Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
- Was ist die Engpasskonzentrierte Strategie?
- 1. Die Stärken: Was kannst du?
- 2. Der Nutzen: Wie profitieren andere von deinen Leistungen?
- 3. Die Zielgruppe: Für wen machst du das?
- 4. Der Engpass: Was ist das wichtigste Problem der Zielgruppe?
- 5. Die Innovation: Was kannst du besser machen?
- 6. Die Kooperation: Was kannst du mit anderen erreichen?
- 7. Die Konstante: Bleibt alles, wie es ist?
Eines der wichtigsten Ziele einer Spezialisierung ist es, sich durch Fokussierung eine herausragende Marktposition zu sichern. Aber wie findet man die richtige Strategie für sein Unternehmen? Woher nimmt man das Wissen darüber, was die Kunden wollen? Und wie überführt man dieses Wissen in ein funktionierendes Geschäftsmodell? Antworten auf diese Fragen gibt die Engpasskonzentrierte Strategie (EKS).
Was ist die Engpasskonzentrierte Strategie?
Die Engpasskonzentrierte Strategie ist eine Methode, mit der Unternehmen ein Alleinstellungsmerkmal entwickeln und in ihrer Nische idealerweise Marktführer werden können. Sie hilft Unternehmerinnen und Unternehmern dabei, die entscheidenden Hebel für ihr Geschäftsmodell zu finden – statt sich mit einer Vielzahl von Aufgaben zu verzetteln.
Mit der EKS-Strategie, die der Unternehmensberater Wolfgang Mewes in den 1970er Jahren entwickelt hatte, wurden der Reinigungsgerätehersteller Kärcher und der Schraubengroßhändler Würth erfolgreich. Aber auch zahlreiche kleine und mittlere Unternehmen setzen auf diese Methode.
Die EKS ist in sieben Phasen unterteilt, die zahlreiche kleinere und größere Schritte enthalten. Der Lübecker Unternehmensberater und Führungskräfte-Trainer Stephan Kowalski vermittelt die EKS-Methode seit vielen Jahren. Er verrät, in welcher Phase du dir welche Fragen stellen solltest.
1. Die Stärken: Was kannst du?
Es ist wenig sinnvoll, sich auf etwas zu spezialisieren, was im Unternehmen bislang niemand beherrscht. Im ersten Schritt solltest du deshalb erarbeiten, was die Stärken deiner Firma sind. Diese Fragen helfen dir das herauszufinden:
- Wo habe ich besondere Fähigkeiten oder ein besonderes Know-how?
- Welche Aufgaben machen mir am meisten Spaß?
- Wo hat meine Zielgruppe ein großes Vertrauen in mich?
- Was unterscheidet mich von anderen Anbietern?
- Was kann ich besser als andere?
Überlege dann, was deine Konkurrenten können und wo du bei ihnen Schwächen siehst. Schau dir abschließend deine gesamte Branche an: Ist die Auftragslage gut? Wie könnte die Situation in drei oder fünf Jahren sein?
2. Der Nutzen: Wie profitieren andere von deinen Leistungen?
In dieser EKS-Phase geht es um deine (potentiellen) Kunden: Sobald du weißt, welche Stärken es in deinem Unternehmen gibt, solltest du dich fragen, wie du damit den größten Kundennutzen schaffen kannst. Welches konkrete Problem könntest du mit den Stärken deines Unternehmens lösen?
Unternehmensberater Stephan Kowalski empfiehlt, sich in dieser Phase die folgenden Leitfragen zu stellen: Welchen Nutzen kann ich meinen Kundinnen und Kunden bieten? Können diese durch mich Geld sparen, ihre Leistung verbessern oder ein gutes Gefühl bekommen?
3. Die Zielgruppe: Für wen machst du das?
Letztendlich kauft jedes Produkt und jede Dienstleistung immer ein Kunde. Je genauer du also weißt, wer deine Kunden sind, desto besser kannst du deine Leistung auf diese Menschen oder Unternehmen zuschneiden.
In dieser Phase der EKS solltest du dir deshalb Gedanken darüber machen, welche Zielgruppe den größten Erfolg verspricht. „Eine Zielgruppe sind Menschen mit gleichen Problemen und Bedürfnissen“, sagt die Strategie-Expertin Kerstin Friedrich, die die Engpasskonzentrierte Strategie gemeinsam mit Wolfgang Mewes weiterentwickelt hat.
Schreibe zunächst alle Zielgruppen auf, die von deinen Stärken profitieren könnten. „Man sortiert hier nicht nach Branchen oder Unternehmensgröße, sondern nach dem Engpass, den eine bestimmte Gruppe hat“, sagt Stephan Kowalski.
Frage dich dafür: Welche Gruppe von Menschen oder Unternehmen hat das gleiche oder ein ähnliches Problem?
