EuGH-Urteil zur Lastschrift
Ist das Lastschrift-Verfahren im Online-Handel jetzt tot?

Ein neues EuGH-Urteil könnte das Ende des Lastschrift-Verfahrens im E-Commerce bedeuten, denn Kosten und Risiko für Online-Händler steigen. Was das Urteil konkret bedeutet.

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Schieflage: Das EuGH-Urteil zur Lastschrift zwingt viele Online-Händler, Zahlungsoptionen anzupassen.
Schieflage: Das EuGH-Urteil zur Lastschrift zwingt viele Online-Händler, Zahlungsoptionen anzupassen.
© tolgart/iStock/Getty Images Plus

Die Lastschrift ist eine beliebte Zahlungsmethode im Online-Handel – schließlich ist sie für Shop-Betreiber wie Käufer gleichermaßen bequem: Die Kunden müssen ihre Rechnungen nicht selbst tätigen und müssen so keine Mahngebühren fürchten für den Fall, dass sie eine übersehen. Die Händler wiederum können ihre Forderungen auf der Stelle abbuchen lassen und so das Risiko von Zahlungsausfällen minimieren.

Damit könnte nun aber bald Schluss sein. Denn die Richter des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) haben in einem aktuellen Urteil (C-28/18) entschieden: Bieten Unternehmen die Lastschrift als eine Zahlungsmethode an, muss das für Kunden aus allen EU-Mitgliedsländern gelten – nicht nur für jene, die ein Konto im Land des Online-Händlers haben. Das, so Experten, könnte in der Praxis das Ende des Lastschriftverfahrens bedeuten. Warum das so ist und wie Unternehmen reagieren können – Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie ist es zu dem Urteil gekommen?

Geklagt hatten österreichische Verbraucherschützer vom Verein für Konsumenteninformation – und zwar gegen die Deutsche Bahn. Sie monierten, dass österreichische Kunden zwar übers Internet DB-Tickets buchen können, sie aber nicht per Lastschrift bezahlen dürfen. Diese Option haben laut einer Klausel in den Beförderungsbedingungen nur Bahnkunden, die in Deutschland wohnen.

Die Anwälte der Verbraucherschützer erklärten, dass diese Praxis der sogenannten „Single Euro Payment Area“-Verordnung“ (SEPA-Verordnung) zuwiderlaufe. Sie soll einen einheitlichen europäischen Binnenmarkt im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs garantieren – genau das aber sei nicht gegeben, wenn österreichische Bahnkunden aufgrund ihres Wohnsitzes nicht alle Zahlungsmethoden zur Wahl hätten. Dieser Argumentation folgten die Richter. Für die Diskriminierung spiele es keine Rolle, ob die Verbraucher alternative Zahlungsmethoden, wie etwa Kreditkarte, PayPal oder Sofortüberweisung, nutzen können“, so das Gericht in einer Pressemitteilung.

Was bedeutet das EuGH-Urteil für Unternehmer?

Online-Händler müssen sich fortan genau überlegen, ob sie Kunden das Lastschrift-Verfahren weiterhin anbieten wollen. Denn die Möglichkeit, die Zahlungsmethode einzig auf Kunden mit Konten in Deutschland zu beschränken, ist vom Tisch. „Damit erhöht sich nicht nur das Risiko für Zahlungsausfälle – auch der Verwaltungsaufwand wird größer, wenn Unternehmer weiterhin auf die Lastschrift setzen wollen“, erklärt Eva Rohde, Justiziarin beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh).

Warum ist die „Lastschrift für alle“ für Händler so riskant?

Händler, die Zahlungen per Lastschrift anbieten, tragen ein ebenso hohes Risiko wie jene, die den Kauf per Rechnung ermöglichen – schließlich können Kunden den Betrag innerhalb von zwei Monaten über ihre Bank zurückbuchen lassen, ohne erklären zu müssen, warum. Um solchen Zahlungsausfällen vorzubeugen, prüfen die meisten Anbieter die Bonität ihrer Kunden mithilfe von Auskunfteien. Die weitaus größte ist die Schufa: Sie hat aktuell 9500 Unternehmenskunden und bearbeitet pro Jahr etwa 165 Millionen Anfragen zur Kreditwürdigkeit.

