Urlaubssperre
Wann Arbeitgeber ein Urlaubsverbot verhängen dürfen

In den Ferien vier Wochen Urlaubssperre? Eine Rechtsanwältin erklärt, wann Arbeitgeber Urlaubsverbote verhängen dürfen, was für bereits genehmigten Urlaub gilt und was Sie noch beachten sollten.

Aktualisiert am 7. August 2024, 15:49 Uhr, von Lisa Büntemeyer, leitende Redakteurin und Chefin vom Dienst Digital

Ein gelbes Cocktailschirmchen auf blauem Hintergrund.
Das Cocktailschirmchen bleibt geschlossen: Während einer Urlaubssperre müssen Ferienreisen warten.
© Marie Maerz / photocase.de

Wann dürfen Arbeitgeber eine Urlaubssperre verhängen?

Eine Urlaubssperre in den Ferien verhängen, weil ein wichtiger Auftrag ansteht? Einer einzelnen Mitarbeiterin verbieten, im Januar Urlaub zu nehmen? Oder einem Angestellten ein Urlaubsverbot erteilen, weil er ständig krank ist?

Ob Chefinnen und Chefs ein Urlaubsverbot verhängen dürfen, richtet sich nach den Gründen, die gegen den Urlaub sprechen. Eines vorweg: Die Krankheit eines Mitarbeiters berechtigt nicht dazu, ihm den Urlaub zu verweigern. Denn gemäß §1 Bundesurlaubsgesetz (§1 BurlG) hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub – und dieser Urlaubsanspruch verfällt nicht bei Krankheit.

Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer den Zeitraum, wann sie Urlaub machen wollen, selbst wählen. Nur in Ausnahmefällen ist eine Urlaubssperre erlaubt: „Arbeitgeber dürfen eine Urlaubssperre verhängen, wenn es dringende betriebliche Gründe gibt“, sagt Patrizia Antoni, Fachanwältin fürs Arbeitsrecht. Das regelt Paragraph 7 des Bundesurlaubsgesetz (§7 BUrlG). Je nach Branche und Unternehmen fallen dringende betriebliche Gründe unterschiedlich aus.

Gründe, bei denen eine Urlaubssperre rechtens ist

Drohende Insolvenz: „Angenommen, ein Betrieb hofft, die Insolvenz abwenden zu können, indem er einen Auftrag in besonders kurzer Zeit abwickelt. Dann könnte der Arbeitgeber eine Urlaubssperre verhängen. Höchstwahrscheinlich hätten alle Verständnis dafür, wenn sie nicht schon eine Reise gebucht haben“, erklärt Anwältin Antoni.
Andere Ausnahmesituationen oder Unternehmenskrisen: Dazu zählt eine unerwartet hohe Produktionsnachfrage, der Ausfall wichtiger Maschinen oder Programme, die schnellstmöglich repariert werden müssen.
Personalengpässe, etwa wegen einer Krankheitswelle: Geht die Grippe um und ein Mitarbeiter will Urlaub nehmen, wenn der Betrieb durch viele Krankmeldungen fast lahmliegt, können Chefs Urlaubsanträge ablehnen.
Wichtige Fristen und Termine: Eine bestimmte Mitarbeiterin wird dringend für den Besuch eines wichtigen Kunden gebraucht? Nur sie und ein Kollege betreuen diesen Kunden, der Kollege ist aber schon im Urlaub? In diesem Fall kann eine Urlaubssperre rechtens sein.
Saisonbedingt vermehrter Personalbedarf: Eine Urlaubssperre an Weihnachten? Kurz vor dem Fest kann das beispielsweise im Einzelhandel erlaubt sein, weil dann besonders viele Kunden einkaufen. Braucht der Einzelhändler jeden Mitarbeiter, um den Ansturm zu bewältigen, kann er laut Antoni eine Urlaubssperre verhängen. Auch Jahresabschlüsse oder Inventuren können einen Urlaubsstopp rechtfertigen.
Gleichzeitige Urlaubswünsche: Will der Großteil des Teams beispielsweise in den Ferien Urlaub nehmen und droht dadurch das Geschäft brachzuliegen, kann die Arbeitgeberin Urlaubsanträge ablehnen.