4. Der Engpass: Was ist das wichtigste Problem der Zielgruppe?
Was benötigen deine Kunden besonders dringend? Diese Frage kannst du nur beantworten, wenn du deine Zielgruppe genau definiert hast. Wer den Bedarf erkennt und sein Angebot exakt darauf zuschneidet, kann erfolgreich sein. „Sie müssen unter allen Problemen das eine finden, das Ihre Kunden als das drängendste empfinden“, sagt Kerstin Friedrich.
Um sich in Kunden hineinzuversetzen, hilft es aus den Informationen über die Zielgruppe konkrete Personas zu erstellen. Das sind konkrete Beschreibungen eines oder auch mehrerer Musterkunden – mit Angaben zu Alter, Beruf, Interessen und Mediennutzung. Aber auch durch Umfragen und Gespräche lassen sich Kundenwünsche erfragen.
5. Die Innovation: Was kannst du besser machen?
Im nächsten Schritt entwickelst du eine Lösung für den größten Engpass oder das größte Problem deiner Kunden. „Wenn ich den Engpass meiner Kunden gut verstanden habe, liegt die Lösung oft quasi auf der Hand“, sagt Kowalski. „Das ist aber keine kreative Lösung, die einem über Nacht nach einem Glas Rotwein einfällt, sondern ich muss sie aus einem tiefen Verständnis des dringendsten Engpasses meiner Zielgruppe Stück für Stück entwickeln.“
Wer einmal die perfekte Leistung oder das ideale Produkt für seine Zielgruppe gefunden hat, kann sich nicht zur Ruhe setzen. Die Engpasskonzentrierte Strategie fordert permanente Innovation. Nicht im Sinne neuer Leistungen, sondern im Sinne einer stetigen Verbesserung der bestehenden. Bleib dafür stets im Austausch mit deiner Zielgruppe.
6. Die Kooperation: Was kannst du mit anderen erreichen?
Wenn du bis hierhin alle Fragen beantwortet hast, hast du im besten Fall deine Spezialisierung bereits gefunden. Funktioniert sie gut, wirst du eines Tages vielleicht an den Punkt gelangen, an dem du weitere Zielgruppen erschließen und dein Unternehmen vergrößern willst. Dann werden Kooperationsmöglichkeiten interessant.
Manchmal kann es vorkommen, dass du ein Problem oder einen Engpass eines Kunden nicht allein lösen kannst. Überlege in einer solchen Situation, wie du zusammen mit einem anderen Unternehmen einen konkreten Nutzen für eine ganz bestimmte Zielgruppe schaffen kannst.
Frage dich dafür: Wen bräuchte ich, um eine perfekte Engpasslösung anbieten zu können? Wen könnte ich ansprechen, um einen besseren Zugang zur Zielgruppe zu bekommen?
Ein Florist, der sich auf Hochzeitsgestecke spezialisiert hat, könnte beispielsweise mit einem Konditor, einem Gastronom und einer Eventlocation komplette Hochzeitspakete anbieten. Kooperationen können sehr erfolgreich sein. Sie bergen jedoch auch die Gefahr, dass unter den Partnern Machtkämpfe entstehen, welche die gesamte Geschäftsidee zunichtemachen können.
7. Die Konstante: Bleibt alles, wie es ist?
Selbst wenn du eine Lösung gefunden hast, kann es manchmal notwendig sein, sie später wieder zu überarbeiten oder zu ändern. Dann ist es hilfreich, das konstante Grundbedürfnis zu kennen, das durch dein Produkt oder deine Dienstleistung befriedigt wird. Wer dieses nicht kennt, setzt sich der Gefahr aus, dass ein Trend oder eine Gesetzesänderung sein Geschäftsmodell zerstört oder entwertet.
Ein Beispiel: Früher gab es Schallplatten, um Musik zu hören. Dann kamen Kassetten auf den Markt, später CDs und heute sind es Streamingdienste wie Spotify. All diese Produkte befriedigen das konstante Bedürfnis, die Musik zu hören, die einem gefällt – und wann es einem gefällt.
Frage dich also: Welches konstante Grundbedürfnis befriedigen deine Produkte oder Dienstleistungen?
Wer die Grundbedürfnisse seiner Zielgruppe kennt, kann seine Produkte anpassen, wenn sich die Gegebenheiten ändern. Hätte Henry Ford die Menschen gefragt, was sie sich wünschen, hätten sie vermutlich schnellere Pferde gefordert. Ford erkannte dahinter das Grundbedürfnis nach zügiger Fortbewegung – und machte das Auto zum Massenprodukt.
Ausführliche Erklärungen zu diesen sieben Grundfragen der EKS geben die Autoren Kerstin Friedrich, Fredmund Malik und Lothar Seiwert in ihrem Buch „Das große 1x1 der Erfolgsstrategie“, erschienen im Gabal Verlag, 264 Seiten, 28 Euro.
