Inhalt: Darum geht's in diesem Beitrag
- Die Dunkle Triade der Persönlichkeit: Was ist das?
- Narzisstische Persönlichkeiten
- Machiavellistische Persönlichkeiten
- Psychopathische Persönlichkeiten
- Findet sich die Dunkle Triade vermehrt bei Führungskräften?
- Die Dunkle Triade in der Personalauswahl: Gibt es Warnzeichen oder Tests?
- Persönlichkeiten der Dunklen Triade im Team: Was kann ich tun?
- Fazit zur Dunklen Triade im Berufskontext
Am 15. September 2008 stand die Weltwirtschaft still. Der Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers brachte das globale Finanzsystem ins Wanken: Kredite versiegten, Zinssätze explodierten und Millionen Menschen verloren Vermögen und Jobs. Staaten mussten Milliarden aufbringen, um das Schlimmste zu verhindern. Im Zentrum dieses Desasters: Richard Fuld, CEO von Lehman Brothers. Seine skrupellosen Entscheidungen und mangelnde Reue trieben die Welt in die Krise. „Fuld ist ein Prototyp der Dunklen Triade“, erklärt Wirtschaftspsychologe Moritz Keil. Ein perfektes Beispiel für Führungskräfte, die durch Gier und Risikofreude ganze Unternehmen ruinieren.
Die Dunkle Triade der Persönlichkeit: Was ist das?
„Die Dunkle Triade umfasst drei Persönlichkeitsmerkmale: Narzissmus, Psychopathie und Machiavellismus“, erklärt Moritz Keil. Diese Merkmale treten häufig gemeinsam auf. „Wenn eine Person eine der Eigenschaften zeigt, ist es relativ wahrscheinlich, dass die anderen beiden auch vorhanden sind.“
Narzisstische Persönlichkeiten
Narzissmus zeigt sich in einem ständigen Wechsel zwischen Überheblichkeit und Unsicherheit. Narzisstinnen und Narzissten halten sich für besonders wichtig, sind innerlich aber oft sehr unsicher. Sie haben ein großes Bedürfnis nach Bewunderung und streben danach, in jeder Situation die Oberhand zu behalten. Dabei zeigen sie oft ein übertriebenes Anspruchsdenken.
Typische Aussagen von Narzisstinnen und Narzissten:
- „Ich erteile anderen gerne Anweisungen.“
- „Ich bin fähiger als andere Leute.“
- „Ich wünschte, jemand würde eines Tages meine Biografie schreiben.“
Machiavellistische Persönlichkeiten
Machiavellismus beschreibt eine manipulative und zynische Persönlichkeit. Machiavellistische Menschen haben wenig Mitgefühl und sind moralisch flexibel. „Sie sind ‚soziale Chamäleons‘ und können sich hervorragend anpassen“, sagt Keil.
Typische Aussagen von Machiavellistinnen und Machiavellisten:
- „Im Umgang mit Menschen ist es am besten, ihnen das zu sagen, was sie hören wollen.“
- „Es ist nicht so wichtig, wie man gewinnt, sondern dass man gewinnt.“
- „Meistens ist es günstiger, seine wahren Absichten für sich zu behalten.“
Psychopathische Persönlichkeiten
Psychopathie tarnt sich oft hinter Selbstsicherheit. Psychopathische Personen sind risikofreudig, stressresistent und oft frei von Mitgefühl. „Die impulsive Natur dieser Menschen kann zu gefährlichen Entscheidungen führen – besonders, wenn sie in Machtpositionen gelangen“, warnt Keil.
Typische Aussagen von Psychopathinnen und Psychopathen:
- „Ich kümmere mich immer zuerst um meine eigenen Interessen, bevor ich an die anderer denke.“
- „Auch wenn andere wütend auf mich sind, kann ich sie meist mit meinem Charme für mich gewinnen.“
- „Manchmal hinterfrage ich Autoritätspersonen nur aus Spaß.“
„Die drei Persönlichkeitsmerkmale teilen einen antisozialen Kern“, erklärt Keil. Dieser Kern zeigt sich durch emotionale Kälte, ausgeprägten Egoismus und Selbstgerechtigkeit.

Findet sich die Dunkle Triade vermehrt bei Führungskräften?
Dunkle Persönlichkeitseigenschaften können in bestimmten Umfeldern zum beruflichen Erfolg beitragen. Der Anteil von Menschen mit ausgeprägten psychopathischen Eigenschaften ist unter Führungskräften höher als in der allgemeinen Bevölkerung. „Wir haben in Managementetagen je nach Quelle drei bis acht Prozent Personen mit höherer Ausprägung in Psychopathie“, sagt Keil. In der Normalbevölkerung liege der Anteil bei ein bis zwei Prozent.
