Unfaire Kritik 4 Kritikertypen und wie Sie souverän Kontra geben

Äußern Menschen fiese Kritik, geht es ihnen oft nicht um die Sache, sondern um eigene Interessen. Dabei lassen sich vier Kritikertypen unterscheiden. Wie Sie diese erkennen – und klug kontern.

So können Chefs auf unfaire Kritik reagieren.

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Unfaire Kritik kann Unternehmer und Unternehmerinnen aus vielen Richtungen treffen – von Kunden, Lieferanten, Mitarbeitern und mitunter auch von Geschäftspartnern. „Häufig stecken hinter fiesem Feedback Eigeninteressen, die der Kritiker auf diese Weise durchsetzen will“, erklärt Kommunikationsexpertin und Coach Iris Zeppezauer, die Führungskräfte unter anderem darin schult, souveräner aufzutreten.

Oft haben Menschen mit dieser Taktik Erfolg. Der Grund: „Unfaire Kritik trifft uns meist unvorbereitet. Wir sind dann geschockt, wollen so schnell wie möglich raus aus der Situation – und machen Zugeständnisse, die objektiv betrachtet nicht gerechtfertigt sind.“

Zeppezauer hat vier Typen ausgemacht, die besonders häufig und auf immer gleiche Art unfaire Kritik äußern. Wer diese Typen einmal durchschaut hat, kann sie der Expertin zufolge leicht auskontern. So klappt’s.

Kritikertyp 1: Der Bonus-Sucher

So tritt er auf:

Dieser Kritikertyp nutzt unfaire Anschuldigungen, um an Extraleistungen zu kommen. Er gibt sich detailverliebt und diskutiert gern. Häufig tarnt er seine Eigeninteressen unter dem Deckmantel sachlicher Kritik. Er spricht meist zunächst betont ruhig, um mit jedem weiteren Argument laut zu werden.

Oft findet sich dieser Kritikertyp unter Kunden. „In der Karte stand etwas von kleingeschnittenen Tomaten im Salat, die Stücke sind aber sehr groß!“, moniert er etwa. Oder: „Die Lampe sollte blau sein, die ist in Wahrheit aber eher grünlich blau!“

Auch in der Belegschaft kommt der Bonus-Sucher vor. Er geht den Chef beispielsweise nach Abschluss eines Projektes dafür an, dass die Arbeit vermeintlich unfair aufgeteilt gewesen sei. Eine Ungerechtigkeit, die nur mit einem üppigen Bonus auszugleichen wäre!

So kontern Sie klug:

Gehen Sie nicht auf das Problem ein, das Ihnen der Bonussucher weismachen will. Dies würde nur den Rechtfertigungsdruck erhöhen und eine Lehrer-Schüler-Ebene schaffen, auf der der Kritiker Schuldzuweisungen verteilt und Sie selbst schuldig sind.

Zur Person

Iris ZeppezauerIris Zeppezauer ist Geschäftsführerin der Unternehmensberatung „Sekunde eins“ und Dozentin für Geschäftsmodelle an der LMU München. In ihrem Buch „Contra!" (Business Village, 19,95 Euro) zeigt sie auf, welche Motive hinter verbalen Attacken stecken ­– und wie wir darauf reagieren können, ohne uns auf das Niveau des Angreifers zu begeben.

„Versuchen Sie stattdessen, auf die Metaebene zu gelangen“, rät Zeppezauer. Etwa mit Sätzen wie: „Lassen Sie uns mal gemeinsam darauf schauen, worum es Ihnen im Kern geht. Sie finden also, dass das einzelne Tomatenstück zu groß/die Lampenfarbe zu wenig blau/die Arbeit ungleich verteilt ist.“ So stellen Sie Augenhöhe her.

Anschließend gelte es, einen Konsens zu finden, nicht einen Kompromiss. „Kompromiss bedeutet, dass einer nachgibt. Konsens dagegen meint etwas, das für beide passt“, erklärt Zeppezauer.

Sie rät, den Bonussucher möglichst nicht monetär über Rabatte zu belohnen: „Für diesen Typ ist Kritisieren oft eine Art Hobby. Wenn Sie ihn dafür mit Geld bezahlen, entwertet das Ihre eigene Leistung – und das macht unfroh.“ Besser sei, beispielsweise eine Rücknahme des Produkts anzubieten (beim Lampenproblem) oder ein Getränk aufs Haus (beim Tomaten-Problem).

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Bei dem Arbeitnehmer-Beispiel empfiehlt Zeppezauer, vorzuschlagen, sich die Arbeitsverteilung genauer anzuschauen. „Bonussucher schrecken oft direkt zurück, wenn sie etwas belegen sollen, das nur dazu gedient hat, einen Vorteil für sich herauszuschlagen.“

Kritikertyp 2: Der Rampenlicht-Fan

So tritt er auf:

Der Rampenlicht-Fan liebt unfaires Feedback, weil es ihm Aufmerksamkeit sichert. Er verpackt seine Kritik häufig in Fragen, deren Erläuterungen nicht selten zu einer Art Referat ausarten.

