Konflikte im Büro
Streit am Arbeitsplatz: „Hygiene ist immer ein großes Thema“

An schmutzigen Tassen oder geöffneten Fenstern können gute Arbeitsbeziehungen zerbrechen. Eine Konfliktmoderatorin sagt, wie Führungskräfte solche Streitereien im Büro schlichten können.

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Konflikte am Arbeitsplatz
© MediaProduction/iStock/Getty Images Plus/Getty Images

Frau Demuth, zum Start ein typisches Beispiel aus dem Zweierbüro: Eine Kollegin lüftet viel, die andere friert leicht. Was tun?

Das Schlimmste wäre, wenn beide am Schreibtisch sitzen und sich ärgern. Eine zieht vielleicht sogar demonstrativ den Mantel über und hofft, dass die andere bemerkt, wie unzufrieden sie ist. Bei Konflikten im Büro ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und Unzufriedenheit früh anzusprechen. Wenn die beiden erst nach fünf Jahren darüber reden, wird es schwierig.

Weil der Konflikt dann immer größer wird?

Erstmal wäre es schade, weil die beiden sich fünf Jahre lang ärgern. Viele Bürostreite haben mal ganz klein angefangen. Irgendwann wird aus einer glimmenden Zigarette ein riesiges Lagerfeuer. Das Problem ist dann nicht mehr nur das offene Fenster, sondern auch die Tasse, die abends stehenbleibt oder die Pflanze, die jemandem nicht gefällt. Konflikte entstehen dort, wo unterschiedliche Wertesysteme aufeinandertreffen – was im Büro jeden Tag geschieht. Über diese unterschiedlichen Vorstellungen müssen Kollegen sich unterhalten.

Muss sich die Führungskraft darum kümmern, dass die beiden miteinander reden?

Man kann als Chef oder Chefin in solchen Fällen offen fragen: „Ich habe das Gefühl, hier brutzelt es grade ein bisschen. Was ist denn der Grund?“ Die Führungskraft sollte dabei auf Neutralität achten und im Hintergrund bleiben. Man kann sagen: „Ich will euch nicht vorgeben, wie ihr es machen sollt. Ich möchte fragen, was aus eurer Sicht das Beste für euch wäre und überlegen, wie eure Vorstellungen zusammenpassen können.“

Was muss man noch beachten?

Zur Person:
  Ulrike Demuth Ulrike Demuth coacht Teams und war selbst lange Führungskraft. Sie ist auch als Wirtschaftsmediatorin und Konfliktmoderatorin tätig.

Was nicht geht ist, dass einer sagt: „Das ist mein Lüftungskonzept und so müssen wir das nun machen.“ Stattdessen kann man Kompromisse suchen: „Ich lüfte, wenn du nicht im Raum bist.“ Manchmal braucht es auch eine ungewöhnliche Lösung. Wir haben schon ganze Büros umgesetzt, sortiert nach Frostbeulen und denen, die viel lüften wollen.

Das klingt radikal.

Wenn man die Probleme mit etwas Humor angeht, kann man ungewöhnliche Lösungen finden. In meinen Teamcoachings lade zu einer „Meckerrunde“ ein. Ich fordere die Teilnehmer auf, an einer Pinnwand alle Kleinigkeiten zu sammeln, die sie stören.

Was sind typische Probleme, die auf der Pinnwand landen?

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Hygiene ist immer ein großes Thema. Flaschen, die herumstehen, Schreibtische, die nicht abgewischt werden. Bleistifte, die herumliegen, Pflanzen, die nicht gegossen werden. Zu Hause ärgern die Leute sich über offene Zahnpastatuben. Im Büro ist das Pendant das leere Papierfach im Kopierer. Bei vielen schwingt das Gefühl mit, sie würden alles machen und andere tun nichts.

Manchmal ist das nur ein Gefühl. An der Pinnwand können diese Mitarbeiter dann sehen: Da hängen zehn Moderationskarten von anderen, die auch häufig Kopierpapier nachlegen. Oft landen an der Pinnwand auch private Geschichten. Beispielsweise Klagen darüber, dass andere zu wenig oder zu viel Deodorant verwenden.

