Coronavirus und die Folgen
„Uns wurden für die nächsten Monate alle relevanten Projekte abgesagt“

Maximilian Pohl bietet mit seiner Firma WLAN-Lösungen für Veranstaltungen – eigentlich. Denn aktuell findet kaum ein Event statt. Doch nach dem ersten Schock denkt der Unternehmer kreativ.

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Der Coronavirus sorgt in vielen Branchen für Ausfälle.
© Marie Maerz/photocase.de

Wird auf einer Veranstaltung ein W-LAN für die Teilnehmer bereitgestellt, dann kann es gut sein, dass dieses von Maximilian Pohls Firma Eventnet stammt. Doch aktuell haben Pohls fünf Mitarbeiter kaum etwas zu tun: Messen, Konzerte und Kongresse werden abgeblasen oder auf unbestimmte Zeit verschoben.

Wie will der Unternehmer seine Firma über die Flaute hinwegretten?

impulse: Herr Pohl, wie schlafen Sie aktuell?

Maximilian Pohl: Ich persönlich schlafe noch ganz gut. Aber es treibt mich natürlich schon der Gedanke um, wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergeht. Uns wurden für die nächsten zwei bis drei Monate alle relevanten Projekte abgesagt. Es ist völlig unabsehbar, wann wir in der Veranstaltungsbranche wieder in den Normalbetrieb zurückkehren. Und das macht mich nervös.

Wie haben Sie reagiert, als die Absagewelle losging?

Mich hat die Nachricht im Urlaub erreicht – der war natürlich direkt vorbei. Wir haben uns in der Führungsebene sofort zusammengesetzt und uns gefragt „Wie können wir jetzt vorgehen?“ Wir haben unsere Fixkosten angeschaut: Wie flexibel sind wir? Man darf sich nicht von der Panik anstecken lassen und muss besonnen reagieren. Und letztendlich auch darauf eingestellt sein, dass die Krise irgendwann vorbei ist. Wir haben versucht, drei, vier, fünf, sechs Monate in die Zukunft zu blicken und einen ungefähren Plan zu entwickeln. Und dann müssen wir sehen, wie gut der in der Praxis funktioniert. Glücklich sind wir alle nicht, das ist klar.

Wann wurde Ihnen der Ernst der Situation klar?

Zur Person
Maximilian Pohl ist Gründer und Inhaber der Eventnet GmbH, die für Veranstaltungslocations Internet- und WLAN-Lösungen plant und implementiert. Das Berliner Unternehmen stellt außerdem digitale Dienste wie Event-Apps, Video-Streaming, bargeldlose Bezahlsysteme oder WLAN-Marketing für Events bereit.

Die erste große abgesagte Veranstaltung für uns war die Leipziger Buchmesse. Da sind wir schon seit vielen Jahren regelmäßig dabei. Es kommt immer mal vor, dass Veranstaltungen abgesagt werden. Aber das war die Initialzündung, es haben sich viele Veranstalter davon beeindrucken lassen. Die haben sich gesagt „Wenn sogar die Leipziger Buchmesse abgesagt wird, dann machen wir das lieber auch“. Und dann ging das ratzfatz, es kam eine Mail nach der anderen. „Dies findet nicht statt, das findet nicht statt“. Durch den Aufruf des Gesundheitsministers, Veranstaltungen über tausend Teilnehmer abzusagen, ist ein regelrechter Absagen-Flächenbrand entstanden.

Lesen Sie auch: Coronavirus und Arbeitsrecht: Diese Regelungen sollten Sie jetzt kennen

Wie ist die Stimmung in der Branche?

Schlecht. Das kann ich wirklich genau so sagen. Gerade in der Eventbranche hängen viele kleine, mittelständische Unternehmen am Tropf des Cashflows. Wenn da eine Veranstaltung abgesagt wird, ist das schon schwierig. Besonders, wenn es ein großes Projekt ist. Jede Firma hat ein paar große Projekte, von denen sie lebt. Und wenn dann so eine Absagewelle stattfindet, ohne dass man weiß, wann es vorbei ist? Dann macht sich eine große Nervosität breit. Ich will noch nicht von Panik sprechen. Doch viele kleinere Unternehmen in unserer Branche hatten kaum Möglichkeiten, Rücklagen zu bilden. Und das wird jetzt für viele ein Problem.

In eigener Sache
Machen ist wie wollen, nur krasser
Machen ist wie wollen, nur krasser
Die impulse-Mitgliedschaft - Rückenwind für Unternehmerinnen und Unternehmer

Was bedeuten die Absagen für Sie finanziell?

