Nein sagen
„Kannst du noch schnell ….?“ So sagen Sie konsequent Nein

Fällt es Ihnen oft schwer, einen Gefallen abzulehnen? Wie Sie lernen, Nein zu sagen, ohne zu verletzen. Und welche Strategie die besten Ergebnisse erzielt.

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Nein sagen
© knallgrün / Photocase / Photocase Addicts GmbH / knallgrün / Photocase

Der Kollege will spontan Urlaub machen, der Kunde einen großen Preisnachlass und der gute Freund, der gerade so unter Druck ist, braucht auch schon wieder Hilfe. Man weiß: Jetzt wäre ein klares „Nein!“ angebracht, weil die Grenze längst überschritten ist.

Denn: Auf den ersten Blick lebt es sich als Ja-Sager leichter. Man vermeidet

  • unschöne Diskussionen,
  • enttäuschte Mitmenschen,
  • Schuldgefühle, weil man nicht geholfen hat,
  • den Vorwurf, egoistisch oder herzlos zu sein.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht: Wer den Bitten anderer ohne Rücksicht auf die eigenen Bedürfnisse nachkommt, der läuft Gefahr, ein Burnout zu erleiden. Die Heidelberger Coachin und Kommunikationsberaterin Monika Radecki erklärt, warum Nein-Sagen so schwierig ist – und wie es gelingen kann.

Warum fällt Abgrenzen so schwer?

Monika Radecki hat verschiedene Gründe ausgemacht, weshalb wir immer wieder in Situationen geraten, in denen wir es nicht schaffen, Nein zu sagen – oder herumstottern, weil es uns schwerfällt, die richtigen Worte für eine Absage zu finden. Ihr erster Rat deshalb: „Lehnen Sie sich einen Moment zurück, um typische Auslöser zu identifizieren, die uns regelmäßig dazu bringen, Ja zu sagen, obwohl ein Nein angebracht gewesen wäre.“

Auslöser 1: Man wird überrumpelt

Jede Menge berufliche Termine, gnadenlos näher rückende Deadlines, private Verpflichtungen: In solchen Situationen bleibt vordergründig keine Zeit, innezuhalten und sich zu fragen: „Was will eigentlich ICH?“, „Habe ich überhaupt noch Kapazitäten, um der Bitte wirklich nachzukommen?“ Und so sagt man einfach blind: Ja!

Das hilft: Abstand von der Situation nehmen! Gönnen Sie sich Bedenkzeit. Mit einem bewussteren Blick erkennt man leichter: Manches Nein wäre Selbstschutz – es zu versäumen, dagegen ein weiterer Schritt in Richtung Burnout.

Die Expertin
Porträt der KommunkationsexpertinMonika Radecki Monika Radecki ist Coachin und Expertin für Teamentwicklung. In ihrem Buch „Nein sagen. Die besten Strategien“ (Haufe, 9,95 Euro) gibt sie Tipps, wie man klare Grenzen zieht, ohne andere zu verletzen.

Auslöser 2: Perfektionismus

„Bevor ich das jetzt lange erkläre und später womöglich noch nacharbeiten muss, mache ich’s lieber selbst“ – frei nach diesem Leitsatz gestalten viele Menschen ihren Berufsalltag, auch und gerade auf der Führungsebene. Für sie gleicht es einer Mutprobe, ihren Perfektionismus zu stoppen.