Wie können Führungskräfte heikle Themen wie Körpergeruch ansprechen?

So etwas sollte man nur im Zweiergespräch thematisieren. Ich rate, nicht lange um den heißen Brei herumzureden, sondern zum Beispiel jemandem, der zu viel Duft auflegt, kurz und knackig zu sagen: „Mir ist aufgefallen, dass es hier morgens sehr frisch riecht, teilweise auch zu stark.“

Man darf dabei auch aussprechen, dass es ein unangenehmes Thema ist, und sagen: „Ich weiß, das ist ein sehr privates Thema. Vielleicht ist dir das gar nicht bewusst, deswegen wollte ich es einfach einmal ansprechen.“ Das muss nicht bitterernst sein. Man darf dabei humorvoll miteinander umgehen. Mit einem leisen Lächeln. Es darf nur nicht von oben herab rüberkommen.

Sie sprechen von einem „leisen Lächeln“. Wie setzen Führungskräfte das auf?

Es ist immer von Vorteil, wenn eine Führungskraft sich traut, ein wenig Selbstironie zu zeigen. Natürlich sollte man sich nie selbst lächerlich machen. Aber es hilft in Konfliktsituationen, wenn Chefs bereit sind, sich infrage zu stellen und zuzugeben: „Ich bin auch kein Lüftungsprofi oder kein Reinigungsfreak. Ich möchte nur, dass ihr so arbeiten könnt, dass wir unsere Kunden glücklich machen können.“

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Auch bei unangenehmen Themen kann man versuchen, eine nette Atmosphäre aufzubauen und vermitteln: Nichts ist in Stein gemeißelt, lasst uns gucken, wie wir freundschaftlich und professionell damit umgehen können.

Welche Rolle spielen Regeln? Beispielsweise bei typischen Streitthemen wie Hunde im Büro.  

Hunde sind für manche ein absolutes No-Go und für andere ein Muss. Regeln sind hilfreich – solange es Regeln sind, die nicht von oben oder von extern kommen, sondern aus dem Team. Bei der Erarbeitung hilft, im Team ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Grundsätzlich braucht es das Einsehen: Was ich für richtig halte, kann für andere sehr befremdlich sein.

Beim Hundethema ist wichtig zu akzeptieren, dass nicht alle Menschen Hunde mögen. Unternehmer dürfen da auch klarmachen: Mein Unternehmen ist keine Hundepension. Die Führungskraft sollte auch mit den Hundebesitzern klären, was es für sie bedeuten würde, wenn der Hund nicht mehr mitkann.

Mehr dazu: Hunde im Büro: „Heute der Hund und morgen das Hauskrokodil“

Wie ist es mit einem anderen Streitthema: dem Rauchen?

Wenn das Unternehmen einen Betriebsrat hat, hilft es, den bei Themen wie den Raucherpausen einzubeziehen. Das ist ein typischer Fall für Betriebsvereinbarungen. Die Mitarbeitervertretung ist sowieso oft eine Hilfe bei Konfliktthemen wie Rauchen oder Schichtplänen. Regelungen in Form von Vereinbarungen sind für diese Themen gut, weil sie nicht so persönlich sind.

Mehr zum Thema: Rauchen am Arbeitsplatz: Müssen Raucher in der Firma draußen bleiben?

Was müssen Führungskräfte beachten, die mit ihrem Team Regeln für den Büroalltag erarbeiten wollen?

Ich stelle immer die folgenden Fragen: Wie lange haltet ihr die Regeln durch? Was braucht ihr, damit ihr das schafft? Was macht ihr, wenn es schwierig wird? Wie geht ihr damit um, wenn ihr es nicht schafft, die Regeln einzuhalten?

Warum sind diese Fragen wichtig?

Die meisten Teams nehmen sich zu viel vor. Zukünftige Konflikte hängen schon beim Aufstellen von Regeln im Raum, denn der innere Schweinehund wird dazu führen, dass jemand sie bricht. Solange der Konflikt noch nicht da ist, fällt es leichter darüber zu sprechen, wie man miteinander umgehen will, wenn jemand sich nicht an die Vereinbarungen hält.