„Das Problem ist nun: Entsprechende Auskünfte über Kunden mit einem Wohnsitz im Ausland einzuholen, wird nicht nur sehr viel teurer. Mitunter ist eine solche Prüfung auch aufwändig bis unmöglich“, erklärt Expertin Rohde. So liefert beispielsweise die Schufa bonitätsrelevante Informationen nur zu Personen aus Belgien, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und Spanien

Zur Person
eva rohde anwältin bevhEva Rohde arbeitet als Syndikusrechtsanwältin beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh).

Welche Möglichkeiten haben Händler, auf das Urteil zu reagieren?

Es gibt folgende Alternativen, wie Unternehmen sich nun verhalten können. Alle bergen Vor- und Nachteile.

  • Möglichkeit eins: Online-Händler verzichten komplett auf das Lastschrift-Verfahren.

In Sachen Zahlungsausfall ist diese Variante die sichere. Indes: Da viele Kunden die Lastschrift-Methode sehr schätzen, ist es wahrscheinlich, dass Händlern Umsätze entgehen. Kunden, die keine Kreditkarten nutzen oder andere Verfahren wie PayPal, könnten versucht sein, bei Konkurrenten zu kaufen, die weiterhin die Lastschrift im Programm der Zahlungsmethoden haben.

  • Möglichkeit zwei: Online-Händler bieten das Lastschrift-Verfahren allen Kunden an.

Diese Option verspricht, Kunden zu behalten, die die Bezahlmethode schätzen – und neue aus dem Ausland dazuzugewinnen. Allerdings erhöht sich damit das Risiko für Zahlungsausfälle aufgrund ungedeckter Konten.

  • Möglichkeit drei: Online-Händler legen anhand objektiver Kriterien fest, wann genau sie das Lastschrift-Verfahren anbieten – und wann nicht.

Händler haben die Option, die Lastschrift-Methode nur unter bestimmten Bedingungen anzubieten. Beispielsweise wäre es möglich, die Lastschrift als Bezahlmöglichkeit für den Erstkauf auszuschließen, sie ab dem zweiten Kauf aber anzubieten, wenn der Kunde einmal zuverlässig gezahlt hat. Wichtig dabei: Solche Kriterien müssen für alle Kunden gleichermaßen gelten – unabhängig davon, ob es sich um deutsche Kunden handelt oder solche aus dem EU-Ausland. Diese Option reduziert – wie Möglichkeit eins – das Risiko von Zahlungsausfällen, allerdings um den Preis möglicher Umsatzeinbußen bei potenziellen Neukunden.

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„Online-Händler sollten sich keinesfalls aus dem Bauch heraus für eine Option entscheiden – sondern vorab eine genaue wirtschaftliche Analyse vornehmen“, rät Rohde. „Das heißt: einmal genau schauen, wie hoch aktuell der Anteil derer ist, die die Lastschrift nutzen, wie viele der eigenen Kunden überhaupt aus dem Ausland kommen – und was es finanziell wie dokumentarisch bedeuten würde, die Möglichkeit der Lastschrift europaweit anzubieten.“

Wichtig dabei: Auch Veränderungen im Hinblick auf Versandprozesse sollten Unternehmer in die Kalkulation miteinbeziehen. „Der EuGH hat beispielsweise auf die Möglichkeit verwiesen, dass Händler die Ware ja erst nach Zahlungseingang versenden könnten. Das bedeutet aber für die Praxis, dass der Versand wieder deutlich individualisierter wäre“, so Rohde. Automatisierte Abläufe könnten dann unter Umständen nicht mehr greifen, Händler müssten Ware zurückhalten – und sehr wahrscheinlich auch technische Schnittstellen im Bestellprozess anpassen.

