Nudging im Marketing
So stupst du deine Kunden Richtung Kauf – vor Ort und online

Sanfter Schubs, große Wirkung – mit Nudging kannst du das Verhalten deiner Kunden gezielt beeinflussen. Wir erklären dir Techniken und Ideen, mit denen du direkt mehr Umsatz erzielst.

6. November 2025, 13:18 Uhr, von Lena Kaltenbach, Redakteurin

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Collage einer Frau, der ein schwebender Mund etwas zuflüstert
Schon von Nudging gehört? Wir verraten, wie du die Kundenentscheidungen mit kleinen Tricks beeinflussen kannst.
© Deagreez / iStock / Getty Images Plus / Getty Images

Was bedeutet Nudging im Marketing?

Der Begriff Nudging kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „anstupsen“ oder „schubsen“. „Bei Nudging versucht man Menschen gezielt aber subtil zu einem gewünschten Verhalten zu führen, etwa zum Kauf, zu einer Registrierung oder der Eingabe von Daten“, erklärt Katharina Stapel, Verhaltensökonomin und Expertin für Kundenkaufverhalten.

Während Marketing übergreifend die Maßnahmen eines Unternehmens zur Förderung des Absatzes beschreibt (z. B. durch Kundenbetreuung, Werbung, Beobachtung und Analyse des Markts), beschreibt Nudging die Einflussnahme auf Entscheidungen. Werbung beispielsweise wirkt bewusst aufmersamkeitserregend und versucht mit eindringlichen Argumenten zu überzeugen.

Nudging setzt auf der unterbewussten Ebene an. „Der bekannteste Nudge ist wahrscheinlich der sogenannte Default Nudge“, erklärt Stapel. „Dabei wird die Voreinstellung so gewählt, dass die gewünschte Option bereits begünstigt ist – etwa, wenn beim Newsletter-Abo das Häkchen für die Anmeldung schon gesetzt ist.“ Nutzer müssten sich also ganz bewusst gegen das Abo entscheiden. Damit steigt die Chance, dass viele das Häkchen aus Bequemlichkeit gesetzt lassen.

Wie kann man Nudging im Marketing einsetzen?

Kleine Tricks mit unbewusster Wirkung: Ein paar Beispiele und Ideen, wie du Nudging im Marketing umsetzen kannst:

Digital Nudging

Auf der eigenen Website oder im Online-Shop gibt es neben dem bereits beschriebenen Default-Nudge viele Optionen, durch digitale Nudges Aufmerksamkeit zu erregen:

Framing: Die Wortwahl und der Kontext, in dem Fakten präsentiert werden, haben Einfluss darauf, wie Kunden sie wahrnehmen. Expertin Stapel nennt etwa zwei Beispiele:

  • „In nur vier Wochen“ klingt kürzer als „Es dauert einen Monat“
  • „Zehn Prozent unserer Kunden sind unzufrieden“ klingt negativer als „90 Prozent sind zufrieden.“

Je nach gewünschter Wirkung ist also eine andere Formulierung sinnvoller.

Aber Achtung: Beim Framing geht es um die positive – aber nicht übertriebene oder falsche – Darstellung von Sachverhalten.

Social Proof: Zu sehen was andere tun und mögen, bekräftige eigene Entscheidungen. Beispiel: Die Einbindung von positiven Kundenstimmen oder ein Satz wie „5000 Nutzer haben das Produkt bereits gekauft“.  Wer etwa Möbel oder Wandfarben verkauft, könne es mit Beispielfotos versuchen oder auf Erfahrungswerte zurückgreifen: „85 Prozent unserer Kunden kombinieren Waldgrün zu Eichenholz“ – das rege die Kundinnen und Kunden an, die Kombination selbst auszuprobieren.

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Time Nudges: Anstupser, die auf das richtige Timing setzen – zum Beispiel Erinnerungen kurz vor Ablauf einer Frist oder Informationen darüber, wie lange ein Produkt noch zu einem bestimmten Preis verfügbar sei („Nur noch zwei Tage zum Preis XY“). „Auf manchen Websites ploppen auch bunte Countdowns auf, Animationen blinken, ein Mini-Spiel erscheint. Das kann echten Stress erzeugen und zu schnellen Kaufentscheidungen führen. Das ist meiner Ansicht nach aber schon grenzwertig und geht in den Dark Pattern Bereich.“ Dark Pattern beschreiben absichtlich manipulative Designs oder Techniken, die Userinnen und User fehlleiten. (Mehr zu den Grauzonen und Grenzen von Nudging im Marketing weiter unten.)