Ich habe mal ein Team gecoacht, in dem haben viele gern Toffifee gegessen. Die haben einem Kollegen ein Toffifee hingelegt, damit er wusste: Das nächste Mal die Raucherpause etwas kürzer halten. Das hat das Streitthema etwas versüßt. Für dieses Team hat das gut geklappt, weil sie sich die Lösung selbst ausgedacht haben.

Frau Demuth, zum Start ein typisches Beispiel aus dem Zweierbüro: Eine Kollegin lüftet viel, die andere friert leicht. Was tun? Das Schlimmste wäre, wenn beide am Schreibtisch sitzen und sich ärgern. Eine zieht vielleicht sogar demonstrativ den Mantel über und hofft, dass die andere bemerkt, wie unzufrieden sie ist. Bei Konflikten im Büro ist es wichtig, im Gespräch zu bleiben und Unzufriedenheit früh anzusprechen. Wenn die beiden erst nach fünf Jahren darüber reden, wird es schwierig. Weil der Konflikt dann immer größer wird? Erstmal wäre es schade, weil die beiden sich fünf Jahre lang ärgern. Viele Bürostreite haben mal ganz klein angefangen. Irgendwann wird aus einer glimmenden Zigarette ein riesiges Lagerfeuer. Das Problem ist dann nicht mehr nur das offene Fenster, sondern auch die Tasse, die abends stehenbleibt oder die Pflanze, die jemandem nicht gefällt. Konflikte entstehen dort, wo unterschiedliche Wertesysteme aufeinandertreffen – was im Büro jeden Tag geschieht. Über diese unterschiedlichen Vorstellungen müssen Kollegen sich unterhalten. Muss sich die Führungskraft darum kümmern, dass die beiden miteinander reden? Man kann als Chef oder Chefin in solchen Fällen offen fragen: „Ich habe das Gefühl, hier brutzelt es grade ein bisschen. Was ist denn der Grund?“ Die Führungskraft sollte dabei auf Neutralität achten und im Hintergrund bleiben. Man kann sagen: „Ich will euch nicht vorgeben, wie ihr es machen sollt. Ich möchte fragen, was aus eurer Sicht das Beste für euch wäre und überlegen, wie eure Vorstellungen zusammenpassen können.“ Was muss man noch beachten? Was nicht geht ist, dass einer sagt: „Das ist mein Lüftungskonzept und so müssen wir das nun machen.“ Stattdessen kann man Kompromisse suchen: „Ich lüfte, wenn du nicht im Raum bist.“ Manchmal braucht es auch eine ungewöhnliche Lösung. Wir haben schon ganze Büros umgesetzt, sortiert nach Frostbeulen und denen, die viel lüften wollen. Das klingt radikal. Wenn man die Probleme mit etwas Humor angeht, kann man ungewöhnliche Lösungen finden. In meinen Teamcoachings lade zu einer „Meckerrunde“ ein. Ich fordere die Teilnehmer auf, an einer Pinnwand alle Kleinigkeiten zu sammeln, die sie stören. Was sind typische Probleme, die auf der Pinnwand landen? Hygiene ist immer ein großes Thema. Flaschen, die herumstehen, Schreibtische, die nicht abgewischt werden. Bleistifte, die herumliegen, Pflanzen, die nicht gegossen werden. Zu Hause ärgern die Leute sich über offene Zahnpastatuben. Im Büro ist das Pendant das leere Papierfach im Kopierer. Bei vielen schwingt das Gefühl mit, sie würden alles machen und andere tun nichts. Manchmal ist das nur ein Gefühl. An der Pinnwand können diese Mitarbeiter dann sehen: Da hängen zehn Moderationskarten von anderen, die auch häufig Kopierpapier nachlegen. Oft landen an der Pinnwand auch private Geschichten. Beispielsweise Klagen darüber, dass andere zu wenig oder zu viel Deodorant verwenden. Wie können Führungskräfte heikle Themen wie Körpergeruch ansprechen? So etwas sollte man nur im Zweiergespräch thematisieren. Ich rate, nicht lange um den heißen Brei herumzureden, sondern zum Beispiel jemandem, der zu viel Duft auflegt, kurz und knackig zu sagen: „Mir ist aufgefallen, dass es hier morgens sehr frisch riecht, teilweise auch zu stark.