Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
Idee 1: Bedürftigen direkt helfen
Friseur Kevin Cortese (35) schneidet Obdachlosen die Haare
Auch Kevin Cortese hat früher die Nase gerümpft. „Wenn ich an Obdachlosen vorbeigegangen bin, habe ich mich gefragt, warum die schon so früh am Morgen saufen“, gibt der Dormagener Friseurmeister zu. Heute denkt er anders. „Das sind keine Penner“, sagt er. „Das sind Menschen, die Hilfe brauchen. Manche waren im Krieg und haben schreckliche Dinge erlebt. Da geht man nicht einfach zur Tagesordnung über.“

Um denen zu helfen, die kein Dach über dem Kopf haben, macht Kevin Cortese seit vier Jahren bei den „Barber Angels“ mit. Das ist ein weltweit aktiver Verein, in dem sich Friseurinnen und Friseure zusammengeschlossen haben. Ihre Mission: kostenlose Haarschnitte für Bedürftige.
Die Aktionstage laufen meist in Bahnhofsnähe ab. Die Caritas, die Bahnhofsmission oder eine andere gemeinnützige Organisation lädt die Friseure ein, die aus mehreren Städten anreisen. Innerhalb von drei Stunden werden 50 bis 80 Personen frisiert. „Das ist eine ganz andere Arbeit als im Salon“, sagt Cortese. „Viele Leute hatten monatelang keinen Haarschnitt. Manche riechen, andere haben Krankheiten. Du hörst viele schlimme Geschichten und darfst nicht zu sentimental sein. Auch ich musste meinen ersten Einsatz erst mal reflektieren.“
Warum er es macht? „Um etwas zurückzugeben“, sagt Cortese. Er selbst hatte schon einen Burnout, will die kleinen Dinge des Lebens schätzen. „Die Dankbarkeit ist der Lohn“, sagt der 35-Jährige. „Manche Leute weinen, wenn sie sich im Spiegel sehen. Wir zeigen ihnen, wie sie einmal waren – und auch wieder sein können. Das ist eine unglaubliche Bestätigung.“
Neben seinem Mitgliedsbeitrag bei den Barber Angels investiert der Friseur vor allem Zeit und Benzingeld. „Hochgerechnet wahrscheinlich über 1000 Euro im Jahr“, schätzt Cortese. In seinem Salon hängt er das Engagement nicht an die große Glocke. „Ich hänge mir keine Berichte an die Wand oder mache mich damit wichtig.“ Seine Stammkunden wüssten trotzdem Bescheid; das Engagement spreche sich eben herum. Sein Ziel für die Zukunft: weitere Friseure für die Barber Angels rekrutieren. „Auf der nächsten Friseurmesse spreche ich die Kollegen wieder an“, sagt Cortese. „Da gewinnen wir bestimmt neue Mitglieder.“
Idee 2: Einen Förderverein gründen
Agenturinhaber Holger Bramsiepe (57) machte Wahlkampf für die Bundesgartenschau
„Wuppertal ist nicht nur unser Firmensitz, sondern meine Heimat – ein Rohdiamant, der es verdient, geschliffen zu werden. Als vor einigen Jahren die Idee aufkam, sich um die Bundesgartenschau zu bewerben, war ich sofort begeistert. Ein solches Event bringt nicht nur Menschen und damit Geld in die Stadt, sondern Kunst, Kultur und viele neue Impulse. Doch Wuppertal ist finanziell eng gestrickt – dementsprechend zögerlich agierte der Stadtrat.

