Abfindung
5 Irrtümer rund um Abfindungen

Wenn Arbeitgeber Angestellten kündigen, erwarten diese häufig eine Abfindung. Doch in welchen Fällen müssen Chefs sie zahlen? Häufige Irrtümer bei Abfindungen und was tatsächlich gilt.

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© onemorenametoremember / photocase.de

1. Werden Mitarbeiter gekündigt, haben sie Anspruch auf eine Abfindung

Falsch. Das Gesetz schreibt keinen grundsätzlichen Anspruch auf Abfindungen vor – auch dann nicht, wenn der gekündigte Angestellte mehrere Jahrzehnte für ein Unternehmen gearbeitet hat.

Aber: „Ausnahmen bestätigen die Regel“, sagt Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ausnahmen sind:

  • eine kollektive betriebliche Regelung, also ein Sozialplan, der eine Abfindungszahlung vorsieht (solch ein Sozialplan kann ein Betriebsrat in Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern erzwingen, wenn der Betrieb schließt)
  • entsprechende Abfindungsregelungen in Tarifverträgen, Geschäftsführerverträgen oder Einzelverträgen

Auch in Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen finden sich oft Klauseln zur Abfindung – wenn Arbeitgeber und Angestellte diese vereinbart haben.

2. Wenn Chefs nicht dazu verpflichtet sind, eine Abfindung zu zahlen, sollten sie das auch nicht tun

Jein. Natürlich sollten Chefs nicht anfangen, aus reiner Güte jedem Mitarbeiter – inklusive Praktikanten und Angestellten, die nur ein, zwei Monate im Betrieb gearbeitet haben – mehrere Monatsgehälter Abfindung zu zahlen. Denn wenn Unternehmen das zur Regel machen, können sich gekündigte Arbeitnehmer künftig möglicherweise auf das Gewohnheitsrecht berufen und eine Abfindung beanspruchen.

Manchmal kann es aber sinnvoll sein, eine Abfindung anzubieten: Etwa wenn der Arbeitgeber vermeiden will, dass der Angestellte gegen seine Kündigung klagt und vor Gericht zieht. Denn in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gilt für jeden Beschäftigten, der mindestens sechs Monate dort arbeitet, der gesetzliche Kündigungsschutz. Das heißt: Der Arbeitgeber darf ihm keine ordentliche Kündigung aussprechen, wenn er sich dabei nicht auf personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe stützen kann. Gekündigte Mitarbeiter können innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben.

„Mit einer Abfindung schaffe ich einen Anreiz, dass der Mitarbeiter nicht gegen die Kündigung klagt“, sagt Hensche. „Wenn die Kündigung nicht gut begründbar ist und der Angestellte relativ kurz beschäftigt war, dann empfiehlt es sich, eine Abfindung nach §1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auszusprechen. Das ist eine Konfliktvermeidungsstrategie.“

Zur Person
Martin Hensche ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und hat 1997 die Kanzlei Hensche Rechtsanwälte gegründet. Einer seiner Schwerpunkte ist der Kündigungsschutz. Vor Gericht hat er bereits Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Kündigungsschutzklagen vertreten, in denen Abfindungen verhandelt wurden.

Landet eine Kündigungsschutzklage einmal vor Gericht, riskiert der Arbeitgeber, dass die Kündigung für unwirksam erklärt wird und er für die Dauer der Verhandlung den Lohn des Mitarbeiters nachzahlen muss.

3. Bei betriebsbedingten Kündigungen müssen Unternehmen immer Abfindungen zahlen

Falsch. Hier sorgt Paragraf 1a des Kündigungsschutzgesetzes für Verwirrung. Nach diesem Paragrafen haben Angestellte bei betriebsbedingter Kündigung einen Abfindungsanspruch – mit einem Haken: Der Arbeitgeber muss die Abfindung im Kündigungsschreiben anbieten und der Arbeitnehmer im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichten (die Frist für die Klage beträgt laut §4 KSchG drei Wochen nach Eingang der Kündigung).

Der entsprechende Abschnitt im Gesetz lautet:

Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Eine Kündigung nach §1a KSchG kann laut Rechtsanwalt Martin Hensche etwa so lauten: „Hiermit kündige ich fristgemäß aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von §1 Absatz 2 Satz 1  Kündigungsschutzgesetz. Sie haben das Recht, dagegen zu klagen. Für den Fall, dass Sie die gesetzliche Klagefrist verstreichen lassen, haben Sie mit dem Ablauf der Kündigungsfrist einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gemäß §1a Kündigungsschutzgesetz.“

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4. Wie hoch eine Abfindung ausfällt, regelt das Gesetz

Falsch. Das Gesetz schreibt nicht vor, wie viel ein Arbeitgeber dem gekündigten Mitarbeiter zahlen muss. Wie viel Geld ein Unternehmen zahlt, ist daher Verhandlungssache.