Das hilft: Delegieren lernen. Prioritäten setzen tut gut und beugt Fehlern vor, die durch Überlastung entstehen können. Außerdem hilft es, sich klarzumachen, was die „Kosten“ des Ja-Sagens sind. Zum Beispiel:

  • Weniger Kraft und Zeit für eigene wichtige Projekte / weniger eigene Freizeit
  • Ein schlechteres Ergebnis bei anderen Aufgaben
  • Enttäuschung bei Menschen, denen man bereits eine Zusage gegeben hat
  • Verlorene Selbstachtung, weil man wieder einmal nachgegeben hat und das Gefühl bekommt, ausgenutzt zu werden

Auslöser 3: Man steckt in Rollenkonflikten

Wir nehmen in unserem Berufsleben viele Rollen ein – und manche dieser Rollen können in Konflikt miteinander geraten. Wenn etwa ein Mitarbeiter aus familiären Gründen schon wieder freinehmen will, im Betrieb aber gerade Land unter ist. Dann kann man seine Bitte als Privatmensch absolut nachvollziehen, daher hat man Angst, bei einer Absage als herzlos dazustehen. Doch aus firmenpolitischer Sicht ist es geboten, Nein zu sagen.

Das hilft: Sich die Zielvorgaben im beruflichen Umfeld bewusst machen. Das macht es einfacher, in diesen Situationen angemessen und selbstbewusst zu handeln.

Auslöser 4: Man will niemanden enttäuschen

Hinter dem Drang, Aufgaben anzunehmen oder anderen einen Gefallen zu tun, steckt häufig der Wunsch, die Harmonie zu erhalten, die ein Nein empfindlich stören würde. Das führt dazu, dass wir häufig erst Nein sagen, beim ersten Anzeichen von Verstimmung aber einknicken und mit innerem Unwillen doch zustimmen. Bei einem Nein zu bleiben, erfordert Selbstbewusstsein.

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Das hilft: Sich halbherzige Zusagen verkneifen. Das vermeidet Enttäuschung auf beiden Seiten: Wir bewahren uns selbst davor, mit der übernommenen Aufgabe und uns selbst zu hadern – und das Gegenüber vor dem Gefühl, eine Grenze überschritten und uns zu etwas Ungutem gedrängt zu haben.

Auslöser 5: Zu starres Selbstbild

Die gute Chefin, die immer ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiter hat – oder der engagierte Kollege, der stets einspringt, wenn Not am Mann ist: Wir heften uns selbst eine ganze Reihe Rollenbilder und Etiketten an und machen daran unser Selbstwertgefühl fest. Viele davon sind sicher erstrebens- und ehrenwert – aber: Wer versäumt, sein Idealbild an die äußeren Umstände anzupassen, kann leicht auf der Strecke bleiben und sich in guter Absicht überfordern.

Das hilft: Mit ein wenig Abstand in Ruhe auf sich selbst schauen. Dann wird schnell klar: Nein sagen ist viel öfter möglich, als wir denken und uns gemeinhin eingestehen. Niemand sollte Angst davor haben, es häufiger zu tun, denn: Ein Nein an sich macht niemanden zum Egoisten. Wichtig ist bei einer Absage nur, den anderen sein Gesicht wahren zu lassen.

Nein sagen – wie finde ich die richtigen Worte?

„Wenn wir unser Verhalten ändern wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als die jeweiligen Umstände zu analysieren und dann zu trainieren: entweder allein oder im Gespräch mit einer vertrauenswürdigen Kollegin, mit dem Partner oder einer professionellen Coachin“, sagt Monika Radecki. Folgende Strategie hilft ihrer Ansicht nach dabei, ein Nein souverän vorzubringen:

Schritt 1: Analysieren und wahrnehmen

In welchen Situationen sagen wir häufig Ja und meinen Nein? Sich diese Frage zu stellen, ist der erste Schritt in Richtung Selbstbestimmung. Sind die Umstände, die uns über die eigenen Bedürfnisse hinwegsehen lassen, einmal ausgemacht, gilt es, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken.

Sie werden weich, wenn jemand bei der Arbeit mit einer üblen privaten Situation argumentiert? Dann nehmen Sie sich beim nächsten Mal ein paar Sekunden Zeit, wenn er Sie bittet, ihm bei einer dringenden Aufgabe Aufschub zu gewähren, damit er einen Privattermin wahrnehmen kann. Entscheiden Sie aktiv.