Besser: Ein Pop-up-Fenster, das zur richtigen Zeit erscheint. „Dazu muss ich meine Daten gut kennen und analysieren. Wann springen die meisten User ab? Was brauchen sie an welchem Punkt entlang der Customer Journey?“, sagt Stapel. Ein gutes Beispiel sei Apple, siehe Beispiel im Kasten.

Commitment Nudges: Reize, die auf das menschliche Bedürfnis setzen, einmal getroffene Entscheidungen oder Versprechen einzuhalten. Ein Call-to-Action Button auf dem „Ich will etwas für meine Gesundheit tun“ steht statt „Jetzt Fitness-Abo kaufen“ kann unterbewusst positiver wirken, da Kunden sich selbst zu etwas verpflichten und diese Verpflichtung einhalten wollen (hier: Mehr Sport machen, um gesund zu bleiben).

Fortschrittanzeigen: Empfiehlt die Expertin beim Bestellvorgang oder bei einem Konfigurator gerade bei komplizierten Produkten oder Dienstleistungen, etwa der Planung des neuen Badezimmers oder der Suche nach maßgeschneiderten Versicherungen. „Wenn ich weiß, der Prozess ist anstrengend, kann ich meine Kunden besser durchmanövrieren, sodass sie am Ende denken: Jetzt habe ich so viel Zeit reingesteckt, jetzt buche ich auch.“

Beispiel 1: Design statt Druck – Apples subtile Digital-Nudges

Wer sich gezielt nach Apple Airpods Max informiert, scrollt durch lange, klar designte Abschnitte zu Audio-Erlebnis, Features und Design. Die Farben Schwarz, Anthrazit und Blau ziehen sich durch sämtliche Unterseiten und vermitteln laut Expertin Stapel Stabilität. Der Kauf-Button bleibt unauffällig in schlichtem blau, während pro Abschnitt neue Pop-Up-Buttons auftauchen, um mehr Infos zu erhalten. „Am Seitenende dann die Frage: Möchtest du dir andere Modelle anschauen. Das finde ich clever, da es ein echtes Verkaufsgespräch imitiert“, sagt Stapel.
Learning: Überlege dir: An welchen Stellen brauchen Kunden mehr Informationen? Wie kannst du sie optimal unterstützen? Zur Kundenbindung ist es wichtig, im Kaufprozess Zweifel aufzugreifen, weitere Informationen oder Vergleiche zu liefern und dadurch Vertrauen zu schaffen.

Offline Nudging

Auch im Ladengeschäft, bei der Produktplatzierung oder im Kundengespräch kann Nudging im Marketing gezielt eingesetzt werden:

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In der Umgebung:
„Musik, Einrichtung und Beleuchtung haben eine große Auswirkung auf das Kaufverhalten“, sagt die Katharina Stapel. Ruhige, klassische Musik im Autohaus lade zum Verweilen ein, hier könne man auch einen Kaffee reichen. Auch die Temperatur spiele eine Rolle. Wenn es zu kalt ist, kaufen die Leute zwar schneller, weil sie schnell wieder gehen wollen, bei angenehmeren Temperaturen stöbern sie dafür möglicherweise länger.

Im persönlichen Kontakt:
Wer kennt`s? Nach der Bestellung im Restaurant werden direkt die Menükarten eingesammelt. „Da frage ich mich: Wollt ihr kein Dessert verkaufen?“, so Katharina Stapel. „Die Lösung: Einfach eine Karte am Tisch lassen. Das lädt die Gäste nach dem Hauptgang zum Stöbern durch den Nachtisch oder auch Drinks ein.“
Für Verkaufsgespräche gilt, was sich allgemein in der Verkaufspsychologie bewährt hat: „Stell Rückfragen. Zeige Humor. Sei interessiert. Das ist der wertvollste Nudge, den ich kenne“, sagt Stapel.

