Empathielose Menschen
So reagieren Sie richtig auf fehlende Empathie im Team

Wer die Bedürfnisse seiner Kollegen nicht erkennt, schadet dem Arbeitsklima und der Teamdynamik. Vorgesetzte sollten daher schnell auf empathielose Menschen reagieren. Zwei Expertinnen erklären, wie.

Aktualisiert am 8. November 2024, 12:13 Uhr, von Mona Eichler

Zwei Seiten auf denen jeweils ein Kopf r zu sehen ist. Ein Kopf hat ein Gehirn und der andere ein Herz "im Kopf".
Der Arbeitsalltag mit empathielosen Menschen ist eine Herausforderung.
© Carol Yepes / Moment / Getty Images

Empathielose Menschen treten im Job an ganz unterschiedlichen Stellen in Erscheinung: Als Teamleiter, der an viel zu knapp gesetzten Deadlines festhält. Als Chefin, die eine erkrankte Kollegin zu Hause anruft, um Projektinformationen zu erfragen. Oder als Kollege, der die Bitte um Tipps vor einer Präsentation mit einem verletzenden „Vielleicht ist das einfach der falsche Job für dich“ zurückweist.

Victoria Berg und Catharina Janz von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf forschen unter anderem zu den Themen Narzissmus im Unternehmen und Empathie von Führungskräften. Sie erklären, wie man Menschen mit fehlender Empathie – im Idealfall schon im Vorstellungsgespräch – erkennt. Zusätzlich geben sie Tipps, wie ein Mangel an Empathie im Team gezielt adressiert werden kann, um Frust und schlechte Stimmung zu verhindern.

Wie verhalten sich empathielose Menschen?

Empathie ist die Fähigkeit, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen, während man sich zeitgleich getrennt von der anderen Person wahrnimmt. „Das bedeutet, dass Sie in der Lage sind, zu verstehen, wie sich die andere Person in einer bestimmten Situation fühlt – nicht, wie Sie sich selbst darin fühlen würden“, erklärt die Beraterin und Empathie-Forscherin Catharina Janz.

Empathielosen Menschen gelingt es im Umkehrschluss nicht, die Gefühle, Befindlichkeiten und das persönliche Umfeld ihres Gegenübers zu berücksichtigen. Sie sind kontextblind und können Situationen lediglich anhand ihrer eigenen Emotionen und Erfahrungen abwägen. In der Folge wirken sie oft streng, unnachgiebig und wenig offen für Kompromisse. Darunter können die Teamdynamik und die Mitarbeiterzufriedenheit leiden.

Ein Beispiel: Ein Mitarbeiter einer Werbeagentur macht seit Kurzem eine Krise durch, weil seine Mutter schwer erkrankt ist. In der Folge ist er häufig unkonzentriert, arbeitet langsamer und äußert den Wunsch, Aufgaben vorübergehend abzugeben, um sich mehr um sie kümmern zu können. Statt dies in die Planung einzubeziehen, hält seine Teamleiterin an den bisherigen Aufgaben des Mitarbeiters fest. Sie ist überzeugt davon, dass eine Erkrankung ihrer eigenen Mutter bei ihr selbst nicht zu einem Leistungseinbruch führen würde. Deswegen sieht sie keine Notwendigkeit darin, den persönlichen Kontext ihres Mitarbeiters zu berücksichtigen. Für den Mitarbeiter wird das zur Belastungsprobe, seine Zufriedenheit im Job sinkt – und damit auch seine Motivation und Leistung.

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Empathie als Kernkompetenz für Führungskräfte

In der Arbeitswelt ist Empathie als Schlüsselkompetenz längst angekommen, so Victoria Berg: „Eine Metastudie, veröffentlicht in der Harvard Business Review 2022, bei der über 5.000 Stellenbeschreibungen für die obere Führungsebene ausgewertet wurden, hat gezeigt, dass Empathie – neben anderen Social Skills – explizit gesucht wird und über die Zeit immer wichtiger wurde.“

Empathielose Menschen erkennen: Im Bewerbungsgespräch

Die Empathiefähigkeit eines Menschen können Sie bereits im Bewerbungsgespräch herausarbeiten. Catharina Janz rät, den Bewerber oder die Bewerberin vergangene Arbeitssituationen reflektieren zu lassen und gezielt diese beiden Fragen zu stellen:

• Wie haben Sie reagiert, als ein Teammitglied eine Meinung äußerte, die stark von Ihrer abwich?
• Mussten Sie schon einmal eine schwierige Entscheidung treffen, bei der Sie die Bedürfnisse mehrerer Personen einbeziehen mussten? Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Zusätzlich zu dieser Reflexion können durch kurze Rollenspiele im Bewerbungsgespräch authentische Situationen entstehen, anhand derer Sie einen eventuellen Mangel an Empathie einschätzen können. „Lassen Sie eine Situation nachspielen, bei der es darum geht, die Stimmung, Gefühle und Bedürfnisse des Gegenübers zu erkennen und in Führungsentscheidungen bei Bedarf mit zu bedenken“, sagt Victoria Berg, Management-Forscherin und selbst Unternehmerin. Das Beispiel der Teamleiterin, die strikt an den Aufgaben des Mitarbeiters festhält, obwohl dieser eine private Krise erlebt, eignet sich hier.

