Kündigungsgründe für Arbeitgeber
Schluss, Aus, Ende! Was Arbeitgeber zu Gründen für Kündigungen wissen sollten

Wer Angestellte entlassen und Kündigungsschutzverfahren vermeiden will, muss wissen, welche Kündigungsgründe für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen zulässig sind. Ein Überblick mit Beispielen.

Aktualisiert am 17. Oktober 2024, 09:06 Uhr, von Kathrin Halfwassen, Redakteurin

Person, die einen Karton mit Büroartikeln in den Händen hält, vor einer pinken Wand.
Bei Entlassungen haben beide Seiten ihr Päckchen zu tragen - Arbeitgeber müssen zulässige Kündigungsgründe finden.
© Westend61 / GettyImages

Einfach Schluss machen? Unter Teenagern schnell erledigt. Wollen sich aber Arbeitgeber von Arbeitnehmern trennen, wird es deutlich schwieriger. Denn nicht alle vermeintlich zulässigen Entlassungen haben vor Gericht auch Bestand. Das Wichtigste zu Kündigungsgründen für Arbeitgeber.

Die Basis: Was sind Kündigungsgründe eigentlich – und warum sind sie nötig?

Einen Angestellten vor die Tür setzen, weil dieser drei Flüchtigkeitsfehler gemacht hat und irgendwie nervt? Oder umgekehrt als Mitarbeiterin fristlos kündigen, weil die Chefin die Beförderung abgelehnt hat? „Solche willkürlichen Kündigungen sind in Deutschland nicht erlaubt“, sagt Kathrin Bürger, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin der Kanzlei Seitz in München und Frankfurt. „Um die Rechte von Beschäftigten – und auch Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen – bestmöglich zu schützen, braucht es daher für Entlassungen grundsätzlich einen Kündigungsgrund, also einen rechtlich anerkannten Anlass.“

Ausnahmefall: Entlassen ohne konkreten Anlass

Kündigen ohne Grund ist nur in Ausnahmefällen möglich. Etwa dann, wenn Arbeitnehmende in einem Kleinbetrieb mit maximal zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigt sind. Denn dann greift das Kündigungsschutzgesetz (KschG) nicht. Stattdessen gelten die speziellen Regelungen zum Kündigungsschutz im Kleinbetrieb.

Ebenfalls nicht unter die Regelungen des KSchG fallen Beschäftigte, die seit höchstens sechs Monaten im Betrieb arbeiten. „In dieser sogenannten Wartezeit brauchen sich Arbeitgeber über den Kündigungsgrund keine Gedanken zu machen: Es gelten dann die gleichen Regeln wie im Kleinbetrieb. Egal wie groß das Unternehmen tatsächlich ist und ob die Probezeit auch wirklich sechs Monate dauert“, sagt Expertin Bürger.

Ordentliche Kündigung: Welcher Grund rechtfertigt eine Entlassung mit Kündigungsfrist?

Das Kündigungsschutzgesetz schreibt vor: Eine Kündigung muss „sozial gerechtfertigt“ sein. Dies ist dann gegeben, wenn sie bedingt ist durch „Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen“ (KSchG, § 1).

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Daraus ergeben sich die drei möglichen Formen einer ordentlichen Kündigung:

Doch welche Kündigungsgründe gibt es für Arbeitgeber? Und welche sind sozial gerechtfertigt, so dass sie entsprechende Entlassungen erlauben? Ein Überblick.

Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung

„Die verhaltensbedingte Kündigung ist die häufigste in Deutschland“, erklärt Arbeitsrechtlerin Bürger. Sie ist zulässig, wenn Beschäftigte sich schuldhaft verhalten und eine Weiterbeschäftigung dadurch unzumutbar wird. Wie etwa in den folgenden Fällen:

  • Eine Mitarbeiterin erbringt die vertraglich vereinbarte Leistung nicht, da sie Aufgaben wiederholt unfertig abgibt, immer wieder unentschuldigt fehlt oder die Arbeit sogar verweigert.
  • Ein Mitarbeiter stört die betriebliche Ordnung, etwa, indem er wiederholt Kollegen oder Vorgesetzte beleidigt oder sich dem Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz widersetzt.
  • Ein Teammitglied zerstört das Vertrauensverhältnis, etwa, indem es stiehlt, nachgewiesenermaßen krankfeiert oder nebenbei für die Konkurrenz arbeitet.