Wir müssen in den nächsten Monaten erstmal ohne die Einnahmen leben. Und gucken, wie wir trotzdem die Fixkosten, die jedes Unternehmen hat, bestreiten können. Das sind Lagerräume, bestehende Verträge, nicht zuletzt Mitarbeiter und Lohnkosten. Bei uns bestehen die Fixkosten zum Glück zu einem Teil aus Softwarelizenzen und Datentarifen. Da können wir recht kurzfristig für einen Zeitraum auf kleinere Volumina wechseln. Andere Unternehmen unserer Branche haben da deutlich größere Probleme, die sind härter getroffen. Gerade die Messebauer, Verleiher von Lautsprechern und Lichttechnik. Die haben riesengroße Lagerflächen und viele Mitarbeiter, die sie brauchen, um alles immer zuverlässig auf- und abbauen zu können. Für die sieht es jetzt noch krasser aus. Wir sind da noch in einer verhältnismäßig komfortablen Position.

Haben Sie an Kurzarbeit gedacht?

Auf jeden Fall. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für uns. Alle Unternehmen unserer Branche stehen momentan vor der Frage: Wie können wir unsere Mitarbeiter behalten, ohne dass wir pleitegehen? Denn wenn das Thema Coronavirus vorbei ist, dann brauchen wir wieder Leute. Und es ist wahnsinnig schwierig, Fachkräfte zu finden, das weiß derzeit jeder. Deswegen wäre es fahrlässig, sich jetzt von Mitarbeitern zu trennen. Abgesehen davon, dass man auch eine gewisse Verantwortung für seine Mitarbeiter trägt. Ich hoffe sehr, dass die politischen Bemühungen, die Beantragung von Kurzarbeit zu vereinfachen, auch umgesetzt werden.

Lesen Sie auch: Coronavirus-Checkliste: 33 Fragen für Arbeitgeber

Sie versuchen jetzt den Kopf über Wasser zu halten, indem Sie ein Videokonferenzsystem für Veranstaltungen vermarkten. Gab es die Idee dafür schon vorher oder ist sie Ihnen durch Corona gekommen?

Die Idee gab es schon vorher. Wir bieten digitale Produkte für Veranstaltungen an – das ist also ein naheliegendes Produkt. Aber wir haben das Projekt durch die aktuelle Situation natürlich forciert. Es liegt nahe, dass wir Leute, die aktuell nicht persönlich in Kontakt kommen können, digital in Kontakt bringen. Die deutsche Veranstaltungsbranche ist in einigen Bereichen noch relativ traditionell und digitale Services werden erst sehr langsam implementiert. Aber jetzt haben sich selbst große Player dazu entschieden, ihre Events rein im Internet stattfinden zu lassen.

Haben Sie noch einen Rat für andere Unternehmer?

Es ist schwer, Ratschläge zu geben. Die Situation ist für alle neu. Aber wenn die Aufträge fehlen, das Personal aber da ist, kann man sich fragen: Was können wir jetzt tun, von dem wir profitieren, wenn das Geschäft wieder normal weitergeht? Das sind Sachen wie das Lager neu zu sortieren oder interne Prozesse zu prüfen. Außerdem ist es ein guter Zeitpunkt, um zu schauen, wo man Geld sparen kann – auch unabhängig von der momentanen Ausnahmesituation. Es ist auf einmal wider Willen Zeit für die Dinge, zu denen man sonst nicht kommt. Wenn man der ganzen Sache etwas Positives abgewinnen möchte, dann vielleicht das.

