner.

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Beispiel: Eine Firma expandiert ins Ausland und möchte, dass Vertriebsmitarbeitende künftig auch mit Interessenten aus Spanien sprechen. „20 Kundengespräche auf Spanisch“ wäre das falsche Ziel. Das richtige wäre, einen Spanischkurs zu belegen. Es geht also darum, erst einmal Kompetenzen aufzubauen, die für komplexe Aufgaben elementar sind. Auch der Zeithorizont ändert sich mit dem Grad der Komplexität: Während einfachere Aufgaben mit einem fixen Termin versehen werden können, bieten sich bei umfangreicheren Projekten Zwischenziele an, nach denen die nächsten Schritte definiert werden.

Wichtig: Auch hier keine Top-down-Ansagen machen. Im Idealfall entscheiden die Führungskraft und das Team­mitglied gemeinsam über die Komplexität, den Zeitrahmen und den Zieltyp.

Schritt 5: „Passt das so?“ Feedback einplanen

Langfristig wirksam ist ein Zielgespräch nur, wenn der Austausch danach weitergeht. „Regelmäßiges Feedback gibt Orientierung, zeigt Fortschritte und Herausforderungen auf und hält die Motivation aufrecht“, erklärt Klaußner.

Tipp: Schon im Zielgespräch regelmäßige Feedback-Termine fixieren. Diese sollten auch dann stattfinden, wenn es keine Probleme gibt.

In diesen Folgegesprächen überprüfen beide Seiten gemeinsam, ob Zwischenziele erreicht wurden und ob die großen Ziele sowie der Weg dorthin angepasst werden müssen. „Die Feedbackrunden stärken die Selbstwirksamkeit und die Zielbindung“, sagt Führungstrainer Klaußner.

Vorteil: Auf diese Weise wird aus einem jährlichen Termin ein kontinuierlicher Prozess – was am Ende das Gesprächsklima insgesamt verbessert.

Vorsicht, Fallen

Widerstehe diesen vier Verlockungen im Zielgespräch.

1. Zu starker Zielfokus

Wenn sich alles nur um bestimmte Ziele dreht, kann ein Tunnelblick entstehen. Dann leiden andere wichtige Aufgaben oder die Qualität der Arbeit. Im schlimmsten Fall kommt es sogar zu Fehlverhalten, um ein überbetontes Ziel zu erreichen – wie beim VW-Dieselskandal.

2. Nur Quantität im Blick

Gut messbare, quantitative Ziele wie Umsatzsteigerung oder Kostensenkung sind beliebt. Aber denke auch an qualitative Ziele wie gute Zusammenarbeit oder abteilungs­übergreifende Unterstützung – die Balance sollte ­stimmen.

3. Dynamik und Einsatz ignoriert

Wenn sich Rahmenbedingungen ändern, können Ziele trotz höchstem Einsatz verfehlt werden. Wer nur das schlechte Ergebnis ­bewertet und das Engagement ignoriert, ­ruiniert die Motivation der Mitarbeitenden.

4. Materielle Anreize

Verknüpfe Ziele nicht zu stark mit materiellen Anreizen wie Boni. Das senkt die intrinsische Motivation und schafft eine Erwartungs­haltung, die auf Dauer schwer zu erfüllen ist. Besser sind immaterielle Anreize wie Dankbarkeit, Wertschätzung oder Fortbildungen.

Der Experte

Bild des Experten Stefan KlaußnerStefan Klaußner ist Partner bei der HPO Research und Consulting Group. Als Organisationsforscher und Unternehmensberater fokussiert er sich auf Fragen der Führungskulturentwicklung. Aktuell forscht er zu psychologischer Sicherheit und "Speak-up"-Mentalität in Organisationen.

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