Weihnachtsgeldanspruch
Wann ist die Zahlung von Weihnachtsgeld Pflicht?

Wann haben Beschäftigte einen Weihnachtsgeldanspruch? Und müssen Arbeitgeber, wenn sie es mehrmals gezahlt haben, auch in schlechten Jahren Weihnachtsgeld überweisen? Plus: Was bei Kündigung und Elternzeit gilt.

Aktualisiert am 28. November 2024, 09:47 Uhr, von Verena Bast und Kathrin Halfwassen

Anspruch auf Weihnachtsgeld
Einen Weihnachtsgeldanspruch haben Mitarbeitende in vier Fällen.
© the_burtons / Moment / Getty Images

Weihnachtsgeldanspruch: Wann ist die Sonderzahlung Pflicht?

Weihnachtsgeld ist grundsätzlich eine freiwillige Sonderzahlung. Ohne rechtliche Grundlage haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Weihnachtsgeld.

Einen Weihnachtsgeldanspruch haben Beschäftigte, wenn:

  • das Weihnachtsgeld im Tarifvertrag geregelt ist
  • in der Betriebsvereinbarung ein Weihnachtsgeld fixiert ist
  • im Arbeitsvertrag ein Weihnachtsgeld festgeschrieben ist
  • es eine sogenannte betriebliche Übung gibt

Gewohnheitsrecht: Wann wird die freiwillige Zahlung von Weihnachtsgeld zur Pflicht?

Auch wenn die Sonderzahlung nicht im Arbeits- oder Tarifvertrag beziehungsweise einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben ist, kann das Weihnachtsgeld als betriebliche Übung zur Pflicht werden. „Freiwillige Leistungen wie das Weihnachtsgeld werden zur Pflicht, wenn sie drei Jahre hintereinander vorbehaltlos an die Belegschaft gezahlt werden“, sagt Thomas Dorando, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Seitz in Köln.

Quasi aus „Gewohnheitsrecht“ können die Beschäftigten folglich in Zukunft Weihnachtsgeld verlangen. Das gilt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 10 AZR 266/14) selbst, wenn in den einzelnen Jahren unterschiedliche hohe Beträge als Weihnachtsgeld gezahlt worden sind.

Wollen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen verhindern, dass das Weihnachtsgeld so zur Pflicht wird, müssen sie ihre Angestellten bei der Zahlung jedes Mal darüber informieren, dass das Weihnachtsgeld freiwillig ist und auch bleibt. Juristen nennen diesen Hinweis „Freiwilligkeitsvorbehalt“. Der Hinweis kann beispielsweise in ein Anschreiben integriert werden, das jährlich an die Mitarbeitenden geht.

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Allein der Hinweis, dass die Sonderzahlung „freiwillig“ sei, genüge jedoch nicht, sagt Alexander Bissels, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Köln. Wirksam sei der Freiwilligkeitsvorbehalt dagegen, wenn er so formuliert ist: „Das Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung zur Honorierung der Betriebszugehörigkeit. Es wird kein Anspruch auf eine solche Zahlung für die Zukunft begründet. Jedes Jahr wird über den Grund und die Höhe des Weihnachtsgeldes neu entschieden. Selbst bei mehrfacher Zahlung entsteht kein Anspruch für die Zukunft.“

Dürfen Arbeitgeber das Weihnachtsgeld streichen, wenn die Sonderzahlung im Arbeitsvertrag steht?

In Krisen-Zeiten dürfte es vielen Unternehmen nicht leichtfallen, Weihnachtsgeld zu zahlen. Steht im Arbeitsvertrag eine Klausel zum Weihnachtsgeld, muss diese einen sogenannten Widerrufsvorbehalt enthalten, damit Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen das Weihnachtsgeld in schlechten Zeiten streichen dürfen.

Eine wirksame Klausel über den Widerrufsvorbehalt kann laut Arbeitsrechtler Alexander Bissels beispielsweise so lauten: „Der Mitarbeiter erhält ein Weihnachtsgeld. Der Arbeitgeber behält sich jedoch den Widerruf der Zahlung vor. Der Widerruf knüpft an sachliche Gründe an. Sachliche Gründe sind wie folgt: [Beispiele]“

In welchen Fällen ein Unternehmen das Weihnachtsgeld streichen darf, muss klar im Vertrag benannt werden. „Ein schlichter Hinweis auf wirtschaftliche Gründe reicht nicht, sonst ist die Regelung unwirksam“, sagt Bissels. Vielmehr müssten Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen konkrete Umstände nennen, wann sie das Widerrufsrecht ausüben können, beispielsweise, wenn der Umsatz um einen bestimmten Prozentsatz gesunken ist.

Weihnachtsgeld streichen: Welche Frist müssen Unternehmen einhalten?