Nicht empathische Menschen erkennen: Im alltäglichen Gespräch

Natürlich bietet nicht nur das Vorstellungsgespräch die Möglichkeit, nicht-empathische Menschen zu erkennen. Laut Victoria Berg gibt es eine ganz alltägliche Situation am Arbeitsplatz, die aufschlussreich sein kann: die Mittagspause.

„Achten Sie beim Mittagessen oder gemeinsamen Kaffee darauf, wie viel eine Person über sich selbst spricht und wie gut sie zuhören kann. Ständiges Senden – fernab vom Vorstellungsgespräch, wo es verlangt wird – kann ein erster kleiner Indikator für Empathielosigkeit sein“, sagt die Expertin.

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So gehen Sie mit einem Mangel an Empathie um

Im Arbeitsalltag kann der Umgang mit empathielosen Menschen frustrierend und stressig sein. Die beiden Expertinnen geben drei konkrete Tipps, wie Chefinnen und Chefs reagieren können:

  1. Paraphrasieren: Die gehörte Aussage des Gegenübers in eigenen Worten wiedergeben, kann helfen, Missverständnissen vorzubeugen – nicht nur bei empathielosen Menschen. „Durch das Paraphrasieren lernen Sie, aktiver zuzuhören und die Botschaften des Anderen wirklich zu verstehen“, betont Victoria Berg.
  2. Aktives Feedback unter vier Augen: Nehmen Sie sich die Zeit, mit Ihren Mitarbeitenden zu sprechen und deren Aussagen zu hinterfragen. Wie beim Paraphrasieren werden so Missverständnisse aus dem Weg geräumt.
  3. Gemeinsame Veränderungsstrategien entwickeln: Beziehen Sie die (vermeintlich) nicht empathische Person in die Lösung mit ein, nachdem Sie ihr die Auswirkungen ihres Verhaltens deutlich gemacht haben.

Empathie kann man auch im Erwachsenenalter noch lernen. Das können sich Vorgesetzte zunutze machen. „Sinnvoll ist es, Empathiefähigkeit im kompletten Team zu trainieren“, rät Berg. Workshops, Seminare, Trainings und Vorträge zu folgenden Themen bieten passende Inhalte:

• Perspektivwechsel
• Kommunikation im Job
• Richtig und aktiv zuhören
• Richtig fragen
• Mitarbeiterführung

Keine Empathie: So sprechen Sie es an

Sticht eine Person trotz Workshops und Seminaren mit einem eindeutigen Mangel an Empathie im Team hervor, rät Catharina Janz zu einem vertraulichen Mitarbeitergespräch. Dabei sollten Vorgesetzte so konkret wie möglich argumentieren.

„Der Fokus muss auf den einzelnen Situationen und den daraus resultierenden Auswirkungen für das Team oder die Arbeit liegen“, betont Janz. „Je konkreter die genannten Beispiele sind, desto eher wird das Gegenüber verstehen, worum es geht. Fehlende Empathie als Vorwurf ist hier kaum zielführend.“

Beispiel: Statt der Abteilungsleiterin zu sagen „Jana, Du verhältst dich immer so wenig empathisch“, lieber konkret ausführen: „Letzten Mittwoch, als Karl im Teammeeting erzählt hat, dass ihm seine Aufgaben über den Kopf wachsen und er wahnsinnig gestresst ist, hast du gesagt: ‚Dann musst du halt schneller arbeiten‘. Hast du gemerkt, wie entsetzt die anderen geguckt haben? Karl hatte Tränen in den Augen. Das baut wahnsinnigen Druck auf ihn und das Team auf.“

Können Vorgesetzte Empathie outsourcen?

Geht es um Empathie am Arbeitsplatz, stehen Chefinnen und Chefs im Fokus. Sie sind es, die die Fäden in der Hand halten und deswegen ein hohes Maß an Empathie aufweisen sollten. Doch was, wenn sie feststellen – oder von Mitarbeitenden darauf hingewiesen werden – dass sie selbst nicht besonders empathisch sind?