Besonders häufig ist dieser Typ in Meetings anzutreffen. Auch Vertriebler begegnen diesem Typen oft – etwa in Form von Kunden, die ein Angebot als unverschämt bezeichnen und fragen, ob der Verkäufer wirklich gar keine Ahnung habe. Um anschließend zu erklären, wie die Welt sich wirklich dreht.

Rampenlicht-Fans sind meist sehr gesprächig, wirken offen und nutzen gern Klischees. Sie sehnen sich nach Bewunderung – und drehen daher in Gegenwart Dritter besonders auf. Beliebte Phrasen dieses Kritikertyps sind: „Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, …“ Oder: „Wissen Sie eigentlich, wie alt ich bin und was ich an Erfahrung habe?“

So kontern Sie klug:

Im Umgang mit Rampenlicht-Fans hilft die Gegenteil-Technik, um Vorwürfe zu entschärfen. Im Kundengespräch etwa so: „„Ganz im Gegenteil. Sehen wir uns einmal Ihre Vorteile aus unserem Angebot an.“ Der Zweck dieser Technik: „Sie erobern sich die Bühne zurück und haben dann den Raum, umgekehrt dem Kritiker ein kleines Referat zu halten – über die Vorteile Ihres Angebots“, so Zeppezauer.

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Kritikertyp 3: Der Neinsager

So tritt er auf:

Den Neinsager treibt oft der Wunsch an, etwas, das er sich erarbeitet hat, zu bewahren. Er sucht nach Anerkennung und Sicherheit. Meist findet sich dieser Kritikertyp unter den Mitarbeitern, aber auch unter Geschäftspartnern.

Im Alltag tritt der Neinsager häufig eher zurückhaltend auf. Fühlt er sich jedoch nicht genügend geschätzt, fällt seine Kritik mitunter vernichtend aus. Der Neinsager erklärt dann etwa: „Nein, das mache ich niemals! Diese neue Idee ist der letzte Blödsinn, neumodischer Scheiß, den niemand braucht.“ Oder: „Mit diesem Vorschlag kannst du einem Kindergartenkind kommen. Aber nicht mir! Sonnenklar, dass das nicht funktionieren kann.“

So kontern Sie klug:

Beim Neinsager sollten Sie versuchen, ihn ins Boot zu holen – indem Sie zeigen, dass Sie an seiner Meinung interessiert sind. Etwa so: „Was spricht dagegen, dass wir uns den Vorschlag zusammen ansehen? Ich würde ihn gern mit dir abstimmen, schließlich bist du auf dem Gebiet wirklich kompetent.“

Zeppezauer: „Wer es schafft, Wertschätzung zu vermitteln, ohne zu dick aufzutragen, kann dem Neinsager seine Ängste nehmen.“ Auf diese Weise könne man sich über die Zeit die Loyalität des anderen erkämpfen. Und habe dann nicht selten sogar einen konstanten Fürsprecher an der Seite.“

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Kritikertyp 4: Der Inquisitor

So tritt er auf:

Der Inquisitor will vor allem eines: das eigene (Halb-)Wissen herauskehren und glänzen. Daher sucht dieser Kritikertyp aktiv nach Informationen, die sonst niemand hat. Eine gewisse Unzufriedenheit und ein wenig Neid treiben ihn zu einer Neugier, die wirklich eine Gier ist – und die bereitwillig alles an verfügbaren Gerüchten und Halbwahrheiten aufnimmt. Um das Opfer der Kritik später damit zu konfrontieren.

Der Inquisitor verschränkt häufig die Arme vor dem Körper, seufzt hörbar und nickt wissend mit einem falschen Lächeln im Gesicht. Seine Kritik leitet er oft ein mit Phrasen wie: „Du weißt aber schon, dass …“, „Ist dir klar, was die Leute so sagen über dich?“ Oder: „Mir ist da zu Ohren gekommen, dass …“.

So kontern Sie klug:

Da der Inquisitor oft mit Gerüchten und Halbwissen arbeitet, sollten Sie sich jede Nachfrage sparen – je länger dieser Kritikertyp spricht, desto mehr von seinen Anwürfen bleibt an Ihnen hängen. Kurze Antworten, die nicht auf die Vorwürfe eingehen, bringen ihn zum Verstummen.