Das destruktive Potenzial dieser Menschen wird häufig erst sichtbar, wenn sie Verantwortung tragen. „Machiavellisten sind Meister darin, soziale Normen zu erkennen und sich anzupassen. Sie können jahrelang neben einem arbeiten, ohne dass ihre Manipulation auffällt“, erläutert Keil. Besonders im Finanzwesen seien solche Persönlichkeiten überrepräsentiert, da ihre kalte, risikofreudige Art schnelle Erfolge bringt. Aber auch im sozialen Bereich nutzen sie den Kontakt zu Hilfsbedürftigen als Bühne für Bewunderung und Macht.
Die Dunkle Triade in der Personalauswahl: Gibt es Warnzeichen oder Tests?
Die Dunkle Triade zu erkennen ist nicht leicht. Menschen mit diesen Eigenschaften wirken im Bewerbungsgespräch oft charmant – doch dahinter können gefährliche Persönlichkeitszüge lauern. Keil empfiehlt, auf Verhaltensmuster wie Dominanz und übertriebenes Anspruchsdenken zu achten. Strukturierte Interviews und das Hinterfragen des Bauchgefühls sind entscheidend. Bei besonders kritischen Positionen sollte eine professionelle Diagnostik eingesetzt werden. „Es mag zunächst teuer erscheinen, aber eine Fehlbesetzung kann langfristig viel mehr kosten“, warnt Keil.
Professionelle Diagnostik umfasst wissenschaftliche Tests, die Verhaltensmuster und Charaktereigenschaften prüfen. „Ein hilfreiches Mittel sind Integritätstests,“ sagt Keil. Diese Tests liefern Schwellenwerte, die klare Hinweise auf problematisches Verhalten geben.
„Zeigen Kandidaten bei Ehrlichkeit oder Risikobereitschaft bedenkliche Ergebnisse – je nach Branche unterschiedlich gewichtet – ist Vorsicht geboten.“ Gleichzeitig können in bestimmten Fällen, wie etwa im Vertrieb, leichte narzisstische Züge sogar vorteilhaft sein. Auch Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen oder Stressresistenz können in bestimmten Situationen hilfreich sein. „Aber man sollte den antisozialen Kern nicht vergessen“, sagt Keil. Was einem Einzelnen zum beruflichen Erfolg verhelfe, ist für alle anderen Beteiligten nicht unbedingt vorteilhaft.
Interessierte können einen Selbsttest zur Dunklen Triade auf der Webseite der Uni Ulm absolvieren. „Der Test liefert zwar keinen differenzierten Einblick in die drei dunklen Eigenschaften, kann aber einen ersten Hinweis auf generelle Tendenzen im Bereich Integrität und negative Persönlichkeitseigenschaften geben“, erklärt Keil. Für eine genauere Diagnose der Dunklen Triade sind umfassendere Testverfahren erforderlich.
Persönlichkeiten der Dunklen Triade im Team: Was kann ich tun?
Moritz Keil betont: „Eine Persönlichkeit bleibt mittelfristig stabil und lässt sich nur schwer ändern.“ Besonders ausgeprägte Tendenzen bleiben bestehen, es sei denn, die Person will aktiv an sich arbeiten. „Ohne den Willen zur Veränderung ist jede Maßnahme vergeblich.“
Doch es gibt Wege, mit der Dunklen Triade im Berufskontext besser umzugehen. „Transparenz ist der Schlüssel“, sagt Keil. Persönlichkeiten der Dunklen Triade gedeihen oft in intransparenten Strukturen, in denen sie unkontrolliert agieren können. Ein System klarer Regeln, Sanktionen und Belohnungen kann helfen, das Verhalten zu steuern. „Führungskräfte müssen klare Rahmenbedingungen schaffen und dafür sorgen, dass Regelverstöße konsequent geahndet werden.“
Gleichzeitig rät Keil, Feedback vorsichtig und wertschätzend zu formulieren. „Gerade bei narzisstischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ist eine klare, aber nicht herabwürdigende Ansprache wichtig. Sie müssen die Konsequenzen ihres Verhaltens verstehen, ohne sich gekränkt zu fühlen, was sonst aggressive Abwehrreaktionen hervorrufen könnte.“
Fazit zur Dunklen Triade im Berufskontext
Gerade in Schlüsselpositionen sollten Unternehmen besonders aufmerksam sein und auf die kleinen, oft versteckten Anzeichen achten. Bauchgefühl allein reicht nicht aus. Keil warnt: „Eine fundierte Diagnostik ist unerlässlich, um die Zukunft eines Unternehmens zu sichern.“ Charme und Erfolg können täuschen – Menschen mit der Dunklen Triade wirken oft überzeugend, richten aber langfristig Schaden an.
Moritz Keil ist Wirtschaftspsychologe und Mitautor des Buches "Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie in Organisationen". Er berät Firmen und Organisationen und führt psychologische Diagnostik in Einstellungsverfahren durch.
Kai Externbrink, Moritz Keil: Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie in Organisationen. Springer Verlag, 44,99 Euro.