„Wenn ein Widerrufsvorbehalt wirksam vereinbart wurde und die Voraussetzungen für einen Widerruf vorliegen, kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld jederzeit streichen“, sagt Bissels.

Besteht überhaupt kein Weihnachtsgeldanspruch, brauchen Unternehmen natürlich ebenfalls keine Frist einhalten; sie können die Gratifikation einfach ausfallen lassen.

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Müssen alle Beschäftigten gleich viel Weihnachtsgeld bekommen?

Auch beim Weihnachtsgeld gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz: Willkürlich außen vorgelassen werden darf bei dieser Sonderzahlung niemand. Sollen vergleichbare Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unterschiedlich viel oder gar kein Weihnachtsgeld bekommen, brauchen Unternehmen dafür einen sachlichen Grund.

So ein Grund könnte darin liegen, dass Angestellte unterschiedlich qualifiziert sind, einer deutlich mehr leistet als der andere – oder dem Betrieb sehr viel länger angehört.

Weihnachtsgeld in der Probezeit: Wann haben Beschäftigte einen Anspruch darauf?

Ob Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Probezeit einen Weihnachtsgeldanspruch haben, hängt davon ab, was im Arbeits-, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt ist. In der Praxis werde das Weihnachtsgeld allerdings oftmals anteilig bei Eintritt im laufenden Kalenderjahr gezahlt, sagt Arbeitsrechtler Bissels.

Haben Azubis einen gesetzlichen Anspruch auf Weihnachtsgeld?

Nein. Eine Zahlung kann aber im Arbeitsvertrag vereinbart werden oder sich aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ergeben.

Weihnachtsgeld bei Kündigung: Was gilt?

Wenn die Sonderzahlung eine Vergütung für geleistete Arbeit darstellt, dürfen Unternehmen dem oder der Betroffenen das Weihnachtsgeld bei einer Kündigung nicht verwehren, entschied das Bundesarbeitsgericht (Az.: 10 AZR 848/12) – auch dann nicht, wenn der oder die Betroffene das Unternehmen im Laufe des Jahres verlässt.

Ob der Mitarbeiter Anspruch auf Weihnachtsgeld nach einer Kündigung hat, hängt auch davon ab, welche Funktion der Bonus am Jahresende im Betrieb bislang hatte. Es gibt drei Arten von Weihnachtsgeld:

  1. Das Weihnachtsgeld als Sonderzahlung mit Entgeltcharakter, die dazu dient, geleistete Arbeit im abgelaufenen Jahr zu vergüten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Weihnachtsgratifikation als 13. Monatsgehalt ausgezahlt wird.
  2. Das Weihnachtsgeld als Sonderzahlung, die dazu dient, die Betriebstreue zu belohnen oder Beschäftigten dabei zu helfen, zusätzliche finanzielle Belastungen während der Weihnachtszeit zu stemmen.
  3. Das Weihnachtsgeld als Sonderzahlung mit Mischcharakter. Das ist der häufigste Fall: Meistens zahlen Arbeitgeber ein Weihnachtsgeld, um sowohl die Betriebstreue zu honorieren als auch erbrachte Arbeitsleistung zu vergüten.

Beispiel: Im konkreten Fall hatte ein Controller zum 30. September 2010 gekündigt und daraufhin kein Weihnachtsgeld bekommen. Dieses wurde stets im November an die Belegschaft ausgezahlt. Die Firmenrichtlinien sahen vor, dass Mitarbeiter für jeden Monat ihrer Betriebszugehörigkeit jeweils ein Zwölftel ihres Monatsgehalts als Weihnachtsgeld bekommen sollten. Der Controller klagte sich durch alle gerichtlichen Instanzen und gewann schließlich auch vor dem höchsten Arbeitsgericht. Da der Anspruch auf Weihnachtsgeld monatlich anteilig erworben wurde, stelle das Weihnachtsgeld bereits erarbeiteten Lohn dar, urteilten die Richter. Dieses müssten auch ausgeschiedene Kollegen bekommen, sagt Rechtsanwalt Bissels.

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Auch wenn das Weihnachtsgeld – wie in den meisten Fällen – einen Mischcharakter hat, müssen Unternehmen bei einer Kündigung trotzdem grundsätzlich Weihnachtsgeld zahlen. „Wird mit der Sonderzahlung jedenfalls auch die Arbeitsleistung vergütet, entsteht der Anspruch auf das Weihnachtsgeld anteilig für jeden Monat, in dem der Mitarbeiter gearbeitet hat – auch, wenn die Auszahlung erst am Jahresende erfolgt“, sagt Rechtsanwalt Dorando. Unternehmen müssen bei einem unterjährigen Ausscheiden der Beschäftigten dann anteilig Weihnachtsgeld zahlen.