Schritt 2: Auf Körpersprache setzen

Verschränken Sie die Arme und schütteln Sie den Kopf, ganz langsam von rechts nach links, rät Radecki. Was passiert? Das Bewegungsmuster signalisiert Ihrem Gehirn, dass Sie sich eine freundliche Abwehr zugestehen.

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Der zweite Punkt: Die Geste verschafft Ihnen etwas Zeit. Und die lässt sich etwa nutzen, um sich klar zu werden, wie das Nein formuliert werden könnte – damit in erster Linie Sie selbst, aber auch das Gegenüber mit einem guten Gefühl aus der Situation herausgehen.

Schritt 3: Position beziehen und abwägen

Jetzt gilt es, genau zu überlegen: Haben Sie die Kapazitäten, um die Aufgabe zu übernehmen? Gibt es jemanden, der einspringen könnte? Möchten Sie das? Fällt die Antwort negativ aus, stellt sich die Frage: Ist meine innere Haltung distanziert oder kann ich mein Gegenüber eigentlich verstehen? Möchte ich die Bitte wohlwollend abwenden oder muss ich mich stärker abgrenzen?

Schritt 4: Die richtigen Worte finden

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Nein gekonnt zu kommunizieren – und diese helfen nicht nur bei Kollegen, die es privat gerade schwer haben, oder Kunden, die drängeln:

  • Alternativen anbieten („Ich habe jetzt leider keine Kapazitäten, aber nächste Woche könnte ich liefern.“)
  • die Folgen einer Zusage verdeutlichen („Wenn ich Ihnen jetzt spontan Urlaub gebe, sitzt Kollege xy allein vor der Arbeit – ich möchte Sie bitten, sich zunächst mit ihm abzusprechen.“)
  • Ambivalenzen aussprechen („Würde ich gern machen, geht bei mir aber gerade nicht.“)
  • rigoros verallgemeinern („Ich kaufe generell nichts, ohne vorher ein zweites Angebot einzuholen“.)

Wer sicher gehen möchte, dass sein Nein gehört und akzeptiert wird, sollte vor allem eins vermeiden: ausführlich argumentieren, um die Absage zu begründen. „Wichtig ist, dass Sie Ihre Argumente kennen, denn sie machen Ihre Haltung aus. Sagen müssen Sie sie nicht“, betont Monika Radecki. „Nur allzu schnell kann Ihr Gegenüber die Argumente aufnehmen, sie dann wegwischen oder entkräften. Üben Sie, sich kurzzufassen. Ideal ist ein Satz wie ‚Nein, jetzt gerade nicht.‘“

Wertschätzung ausdrücken, trotz Absage – wie gelingt mir das?

Was macht eine glückliche Beziehung aus? „Untersuchungen an Paaren haben gezeigt, dass jene, die sich viel Gutes sagen, in der Regel länger zusammenbleiben und zufriedener sind“, sagt Radecki. Diese Ergebnisse ließen sich auch auf Geschäftsbeziehungen übertragen. „Im Coaching spricht man von Pacing: einer Gesprächshaltung, die den anderen würdigt.“

Eine gute Taktik könnte es demnach sein, eine Absage einzubetten in wertschätzende Botschaften, die den Menschen und ein übergeordnetes gemeinsames Ziel einbeziehen. Ein Nein steht dann im Idealfall in einem wertschätzenden Kontext.

Beispiel: „Ich sehe, dass Du wahnsinnig viel leistest. Ich kann Dir aber gerade nicht helfen.“

Es geht dabei nicht um einen Trick, sondern um eine Haltung im Miteinander, und das greift laut Radecki sowohl bei Partnerinnen und Partnern, Angestellten, Kunden als auch bei Vorgesetzten.

Ja gesagt – und Nein gemeint: Wie schaffe ich es, im Nachhinein Grenzen zu setzen?