Beispiel 2: Die Ikea-Choreografie – von Tasche bis Teelicht

„Ikea hat das Nudging perfektioniert“, sagt Stapler. Anfangen würde es mit der subtilen Idee, man könne alle Möbel selbst aufbauen, was zu mehr Wertschätzung führe. Weiter gehe es mit gezielten Laufwegen in den Möbelhäusern (durch Pfeile auf dem Boden). „Das verleitet Leute dazu zu denken, sie müssen auch genau diesen Weg gehen. Man könnte ja was verpassen“, so die Expertin. Auch in den berühmten blauen Einkaufstaschen sieht sie Nudging-Elemente: „Neben dem Einkaufswagen wirken die Taschen so harmlos, dass man denkt: Ich kauf ja nur ein bisschen. Am Ende passt dann aber doch erstaunlich viel rein.“ Hinzu käme schließlich noch das gezielte Platzieren: „Ein Klassiker: Die Teelichter im Kassenbereich oder der Hot Dog Stand dahinter, perfekt für den „Ist-ja-nur-eine-Kleinigkeit“-Einkauf oder die Stärkung danach.“
Learning: Wer Gewohnheiten der eigenen Zielgruppe kennt, kann ohne große Werbebudgets kleine Kaufimpulse setzen.

Leichter Schubs oder Manipulation? 5 No-Gos im Nudging

Von „Dark Pattern“ spricht man, wenn Nudging gezielt täuscht oder manipulativ eingesetzt wird. „Man sollte den Kunden am Ende immer die freie Wahl lassen“, sagt Katharina Stapel, beispielsweise neben dem präsent platzierten Bioprodukt auch die Nicht-Bio-Variante sichtbar ins Regal stellen und nicht verstecken.

Die folgenden Nudging-Techniken können dein Unternehmen in ein unseriöses Licht rücken oder sind im Zweifel sogar verboten:

  1. Künstliche Verknappung vortäuschen. Wer sein Angebot begrenzt („Nur noch heute“ oder „Nur noch drei Exemplare auf Lager“) steigert dadurch die Attraktivität. Aber: Eine vorgetäuschte Knappheit kann rechtlich problematisch sein und eine unzulässige Irreführung über die Verfügbarkeit der
    Ware darstellen (§5 Abs.1 S. 1 UWG).
  2. Kündigungen (z. B. bei Abos) verstecken oder kompliziert gestalten. Beispielsweise erst ermöglichen nach vielen Klicks oder der Teilnahme an einer Umfrage. Nach § 312k BGB müssen Kündigungsschaltflächen gut lesbar sein und unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen.
  3. Mails mit Betreffzeilen wie „Du hast noch einen Artikel im Warenkorb“ sind grundsätzlich erlaubt. Wer aber falsche Angaben macht, um User zurück auf die Seite zu locken – wenn sich etwa gar keine Artikel im Warenkorb befinden – handelt nach § 5 UWG irreführend.
  4. Versteckte Kosten in Standard-Einstellungen integrieren. Laut dürfen Zusatzleistungen nicht ohne aktive Zustimmung berechnet werden (§ 312j BGB)
  5. Fake-Bewertungen, Fake-Testimonials oder Fake-Rezensionen. Auch hier kann es sich um einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauten Wettbewerb (UWG) handeln.

Im Zweifelsfall ist es ratsam sich rechtlich beraten zu lassen. „Für ein Unternehmen, vor allem kleine Betriebe, sind Kunden und Kundenbindung das Wichtigste“, sagt die Expertin. Wenn es ohne hinterhältige Tricks nicht klappt, „sollte ich mich besser fragen, was zur Hölle ich nicht auf die Kette kriege, dass ich die Leute verarschen muss, damit sie mein Produkt kaufen.“

Beispiel 3: Vom Probesitzen zum Kaufimpuls im regionalen Möbelhaus

Expertin Katharina Stapel berichtet von einem regionalen Büromöbelhaus, das seine Verkaufsfläche in einen Co-Working-Space verwandelt: Kunden können in extra eingerichteten Räumen Seminare oder Meetings abhalten – und sitzen dabei auf genau den Möbeln, die verkauft werden. „Der Fokus liegt nicht darauf Möbel zu verkaufen, sondern zu zeigen: Mit unseren bequemen Stühlen und Schreibtischen habt ihr eine gute Zeit beim Arbeiten“, sagt die Expertin.
Learning: Egal ob Mini-Parcour für Laufschuhe oder Snack-Probiertheke: Mach deine Produkte erlebbar. Wer Dienstleistungen anbietet, kann es mit Vorher-Nacher-Fotos probieren, eine haptische Probe mitgeben oder eine Visitenkarte auf passendem Material anfertigen lassen.

Die Expertin

Katharina StapelKatharina Stapel ist Verhaltensökonomin und Expertin für Kundenkaufverhalten. Sie entwickelt daten- und verhaltensbasierte Strategien zur Optimierung von Vertriebs- und Marketingprozessen. Ihre Firma, die Stapelfux GmbH, ist seit 2025 als Bildungsinstitut akkreditiert.

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