Aber auch hier gilt eine Ausnahme: Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen und bietet ihm nach §1a Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung an, „dann ist auch die Höhe der Abfindung gesetzlich definiert: mit einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“, so Hensche. Beschäftigungen von mehr als sechs Monaten werden dabei zu einem vollen Jahr aufgerundet.

Beispiel: Ein Mitarbeiter hat zwei Jahre und sieben Monate im Betrieb gearbeitet und 3000 Euro brutto pro Monat verdient. Bei einer Kündigung nach §1a KSchG steht ihm eine Abfindung für drei Jahre zu – also drei halbe Monatsgehälter, insgesamt 4500 Euro.

Diese Regelung gilt zwar nur für Kündigungen nach §1a KSchG, wird laut Hensche aber in vielen Branchen als Daumenregel verwendet. In der Baubranche seien dagegen nur 25 Prozent eines Monatsgehalts üblich, in großen Unternehmen häufig mehr als ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

„Ich persönlich halte diese Daumenregel für nicht richtig“, sagt Hensche. „Bei sehr langer und sehr kurzer Beschäftigungsdauer passt die Halbmonatsregel nicht. Nach 30 Jahren Anstellung kann man kaum 30-mal ein halbes Monatsgehalt zahlen, vor allem wenn die Kündigung rechtlich gut begründbar ist. Das wäre kaufmännisch gesehen unklug.“

Beispiel: Ein Bauunternehmer kündigt einem Mitarbeiter nach neun Monaten, weil er ein Low-Performer ist. Laut Hensche wäre es unrealistisch, dem Mitarbeiter nur ein halbes Monatsgehalt Abfindung anzubieten. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht sagt: „Da machen vielleicht drei Monatsgehälter mehr Sinn. Man muss sich überlegen: Wie wichtig ist es mir, den Angestellten loszuwerden?“ Eine höhere Abfindung setzt dem Mitarbeiter einen höheren Anreiz, die Kündigung zu akzeptieren und nicht dagegen zu klagen.

5. Vor Gericht gewinnt immer der Arbeitnehmer

Jein – das kommt auf den Fall an und vor allem darauf, ob die Kündigung gerechtfertigt war. In Kündigungsschutzklagen geht es in erster Linie darum, die Kündigung durch das Gericht für unwirksam zu erklären. Aber: „In gefühlt 90 Prozent der Fälle, die vor Gericht landen, einigt man sich in erster Instanz auf die Zahlung einer Abfindung“, sagt Hensche. „Das ist üblich und sinnvoll.“ Arbeitgeber können so einen langen Rechtsstreit vermeiden. Und der Arbeitnehmer muss nicht in das Unternehmen zurückkehren, das ihm gekündigt hat.

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Und wenn das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt? „Arbeitgeber tragen das Risiko, den Lohn des Gekündigten nachzuzahlen, wenn die Firma vor Gericht verliert.“ Das Gericht kann einen Arbeitgeber auch zur Zahlung einer Abfindung verurteilen, sagt Hensche. Gemäß §9 und §10 KSchG kann das passieren, wenn das Gericht die Kündigung als unwirksam erklärt und dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist, in den Betrieb zurückzukehren – etwa, weil er vom Arbeitgeber diskriminiert wurde.

Um eine Abfindung gering zu halten, rät Hensche: „Fragen Sie einfach mal nach, ob der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit eine neue Stelle gefunden hat.“ Entweder hat der ehemalige Angestellte noch keinen neuen Job oder er fängt an rumzudrucksen. „Lügen ist Betrug. Wenn man auf Basis einer Falschinformation einen Vertrag abschließt, ist der wegen Täuschung anfechtbar. Vorausgesetzt, man hat gefragt, ob der Mitarbeiter einen neuen Job hat.“

Hat der gekündigte Mitarbeiter tatsächlich eine neue Stelle gefunden, während der Rechtsstreit verhandelt wird, kommt das dem Arbeitgeber zugute: „Das ist wie die Nadel im Abfindungsballon“, sagt Hensche. „Der platzt dann. Die Abfindungsbeträge, über die man verhandelt hat, purzeln.“

Eine andere Möglichkeit, die Zahlung einer Abfindung zu vermeiden: die Kündigung zurücknehmen. „Da sieht man oft die Enttäuschung im Gesicht des Klägers“, sagt Hensche. „Denn viele gehen nicht davon aus, dass der Arbeitgeber sagt: ‚Dann kommen Sie doch zurück zur Arbeit!‘“ Ob Arbeitgeber und Angestellter das tatsächlich wollen? „Das ist ein bisschen Pokerei“, sagt Hensche. „Die Kündigung zurückzunehmen ist ein gutes Druckmittel.“

