Narzisstische Mitarbeiter führen
Diese 5 goldenen Regeln helfen beim Umgang mit Narzissten im Team

Narzisstische Mitarbeiter führen, das ist nicht leicht, aber möglich. Aber woran erkennt man überhaupt einen Narzissten im Team? Und wie geht man am besten mit ihm um? Das Wichtigste im Überblick.

Aktualisiert am 6. November 2024, 14:57 Uhr, von Verena Bast, Wirtschaftsredakteurin

Wer narzisstische Mitarbeiter führen muss, sollte sich mit typischen Persönlichkeitsmerkmalen beschäftigen. Narzissten sind beispielsweise sehr ich-bezogen.
Wer narzisstische Mitarbeiter führen muss, sollte sich mit typischen Persönlichkeitsmerkmalen beschäftigen. Narzissten sind beispielsweise sehr ich-bezogen.
© impulse

Donald Trump wird in der Öffentlichkeit häufig als Paradebeispiel für einen Menschen mit einer besonders stark ausgeprägten Form des Narzissmus herangezogen. Doch sind Narzissten tatsächlich immer wie der designierte US-Präsident? Woran erkennt man einen Narzissten? Und wie können Chefs narzisstische Mitarbeiter führen? Ein Überblick.

Woran erkennt man einen Narzissten?

Narzissten zu erkennen ist mitunter nicht leicht. „Narzissmus ist ein Kaleidoskop an Eigenschaften und Verhaltensweisen“, sagt Psychologe Ramzi Fatfouta, der jahrelang zum Thema Narzissmus geforscht hat. Narzissten seien oft Personen, die über den Tellerrand blicken können. Die Ideen haben und diese auch gegen Widerstände verteidigen können. Die Trends aufspüren, eine Vision haben und durch ihr charismatisches Auftreten Menschen begeistern, überzeugen und mitnehmen. Narzissten seien außerdem oft sehr risikobereit.

Eine hohe Ausprägung könne jedoch auch dazu führen, dass sie nicht auf das Team hören und ihr Vorhaben einfach durchziehen. Menschen mit einem höheren Narzissmuswert könnten zudem oft schlecht mit negativem Feedback umgehen und werteten Kritik sofort als Angriff gegen sich selbst. Narzissmus-Expertin Marion Thiel geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie sagt: Das schwäbische Sprichwort „Nicht geschimpft ist genug gelobt“ greife bei Narzissten nicht. „Kein Lob oder keine Zustimmung wird als Kritik oder sogar als Angriff gedeutet“, sagt Thiel, deren Buch „Die Narzissmus-Bilanz. Vom Schaden und Nutzen toxischer Charaktere in Organisationen“ im Oktober 2024 im Vahlen-Verlag erschienen ist.

Bei einer hohen Ausprägung kann es auch vorkommen, dass narzisstische Mitarbeiter Kolleginnen und Kollegen schikanieren, sich arrogant oder rücksichtslos verhalten und Erfolge von anderen für sich reklamieren. „Je narzisstischer jemand ist, desto stärker werden seine Strategien und Taktiken außerdem dazu neigen, andere Menschen zu manipulieren und vor den eigenen Karren zu spannen, um zu bekommen, was man will“, sagt Thiel. Narzisstische Mitarbeiter zu führen, sei ein Drahtseilakt. „Das ist kein Job für Menschen ohne innere Sicherheit und gutes Selbstwertgefühl.“

Auf Motive von potenziellen Narzissten im Team achten

Aber wie findet man heraus, ob man tatsächlich einen Narzissten oder eine Narzisstin in Team hat? Ramzi Fatfouta empfiehlt Chefs und Chefinnen, sowohl auf das Verhalten als auch auf die Motive von potenziell narzisstischen Mitarbeitern zu achten. Bei Menschen mit ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitszügen gibt es dem Experten zufolge meist drei prominente Motive:

  • Die Grandiosität. Dass man denkt: Ich bin der Beste, Tollste, Erfolgreichste, Schönste.
  • Die Anspruchshaltung: „Narzissten haben oft das Gefühl, dass ihnen mehr oder bessere Dinge als anderen zustehen und wollen beispielsweise am liebsten Prestigeprojekte übernehmen“, sagt Fatfouta.
  • Der Status: Narzissten streben nach Anerkennung und Macht, denn das stärkt ihr Ego. Sie haben einen Drang nach Bewunderung und Applaus.