Damit sich trotzdem etwas tut, habe ich 2021 mitgeholfen, einen Förderverein zu gründen, in dem sich Unternehmen und Personen der Stadtgesellschaft für eine Buga-Bewerbung einsetzen. In meiner täglichen Arbeit rede ich immer viel von Zukunftsgestaltung und Strategien – jetzt konnte ich diese Dinge einmal selbst in die Tat umsetzen, wie ein Labor für die eigene Arbeit. Zu Hochphasen habe ich zwei bis drei Tage pro Woche investiert – in Arbeitszeit hochgerechnet wäre das ein Gegenwert von 50.000 bis 100.000 Euro pro Jahr.
Die Auseinandersetzungen waren teilweise hart, es hat sich eine Gegenbewegung gegründet, die in einen Bürgerentscheid mündete. Es entwickelte sich dann ein richtiger Wahlkampf, vor Ort, aber auch in den sozialen Netzwerken. Das war nicht immer einfach, aber am Ende konnten wir die Leute überzeugen: 2031 kommt die Bundesgartenschau nach Wuppertal!
Ob uns das als Unternehmen direkt etwas gebracht hat, kann ich nur schwer beziffern. Auf jeden Fall sind wir bekannter geworden. Soziales Engagement ist immer auch eine Arbeitsreferenz, es spricht sich herum. Wenn man sich mit anderen Unternehmen zusammentut und für eine gemeinsame Sache streitet, entsteht ein besonderer Mehrwert, ein Austausch, den man im Alltag sonst nicht hat.
Wenn ich an die Bundesgartenschau denke, freue ich mich schon heute. Wir bekommen eine Seilbahn über den Zoo, eine Hängebrücke und viele tolle Attraktionen auf ehemaligen Brachflächen. Unser Beitrag wirkt nicht irgendwo am anderen Ende der Welt – sondern direkt hier bei uns, in unserer eigenen Stadt.“
Idee 3: Unternehmertum an Schulen vermitteln
Foliererin Ilona Müller (26) begeistert Mädels für „Männerjobs“
Wenn Ilona Müller von ihrer Arbeit erzählt, gerät sie sofort ins Schwärmen. „Ich liebe meinen Job“, sagt die junge Unternehmerin, „und das möchte ich auch anderen vermitteln.“ Als Foliererin bringt sie nicht nur Werbesprüche und Bilder auf Autos, sondern kann auch komplette Fahrzeugfarben wechseln, ohne dass Lack aufgebracht werden muss. „Das ist in der Tuning-Szene sehr beliebt“, sagt die 26-Jährige, die schon mehrere Jahre in der Branche arbeitet und sich Anfang 2025 selbstständig gemacht hat. Um fürs Unternehmertum zu werben, nimmt sie bei der Aktion „Unternehmer machen Schule“ der IHK Halle-Dessau teil. Dabei erhalten Schülerinnen und Schüler aus erster Hand einen Einblick in die Arbeitswelt.

„Frauen im Handwerk sind immer noch selten“, weiß Müller. „Gerade die Mädels trauen sich am Anfang oft nicht zu, sich in einer Männerdomäne zu beweisen. Wenn ich dann aber erzähle, wie viel Kreativität und Geschick in meinem Job steckt, werden sie neugierig.“ Bei den Fragen sei nichts tabu, von der Erstellung eines Businessplans bis hin zum Verdienst. „Natürlich gibt’s da auch manche falsche Erwartung“, sagt Müller. „Nach einem Jahr zum Millionär – das funktioniert nicht. Aber viel wichtiger ist doch, dass der eigene Job Spaß macht.“
Vielleicht werde sie irgendwann einmal sogar eine Auszubildende über die Schulbesuche finden, sagt die Werbeexpertin. Doch erst einmal müsse sie sich selbst einen größeren Kundenstamm aufbauen. „Bis dahin will ich einfach nur meine Begeisterung weitertragen.“ Sie weiß auch schon wie: Beim nächsten Schulbesuch will sie nicht nur Fotos zeigen, sondern gleich folierte Autos mitbringen. „Ein Porsche auf dem Schulhof – das wird Eindruck machen.“
Idee 4: Mit dem Team Bäume pflanzen
Die Spediteure Nicola Rackebrandt (45) und Stefan Minhorst (57) engagieren sich für Aufforstung
impulse: Frau Rackebrandt, Herr Minhorst, mit Ihrer Spedition bringen Sie Güter auf die Straße. Warum pflanzen Sie zusätzlich Bäume?
Nicola Rackebrandt: Als Unternehmen müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Wir leben und wirtschaften in einer wunderschönen Region. Die wollen wir erhalten, deshalb engagieren wir uns in verschiedenen Umwelt- und Bildungsprojekten. Es reicht nicht, wenn Mittelständler nur auf die Großen zeigen und sagen: „Ihr müsst etwas tun.“ Nein, wir alle sind gefragt.