“ Man darf dabei auch aussprechen, dass es ein unangenehmes Thema ist, und sagen: „Ich weiß, das ist ein sehr privates Thema. Vielleicht ist dir das gar nicht bewusst, deswegen wollte ich es einfach einmal ansprechen.“ Das muss nicht bitterernst sein. Man darf dabei humorvoll miteinander umgehen. Mit einem leisen Lächeln. Es darf nur nicht von oben herab rüberkommen. Sie sprechen von einem „leisen Lächeln“. Wie setzen Führungskräfte das auf? Es ist immer von Vorteil, wenn eine Führungskraft sich traut, ein wenig Selbstironie zu zeigen. Natürlich sollte man sich nie selbst lächerlich machen. Aber es hilft in Konfliktsituationen, wenn Chefs bereit sind, sich infrage zu stellen und zuzugeben: „Ich bin auch kein Lüftungsprofi oder kein Reinigungsfreak. Ich möchte nur, dass ihr so arbeiten könnt, dass wir unsere Kunden glücklich machen können.“ Auch bei unangenehmen Themen kann man versuchen, eine nette Atmosphäre aufzubauen und vermitteln: Nichts ist in Stein gemeißelt, lasst uns gucken, wie wir freundschaftlich und professionell damit umgehen können. [mehr-zum-thema] Welche Rolle spielen Regeln? Beispielsweise bei typischen Streitthemen wie Hunde im Büro.   Hunde sind für manche ein absolutes No-Go und für andere ein Muss. Regeln sind hilfreich – solange es Regeln sind, die nicht von oben oder von extern kommen, sondern aus dem Team. Bei der Erarbeitung hilft, im Team ein Bewusstsein für die Problematik zu schaffen. Grundsätzlich braucht es das Einsehen: Was ich für richtig halte, kann für andere sehr befremdlich sein. Beim Hundethema ist wichtig zu akzeptieren, dass nicht alle Menschen Hunde mögen. Unternehmer dürfen da auch klarmachen: Mein Unternehmen ist keine Hundepension. Die Führungskraft sollte auch mit den Hundebesitzern klären, was es für sie bedeuten würde, wenn der Hund nicht mehr mitkann. Mehr dazu: Hunde im Büro: „Heute der Hund und morgen das Hauskrokodil“ Wie ist es mit einem anderen Streitthema: dem Rauchen? Wenn das Unternehmen einen Betriebsrat hat, hilft es, den bei Themen wie den Raucherpausen einzubeziehen. Das ist ein typischer Fall für Betriebsvereinbarungen. Die Mitarbeitervertretung ist sowieso oft eine Hilfe bei Konfliktthemen wie Rauchen oder Schichtplänen. Regelungen in Form von Vereinbarungen sind für diese Themen gut, weil sie nicht so persönlich sind. Mehr zum Thema: Rauchen am Arbeitsplatz: Müssen Raucher in der Firma draußen bleiben? Was müssen Führungskräfte beachten, die mit ihrem Team Regeln für den Büroalltag erarbeiten wollen? Ich stelle immer die folgenden Fragen: Wie lange haltet ihr die Regeln durch? Was braucht ihr, damit ihr das schafft? Was macht ihr, wenn es schwierig wird? Wie geht ihr damit um, wenn ihr es nicht schafft, die Regeln einzuhalten? Warum sind diese Fragen wichtig? Die meisten Teams nehmen sich zu viel vor. Zukünftige Konflikte hängen schon beim Aufstellen von Regeln im Raum, denn der innere Schweinehund wird dazu führen, dass jemand sie bricht. Solange der Konflikt noch nicht da ist, fällt es leichter darüber zu sprechen, wie man miteinander umgehen will, wenn jemand sich nicht an die Vereinbarungen hält. Ich habe mal ein Team gecoacht, in dem haben viele gern Toffifee gegessen. Die haben einem Kollegen ein Toffifee hingelegt, damit er wusste: Das nächste Mal die Raucherpause etwas kürzer halten. Das hat das Streitthema etwas versüßt. Für dieses Team hat das gut geklappt, weil sie sich die Lösung selbst ausgedacht haben.
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