Schwupps – schon ist es passiert: In einem Moment der Unachtsamkeit hat man kurz genickt, als ein Kollege eine Bitte geäußert hat. Nun müssen wir mit den Folgen leben – oder? „Keineswegs!“, sagt Monika Radecki. „Nachverhandeln ist jederzeit erlaubt – und möglich.“

Die Expertin rät: „Wenn Sie merken, dass Sie ärgerlich werden, weil Sie eine Aufgabe übernommen oder ein Zugeständnis gemacht haben, hilft folgende Strategie: Schauen Sie, ob innerhalb der Hierarchie, der Struktur oder der Situation ein Zurückrudern möglich ist. Etwa, indem man sagt: ‚Sie haben mir hier etwas auf den Tisch gelegt und ich habe es angenommen. Aber ganz ehrlich: Es sprengt meinen Zeitplan.‘ Damit eröffnet sich die Möglichkeit, ein neues Zeitziel zu vereinbaren oder die Sache an den Fragesteller zurückzugeben.“

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Monika Radecki hat verschiedene Gründe ausgemacht, weshalb wir immer wieder in Situationen geraten, in denen wir es nicht schaffen, Nein zu sagen – oder herumstottern, weil es uns schwerfällt, die richtigen Worte für eine Absage zu finden. Ihr erster Rat deshalb: „Lehnen Sie sich einen Moment zurück, um typische Auslöser zu identifizieren, die uns regelmäßig dazu bringen, Ja zu sagen, obwohl ein Nein angebracht gewesen wäre.“ Auslöser 1: Man wird überrumpelt Jede Menge berufliche Termine, gnadenlos näher rückende Deadlines, private Verpflichtungen: In solchen Situationen bleibt vordergründig keine Zeit, innezuhalten und sich zu fragen: „Was will eigentlich ICH?“, „Habe ich überhaupt noch Kapazitäten, um der Bitte wirklich nachzukommen?“ Und so sagt man einfach blind: Ja! Das hilft: Abstand von der Situation nehmen! Gönnen Sie sich Bedenkzeit. Mit einem bewussteren Blick erkennt man leichter: Manches Nein wäre Selbstschutz – es zu versäumen, dagegen ein weiterer Schritt in Richtung Burnout. Auslöser 2: Perfektionismus „Bevor ich das jetzt lange erkläre und später womöglich noch nacharbeiten muss, mache ich's lieber selbst“ – frei nach diesem Leitsatz gestalten viele Menschen ihren Berufsalltag, auch und gerade auf der Führungsebene. Für sie gleicht es einer Mutprobe, ihren Perfektionismus zu stoppen. Das hilft: Delegieren lernen. Prioritäten setzen tut gut und beugt Fehlern vor, die durch Überlastung entstehen können. Außerdem hilft es, sich klarzumachen, was die "Kosten" des Ja-Sagens sind. Zum Beispiel: Weniger Kraft und Zeit für eigene wichtige Projekte / weniger eigene Freizeit Ein schlechteres Ergebnis bei anderen Aufgaben Enttäuschung bei Menschen, denen man bereits eine Zusage gegeben hat Verlorene Selbstachtung, weil man wieder einmal nachgegeben hat und das Gefühl bekommt, ausgenutzt zu werden Auslöser 3: Man steckt in Rollenkonflikten Wir nehmen in unserem Berufsleben viele Rollen ein – und manche dieser Rollen können in Konflikt miteinander geraten. Wenn etwa ein Mitarbeiter aus familiären Gründen schon wieder freinehmen will, im Betrieb aber gerade Land unter ist. Dann kann man seine Bitte als Privatmensch absolut nachvollziehen, daher hat man Angst, bei einer Absage als herzlos dazustehen. Doch aus firmenpolitischer Sicht ist es geboten, Nein zu sagen. Das hilft: Sich die Zielvorgaben im beruflichen Umfeld bewusst machen. Das macht es einfacher, in diesen Situationen angemessen und selbstbewusst