Chefinnen und Chefs müssen ihren Teammitgliedern in jedem Fall den Grund für einen Urlaubsstopp nennen. Bei einer Urlaubssperre in den Ferien müssen Arbeitgeber nach sozialen Kriterien vorgehen: So haben in der Regel Teammitglieder mit schulpflichtigen Kindern Vorrang.

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Wie müssen Chefs eine Urlaubssperre ankündigen?

Teilen Arbeitgeber Einzelnen oder der gesamten Belegschaft den Zeitraum einer Urlaubssperre mit, können sie auf ein formales Schreiben verzichten: „Es reicht, wenn man es dem Arbeitnehmer mündlich mitteilt“, sagt Antoni. Achtung: Hat ein Unternehmen einen Betriebsrat, müssen Chefs sich laut Antoni mit diesem abstimmen (§ 87 Abs. I nr. 5 BetrVG).

Bei kürzeren Zeiträumen oder einzelnen Tagen ist es der Rechtsanwältin zufolge unüblich, eine Urlaubssperre zu verkünden. „In vielen Fällen ist es eher so, dass ein Arbeitnehmer Urlaub beantragt und man als Chef sagt: ‚Wir haben einen aktuellen Auftrag und aus dem Grund kann ich deinen aktuellen Urlaubsantrag nicht annehmen.‘“

In solchen Situationen könnten auch halbe Urlaubstage ein Mittelweg sein, um die Arbeitslast zu bewältigen.

Wie lange darf eine Urlaubssperre dauern?

Wie lange eine Urlaubssperre maximal dauern darf, schreibt das Gesetz nicht vor. Urlaubsverbote können nur einen Tag oder auch mehrere Monate umfassen – je nachdem, wie lang der dringende betriebliche Grund die Sperre rechtfertigt. Antoni: „Arbeitgeber müssen immer zwischen dem betrieblichen Interesse und dem Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers abwägen.“

Ein unbegrenzter Urlaubsstopp oder einer, der ein ganzes Jahr andauert, könnte ein Unternehmen in Schwierigkeiten bringen. „Sie haben als Arbeitgeber dann das Problem, dass sie gar keinen Urlaub gewähren. Das ist ein massiver Eingriff in die Rechte der Arbeitnehmer und widerspricht dem Arbeitsschutzgedanken“, sagt Antoni.

Was gilt für bereits genehmigten Urlaub?

Bereits bewilligten Urlaub streichen? Hat eine Chefin ihrer Mitarbeiterin zwei Wochen Urlaub im November genehmigt und entschließt sich kurzfristig, für den gesamten November eine Urlaubssperre zu verhängen, darf die Mitarbeiterin trotzdem ihren Urlaub antreten. Denn in der Regel hat die Sperre keine Auswirkung auf schon genehmigte Anträge. Das gilt auch für unbezahlten Urlaub und Sabbaticals.

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Ausnahme: In Notfällen dürfen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Mitarbeitenden verlangen, vom Urlaub zurückzutreten. Das kann laut Antoni der Fall sein, wenn eine Maschine ausfällt und der einzige Mitarbeiter, der sie reparieren kann, zu diesem Zeitpunkt in den Urlaub fahren will. Der Arbeitnehmer müsste der Weisung seines Chefs in so einer Situation folgen. „Der Arbeitgeber muss seinem Mitarbeiter dann aber die Kosten, die damit verbunden sind, erstatten – beispielsweise Stornogebühren für gebuchte Hotels oder Flüge“, erklärt Antoni.

Was tun, wenn Mitarbeitende trotz Sperre auf Urlaub bestehen?

Ein Mitarbeiter beharrt auf einer Woche Urlaub Anfang Dezember, weil nur dann seine Partnerin auch freibekommt – der Arbeitgeber hat aber für den ganzen Monat eine Urlaubssperre verhängt? „Letztlich hält der Arbeitnehmer sich nicht an die Weisung vom Arbeitgeber“, sagt Antoni. „Dann kommt es darauf an: War die Weisung wirksam? War das betriebliche Bedürfnis, die Urlaubssperre zu verhängen, wirklich wichtiger als der Urlaub des Einzelnen?“