Besonders gut dabei: eine gute Portion Schlagfertigkeit. Sagt dieser beispielsweise: „Es steht im Raum, dass …“, könnten Sie antworten: „Dann lassen wir es doch dort stehen – und kommen zurück zur Sache.“

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Außerdem wichtig: „Kommt dieser Kritikertyp mit fiesen Anschuldigungen, müssen Sie nicht höflich bleiben“, sagt Zeppezauer. Etwa, wenn der Inquisitor – zu Unrecht – behauptet, seine eigenen Ideen würden vom Chef ständig ignoriert und andere hätten das auch schon gesagt. „Dann können Sie ruhig etwas entgegnen wie: ‚Du kannst mir deine Vorschläge gern drei Tage vor den Meetings schicken und ich schaue sie mir an. Aber wenn du sie weiterhin erst im Meeting rausholst, werde ich das in Zukunft nicht mehr akzeptieren.“

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5 Kommentare
  • C Jäger, München 11. Juli 2022 12:09

    Danke für den Artikel, wenngleich ich mir die Bemerkung erlauben darf, dass aus meiner Sicht versucht wird, menschliche Verhaltensmuster auf dem Reißbrett so in Kategorien einzupassen, dass hieraus Handlungsanleitungen gebaut werden können. Meine Erfahrung mit derartigen „Anleitungen“ sind gemischt und ich glaube, nicht nur ich bin schon ganz fürchterlich damit auf die Nase gefallen… (Nebenbei finde ich manche der im Artikel gemachten konkreten Vorschläge zum „kontern“ fraglich; Geschmacksache eben.)

    Wie ist der Begriff „Kritik“ zu verstehen? Für mich kann Kritik sehr positiv sein, wenn sie entsprechend „konstruktiv“ daher kommt und genutzt wird (siehe „Feedback“).

    Nebenbei, als ex langjährige Führungskraft war ich froh, im Team Menschen zu haben, die ihre Meinung gesagt haben, klar mit unterschiedlichen Motiven (eigenes Thema), denn was hilft eine Schar von gleichartig/braven Lämmern und „Ja“-Sagern? Das gilt auch für Kunden: Jeder gute Verkäufer/-in sperrt die Ohren auf, wenn es Kritik gibt, will sagen, es kommt auf den Tisch, wo Handlungsbedarf besteht – nochmals, egal was die Motive der Person des Kunden hierfür sein mögen. Und ich glaube, so was muss man auch mal aushalten können, selbst wenn das etwas holprig auf uns wirken mag, aber i.d.R. ist so etwas erträglich und man muss nicht „kontern“ (siehe „Gesprächsführung“).

    Genug gesagt! Das ist meine Sichtweise, vorausgesetzt ich habe den Artikel richtig verstanden… Danke!

  • Wolfgang Leiberg 8. Juli 2022 10:38

    Asche über mein Haupt. Habe ich vergessen, meinen Klarnamen im Kommentar von 09:39 anzugeben?

    Hiermit hole ich das Versäumte nach.

  • Uwe Jasmund 8. Juli 2022 09:52

    Das Paradoxum zum Vorschlag bei Typ 1: Gehen Sie nicht auf das Problem ein – und dann Vorschlag zur Lösung: nehmen Sie das Produkt zurück. Da bin ich dann ausgestiegen. Danke für soviel praktischen Nutzwert. Unternehmensberatung eben!

  • Anonymous 8. Juli 2022 09:39

    Neben der Verwendung einiger vager Begriffe (z. B:. „fies“) hat der Text ein gravierendes Manko: Eigeninteressen sind nichts verwerfliches, sondern – ganz im Gegenteil – legitim. Sie dürfen und sollten sogar genannt werden.

    Dieses Manko verdeckt die positiven Aussagen. Etwa, dass Kritik fair oder unfair sein kann, sachlich oder persönlich.

    Meine Erfahrung: auf eine unangemessene Äußerung ruhig und sachlich zu reagieren, kann sehr wirkungsvoll sein.

  • M.G. 8. Juli 2022 09:37

    zu Typ 1
    oxford woerterbuch:
    „Kom·pro·miss
    /kɔmproˈmɪs,Kompromíss/
    Substantiv, maskulin oder Substantiv, Neutrum [der]
    Übereinkunft, Einigung durch gegenseitige Zugeständnisse“
    einseitige Zugestaendnisse machen keinen Kompromiss….

    Und ich moechte noch auf einen zusaetzlichen Typus hinweisen: „Besser Wisser/Oberlehrer“
    unterbricht den Konversationsfluss und die Konzentration seines Gegenuebers mit Einwuerfen um Kleinigkeiten zu diskutieren oder zu aendern und sich dadurch Vorteile zu verschaffen weil entweder wichtige Themen gezielt umschifft und vergessen werden oder er/sie die Zeitaufteilung kritisieren kann und einem das Gefuehl gibt man stehle ihm/ihr die Zeit, wodruch man wiederrum mit mehr Eile reagiert und die Wahrscheinlichkeit erhoeht durch einen der zukuenftigen Einwuerfe einen oder mehrere wichtige Punkte uebersieht.
    Konter ware „Lassen Sie sich nicht hetzen“ aber das ist leichter gesagt als getan, da den Oberlehrer zu ignorieren auch nicht ratsam ist, zum einen ist es nie ratsam Kunden, Mitarbeiter oder Geschaftspartner zu ignorieren und zum anderen gibt man dadurch dem Oberlehrer Angriffsflaeche um einen Streit zu starten, fuer den er Sie selbst verantwortlich machen kann…..

    Aus meiner Sicht ist dieser Typus ebenso schaedlich wie die 4 bereits vorgestellten

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