1. Werden Mitarbeiter gekündigt, haben sie Anspruch auf eine Abfindung Falsch. Das Gesetz schreibt keinen grundsätzlichen Anspruch auf Abfindungen vor – auch dann nicht, wenn der gekündigte Angestellte mehrere Jahrzehnte für ein Unternehmen gearbeitet hat. Aber: „Ausnahmen bestätigen die Regel“, sagt Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ausnahmen sind: eine kollektive betriebliche Regelung, also ein Sozialplan, der eine Abfindungszahlung vorsieht (solch ein Sozialplan kann ein Betriebsrat in Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern erzwingen, wenn der Betrieb schließt) entsprechende Abfindungsregelungen in Tarifverträgen, Geschäftsführerverträgen oder Einzelverträgen Auch in Aufhebungs- oder Abwicklungsverträgen finden sich oft Klauseln zur Abfindung – wenn Arbeitgeber und Angestellte diese vereinbart haben. 2. Wenn Chefs nicht dazu verpflichtet sind, eine Abfindung zu zahlen, sollten sie das auch nicht tun Jein. Natürlich sollten Chefs nicht anfangen, aus reiner Güte jedem Mitarbeiter – inklusive Praktikanten und Angestellten, die nur ein, zwei Monate im Betrieb gearbeitet haben – mehrere Monatsgehälter Abfindung zu zahlen. Denn wenn Unternehmen das zur Regel machen, können sich gekündigte Arbeitnehmer künftig möglicherweise auf das Gewohnheitsrecht berufen und eine Abfindung beanspruchen. Manchmal kann es aber sinnvoll sein, eine Abfindung anzubieten: Etwa wenn der Arbeitgeber vermeiden will, dass der Angestellte gegen seine Kündigung klagt und vor Gericht zieht. Denn in Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern gilt für jeden Beschäftigten, der mindestens sechs Monate dort arbeitet, der gesetzliche Kündigungsschutz. Das heißt: Der Arbeitgeber darf ihm keine ordentliche Kündigung aussprechen, wenn er sich dabei nicht auf personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe stützen kann. Gekündigte Mitarbeiter können innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben. „Mit einer Abfindung schaffe ich einen Anreiz, dass der Mitarbeiter nicht gegen die Kündigung klagt“, sagt Hensche. „Wenn die Kündigung nicht gut begründbar ist und der Angestellte relativ kurz beschäftigt war, dann empfiehlt es sich, eine Abfindung nach §1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auszusprechen. Das ist eine Konfliktvermeidungsstrategie.“ Landet eine Kündigungsschutzklage einmal vor Gericht, riskiert der Arbeitgeber, dass die Kündigung für unwirksam erklärt wird und er für die Dauer der Verhandlung den Lohn des Mitarbeiters nachzahlen muss. 3. Bei betriebsbedingten Kündigungen müssen Unternehmen immer Abfindungen zahlen Falsch. Hier sorgt Paragraf 1a des Kündigungsschutzgesetzes für Verwirrung. Nach diesem Paragrafen haben Angestellte bei betriebsbedingter Kündigung einen Abfindungsanspruch – mit einem Haken: Der Arbeitgeber muss die Abfindung im Kündigungsschreiben anbieten und der Arbeitnehmer im Gegenzug auf eine Kündigungsschutzklage verzichten (die Frist für die Klage beträgt laut §4 KSchG drei Wochen nach Eingang der Kündigung). Der entsprechende Abschnitt im Gesetz lautet: Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Eine Kündigung nach §1a KSchG kann laut Rechtsanwalt Martin Hensche etwa so lauten: „Hiermit kündige ich fristgemäß aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne von §1 Absatz 2 Satz 1  Kündigungsschutzgesetz. Sie haben das Recht, dagegen zu klagen. Für den Fall, dass Sie die gesetzliche Klagefrist verstreichen lassen, haben Sie mit dem Ablauf der Kündigungsfrist einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gemäß §1a Kündigungsschutzgesetz.