Gründe für eine personenbedingte Kündigung

Jemand kann aufgrund persönlicher Eigenschaften oder Fähigkeiten nicht mehr die vereinbarte Leistung erbringen – und daran wird sich in der Zukunft wahrscheinlich nichts mehr ändern? Dann liegen personenbedingte Kündigungsgründe vor. Zum Beispiel in diesen Fällen:

  • Ein Mitarbeiter verliert für lange Zeit seinen Führerschein und kann daher nicht mehr die üblichen Aufgaben erledigen.
  • Eine Mitarbeiterin verliert ihre Arbeitserlaubnis.
  • Ein Teammitglied begeht eine Straftat und muss für längere Zeit ins Gefängnis.
  • Ein Mitarbeiter ist aufgrund einer Erkrankung so beeinträchtigt, dass er im Durchschnitt maximal zwei Drittel seiner Normalleistung erbringen kann.
  • Eine Mitarbeiterin ist für mindestens sechs Wochen im Jahr (oder immer wieder für kurze Zeit) krank. Es ist davon auszugehen, dass dies auch in Zukunft so weitergehen wird, sodass das Unternehmen nicht mit der Mitarbeiterin planen kann.

„Was Arbeitgeber zum Kündigungsgrund Krankheit wissen sollten: Kommt es zu einem Kündigungsschutzverfahren, müssen Arbeitgebende eine ‚negative Gesundheitsprognose‘ belegen“, erklärt Arbeitsrechtlerin Bürger. Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen pro Jahr allein genügten etwa nicht für eine Kündigung wegen Krankheit. Vielmehr müssten Arbeitgebende Indizien vorlegen, die klarmachen, dass jemand auch in Zukunft immer wieder oder längerfristig krankheitsbedingt ausfallen dürfte.

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Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung

Um jemanden betriebsbedingt entlassen zu können, müssen laut Kündigungsschutzgesetz „dringende betriebliche Erfordernisse“ vorliegen – also wirtschaftliche Umstände, die einen Arbeitsplatzabbau objektiv rechtfertigen. Ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung könnte sein:

  • Konkurs,
  • Einschränkungen oder Schließungen des Betriebs oder bestimmter Abteilungen,
  • effizientere Produktionsmethoden,
  • Auftrags- und Umsatzrückgänge,
  • mangelnde Rentabilität,
  • Wegfall von Drittmitteln.

Typische Kündigungsgründe für Arbeitgeber in der Übersicht:

Grafik mit einer Übersicht zu möglichen Gründen für eine ordentliche Küdnigung© Robert Beckers / impulse

Außerordentliche Kündigung: Welcher Grund rechtfertigt eine sofortige Entlassung?

Eine außerordentliche fristlose Kündigung wird wirksam zu dem Zeitpunkt, an dem Beschäftigte sie erhalten. Laut § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist diese nur dann zulässig, wenn es einen „wichtigen Grund“ gibt. Also „Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden […] die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist […] nicht zugemutet werden kann.“

Personenbedingte und betriebsbedingte Gründe rechtfertigen eine fristlose Kündigung nur in Ausnahmefällen. Etwa bei Personengruppen, die nicht ordentlich kündbar sind und bei denen daher sowieso nur eine außerordentliche fristlose Kündigung in Betracht kommt – wie beispielsweise bei Betriebsrat-Mitgliedern.

Der Regelfall sind verhaltensbedingte Kündigungsgründe für eine fristlose Entlassung. Bei ihr muss laut BGB der Einzelfall geprüft werden. Entsprechend liegt es immer wieder bei Arbeitsgerichten, darüber zu entscheiden, welche Kündigungsgründe eine fristlose Entlassung rechtfertigen. Laut Rechtsprechung ist dies etwa dann der Fall, wenn Beschäftigte

  • ausländerfeindliche Äußerungen tätigen,
  • Kollegen oder Vorgesetzte beleidigen oder üble Nachrede betreiben,
  • Kollegen vorsätzlich verletzen,
  • schweren Diebstahl begehen,
  • Geschäftsgeheimnisse verraten.

Sonderfall Verdachtskündigung

Haben Arbeitgebende den Verdacht, Beschäftigte könnten eine schwere Pflichtverletzung oder Straftat begangen haben, kann allein das eine außerordentliche Kündigung, eine sogenannte Verdachtskündigung, rechtfertigen. Etwa, wenn in einem Restaurant regelmäßig abends Geld in der Kasse fehlt und alle Indizien auf einen bestimmten Mitarbeiter hindeuten.

„In solch einem Fall müssen Arbeitgebende ihren Verdacht noch nicht beweisen können. Allerdings müssen die Verdachtsmomente so schwerwiegend sein, dass sie das Vertrauensverhältnis zerstören – und es dadurch unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen“, sagt Arbeitsrechtlerin Bürger.

