Organisation
Überlassung von Dienstwagen: Das ist zu beachten

Bei der Überlassung von Dienstwagen kommt es immer wieder zu Streitereien zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Zwei Anwältinnen skizzieren die neue Rechtsprechung.

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Überlassung von Dienstwagen: Hat der Arbeitnehmer "sein" Fahrzeug einmal liebgewonnen, sind Streitigkeiten vorprogrammiert.
Überlassung von Dienstwagen: Hat der Arbeitnehmer "sein" Fahrzeug einmal liebgewonnen, sind Streitigkeiten vorprogrammiert.
© Sergey Nivens - Fotolia.com

Die Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer ist oft ein wichtiger Vertragsbestandteil. Die Einzelheiten der Dienstwagennutzung können im Arbeitsvertrag selbst oder in einem separaten Dienstwagenüberlassungsvertrag geregelt werden. Hier sollten nähere Bestimmungen zu Art der Nutzung (dienstlich oder auch privat; Zulässigkeit einer Nutzung durch Dritte etwa) sowie die Einzelheiten der Nutzung (etwa die Festlegung der PKW-Klasse und Regelungen zur Kostentragungs- und Instandhaltungspflicht) getroffen werden.

Private Nutzung von Dienstwagen: Der Betriebsrat entscheidet mit

Oft gibt es auch Dienstwagenrichtlinien. Wenn die Dienstwagenrichtlinie die private Nutzung des Dienstwagens erlaubt oder Verhaltensregeln für den Gebrauch aufstellt, steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung und Änderung der Richtlinie zu. Wichtig: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind seit dem Jahr 2009 Arbeitsvertragsklauseln unwirksam, nach welchen die Dienstwagenrichtlinie in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung findet. Der Arbeitsvertrag selbst muss nach BAG Widerrufsgründe im Einzelnen detailliert regeln, sonst ist ein solcher Verweis unwirksam. Dann kann sich der Arbeitgeber auch nicht auf den Inhalt der Dienstwagenrichtlinie berufen, außer die Richtlinie ist mit dem Betriebsrat verhandelt.

Schaden am Dienstwagen: Wer haftet?

Bei der Haftung des Arbeitnehmers für Schäden am Dienstwagen wird zwischen dienstlicher und privater Nutzung unterschieden: Für Unfälle bei Privatnutzung haftet der Arbeitnehmer voll. Für Beschädigungen bei dienstlicher Nutzung werden die arbeitsrechtlichen Grundsätze der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers angewendet: bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer gar nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig und bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit voll.

Überlassung des Dienstwagen ist ein geldwerter Vorteil

Hat der Arbeitnehmer „sein“ Fahrzeug einmal liebgewonnen, sind Streitigkeiten vorprogrammiert, wenn der Arbeitgeber den Dienstwagen später zurückfordert. Die Überlassung des Dienstwagen zur Privatnutzung stellt einen geldwerten Vorteil dar und ist daher Bestandteil der Vergütung. Die Vergütung aber kann der Arbeitgeber nicht einfach einseitig reduzieren. Fordert er den Dienstwagen ohne rechtliche Grundlage zurück, macht er sich gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig. Um dies zu verhindern, müssen bereits im Überlassungsvertrag selbst die Gründe, die den Arbeitgeber zum Widerruf berechtigen, genannt werden.

Die Anforderungen des BAG an vertragliche Widerrufsvorbehalte sind in den vergangenen Jahren immer strenger, um nicht zu sagen: unmöglich geworden. Schon 2006 hat das BAG entschieden, dass eine Vertragsklausel, wonach der Arbeitgeber den Dienstwagen „jederzeit“ widerrufen kann, unwirksam ist. Es ist auch nicht ausreichend, wenn eine Vertragsklausel vorsieht, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen aus „wirtschaftlichen Gründen“ herausverlangen kann.

Vielmehr müssen, so das BAG im April 2010, die möglichen wirtschaftlichen Gründe bereits in der Vertragsklausel selbst konkretisiert werden. Der Vorbehalt des Widerrufs für den Fall der Freistellung (etwa nach Ausspruch einer Kündigung) ist aber zulässig. Die in der Praxis verwendeten Widerrufsklauseln genügen meistens diesen strengen Anforderungen des BAG nicht und sind daher unwirksam. Folge: Der Arbeitgeber kann den Dienstwagen nicht entschädigungslos vom Arbeitnehmer zurückfordern.

Allerdings hat das BAG im März 2012 auch klargestellt, dass eine Ankündigungsfrist nicht schon im Vertrag selbst vorgesehen sein muss. Aber das BAG verlangt, dass bei der Ausübung des Widerrufsrechts immer auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Daher kann der Arbeitgeber den Dienstwagen in der Regel nicht mit sofortiger Wirkung widerrufen, sondern muss eine Ankündigungsfrist einhalten, vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer über kein weiteres eigenes Fahrzeug verfügt. Außerdem muss der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil der Privatnutzung nach dem Einkommensteuergesetz jeweils für einen ganzen Monat versteuern. Deswegen muss er den Wagen auch nicht vor Monatsende zurückgeben.

Wann muss der Arbeitnehmer den Dienstwagen zurückgeben?

Was tun, wenn bislang versäumt wurde, einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren oder dieser unwirksam ist? Klar ist, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgeben muss. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung geklagt hat und das Gerichtsverfahren noch anhängig ist. Aber auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber (mit Ausnahme von Zeiten des Mutterschutzes) den Dienstwagen herausverlangen, wenn er dem Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt zahlen muss. Dadurch werden nach BAG im Dezember 2010 Fälle von langer Krankheit (nach Ablauf der Entgeltfortzahlung), Elternzeit oder Sabbaticals oder auch bei einer Beteiligung an einem Streik erfasst.