Thiel rät Chefs und Chefinnen, die narzisstische Mitarbeiter führen müssen, sich tief ins Thema einzuarbeiten und ausführlich mit ihm oder ihr zu sprechen, um ein Gefühl zu bekommen, ob es sich wirklich um einen toxischen Mitarbeiter beziehungsweise Charakter handelt. Oder nur um einen Menschen, der beispielsweise in einer schwierigen Lebensphase ist, aber normalerweise sozialverträglich.

Für welche Aufgaben sind narzisstische Mitarbeiter besonders geeignet?

„Alle Aufgaben, bei denen er oder sie glänzen kann, ohne Schaden anzurichten“, sagt Thiel. Wird ein narzisstischer Mitarbeiter im Vertrieb eingesetzt, sei es wichtig, die Kundenmeinung regelmäßig zu erfragen und ein exzellentes Beschwerdemanagement aufzusetzen. Für ungeeignet hält Thiel Narzissten dagegen in Arbeitsfeldern, die ein echtes Mitgefühl erfordern.

Narzisstische Mitarbeiter führen: 5 goldene Regeln

1. Negatives Feedback am besten unter vier Augen geben

Wer narzisstische Mitarbeiter führen muss, sollte beim Feedback penibel auf die Worte, das Timing und den Ort achten. Eine der wichtigsten Regeln lautet: möglichst keine Kritik vor anderen Leuten. „Als Führungskraft sollte ich Kritik an Menschen mit einem ausgeprägteren Narzissmus wann immer es möglich ist unter vier Augen äußern“, sagt die Wissenschaftlerin Victoria Berg, die seit vielen Jahren zu Narzissmus in Unternehmen forscht und Betroffene coacht. Solche Menschen können typischerweise nicht gut mit Kritik umgehen. „Dadurch wird ihr Selbstwert angegriffen und sie fühlen sich maximal gekränkt, wenn auch noch andere zuhören.“

Die zweite Regel sollte ebenfalls bei allen Mitarbeitenden, aber insbesondere bei Narzissten befolgt werden: Argumentieren Sie als Führungskraft mit dem Dreischritt Wahrnehmung, Wirkung, Wunsch. Erläutern Sie zuerst, was Sie wahrgenommen haben. Sagen Sie als Nächstes, wie es auf Sie gewirkt hat. Und äußern Sie dann einen Wunsch im Hinblick auf das künftige Verhalten des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. Hilfreich sei in einem Kritikgespräch mit Narzissten außerdem, auf positive Dinge einzugehen. Sie stabilisieren laut Berg den Selbstwert und verdienen es ebenfalls genannt zu werden.

2. Wertschätzen, Grenzen setzen und auf Fairness achten

Narzisstische Mitarbeiter haben oft den Anspruch, herausragende Projekte oder Aufgaben zu übernehmen. „Das sind Personen, die ich ständig damit bedienen muss“, sagt der Psychologe Ramzi Fatfouta. Außerdem bräuchten sie viel Anerkennung, ob in Form von einer gehobenen Position, mehr Geld oder wertschätzendem Feedback. „Narzissten brauchen dieses Schulterklopfen, und zwar regelmäßig.“

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Um Konflikte mit Teamkollegen zu vermeiden, dürften Chefs und Chefinnen diesem Drang aber nicht ständig nachgeben und dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin beispielsweise ständig Boni geben, anderen jedoch nicht. Wer einen narzisstischen Mitarbeiter führen muss, sollte in der Lage sein, sich zu positionieren, und auch öfters mal „Nein“ sagen. Als Führungskraft müsse man quasi ständig zwischen Lob und Grenzen setzen hin- und herschwingen, sagt Fatfouta. „Das kann sehr herausfordernd sein.“ Chefs und Chefinnen sollten daher auch bereit sein, Konflikte auszutragen, wenn sie narzisstische Mitarbeiter führen.

3. Aus der Perspektive des Narzissten argumentieren

Aber wie vermitteln Führungskräfte beispielsweise einem Mitarbeitenden mit einer höheren narzisstischen Ausprägung, dass er ein Projekt nicht übernehmen kann? Eine einfache, aber wirkungsvolle Strategie ist laut dem Narzissmus-Experten Fatfouta, aus der Perspektive des Teammitglieds zu argumentieren und Entscheidungen selbstwertdienlich zu begründen.

Ein Beispiel: Ein narzisstischer Mitarbeiter möchte ein weiteres besonders prestigeträchtiges Projekt übernehmen. Das wäre jedoch unfair gegenüber Kollegen und Kolleginnen.