Einen anteiligen Weihnachtsgeldanspruch bei einer Kündigung haben ehemalige Mitarbeiter auch, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen von Zielen geknüpft ist. Für die Monate bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers müssen Unternehmen dann ebenfalls anteilig Weihnachtsgeld zahlen.

Wollen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen mit der Sonderzahlung dagegen lediglich die Betriebstreue belohnen, ist die Sachlage anders. Dann ist laut Bissels eine Klausel zulässig, wonach das Weihnachtsgeld nur gezahlt wird, wenn ein Arbeitsverhältnis zum Auszahlungstag (noch) besteht. Dass mit einem typischen Weihnachtsgeld ausschließlich die Betriebstreue belohnt werden soll, sei in der Praxis aber eher selten der Fall, sagt Dorando.

Weihnachtsgeld zurückzahlen bei einer Kündigung? Diese Regelungen gelten

Arbeitsverträge sehen häufig vor, dass Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden muss, wenn das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Stichtag nicht mehr besteht. So eine Klausel wird auch Stichtagsregelung genannt. Bei einem Weihnachtsgeld von mehr als 100 Euro, aber weniger als einem Monatslohn, darf dieser Stichtag maximal der 31. März des Folgejahres sein. Ist das Weihnachtsgeld höher, darf der Stichtag höchstens auf den 30. Juni des Folgejahres gelegt werden.

Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber bereits ausgezahltes Weihnachtsgeld zwar zurückverlangen, wenn Mitarbeiter zum festgelegten Stichtag nicht mehr im Unternehmen arbeiten. Dies ist jedoch wiederum nur dann zulässig, wenn durch die Sonderzahlung ausschließlich eine Betriebstreue honoriert wird. Stellt das Weihnachtsgeld auch eine zusätzliche Vergütung für die im laufenden Jahr erbrachte Arbeit dar, dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen es nicht zurückverlangen.

Übrigens: Beträge bis zu 100 Euro dürfen laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 10 AZR 390/02) nie zurückgefordert werden.

Müssen Unternehmen Weihnachtsgeld trotz Krankheit zahlen?

Ein freiwilliges Weihnachtsgeld dürfen Unternehmen laut Paragraf 4a Entgeltfortzahlungsgesetz in Krankheitsfällen anteilig kürzen, wenn es dazu eine entsprechende Vereinbarung gibt. „Pro Fehltag darf aber höchstens ein Viertel des durchschnittlichen Tageslohns entfallen“, sagt Bissels.

Nicht erlaubt ist eine Kürzung bei unverschuldeten Betriebsunfällen.

Weihnachtsgeld in der Elternzeit und im Mutterschutz: Müssen Arbeitgeber zahlen?

Mutterschutz: Schwangeren, die sich im Mutterschutz befinden, dürfen Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen das Weihnachtgeld für diese Zeit nicht anteilig kürzen.

Elternzeit: Ob ein Unternehmen das Weihnachtsgeld während der Elternzeit anteilig kürzen kann, hängt davon ab, welcher Zweck mit der Sonderzahlung verfolgt wird.

  • Fall 1: Das Weihnachtsgeld wird ausschließlich zur Belohnung von Betriebstreue der Beschäftigten gezahlt. In diesem Fall bestehe der Anspruch in voller Höhe, da das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit weiter bestehen bleibt, sagt Arbeitsrechtler Thomas Dorando.
  • Fall 2: Die Vereinbarung zum Weihnachtsgeld ist so auszulegen, dass das Weihnachtsgeld nur zusätzlich die tatsächliche Arbeitsleistung vergüten soll. Dann könne das Weihnachtsgeld für die Zeiten der Elternzeit gekürzt werden, sagt Dorando.
  • Fall 3: Wird mit der Sonderzahlung sowohl die Betriebstreue als auch die Arbeitsleistung belohnt, ist die Hürde für eine Kürzung des Weihnachtsgeld höher als in Fall 2: Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürfen laut Dorando das Weihnachtsgeld dann nur kürzen, wenn hierzu eine ausdrückliche Regelung getroffen wurde.

„Unternehmen sollten bei der Ausformulierung der Regelungen zum Weihnachtsgeld daher darauf achten, dass der Zweck der Zahlung hinreichend zum Ausdruck kommt und eine Kürzungsmöglichkeit ausdrücklich vereinbart wird, wenn die Beschäftigten für Zeiten der Elternzeit kein Weihnachtsgeld erhalten sollen“, sagt Dorando.

Die Experten
Thomas Dorando ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Seitz in Köln. Er hat die Rechtsprechung zum Weihnachtsgeldanspruch, beispielweise bei einer Kündigung, genau verfolgt.
Alexander Bissels ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Köln.
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