Harmonie-Falle
Super Teamgeist – aber wo bleibt die Leistung?

Eine gute Stimmung im Team ist wichtig. Aber: Wenn die Leistung vor lauter Harmonie sinkt, sollten Führungskräfte reagieren – und müssen dabei oft nicht bei den anderen, sondern bei sich selbst anfangen.

Aktualisiert am 29. Juli 2025, 15:43 Uhr, von Sandra Kunkel

4 Personen, die mit Konfetti im Büro feiern
Bei aller Harmonie im Team kann die Leistung auf der Strecke bleiben.
© AleksandarNakic / E+ / Getty Images

Das Problem: Die Harmonie-Falle

Eigentlich wirkt alles super: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstehen sich blendend, es gibt keine Konflikte, man plaudert auch mal über Privates. Doch vielleicht ist die Stimmung zu gut – denn bei all der Harmonie kann die Leistung auf der Strecke bleiben. Deadlines werden gerissen, die Dokumentation ist unvollständig, Umsatzziele werden verfehlt – das alles sind typische Anzeichen für abfallende Leistung im Team, sagt Irene Maria Kern, Trainerin für Teamentwicklung. Oft träten die Probleme nicht abrupt auf, sondern schleichen sich über die Zeit ein – das mache es schwerer, sie frühzeitig zu erkennen.

Die Ursache: Warum dein Harmoniebedürfnis ein Leistungs-Killer sein kann

Der Grund für nachlassende Leistung in harmonischen Teams liegt laut Expertin Irene Maria Kern meist in fehlender Klarheit: weil die Teammitglieder nicht wissen, was von ihnen erwartet wird. Ziele seien in solchen Teams teilweise nur vage oder auch gar nicht formuliert und Verantwortlichkeiten nicht eindeutig geklärt.

Der Ursprung liege oft bei der Führungskraft selbst, so die Expertin – genauer gesagt: in deren Unsicherheit, Erwartungen klar zu formulieren. Gerade in Teams, in denen die Stimmung sehr gut ist, haben Führungskräfte Angst, die Stimmung zu gefährden oder als zu streng zu gelten, wenn sie Erwartungen klar formulieren. Kern: „Niemand möchte die Harmonie stören oder plötzlich als Buhmann oder Buhfrau dastehen.“ Dann werde vieles nur angedeutet – statt deutlich gesagt.

Vor allem neue Führungskräfte seien häufig bemüht, nicht anzuecken – weil sie froh sind, wenn das Team überhaupt funktioniert. Verstärkt werde das Harmonie-Bedürfnis laut Kern durch den Fachkräftemangel, durch den sich viele Führungskräfte noch mehr bemühen, ihren Mitarbeitenden alles recht zu machen.

Die Lösung: Vier Schritte für mehr Leistung

Wer aus einem netten, aber leistungsschwachen Team wieder ein starkes machen will, sollte laut Unternehmensberaterin Kern in vier Schritten vorgehen:

1.       Ansprechen, dass die Leistung fehlt

Als ersten Schritt sollten Führungskräfte die mangelnde Leistung vor dem gesamten Team auf den Tisch bringen. In einem gemeinsamen Meeting kann die Führungskraft etwa sagen: „Ich finde es toll, dass wir uns so gut verstehen. Und wir müssen auch über das reden, was wir noch verbessern können“, empfiehlt die Beraterin. Dabei helfen Fakten: Zahlen, Analysen und konkrete Ergebnisse. Am besten im Zeitverlauf.

Gleichzeitig sollte das Gespräch Raum lassen für Perspektiven aus dem Team, so Kern: „Vielleicht gab es Einflussfaktoren, die ich als Führungskraft gar nicht auf dem Schirm hatte.“ Frage also nach, welche konkreten Faktoren die Leistung gebremst haben.

Besonders wichtig ist laut Irene Maria Kern eine Frage: „Was wollt ihr erreichen?“ Sie ist überzeugt, dass Menschen gerne Leistung bringen – vor allem, wenn sie das Ziel mitgestalten dürfen. Es gehe um die Haltung, so die Unternehmensberaterin: „Was kann ich für euch tun, damit wir das gemeinsam schaffen?“ Führungskräfte sollten am besten mit einer Idee in das Gespräch gehen, in welche Richtung die Lösung gehen könnte, um diese zusammen mit dem Team weiterzuentwickeln.