“ 4. Wie hoch eine Abfindung ausfällt, regelt das Gesetz Falsch. Das Gesetz schreibt nicht vor, wie viel ein Arbeitgeber dem gekündigten Mitarbeiter zahlen muss. Wie viel Geld ein Unternehmen zahlt, ist daher Verhandlungssache. Aber auch hier gilt eine Ausnahme: Kündigt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen und bietet ihm nach §1a Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung an, „dann ist auch die Höhe der Abfindung gesetzlich definiert: mit einem halben Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“, so Hensche. Beschäftigungen von mehr als sechs Monaten werden dabei zu einem vollen Jahr aufgerundet. Beispiel: Ein Mitarbeiter hat zwei Jahre und sieben Monate im Betrieb gearbeitet und 3000 Euro brutto pro Monat verdient. Bei einer Kündigung nach §1a KSchG steht ihm eine Abfindung für drei Jahre zu – also drei halbe Monatsgehälter, insgesamt 4500 Euro. Diese Regelung gilt zwar nur für Kündigungen nach §1a KSchG, wird laut Hensche aber in vielen Branchen als Daumenregel verwendet. In der Baubranche seien dagegen nur 25 Prozent eines Monatsgehalts üblich, in großen Unternehmen häufig mehr als ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. „Ich persönlich halte diese Daumenregel für nicht richtig“, sagt Hensche. "Bei sehr langer und sehr kurzer Beschäftigungsdauer passt die Halbmonatsregel nicht. Nach 30 Jahren Anstellung kann man kaum 30-mal ein halbes Monatsgehalt zahlen, vor allem wenn die Kündigung rechtlich gut begründbar ist. Das wäre kaufmännisch gesehen unklug.“ Beispiel: Ein Bauunternehmer kündigt einem Mitarbeiter nach neun Monaten, weil er ein Low-Performer ist. Laut Hensche wäre es unrealistisch, dem Mitarbeiter nur ein halbes Monatsgehalt Abfindung anzubieten. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht sagt: „Da machen vielleicht drei Monatsgehälter mehr Sinn. Man muss sich überlegen: Wie wichtig ist es mir, den Angestellten loszuwerden?“ Eine höhere Abfindung setzt dem Mitarbeiter einen höheren Anreiz, die Kündigung zu akzeptieren und nicht dagegen zu klagen. 5. Vor Gericht gewinnt immer der Arbeitnehmer Jein – das kommt auf den Fall an und vor allem darauf, ob die Kündigung gerechtfertigt war. In Kündigungsschutzklagen geht es in erster Linie darum, die Kündigung durch das Gericht für unwirksam zu erklären. Aber: „In gefühlt 90 Prozent der Fälle, die vor Gericht landen, einigt man sich in erster Instanz auf die Zahlung einer Abfindung“, sagt Hensche. „Das ist üblich und sinnvoll.“ Arbeitgeber können so einen langen Rechtsstreit vermeiden. Und der Arbeitnehmer muss nicht in das Unternehmen zurückkehren, das ihm gekündigt hat. Und wenn das Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt? „Arbeitgeber tragen das Risiko, den Lohn des Gekündigten nachzuzahlen, wenn die Firma vor Gericht verliert.“ Das Gericht kann einen Arbeitgeber auch zur Zahlung einer Abfindung verurteilen, sagt Hensche. Gemäß §9 und §10 KSchG kann das passieren, wenn das Gericht die Kündigung als unwirksam erklärt und dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten ist, in den Betrieb zurückzukehren – etwa, weil er vom Arbeitgeber diskriminiert wurde. Um eine Abfindung gering zu halten, rät Hensche: „Fragen Sie einfach mal nach, ob der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit eine neue Stelle gefunden hat.“ Entweder hat der ehemalige Angestellte noch keinen neuen Job oder er fängt an rumzudrucksen. „Lügen ist Betrug. Wenn man auf Basis einer Falschinformation einen Vertrag abschließt, ist der wegen Täuschung anfechtbar. Vorausgesetzt, man hat gefragt, ob der Mitarbeiter einen neuen Job hat.“ Hat der gekündigte Mitarbeiter tatsächlich eine neue Stelle gefunden, während der Rechtsstreit verhandelt wird, kommt das dem Arbeitgeber zugute: „Das ist wie die Nadel im Abfindungsballon“, sagt Hensche. „Der platzt dann. Die Abfindungsbeträge, über die man verhandelt hat, purzeln.“ Eine andere Möglichkeit, die Zahlung einer Abfindung zu vermeiden: die Kündigung zurücknehmen. „Da sieht man oft die Enttäuschung im Gesicht des Klägers“, sagt Hensche. „Denn viele gehen nicht davon aus, dass der Arbeitgeber sagt: ‚Dann kommen Sie doch zurück zur Arbeit!‘“ Ob Arbeitgeber und Angestellter das tatsächlich wollen? „Das ist ein bisschen Pokerei“, sagt Hensche. „Die Kündigung zurückzunehmen ist ein gutes Druckmittel.“