Wie können Online-Händler, die weiter auf die Lastschrift setzen wollen, das Risiko für Zahlungsausfälle reduzieren?

Händler haben zwei Optionen, das Risiko für Zahlungsausfälle bei Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu minimieren:

  1. Sie können versuchen, eine Bonitäts-Prüfung im Ausland über Auskunfteien durchführen zu lassen – für einige Länder der EU ist dies problemlos möglich (siehe oben), wenngleich teurer.
  2. Sie können auf die sogenannte „gesicherte Lastschrift“ setzen: Dann übernimmt ein Payment-Anbieter die Kosten des Kaufs und trägt das Risiko des Zahlungsausfalls. „Aber auch eine solche Dienstleistung lassen sich Anbieter natürlich über Gebühren bezahlen“, so Rohde.

„Beide Lösungen bedeuten außerdem einen enormen Mehraufwand: Haben Händler beispielsweise viele Kunden aus vielen verschiedenen Ländern, müssten sie zunächst einmal für jedes Land eine Auskunftei finden – und sich schlau machen, was diese genau bieten.“ Anschließend gelte es durchzurechnen, ob es sich lohnt, mit jeder Auskunftei einen Vertrag abzuschließen, um Infos zur Bonität der ausländischen Kunden zu erhalten. Und so das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren.

Das Gute: „Im Ausland ist das Lastschrift-Verfahren deutlich weniger beliebt als in Deutschland: Kunden setzen dort bereits stärker auf alternative Bezahlsysteme wie Kreditkarte oder PayPal“, so Rohde. Wer das Risiko nicht komplett scheut, könnte zunächst auch erst einmal schauen, ob sich in der Praxis Zahlungsausfälle wirklich häufen – ehe er in Sachen Auskunfteien oder gesicherte Lastschrift aktiv wird.

Mit welchen Konsequenzen müssen Händler rechnen, die das Urteil ignorieren?

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Da die SEPA-Verordnung seit 2014 in der gesamten EU Anwendung findet und das aktuelle Urteil eine Auslegung der Verordnung darstellt, gilt die Entscheidung des EuGH mit sofortiger Wirkung auch in Deutschland. „Das heißt: Unternehmen müssen jetzt reagieren. Wer seine Zahlungsoptionen als Händler nicht anpasst, risikiert eine Abmahung“, so Rohde.

Denn: Kunden und Konkurrenten können sich von nun an beispielsweise bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder aber bei der Wettbewerbszentrale beschweren, wenn ein Unternehmen das Lastschrift-Verfahren nicht allen EU-Bürgern anbietet. Die Wettbewerbszentrale beispielsweise hat dafür bereits ein Online-Formular erstellt, mit dem sich ein Fall von SEPA-Diskriminierung melden lässt.

 