2.       Ziele setzen

Um Leistung zu erzielen, sind klare Ziele entscheidend. Smarte Ziele, die für alle nachvollziehbar sind, so Irene Maria Kern: „Was genau wollen wir erreichen – und bis wann?“ Diese können entweder von der Führungskraft vorgegeben oder gemeinsam im Team entwickelt werden. Wichtig sei dabei, dass die Ziele nicht abstrakt bleiben, sondern konkret auf die Team-Performance bezogen sind. Diese Ziele werden dann heruntergebrochen in kleine handhabbare Schritte.

3.       Verantwortung klären

Im nächsten Schritten sollten die Ziele als Aufgaben einzelnen Personen im Team direkt zugeordnet werden. „Jeder im Team sollte wissen, was genau er oder sie bis wann abliefern muss – und wie es danach weitergeht“, erklärt die Beraterin. Nur so entstehe ein funktionierender Ablauf.

4.       Erfolge sichtbar machen

Auch die kleinsten Erfolge sollten sichtbar gemacht werden. Unternehmensberaterin Kern betont: „Sobald sich etwas verbessert – egal ob mehr Kundenkontakte, bessere Zahlen oder einfach ein stabilerer Ablauf –, sollte das unbedingt angesprochen werden.“

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Es gehe darum, als Führungskraft zu sagen: „Wir sind auf einem guten Weg.“ Wichtig ist, dass ausgesprochen und honoriert wird, was auf den einzelnen Etappen schon erreicht wurde. Kern: „Wer spürt, dass Fortschritt gesehen wird, macht mit und bleibt dabei.“

Um Erfolge zu feiern kann je nach Team als Belohnung auch mal ein gemeinsames Mittagessen dienen – oder ein Lob für jemanden, der besonders viel beigetragen hat.

Was tun, wenn das Team blockiert?

Nach einem Kritikgespräch kann es vorkommen, dass Teammitglieder blockieren, weil sie sich verunsichert fühlen. Denn auch wenn die Kritik sachlich war, kratzt sie am Selbstbild. „Dass das bisher Geleistete nicht ausgereicht hat, kann Angst machen“, sagt die Beraterin Irene Maria Kern. Mitarbeitende sind vielleicht verunsichert, ob sie Erwartungen überhaupt erfüllen können.

„Diese Gefühle dürfen da erstmal sein“, sagt Kern. „Es verändert eben auch etwas in der Teamdynamik, wenn solche Wahrheiten ausgesprochen werden.“ Führungskräfte müssen das aushalten, klar bleiben und gleichzeitig Sicherheit geben. Entscheidend ist, das gegebene Feedback in der Rolle als Führungskraft sachlich einzuordnen und dann das Team in die Verantwortung zu bringen.

Wie du die Balance zwischen Anerkennung und Herausforderung findest

Am Ende kommt es auf die Balance an: Es geht nicht darum, Harmonie durch Leistung zu ersetzen, sondern beides klug auszutarieren. „Für alle sollte es nicht zu herausfordernd oder gar überfordernd sein, sondern ein Maß, bei dem man sich gut weiterentwickeln kann“, sagt Irene Maria Kern.

Die Aufgabe der Führungskraft sei es, dieses Gleichgewicht mit Fingerspitzengefühl zu gestalten. Das gelingt vor allem dann, wenn sie ihre Teammitglieder gut kennt – wobei die Nähe im Team sogar hilfreich sein kann: „Wenn ich weiß, was ich wem zutrauen kann, bin ich auf einem guten Weg“, sagt Kern.

Die Expertin
Porträt Irene Maria KernIrene Maria Kern ist Management-Coach und  Unternehmensberaterin in Hamburg-Altona. Sie bietet Beratung, Coaching und Training zur Teamentwicklung sowie persönliches Sparring für Entscheiderinnen und Entscheider an. Ihr Schwerpunkt liegt in der Gesundheitsbranche.
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