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Sonderfall: fristlose Kündigung durch Arbeitnehmende

Auch wenn es selten vorkommt, so gibt es bestimmte Situationen, in denen auch Arbeitnehmende fristlos kündigen können. Das ist etwa dann der Fall, wenn

  • Arbeitgebende den Lohn nicht zahlen,
  • Arbeitgebende Vorschriften zum Arbeitsschutz nicht beachten,
  • Arbeitgebende Ehrverletzungen wie etwa sexuelle Belästigungen begehen,
  • Arbeitgebende wiederholt zustehenden Urlaub unberechtigterweise verweigern,
  • Beschäftigte am Arbeitsplatz gemobbt werden,
  • am Arbeitsplatz unzumutbare Arbeitsbedingungen herrschen, wie etwa Dauerlärm – und diese nicht verbessert werden.

Müssen Kündigungsgründe von Arbeitgebern immer mitgeteilt werden?

Für eine Kündigung braucht es die Schriftform, eine Kündigung per E-Mail ist nicht erlaubt. Aber: Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sind nicht dazu verpflichtet, in dem Schreiben zu erklären, warum sie kündigen. Mit wenigen Ausnahmen: „In manchen Tarifverträgen ist diese Verpflichtung aufgenommen. Auch bei Mitarbeiterinnen im Mutterschutz sowie bei Auszubildenden muss beispielsweise ein Kündigungsgrund angegeben werden“, sagt Anwältin Bürger.

Von sich aus erklären, warum man jemandem kündigt – davon rät die Expertin ab. „Zum einen bringt es niemanden weiter. Zum anderen unterstelle ich: Alle, die gekündigt werden, wissen, warum das geschieht. Wenn ich ganz oft krank bin oder etwas gestohlen habe, dann ist mir doch klar, dass das der Grund für die Kündigung gewesen sein wird“, so Bürger weiter. Zudem könne es mögliche Kündigungsschutzverfahren erschweren, sich mit dem Schreiben auf Gründe festzulegen.

Welche Fallstricke bei Kündigungsgründen sollten Arbeitgeber beachten?

Anwältin Bürger zufolge gibt es drei Hauptprobleme, die das Risiko erhöhen, dass eine Kündigung unwirksam ist.

Fallstrick 1: Die Arbeitnehmerfreundlichkeit des Kündigungsrechts unterschätzen

„Es gibt Hunderte Gründe, jemanden zu entlassen. Aber in der Praxis liegt bei jedem einzelnen Grund die Hürde sehr hoch, dass er für eine wirksame Kündigung auch wirklich reicht“, so Bürger. Ein paar Mal zu spät kommen, einmal stehlen, im Jahr acht Wochen krank sein – all das etwa genüge nicht für eine wirksame Kündigung.

„Daher sollten Sie genau prüfen, am besten mit anwaltlicher Hilfe, ob etwa bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen das Dienstverhältnis wirklich so belastet ist, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wäre“, rät Bürger. Passiere das nicht, würden Arbeitsgerichte eine Kündigung häufig für unwirksam erklären. „Und dann müssen Sie die Kündigung zurücknehmen – oder sich mit einer Abfindung freikaufen, um nicht nur den Rechtsstreit zu erledigen, sondern auch das Arbeitsverhältnis zu beenden.“

Fallstrick 2: Vergessen, den Betriebsrat über die Gründe für Kündigungen zu informieren

Gibt es einen Betriebsrat, haben Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber die Pflicht, diesen über die Kündigungsgründe zu unterrichten – und zwar umfassend. „Viele haben das nicht auf dem Zettel, weil sie im Kündigungsschreiben an die Beschäftigten selbst dazu nichts erklären müssen“, sagt Arbeitsrechtlerin Bürger.

Fallstrick 3: Sich nicht ausreichend für mögliche Kündigungsschutz-Prozesse wappnen

Unternehmen haben in einem Kündigungsschutzprozess die Beweislast für ein mögliches Fehlverhalten, das zur Kündigung geführt hat. „Wenn Sie also beispielsweise dem Betriebsrat erklären, ein Angestellter habe dreimal geklaut, dann müssen Sie auch alle drei Vorgänge belegen können“, so Expertin Bürger.

Passiere das nicht und man informiere nur über zwei Gründe, dann könne man den dritten Vorfall vor Gericht nicht verwenden. „Sollte es aber genau darauf ankommen, kann der Kündigungsgrund damit insgesamt wegbrechen“, erklärt die Arbeitsrechtlerin.

Quelle:

gesetze-im-internet.de, eine Website des Bundesministeriums der Justiz; abgerufen am 10.10.2024

Die Expertin
Kathrin BürgerDr. Kathrin Bürger ist Partnerin der Kanzlei Seitz in München und Frankfurt und Mitglied der Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Universität Würzburg und machte in New York ihren Master. Seit 2021 wird die Arbeitsrechtlerin in der weltweiten Datenbank "Best Lawyers" geführt.
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