Hans-Dietrich Reckhaus, 59, Geschäftsführer der Bielefelder Firma Reckhaus, die Biozide für Privathaushalte herstellt

„Vor zwölf Jahren mit jemandem über Insektenrettung zu reden? Das war nicht möglich, weder mit Freunden, meiner Familie noch mit meinem Team. Doch genau das wollte ich tun: Insekten schützen und neue Lebensräume für sie schaffen, Menschen aufrütteln und sie für den Wert der Tiere sensibilisieren. Und das als Hersteller von Insektiziden.
In der Folge habe ich nicht mehr in unser Kerngeschäft investiert, sondern alles verfügbare Geld in die Insektenrettung gesteckt. In den ersten Jahren haben wir dadurch 30 Prozent des Umsatzes und 80 Prozent unserer Rendite verloren. Meine Mitarbeitenden hatten Angst um ihren Job. Sie haben aber nicht gesagt: „Hören Sie auf damit!“ Sondern sie haben sich weggedreht. Sie wussten, dass ich den Kurs mit aller Kraft durchfahre.
Aber mir war es ein Herzensbedürfnis, meine Mitarbeitenden mitzunehmen. Also habe ich mehrere Vorträge über den Wert von Insekten gehalten, eine Nachhaltigkeitsspezialistin beauftragt, bei uns Seminare über Biodiversität zu geben. Jeden Monat, manchmal sogar jede Woche, habe ich eine Mail geschrieben über das, was sich bei unserer damals neuen Marke Insect Respect tut. Für jedes Biozid, das wir verkaufen, haben wir dabei zunächst begonnen, neue Lebensräume für viele unterschiedliche Insektenarten anzulegen, um deren Verlust durch unsere Produkte auszugleichen. Ich habe ein Buch geschrieben mit dem Titel „Warum jede Fliege zählt“ und es allen Mitarbeitenden geschenkt. Habe mit mehreren Wissenschaftlern Studien publiziert. Habe bei uns auf dem Firmengelände mit dem Presslufthammer Parkplätze aufgerissen und zu insektenfreundlichen Lebensräumen umgebaut. Aber in den ersten Jahren ist alles an meinem Team abgeprallt. Es hat überhaupt nichts an ihrer Haltung verändert.
Der Schlüssel war der Erfolg. 2014 bekamen wir die erste Auszeichnung für mein Engagement für die Insektenrettung. Dann gab es die zweite, dritte, vierte, fünfte. Richtig überzeugt haben sie dann die Kunden, die wir für Insect Respect gewonnen haben. 2017 hat die Drogeriemarktkette dm als erstes Unternehmen drei Produkte mit dem Gütesiegel Insect Respect ins Sortiment aufgenommen. Damals haben meine Mitarbeitenden zum ersten Mal gedacht: Es könnte ja doch sein, dass es klappt.
Dann ging alles ganz schnell. Ein Jahr später kam Aldi Süd, dann Rossmann, Aldi Nord, die Schweizer Supermarktkette Migros. Hersteller und Handel können das Gütesiegel gegen eine Lizenzgebühr nutzen, wenn wir den Insektenverlust für ihre Produkte kompensieren. 2023 haben wir den Breakeven geschafft und verdienen heute Geld mit Insect Respect. Inzwischen tragen über zehn Millionen Produkte das Insect-Respect Gütesiegel, und wir wachsen stark.
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