zu handeln. Auslöser 4: Man will niemanden enttäuschen Hinter dem Drang, Aufgaben anzunehmen oder anderen einen Gefallen zu tun, steckt häufig der Wunsch, die Harmonie zu erhalten, die ein Nein empfindlich stören würde. Das führt dazu, dass wir häufig erst Nein sagen, beim ersten Anzeichen von Verstimmung aber einknicken und mit innerem Unwillen doch zustimmen. Bei einem Nein zu bleiben, erfordert Selbstbewusstsein. Das hilft: Sich halbherzige Zusagen verkneifen. Das vermeidet Enttäuschung auf beiden Seiten: Wir bewahren uns selbst davor, mit der übernommenen Aufgabe und uns selbst zu hadern – und das Gegenüber vor dem Gefühl, eine Grenze überschritten und uns zu etwas Ungutem gedrängt zu haben. Auslöser 5: Zu starres Selbstbild Die gute Chefin, die immer ein offenes Ohr für ihre Mitarbeiter hat – oder der engagierte Kollege, der stets einspringt, wenn Not am Mann ist: Wir heften uns selbst eine ganze Reihe Rollenbilder und Etiketten an und machen daran unser Selbstwertgefühl fest. Viele davon sind sicher erstrebens- und ehrenwert – aber: Wer versäumt, sein Idealbild an die äußeren Umstände anzupassen, kann leicht auf der Strecke bleiben und sich in guter Absicht überfordern. Das hilft: Mit ein wenig Abstand in Ruhe auf sich selbst schauen. Dann wird schnell klar: Nein sagen ist viel öfter möglich, als wir denken und uns gemeinhin eingestehen. Niemand sollte Angst davor haben, es häufiger zu tun, denn: Ein Nein an sich macht niemanden zum Egoisten. Wichtig ist bei einer Absage nur, den anderen sein Gesicht wahren zu lassen. Nein sagen – wie finde ich die richtigen Worte? „Wenn wir unser Verhalten ändern wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als die jeweiligen Umstände zu analysieren und dann zu trainieren: entweder allein oder im Gespräch mit einer vertrauenswürdigen Kollegin, mit dem Partner oder einer professionellen Coachin“, sagt Monika Radecki. Folgende Strategie hilft ihrer Ansicht nach dabei, ein Nein souverän vorzubringen: Schritt 1: Analysieren und wahrnehmen In welchen Situationen sagen wir häufig Ja und meinen Nein? Sich diese Frage zu stellen, ist der erste Schritt in Richtung Selbstbestimmung. Sind die Umstände, die uns über die eigenen Bedürfnisse hinwegsehen lassen, einmal ausgemacht, gilt es, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Sie werden weich, wenn jemand bei der Arbeit mit einer üblen privaten Situation argumentiert? Dann nehmen Sie sich beim nächsten Mal ein paar Sekunden Zeit, wenn er Sie bittet, ihm bei einer dringenden Aufgabe Aufschub zu gewähren, damit er einen Privattermin wahrnehmen kann. Entscheiden Sie aktiv. Schritt 2: Auf Körpersprache setzen Verschränken Sie die Arme und schütteln Sie den Kopf, ganz langsam von rechts nach links, rät Radecki. Was passiert? Das Bewegungsmuster signalisiert Ihrem Gehirn, dass Sie sich eine freundliche Abwehr zugestehen. Der zweite Punkt: Die Geste verschafft Ihnen etwas Zeit. Und die lässt sich etwa nutzen, um sich klar zu werden, wie das Nein formuliert werden könnte – damit in erster Linie Sie selbst, aber auch das Gegenüber mit einem guten Gefühl aus der Situation herausgehen. Schritt 3: Position beziehen und abwägen Jetzt gilt es, genau zu überlegen: Haben Sie die Kapazitäten, um die Aufgabe zu übernehmen? Gibt es jemanden, der einspringen