In eigener Sache
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Wird auf einer Veranstaltung ein W-LAN für die Teilnehmer bereitgestellt, dann kann es gut sein, dass dieses von Maximilian Pohls Firma Eventnet stammt. Doch aktuell haben Pohls fünf Mitarbeiter kaum etwas zu tun: Messen, Konzerte und Kongresse werden abgeblasen oder auf unbestimmte Zeit verschoben. Wie will der Unternehmer seine Firma über die Flaute hinwegretten? impulse: Herr Pohl, wie schlafen Sie aktuell? Maximilian Pohl: Ich persönlich schlafe noch ganz gut. Aber es treibt mich natürlich schon der Gedanke um, wie es in den nächsten Wochen und Monaten weitergeht. Uns wurden für die nächsten zwei bis drei Monate alle relevanten Projekte abgesagt. Es ist völlig unabsehbar, wann wir in der Veranstaltungsbranche wieder in den Normalbetrieb zurückkehren. Und das macht mich nervös. Wie haben Sie reagiert, als die Absagewelle losging? Mich hat die Nachricht im Urlaub erreicht – der war natürlich direkt vorbei. Wir haben uns in der Führungsebene sofort zusammengesetzt und uns gefragt „Wie können wir jetzt vorgehen?“ Wir haben unsere Fixkosten angeschaut: Wie flexibel sind wir? Man darf sich nicht von der Panik anstecken lassen und muss besonnen reagieren. Und letztendlich auch darauf eingestellt sein, dass die Krise irgendwann vorbei ist. Wir haben versucht, drei, vier, fünf, sechs Monate in die Zukunft zu blicken und einen ungefähren Plan zu entwickeln. Und dann müssen wir sehen, wie gut der in der Praxis funktioniert. Glücklich sind wir alle nicht, das ist klar. Wann wurde Ihnen der Ernst der Situation klar? Die erste große abgesagte Veranstaltung für uns war die Leipziger Buchmesse. Da sind wir schon seit vielen Jahren regelmäßig dabei. Es kommt immer mal vor, dass Veranstaltungen abgesagt werden. Aber das war die Initialzündung, es haben sich viele Veranstalter davon beeindrucken lassen. Die haben sich gesagt „Wenn sogar die Leipziger Buchmesse abgesagt wird, dann machen wir das lieber auch“. Und dann ging das ratzfatz, es kam eine Mail nach der anderen. „Dies findet nicht statt, das findet nicht statt“. Durch den Aufruf des Gesundheitsministers, Veranstaltungen über tausend Teilnehmer abzusagen, ist ein regelrechter Absagen-Flächenbrand entstanden. Lesen Sie auch: Coronavirus und Arbeitsrecht: Diese Regelungen sollten Sie jetzt kennen Wie ist die Stimmung in der Branche? Schlecht. Das kann ich wirklich genau so sagen. Gerade in der Eventbranche hängen viele kleine, mittelständische Unternehmen am Tropf des Cashflows. Wenn da eine Veranstaltung abgesagt wird, ist das schon schwierig. Besonders, wenn es ein großes Projekt ist. Jede Firma hat ein paar große Projekte, von denen sie lebt. Und wenn dann so eine Absagewelle stattfindet, ohne dass man weiß, wann es vorbei ist? Dann macht sich eine große Nervosität breit. Ich will noch nicht von Panik sprechen. Doch viele kleinere Unternehmen in unserer Branche hatten kaum Möglichkeiten, Rücklagen zu bilden. Und das wird jetzt für viele ein Problem. Was bedeuten die Absagen für Sie finanziell? Wir müssen in den nächsten Monaten erstmal ohne die Einnahmen leben. Und gucken, wie wir trotzdem die Fixkosten, die jedes Unternehmen hat, bestreiten können. Das sind Lagerräume, bestehende Verträge, nicht zuletzt Mitarbeiter und Lohnkosten. Bei uns bestehen die Fixkosten zum Glück zu einem Teil aus Softwarelizenzen und Datentarifen. Da können wir recht kurzfristig für einen Zeitraum auf kleinere Volumina wechseln. Andere Unternehmen unserer Branche haben da deutlich größere Probleme, die sind härter getroffen. Gerade die Messebauer, Verleiher von Lautsprechern und Lichttechnik. Die haben riesengroße Lagerflächen und viele Mitarbeiter, die sie brauchen, um alles immer zuverlässig auf- und abbauen zu können. Für die sieht es jetzt noch krasser aus. Wir sind da noch in einer verhältnismäßig komfortablen Position. Haben Sie an Kurzarbeit gedacht? Auf jeden Fall. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für uns. Alle Unternehmen unserer Branche stehen momentan vor der Frage: Wie können wir unsere Mitarbeiter behalten, ohne dass wir pleitegehen? Denn wenn das Thema Coronavirus vorbei ist, dann brauchen wir wieder Leute. Und es ist wahnsinnig schwierig, Fachkräfte zu finden, das weiß derzeit jeder. Deswegen wäre es fahrlässig, sich jetzt von Mitarbeitern zu trennen. Abgesehen davon, dass man auch eine gewisse Verantwortung für seine Mitarbeiter trägt. Ich hoffe sehr, dass die politischen Bemühungen, die Beantragung von Kurzarbeit zu vereinfachen, auch umgesetzt werden. Lesen Sie auch: Coronavirus-Checkliste: 33 Fragen für Arbeitgeber Sie versuchen jetzt den Kopf über Wasser zu halten, indem Sie ein Videokonferenzsystem für Veranstaltungen vermarkten. Gab es die Idee dafür schon vorher oder ist sie Ihnen durch Corona gekommen? Die Idee gab es schon vorher. Wir bieten digitale Produkte für Veranstaltungen an – das ist also ein naheliegendes Produkt. Aber wir haben das Projekt durch die aktuelle Situation natürlich forciert. Es liegt nahe, dass wir Leute, die aktuell nicht persönlich in Kontakt kommen können, digital in Kontakt bringen. Die deutsche Veranstaltungsbranche ist in einigen Bereichen noch relativ traditionell und digitale Services werden erst sehr langsam implementiert. Aber jetzt haben sich selbst große Player dazu entschieden, ihre Events rein im Internet stattfinden zu lassen. Haben Sie noch einen Rat für andere Unternehmer? Es ist schwer, Ratschläge zu geben. Die Situation ist für alle neu. Aber wenn die Aufträge fehlen, das Personal aber da ist, kann man sich fragen: Was können wir jetzt tun, von dem wir profitieren, wenn das Geschäft wieder normal weitergeht? Das sind Sachen wie das Lager neu zu sortieren oder interne Prozesse zu prüfen. Außerdem ist es ein guter Zeitpunkt, um zu schauen, wo man Geld sparen kann – auch unabhängig von der momentanen Ausnahmesituation. Es ist auf einmal wider Willen Zeit für die Dinge, zu denen man sonst nicht kommt. Wenn man der ganzen Sache etwas Positives abgewinnen möchte, dann vielleicht das.