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Geklagt hatten österreichische Verbraucherschützer vom Verein für Konsumenteninformation – und zwar gegen die Deutsche Bahn. Sie monierten, dass österreichische Kunden zwar übers Internet DB-Tickets buchen können, sie aber nicht per Lastschrift bezahlen dürfen. Diese Option haben laut einer Klausel in den Beförderungsbedingungen nur Bahnkunden, die in Deutschland wohnen. Die Anwälte der Verbraucherschützer erklärten, dass diese Praxis der sogenannten „Single Euro Payment Area“-Verordnung“ (SEPA-Verordnung) zuwiderlaufe. Sie soll einen einheitlichen europäischen Binnenmarkt im Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs garantieren – genau das aber sei nicht gegeben, wenn österreichische Bahnkunden aufgrund ihres Wohnsitzes nicht alle Zahlungsmethoden zur Wahl hätten. Dieser Argumentation folgten die Richter. Für die Diskriminierung spiele es „keine Rolle, ob die Verbraucher alternative Zahlungsmethoden, wie etwa Kreditkarte, PayPal oder Sofortüberweisung, nutzen können“, so das Gericht in einer Pressemitteilung. Was bedeutet das EuGH-Urteil für Unternehmer? Online-Händler müssen sich fortan genau überlegen, ob sie Kunden das Lastschrift-Verfahren weiterhin anbieten wollen. Denn die Möglichkeit, die Zahlungsmethode einzig auf Kunden mit Konten in Deutschland zu beschränken, ist vom Tisch. „Damit erhöht sich nicht nur das Risiko für Zahlungsausfälle – auch der Verwaltungsaufwand wird größer, wenn Unternehmer weiterhin auf die Lastschrift setzen wollen“, erklärt Eva Rohde, Justiziarin beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh). Warum ist die „Lastschrift für alle“ für Händler so riskant? Händler, die Zahlungen per Lastschrift anbieten, tragen ein ebenso hohes Risiko wie jene, die den Kauf per Rechnung ermöglichen – schließlich können Kunden den Betrag innerhalb von zwei Monaten über ihre Bank zurückbuchen lassen, ohne erklären zu müssen, warum. Um solchen Zahlungsausfällen vorzubeugen, prüfen die meisten Anbieter die Bonität ihrer Kunden mithilfe von Auskunfteien. Die weitaus größte ist die Schufa: Sie hat aktuell 9500 Unternehmenskunden und bearbeitet pro Jahr etwa 165 Millionen Anfragen zur Kreditwürdigkeit. „Das Problem ist nun: Entsprechende Auskünfte über Kunden mit einem Wohnsitz im Ausland einzuholen, wird nicht nur sehr viel teurer. Mitunter ist eine solche Prüfung auch aufwändig bis unmöglich“, erklärt Expertin Rohde. So liefert beispielsweise die Schufa bonitätsrelevante Informationen nur zu Personen aus Belgien, Griechenland, Irland, Italien, Litauen, den Niederlanden, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz und Spanien Welche Möglichkeiten haben Händler, auf das Urteil zu reagieren? Es gibt folgende Alternativen, wie Unternehmen sich nun verhalten können. Alle bergen Vor- und Nachteile. Möglichkeit eins: Online-Händler verzichten komplett auf das Lastschrift-Verfahren. In Sachen Zahlungsausfall ist diese Variante die sichere. Indes: Da viele Kunden die Lastschrift-Methode sehr schätzen, ist es wahrscheinlich, dass Händlern Umsätze entgehen. Kunden, die keine Kreditkarten nutzen oder andere Verfahren wie PayPal, könnten versucht sein, bei Konkurrenten zu kaufen, die weiterhin die Lastschrift im Programm der Zahlungsmethoden haben. Möglichkeit zwei: Online-Händler bieten das Lastschrift-Verfahren allen Kunden an. Diese Option verspricht, Kunden zu behalten, die die Bezahlmethode schätzen – und neue aus dem Ausland dazuzugewinnen. Allerdings erhöht sich damit das Risiko für Zahlungsausfälle aufgrund ungedeckter Konten. Möglichkeit drei: Online-Händler legen anhand objektiver Kriterien fest, wann genau sie das Lastschrift-Verfahren anbieten – und wann nicht. Händler haben die Option, die Lastschrift-Methode nur unter bestimmten Bedingungen anzubieten. Beispielsweise wäre es möglich, die Lastschrift