könnte? Möchten Sie das? Fällt die Antwort negativ aus, stellt sich die Frage: Ist meine innere Haltung distanziert oder kann ich mein Gegenüber eigentlich verstehen? Möchte ich die Bitte wohlwollend abwenden oder muss ich mich stärker abgrenzen? Schritt 4: Die richtigen Worte finden Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Nein gekonnt zu kommunizieren – und diese helfen nicht nur bei Kollegen, die es privat gerade schwer haben, oder Kunden, die drängeln: Alternativen anbieten („Ich habe jetzt leider keine Kapazitäten, aber nächste Woche könnte ich liefern.“) die Folgen einer Zusage verdeutlichen („Wenn ich Ihnen jetzt spontan Urlaub gebe, sitzt Kollege xy allein vor der Arbeit – ich möchte Sie bitten, sich zunächst mit ihm abzusprechen.“) Ambivalenzen aussprechen („Würde ich gern machen, geht bei mir aber gerade nicht.“) rigoros verallgemeinern („Ich kaufe generell nichts, ohne vorher ein zweites Angebot einzuholen“.) Wer sicher gehen möchte, dass sein Nein gehört und akzeptiert wird, sollte vor allem eins vermeiden: ausführlich argumentieren, um die Absage zu begründen. „Wichtig ist, dass Sie Ihre Argumente kennen, denn sie machen Ihre Haltung aus. Sagen müssen Sie sie nicht“, betont Monika Radecki. „Nur allzu schnell kann Ihr Gegenüber die Argumente aufnehmen, sie dann wegwischen oder entkräften. Üben Sie, sich kurzzufassen. Ideal ist ein Satz wie ‚Nein, jetzt gerade nicht.‘“ [mehr-zum-thema] Wertschätzung ausdrücken, trotz Absage – wie gelingt mir das? Was macht eine glückliche Beziehung aus? „Untersuchungen an Paaren haben gezeigt, dass jene, die sich viel Gutes sagen, in der Regel länger zusammenbleiben und zufriedener sind“, sagt Radecki. Diese Ergebnisse ließen sich auch auf Geschäftsbeziehungen übertragen. „Im Coaching spricht man von Pacing: einer Gesprächshaltung, die den anderen würdigt.“ Eine gute Taktik könnte es demnach sein, eine Absage einzubetten in wertschätzende Botschaften, die den Menschen und ein übergeordnetes gemeinsames Ziel einbeziehen. Ein Nein steht dann im Idealfall in einem wertschätzenden Kontext. Beispiel: „Ich sehe, dass Du wahnsinnig viel leistest. Ich kann Dir aber gerade nicht helfen.“ Es geht dabei nicht um einen Trick, sondern um eine Haltung im Miteinander, und das greift laut Radecki sowohl bei Partnerinnen und Partnern, Angestellten, Kunden als auch bei Vorgesetzten. Ja gesagt – und Nein gemeint: Wie schaffe ich es, im Nachhinein Grenzen zu setzen? Schwupps – schon ist es passiert: In einem Moment der Unachtsamkeit hat man kurz genickt, als ein Kollege eine Bitte geäußert hat. Nun müssen wir mit den Folgen leben – oder? „Keineswegs!“, sagt Monika Radecki. „Nachverhandeln ist jederzeit erlaubt – und möglich.“ Die Expertin rät: „Wenn Sie merken, dass Sie ärgerlich werden, weil Sie eine Aufgabe übernommen oder ein Zugeständnis gemacht haben, hilft folgende Strategie: Schauen Sie, ob innerhalb der Hierarchie, der Struktur oder der Situation ein Zurückrudern möglich ist. Etwa, indem man sagt: 'Sie haben mir hier etwas auf den Tisch gelegt und ich habe es angenommen. Aber ganz ehrlich: Es sprengt meinen Zeitplan.' Damit eröffnet sich die Möglichkeit, ein neues Zeitziel zu vereinbaren oder die Sache an den Fragesteller zurückzugeben.“
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