Fatfouta empfiehlt in solchen Situationen, die Entscheidung so zu verkaufen, dass sie für ihn oder sie vorteilhaft erscheint. Die erste wichtige Zutat sei dabei, zunächst Wertschätzung zu äußern. Beispiel: „Ich finde es toll, wie engagiert und motiviert du bist und jetzt auch noch dieses Projekt übernehmen möchtest.“ Anschließend sind Vorteile zu nennen, wenn der narzisstische Mitarbeiter die Aufgabe nicht übernimmt. Etwa so: „Mir ist es wichtig, dass du langfristig leistungsfähig bleibst. Wenn du jetzt auch noch dieses Projekt übernimmst, hast du weniger Zeit für dein anderes. Deswegen wäre es gut, wenn du dich darauf fokussierst.“ Von Argumenten wie diesen rät Fatfouta dagegen ab: „Tut mir leid, das ist gegenüber den anderen unfair“. Der Narzisst würde sich dadurch in seiner vermeintlichen Überlegenheit bedroht fühlen und eine Abwehrhaltung einnehmen.

4. Andere Teammitglieder vor Schikane und Mobbing schützen

Typisch für Menschen mit einem ausgeprägten Narzissmus kann rücksichtsloses Verhalten sein. Zum Beispiel, indem sie andere Teammitglieder schlechtmachen oder sogar schikanieren, um selbst gut dazustehen. „Das sind Leute, die andere nicht als gleichwertig betrachten, in Meetings und sogar in Kundengesprächen leicht ausfallend werden und Beziehungen damit ruinieren können“, sagt Fatfouta. Hat man einen Narzissten im Team, sei es wichtig, die anderen Mitarbeitenden zu schützen und das Verhalten zu unterbinden, beispielsweise mit dem Satz: „Ich wünsche mir, dass hier respektvoll miteinander umgegangen wird“.

Bei Narzissten sei die Wahrscheinlichkeit jedoch relativ hoch, dass sie ihr Verhalten beibehalten. Ist das der Fall oder handelt es sich sogar um eine Art Mobbing am Arbeitsplatz, können im Ernstfall arbeitsrechtliche Schritte wie eine Ermahnung, Abmahnung bis hin zur Kündigung notwendig sein, um die anderen Mitarbeitenden zu schützen.

5. Gemeinsame Werte im Umgang miteinander entwickeln

Um Konflikte zwischen Teammitgliedern und narzisstischen Mitarbeitern zu vermeiden, sind Werte hilfreich, die für alle gelten. Die Wissenschaftlerin Victoria Berg empfiehlt, diese möglichst gemeinsam im Team zu erarbeiten: Nach welchen Werten und Prinzipien möchten wir zusammenarbeiten? „Wenn jemand dann dagegen verstößt – und die Gefahr besteht, wenn ich eine hoch narzisstische Person in dem Team habe – habe ich als Führungskraft das Mandat aller aus dem Team, darauf hinzuweisen“, sagt Berg.

Haben sich alle etwa auf eine wertschätzende Kommunikation verständigt, wird sehr wahrscheinlich bewusster darauf geachtet. Und Verhalten, das diesen Wert untergräbt, weniger geduldet und eher angesprochen.

Fazit: Wer narzisstische Mitarbeiter führen muss, sollte Kritik möglichst nur unter vier Augen äußern und bereit sein, Konflikte auszutragen. Außerdem ist es wichtig, dem narzisstischen Mitarbeiter Grenzen aufzuzeigen, etwa, wenn dieser häufig fordert, eine Prestigeaufgabe übernehmen zu dürfen.

Die Expertinnen und Experten
Ramzi Fatfouta gilt als ausgewiesener Narzissmus-Experte und hat jahrelang dazu geforscht. Als Personalberater führte der Psychologe zudem zahllose eignungsdiagnostische Assessments durch und entwickelte Strategien, um hinter das Verhalten von Menschen zu blicken. Sein Buch „Zwischen Egoismus und Exzellenz: Wie Narzissmus unsere Arbeitswelt verändert und was wir tun können“ ist im August 2024 im Haufe Verlag erschienen.
 
Victoria Berg forscht und lehrt zu Management-, Führungs-, und Innovationsthemen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Im Zuge dessen führte sie bereits zwei großangelegte Studien über Narzissmus in Unternehmen und New Ventures durch. Als Gründerin des Führungsberatungsunternehmens 8forward bringt sie die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Best Practices in die Praxis.
 
Marion Thiel ist Unternehmensberaterin und beschäftigt sich seit sehr vielen Jahren mit narzisstischen Menschen. Gemeinsam mit Sylvia Pietzko hat sie das Buch „Die Narzissmus-Bilanz. Vom Schaden und Nutzen toxischer Charaktere in Organisationen“ geschrieben, im Ende Oktober 2024 im Vahlen-Verlag erschienen ist.

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