Soziale Initiativen gibt es viele. Wie haben Sie herausgefunden, wofür Sie brennen?
Rackebrandt: Wir haben lange gesucht, was zu uns passt. Natürlich kann man auch Geld geben, damit Setzlinge in Peru wachsen, aber bei solchen Distanzen weiß man nie so genau, was vor Ort letztendlich passiert. 2021 haben wir schließlich die Stiftung Unternehmen Wald gefunden, in der sich Firmen aus Schleswig-Holstein und Hamburg zusammengetan haben. Dort setzen wir uns mit der Initiative Mittelstandswald für Aufforstungen in unserer Region ein.
Sie spenden aber nicht einfach nur Geld, sondern packen selbst mit an. Warum?
Stefan Minhorst: Ein- bis zweimal im Jahr machen meine Frau, mehrere Mitarbeiter sowie diverse Partner aus unserem Netzwerk und ich bei einer großen Pflanzaktion mit. Das schafft Verbindlichkeit, weil man mit eigenen Augen sieht, wofür man sich engagiert. Wenn man zusammen Löcher buddelt und mit Gummistiefeln durch den Matsch stapft, ist das etwas ganz anderes, als wenn man nur eine Spende überreicht. Wobei man dazusagen muss, dass wir nicht alle Bäume selbst pflanzen. Was wir nicht schaffen, erledigen Baumschulen. Insgesamt geben wir etwa 10.000 Euro für die Baumprojekte im Jahr aus – plus unsere Arbeitszeit.
Wie läuft ein solcher Aktionstag ab?
Rackebrandt: Das ist immer gut vorbereitet. Dieses Jahr haben wir 1000 Bäume für einen Waldkindergarten gepflanzt. Da sind nicht nur wir als Spedition vor Ort, sondern auch andere Unternehmen, die beim Mittelstandswald mitmachen. In Zweierteams pflanzen wir vier Stunden lang Laubbäume. Manchmal regnet es in Strömen, aber die Stimmung ist immer gut. Hinterher kommen wir in der Firma zusammen und essen eine heiße Suppe. Für unsere Angestellten ist das natürlich Arbeitszeit. Wir drängen niemanden zu etwas.
Wirkt sich der gute Zweck auch aufs Geschäft aus?
Rackebrandt: Wir dokumentieren unsere Aktionen auf Social Media – nicht, um uns als Gutmenschen zu präsentieren, sondern um Nachahmer zu finden. Das Feedback ist immer positiv, auch von Kunden. Ob es sich direkt aufs Geschäft auswirkt, lässt sich nur schwer messen. Aber gerade junge Leute finden es gut, wenn sich Unternehmen für Nachhaltigkeit einsetzen. Fürs Recruiting ist das sicher nicht schlecht.
Idee 5: Dem Team ein Spendenbudget geben
IT-Unternehmer Holger Wiedel (54) spendet mit der Firma für gute Zwecke
Von Berufs wegen beschäftigt sich Holger Wiedel mit Datensicherungen, Firewalls und Hackerangriffen. „Aber das ist eben nicht alles im Leben“, findet der IT-Unternehmer. „Ein Zusammenleben funktioniert doch nur, wenn wir die Gemeinschaft als größer erachten als das Ego. Und das hört nicht an der Firmengrenze auf.“ Um seine Belegschaft beim sozialen Engagement einzubinden, hat sich Wiedel ein individuelles Spendenbudget überlegt: Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter erhält 200 Euro jährlich, die einem gemeinnützigen Zweck zugutekommen.

„Es ist richtig toll zu sehen, wie gut das funktioniert“, freut sich Wiedel. „Die Leute können nicht nur bei der Vergabe des Geldes mitreden, sondern einmal im Quartal ihre Projekte auch vorstellen. Wir drängen niemanden dazu, einen Vortrag zu halten, aber die meisten nehmen diese Möglichkeit wahr, weil sie gerne über ihre Spenden sprechen.“
Zusätzlich zum individuellen Firmenbudget spendet auch das Unternehmen selbst – alles in allem rund 30.000 Euro pro Jahr. Und für welche Spendenorganisation entscheiden sich die Angestellten? „Ganz nach eigenem Interesse“, sagt Weidel. Von Naturschutzprojekten über Ukraine- und Flüchtlingshilfe bis hin zu Spenden für Erdbebenopfer und krebskranke Kinder sei schon alles dabei gewesen.
Auch an die Formalitäten hat Wiedel gedacht: Zwar läuft die Spende offiziell über die Firma. Auf Wunsch steht auf der Quittung aber zusätzlich auch der Name des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. „Eine Kleinigkeit“, sagt Wiedel, „aber eben auch ein Zeichen der Wertschätzung.“