als Bezahlmöglichkeit für den Erstkauf auszuschließen, sie ab dem zweiten Kauf aber anzubieten, wenn der Kunde einmal zuverlässig gezahlt hat. Wichtig dabei: Solche Kriterien müssen für alle Kunden gleichermaßen gelten – unabhängig davon, ob es sich um deutsche Kunden handelt oder solche aus dem EU-Ausland. Diese Option reduziert – wie Möglichkeit eins – das Risiko von Zahlungsausfällen, allerdings um den Preis möglicher Umsatzeinbußen bei potenziellen Neukunden. „Online-Händler sollten sich keinesfalls aus dem Bauch heraus für eine Option entscheiden – sondern vorab eine genaue wirtschaftliche Analyse vornehmen“, rät Rohde. „Das heißt: einmal genau schauen, wie hoch aktuell der Anteil derer ist, die die Lastschrift nutzen, wie viele der eigenen Kunden überhaupt aus dem Ausland kommen – und was es finanziell wie dokumentarisch bedeuten würde, die Möglichkeit der Lastschrift europaweit anzubieten.“ Wichtig dabei: Auch Veränderungen im Hinblick auf Versandprozesse sollten Unternehmer in die Kalkulation miteinbeziehen. „Der EuGH hat beispielsweise auf die Möglichkeit verwiesen, dass Händler die Ware ja erst nach Zahlungseingang versenden könnten. Das bedeutet aber für die Praxis, dass der Versand wieder deutlich individualisierter wäre“, so Rohde. Automatisierte Abläufe könnten dann unter Umständen nicht mehr greifen, Händler müssten Ware zurückhalten – und sehr wahrscheinlich auch technische Schnittstellen im Bestellprozess anpassen. Wie können Online-Händler, die weiter auf die Lastschrift setzen wollen, das Risiko für Zahlungsausfälle reduzieren? Händler haben zwei Optionen, das Risiko für Zahlungsausfälle bei Kunden mit Wohnsitz im Ausland zu minimieren: Sie können versuchen, eine Bonitäts-Prüfung im Ausland über Auskunfteien durchführen zu lassen – für einige Länder der EU ist dies problemlos möglich (siehe oben), wenngleich teurer. Sie können auf die sogenannte „gesicherte Lastschrift“ setzen: Dann übernimmt ein Payment-Anbieter die Kosten des Kaufs und trägt das Risiko des Zahlungsausfalls. „Aber auch eine solche Dienstleistung lassen sich Anbieter natürlich über Gebühren bezahlen“, so Rohde. „Beide Lösungen bedeuten außerdem einen enormen Mehraufwand: Haben Händler beispielsweise viele Kunden aus vielen verschiedenen Ländern, müssten sie zunächst einmal für jedes Land eine Auskunftei finden – und sich schlau machen, was diese genau bieten.“ Anschließend gelte es durchzurechnen, ob es sich lohnt, mit jeder Auskunftei einen Vertrag abzuschließen, um Infos zur Bonität der ausländischen Kunden zu erhalten. Und so das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren. Das Gute: „Im Ausland ist das Lastschrift-Verfahren deutlich weniger beliebt als in Deutschland: Kunden setzen dort bereits stärker auf alternative Bezahlsysteme wie Kreditkarte oder PayPal“, so Rohde. Wer das Risiko nicht komplett scheut, könnte zunächst auch erst einmal schauen, ob sich in der Praxis Zahlungsausfälle wirklich häufen – ehe er in Sachen Auskunfteien oder gesicherte Lastschrift aktiv wird. Mit welchen Konsequenzen müssen Händler rechnen, die das Urteil ignorieren? Da die SEPA-Verordnung seit 2014 in der gesamten EU Anwendung findet und das aktuelle Urteil eine Auslegung der Verordnung darstellt, gilt die Entscheidung des EuGH mit sofortiger Wirkung auch in Deutschland. „Das heißt: Unternehmen müssen jetzt reagieren. Wer seine Zahlungsoptionen als Händler nicht anpasst, risikiert eine Abmahung“, so Rohde. Denn: Kunden und Konkurrenten können sich von nun an beispielsweise bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht oder aber bei der Wettbewerbszentrale beschweren, wenn ein Unternehmen das Lastschrift-Verfahren nicht allen EU-Bürgern anbietet. Die Wettbewerbszentrale beispielsweise hat dafür bereits ein Online-Formular erstellt, mit dem sich ein Fall von SEPA-Diskriminierung melden lässt.