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„Können Sie als Führungskraft sich eingestehen, dass Empathie – noch – nicht Ihre größte Stärke ist, und erkennen Sie, dass jemand aus Ihrem Team diese Fähigkeit mitbringt, dann ist es sinnvoll, diese Person direkt mit dem Thema zu betrauen“, sagt Catharina Janz. „Kommen kritische Themen auf, kann die Person sie aufnehmen, an Sie herantragen und im Dialog mit Ihnen lösen.“

Wählen Sie jemanden aus, der von vornherein gut vernetzt ist im Team: „Wichtig ist, dass die Person mit dem starken empathischen Vermögen guten Kontakt zu allen im Team hat.“

Hinterfragen, warum empathielose Menschen sich so verhalten

Sich nicht in andere hineinversetzen zu können, sollte nicht zu einem Kündigungsgrund für Arbeitgeber werden. Wichtig ist stattdessen, empathieloses Verhalten bei sich selbst oder im Team zu hinterfragen. Denn Empathie ist auch abhängig von den individuellen Energieressourcen einer Person. „Sie müssen solide aufgestellt sein, um sich auf die Bedürfnisse anderer einlassen zu können. Wenn Ihr Akku leer und Ihr Stresslevel hoch ist, kann Ihr Empathievermögen temporär vermindert sein“, erklärt Catharina Janz.

Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber müssen die Frage klären, ob eine Person grundsätzlich nicht empathisch sein kann oder sie es aktuell nicht schafft. Victoria Berg: „Kann sie es nicht, setzen Sie mit Trainings oder Workshops an. Schafft sie es nicht, weil sie gerade so viele To-dos hat, dass sie es kognitiv nicht leisten kann, dann helfen eher Entlastungen, ein offenes Gespräch, eine Umstrukturierung der Aufgaben oder etwas Ähnliches.

Denn: Wenn ich selbst mit Gedanken so beschäftigt und überlastet bin, habe ich wenig bis gar keine Kapazität, mich überhaupt in andere hineinversetzen zu können. Wir müssen uns erst selbst Kapazität verschaffen, bevor wir diese für andere aufwenden können.“

Während also empathielose Menschen für den Lebenskontext anderer blind sind, ist es wichtig, sie selbst immer in ihrem Kontext zu sehen.

Empathiefähigkeit ist kein starrer Charakterzug

Hinzukommt, dass Empathie – und damit auch fehlende Empathie – kein stabiler Charakterzug ist, der in der Kindheit zementiert wird. „Es gibt Studien, die davon ausgehen, dass Empathie maximal drei Jahre als stabil betrachtet werden kann und sich spätestens danach weiterentwickelt“, sagt Catharina Janz.

Laut einer dieser Studien zweier amerikanischer Empathie-Forschern aus dem Jahr 1991 steigt über die Jahre die Tendenz, Perspektivwechsel einzugehen und Mitgefühl zu entwickeln. Während die Tendenz, durch das Einfühlen in andere Menschen selbst Stress zu empfinden, abnimmt. „Daraus können wir im weitesten Sinne ableiten, dass das Empathievermögen steigt und wir sogar besser darin werden, weil wir uns besser abgrenzen können“, sagt Catharina Janz.

Der Umgang mit empathielosen Menschen im Berufsalltag sollte also stets transparent und direkt stattfinden, damit statt Frust eine Chance zur persönlichen Weiterentwicklung entsteht.

Quellen:

Unsere Expertinnen:
Victoria Berg, Frank TrompetterDr. Victoria Berg: Dr. Victoria Berg baut die Brücke zwischen Forschung und Praxis: Sie forscht und lehrt zu Management-, Führungs-, und Innovationsthemen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Als Gründerin von 8forward bringt sie die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, Erkenntnisse aus dem Spitzensport und Best Practices in ihrer Arbeit der Organisations- und Führungskräfteentwicklung, Keynotes und Executive-Coaching in die Praxis.
Catharina Janz, AmbrosiaArt PhotographyCatharina Janz: Catharina Janz forscht zu Führungsstilen im Management-Kontext an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Dabei untersucht sie insbesondere empathisches Verhalten von Führungskräften. Sie verbindet dabei die akademischen Erkenntnisse mit ihrer Erfahrung als Beraterin in einer internationalen Strategieberatung.

The C-Suite Skills That Matter Most, in: HARVARD BUSINESS REVIEW, Abrufdatum 21.10.2024

Stability and change in adolescent self-consciousness and empathy, in ScienceDirect, Abrufdatum 21.10.2024

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