Autorinnen: Antje-Kathrin Uhl und Eva Schäfer-Wallberg von der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle

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Die Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer ist oft ein wichtiger Vertragsbestandteil. Die Einzelheiten der Dienstwagennutzung können im Arbeitsvertrag selbst oder in einem separaten Dienstwagenüberlassungsvertrag geregelt werden. Hier sollten nähere Bestimmungen zu Art der Nutzung (dienstlich oder auch privat; Zulässigkeit einer Nutzung durch Dritte etwa) sowie die Einzelheiten der Nutzung (etwa die Festlegung der PKW-Klasse und Regelungen zur Kostentragungs- und Instandhaltungspflicht) getroffen werden. Private Nutzung von Dienstwagen: Der Betriebsrat entscheidet mit Oft gibt es auch Dienstwagenrichtlinien. Wenn die Dienstwagenrichtlinie die private Nutzung des Dienstwagens erlaubt oder Verhaltensregeln für den Gebrauch aufstellt, steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung und Änderung der Richtlinie zu. Wichtig: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind seit dem Jahr 2009 Arbeitsvertragsklauseln unwirksam, nach welchen die Dienstwagenrichtlinie in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung findet. Der Arbeitsvertrag selbst muss nach BAG Widerrufsgründe im Einzelnen detailliert regeln, sonst ist ein solcher Verweis unwirksam. Dann kann sich der Arbeitgeber auch nicht auf den Inhalt der Dienstwagenrichtlinie berufen, außer die Richtlinie ist mit dem Betriebsrat verhandelt. Schaden am Dienstwagen: Wer haftet? Bei der Haftung des Arbeitnehmers für Schäden am Dienstwagen wird zwischen dienstlicher und privater Nutzung unterschieden: Für Unfälle bei Privatnutzung haftet der Arbeitnehmer voll. Für Beschädigungen bei dienstlicher Nutzung werden die arbeitsrechtlichen Grundsätze der Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers angewendet: bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer gar nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig und bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit voll. Überlassung des Dienstwagen ist ein geldwerter Vorteil Hat der Arbeitnehmer "sein" Fahrzeug einmal liebgewonnen, sind Streitigkeiten vorprogrammiert, wenn der Arbeitgeber den Dienstwagen später zurückfordert. Die Überlassung des Dienstwagen zur Privatnutzung stellt einen geldwerten Vorteil dar und ist daher Bestandteil der Vergütung. Die Vergütung aber kann der Arbeitgeber nicht einfach einseitig reduzieren. Fordert er den Dienstwagen ohne rechtliche Grundlage zurück, macht er sich gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig. Um dies zu verhindern, müssen bereits im Überlassungsvertrag selbst die Gründe, die den Arbeitgeber zum Widerruf berechtigen, genannt werden. Die Anforderungen des BAG an vertragliche Widerrufsvorbehalte sind in den vergangenen Jahren immer strenger, um nicht zu sagen: unmöglich geworden. Schon 2006 hat das BAG entschieden, dass eine Vertragsklausel, wonach der Arbeitgeber den Dienstwagen "jederzeit" widerrufen kann, unwirksam ist. Es ist auch nicht ausreichend, wenn eine Vertragsklausel vorsieht, dass der Arbeitgeber den Dienstwagen aus "wirtschaftlichen Gründen" herausverlangen kann. Vielmehr müssen, so das BAG im April 2010, die möglichen wirtschaftlichen Gründe bereits in der Vertragsklausel selbst konkretisiert werden. Der Vorbehalt des Widerrufs für den Fall der Freistellung (etwa nach Ausspruch einer Kündigung) ist aber zulässig. Die in der Praxis verwendeten Widerrufsklauseln genügen meistens diesen strengen Anforderungen des BAG nicht und sind daher unwirksam. Folge: Der Arbeitgeber kann den Dienstwagen nicht entschädigungslos vom Arbeitnehmer zurückfordern. Allerdings hat das BAG im März 2012 auch klargestellt, dass eine Ankündigungsfrist nicht schon im Vertrag selbst vorgesehen sein muss. Aber das BAG verlangt, dass bei der Ausübung des Widerrufsrechts immer auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Daher kann der Arbeitgeber den Dienstwagen in der Regel nicht mit sofortiger Wirkung widerrufen, sondern muss eine Ankündigungsfrist einhalten, vor allem dann, wenn der Arbeitnehmer über kein weiteres eigenes Fahrzeug verfügt. Außerdem muss der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil der Privatnutzung nach dem Einkommensteuergesetz jeweils für einen ganzen Monat versteuern. Deswegen muss er den Wagen auch nicht vor Monatsende zurückgeben. Wann muss der Arbeitnehmer den Dienstwagen zurückgeben? Was tun, wenn bislang versäumt wurde, einen Widerrufsvorbehalt zu vereinbaren oder dieser unwirksam ist? Klar ist, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgeben muss. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung geklagt hat und das Gerichtsverfahren noch anhängig ist. Aber auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber (mit Ausnahme von Zeiten des Mutterschutzes) den Dienstwagen herausverlangen, wenn er dem Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt zahlen muss. Dadurch werden nach BAG im Dezember 2010 Fälle von langer Krankheit (nach Ablauf der Entgeltfortzahlung), Elternzeit oder Sabbaticals oder auch bei einer Beteiligung an einem Streik erfasst. Autorinnen: Antje-Kathrin Uhl und Eva Schäfer-Wallberg von der Rechtsanwaltskanzlei CMS Hasche Sigle
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