Lautet die Antwort auf diese Fragen ja, können Arbeitgeber die Mitarbeitenden abmahnen oder kündigen. Bevor sie solch eine Entscheidung treffen, sollten Unternehmer allerdings das Arbeitsverhältnis mit dem Mitarbeiter betrachten, warnt Antoni: „Hat er mich mit seiner Weigerung massiv geschädigt? Dann kann ich ihm möglicherweise kündigen. Oder betrifft das jemanden, der seit 25 Jahren völlig beanstandungslos arbeitet, dessen Frau Krebs hatte und der jetzt mit ihr Urlaub machen will, weil es ihr bessergeht? Und unter den Umständen war es ihm nicht möglich, das abzusagen? Man muss den einzelnen Fall anschauen.“

Muss eine regelmäßige Urlaubssperre im Arbeitsvertrag stehen?

Müssen Arbeitgeber jedes Jahr zum gleichen Zeitraum Urlaubsverbote anordnen, etwa in der Vorweihnachtszeit oder rund um den Jahresabschluss, können sie die Urlaubssperre im Arbeitsvertrag festhalten. Antoni: „Wirtschaftsprüfer dürfen in vielen Betrieben beispielsweise zur Zeit des Jahresabschlusses nicht in den Urlaub gehen. Das wird auch im Regelfall direkt im Arbeitsvertrag drinstehen. Das ist branchenüblich und dort bekannt.“

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ersparen sich viele Diskussionen, wenn sie solche Urlaubsverbote von vornherein vertraglich regeln und beide Seiten sich somit darauf einigen.

Gilt laut Gesetz eine generelle Urlaubssperre in der Probezeit?

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass in der Probezeit grundsätzlich eine Urlaubssperre gilt. „Diese Annahme ist falsch“, sagt Antoni. „Wenn der Arbeitgeber damit einverstanden ist, können Arbeitnehmer auch in der Probezeit Urlaub nehmen.“

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben zwar erst nach Ablauf der Probezeit – in der Regel sechs Monate – Anspruch auf ihren gesamten Jahresurlaub. Aber auch schon vorher können sie anteilig Jahresurlaub nehmen, und zwar pro Monat ein Zwölftel ihres Jahresurlaubs.

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Gilt während einer Wiedereingliederung eine Urlaubssperre?

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen Mitarbeitenden, die innerhalb von 12 Monaten länger als sechs Wochen krank waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten. In einem BEM-Gespräch einigen sich beide Parteien darauf, wie der Mitarbeiter wieder arbeitsfähig werden kann – beispielsweise, indem er zunächst nur ein paar Stunden täglich arbeitet. Gliedert ein Unternehmen den Mitarbeiter auf diese Art stufenweise wieder ein, sei es wenig zielführend, im gleichen Zeitraum Urlaub zu nehmen, sagt Antoni. Zudem finanzierten die Krankenkassen eine stufenweise Wiedereingliederung. „Die wollen den Urlaub auch nicht zahlen“, so die Rechtsanwältin.

Indirekt gilt während einer Wiedereingliederung also eine Urlaussperre. Es sei denn, Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen sich, dass der Urlaub die Zurückführung an die Arbeit nicht gefährdet. Dann können sie die Versicherung informieren und die Wiedereingliederung gegebenenfalls unterbrechen.

Nach §7 Bundesurlaubsgesetz haben Arbeitnehmer aber einen Anspruch darauf, im Anschluss an eine Erkrankung Urlaub zu nehmen – sie dürfen also in den Urlaub fahren, bevor sie mit der Wiedereingliederung beginnen.

Dürfen Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen?

Genau wie Chefinnen und Chefs vorgeben können, wann Mitarbeitende keinen Urlaub nehmen dürfen, können sie in bestimmten Fällen auch vorschreiben, wann sie Urlaub nehmen müssen – nämlich während der Betriebsferien. Das ist häufig in kleinen Arztpraxen der Fall, wenn der einzige Arzt Urlaub nimmt und die medizinischen Fachangestellten nichts zu tun haben. Dann darf er sie in die Betriebsferien schicken.

 

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Die Expertin
  Patrizia Antoni Patrizia Antoni ist Fachanwältin für Steuer- und für Arbeitsrecht. Sie gründete 2002 die Kanzlei AHS Rechtsanwälte mit Standorten in Köln und Bonn.
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